Drucksache 17 / 16 422 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ülker Radziwill (SPD) vom 05. Juni 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Juni 2015) und Antwort Qualitätssicherung im „Integrierten Sozialprogramm“ der Senatsverwaltung für Soziales – Aktivitäten der Qualitätsgemeinschaft Soziale Dienste e.V., ein Verein der kirchlichen Verbände Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie wurde der Auftrag, die statistische Auswertung der im Rahmen des „Integrierten Sozialprogramms“ (ISP) geförderten Projekte der Wohnungslosenhilfe durchzufüh- ren, an das Diakonisches Werk Berlin-Brandenburg- schlesische Oberlausitz e. V., bzw. die Qualitätsgemein- schaft Soziale Dienste e.V. vergeben? Fand zuvor eine öffentliche Ausschreibung statt? Wenn ja wann, wenn nein weshalb? Zu 1.: Das Land Berlin fördert seit Ende der 70er Jah- re niedrigschwellige Projekte der Wohnungslosenhilfe und Straffälligenhilfe. Ziel aller Angebote ist die Versor- gung und Unterstützung Wohnungsloser, die Integration Menschen in die Regelversorgung. Alle Aktivitäten die- nen der individuellen Überwindung der sozialen Schwie- rigkeiten. Die Angebote richten sich sowohl an Menschen, die auf der Straße leben als auch an Menschen, die noch über Wohnraum verfügen, der akut bedroht ist. Bei Straffälligen liegt der Fokus auf der sozialen Integra- tion von nicht inhaftierten Bewährungsverurteilten und von Haftentlassenen und deren Angehörigen. Die Förderung der Angebote der Wohnungslosenhilfe erfolgt im Integrierten Sozialprogramm (ISP) in fünf verschiedenen Angebotsbereichen: Beratungsstellen, Straßensozialarbeit, ambulante medizinische Versorgung, Bahnhofsdienste und Notübernachtungen. Die Hilfen können in der Regel unbürokratisch, anonym und ohne besondere Zugangsvoraussetzungen in Anspruch genom- men werden. Die Vereinbarung zur Auswertung der personenbezo- genen Dokumentation erfolgte im Jahr 2005 in Absprache zwischen dem Land Berlin und den Vertreterinnen und Vertretern der LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege. Die Arbeiterwohlfahrt Landesverband Berlin e. V. und Der Paritätischer Wohlfahrtsverband Landesverband Berlin e. V. traten seinerzeit im Rahmen der Treuhänderischen Verträge zwischen 2001-2010 als Beliehene nach § 44 Absatz 3 Landeshaushalts-ordnung (LHO) auf. Mit den weiteren Ligaverbanden lag ein Ko- operationsvertrag über die beschriebene Förderung Wei- terentwicklung der Projekte vor. Die Beliehenen waren sowohl für die Zuwendungs- gewährung also auch für das projektbezogene Fachcon- trolling verantwortlich. Das projektbezogene Fachcontrol- ling ordneten die Verbände in der Umsetzung der Aufga- be der Qualitätsgemeinschaft Soziale Dienste e.V. (QSD) zu. Die Zuwendungsgewährung und die -abrechnung erfolgten über das Diakonische Werk Berlin- Brandenburg-schlesische Oberlausitz (DWBO) e. V. Die geförderten Projekte nehmen seit dem Berichts- jahr 2006 an der „personenbezogenen Dokumentation“ teil. 2. Wie hoch ist die Vergütung an das Diakonisches Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e. V. bzw. an die Qualitätsgemeinschaft Soziale Dienste e.V. für die zu erbringende Leistung der statistischen Auswer- tung? Zu 2.: Die Zuwendung beträgt rd. 15.500 €. Davon entfallen rd. 9.600 € auf die Auswertung der Wohnungslosenhilfe . Die Auswertung für die Straffälligenhilfe wird vom BBI Gesellschaft für Beratung Bildung Innovation mbH, der ein weiterer Dienstleiter der Verbände ist, ge- leistet. Der Zuwendungsanteil beträgt rd. 5.900 €. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 422 2 3. Wie sehen die Planungen für die neue Förderperio- de des ISP ab 2016 bis 2020 aus, die statistische Auswer- tung aller im Rahmen des Integrierten Sozialprogramms geförderten Projekte in einem Vergabeverfahren öffent- lich neu auszuschreiben? Ist eine Ausschreibung für ein Vergabeverfahren nicht geplant, was sind die Gründe hierfür? Zu 3.: Im Rahmen der laufenden Vertragsverhandlun- gen zum neuen Rahmenfördervertrag (2016 bis 2020) u. a. für das ISP haben die Vertragspartner der LIGA und des Landes Berlin ihren grundsätzlichen Willen zum Ausdruck gebracht, die aus der Zeit der Treuhandverträge mit beliehenen Wohlfahrtsverbänden übernommene und langjährig bewährte Praxis der gesonderten statistischen Auswertungen für den Bereich der Wohnungslosenhilfe durch die Qualitätsgemeinschaft Soziale Dienste e. V. für die Dauer des Folgevertrages fortzuführen. Dies betrifft auch die statistischen Auswertungen für den Bereich der Behinderten- und Straffälligenhilfe. Detailvereinbarungen stehen hierzu noch nach der Sommerpause 2015 an. Eine Einbeziehung weiterer Angebotsbereiche ist derzeit nicht geplant. 4. Wie verteilt sich in 2013 die Gesamtsumme von EUR 2.927.448,71 auf die einzelnen 13 Projekte der Wohnungslosenhilfe Beratungsstellen • Berliner Stadtmission Soziale Dienste gGmbH/ Caritasverband für das Erzbistum Berlin e. V.: Beratungsstelle Levetzowstraße • GEBEWO pro gGmbH: Beratungsstelle Gneisenaustraße • Beratung + Leben GmbH: Beratungsstelle Schottstraße Straßensozialarbeit • GANGWAY e.V.: Straßensozialarbeit Medizinische Versorgung • Caritasverband für das Erzbistum Berlin e. V. : Arztmobil • MUT Gesellschaft für Gesundheit mbH (bis 31.08.)/ GEBEWO pro gGmbH (ab 01.09.): Stralauer Platz • MUT Gesellschaft für Gesundheit mbH (bis 31.08.) / HVD Humanistischer Verband Deutschlands (ab 01.09.): Ambulanz Weitlingstraße Bahnhofsdienste • Berliner Stadtmission Soziale Dienste gGmbH Zoologischer Garten • IN VIA - Kath. Mädchensozialarbeit für das EB Berlin e.V.: Ostbahnhof • MUT Gesellschaft für Gesundheit mbH (bis 31.08.)/ HVD Humanistischer Verband Deutschlands (ab 01.09.): Weitlingstraße Notübernachtungen • GEBEWO pro gGmbH: Notübernachtung Tieckstraße • Berliner Stadtmission Soziale Dienste gGmbH / • Caritasverband für das Erzbistum Berlin e. V.: No- tübernachtung Franklinstraße Zu 4.: Die Zuwendungen für das Haushaltsjahr 2013 wurden in nachstehender Höhe bewilligt. Träger Projekt Bewilligung 2013 in € GEBEWO pro GmbH Beratungsstelle für Wohnungslose 259.125 Beratung + Leben GmbH Beratungsstelle für Wohnungslose 174.334 Berliner Stadtmission Soziale Dienste gGmbH Beratungsstelle für Wohnungslose 532.463 Gangway e. V. Straßensozialarbeit 445.359 Caritasverband für das Erzbistum Berlin e. V. Medizinische Versorgung Arztmobil 99.420 Bis 31.08.2013 MUT Gesellschaft für Gesundheit mbH Medizinische Versorgung Stralauer Platz und Weitlingstr. 85.200 Ab 01.09.2013 GEBEWO pro gGmbH Medizinische Versorgung Stralauer Platz 36.813 Ab 01.01.2013 HVD Berlin-Brandenburg e. V. Medizinische Versorgung Weitlingstr. 13.480 Ab 01.01.2013 HVD Berlin-Brandenburg e. V. Bahnhofsdienst Lichtenberg Weit- lingstr. 32.000 Berliner Stadtmission Soziale Dienste gGmbH Bahnhofsdienst Zoologischer Garten 246.365 IN VIA Katholische Mädchensozialarbeit für das Erzbistum Berlin e. V. Bahnhofsdienst Ostbahnhof 141.831 Berliner Stadtmission Soziale Dienste gGmbH Notübernachtung Franklinstr. 745.870 Gebewo pro gGmbH Notübernachtung für Frauen Tieckstr. 125.785 Gebewo pro gGmbH Kältehilfetelefon /Datenbank 9.815 2.947.860 Die Beträge sind auf den vollen EURO gerundet. Die Anfrage enthält nicht die Fördersumme des Pro- jekts „Kältehilfetelefon /Datenbank“. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 422 3 5. Wie hat sich die Mittelausstattung der Projekte der Wohnungslosenhilfe in den Jahren 2011-2014 verändert? Zu 5.: Die Mittelausstattung hat sich folgendermaßen entwickelt; die Beträge sind auf volle Euro gerundet. In € 6. Die einzelnen Projekte sind jeweils einem Schwer- punkt zugeordnet. Weshalb werden dann die Ergebnisse der im Rahmen des Integrierten Sozialprogramms geför- derten Projekte der Wohnungslosenhilfe nicht differen- ziert für jeden Schwerpunkt und jedes einzelne Projekt dargestellt? Zu 6.: Die geförderten Projekte sind wie zu 1. ausge- führt fünf Angebotsbereichen zuordnet. Diese sind Bera- tungsstellen, Straßensozialarbeit Medizinische Versor- gung, Bahnhofsdienste, Notübernachtungen. Die Auswer- tung erfolgt entsprechend nach Projekten, Angebotsberei- chen und in der Zusammenfassung über alle Projekte. 7. Übernimmt die QSD im Rahmen der statistischen Auswertung der im Rahmen des Integrierten Sozialpro- gramms geförderten Projekte der Wohnungslosenhilfe eine Kontrollfunktion? Dienen die Daten der QSD dem Land Berlin zur Bewertung der Projekte bzw. zur Evalua- tion des Förderbereiches insgesamt? 11. Wo werden die Ergebnisse der Auswertungen ver- öffentlicht, sind sie im Internet verfügbar? Zu 7. und 11.: Die politische Verantwortung und Be- wertung der statistischen Auswertung obliegen allein dem Land Berlin. Nichtsdestotrotz fließen die fachlichen Er- kenntnisse, die QSD e. V. und BBI GmbH bei der Daten- auswertung gewinnen, in den fachlichen Austausch ein. Die Daten dienen selbstverständlich dem Land Berlin zur Bewertung der Projekte, vor allem um Erkenntnisse zu Entwicklungen und Veränderungen der Zielgruppe zu gewinnen. Diese Erkenntnisse fließen sowohl in die Fort- schreibung der projektbezogenen Konzeptionen als auch bei Weiterentwicklung der Leistungsbeschreibungen. Die Leistungsbeschreibungen sind im Internet auf berlin.de veröffentlicht. http://www.berlin.de/sen/soziales/themen/wohnungslose/. Eine Evaluation der Projekte zur Zielgruppe kann die durch die jährliche „personenbezogenen Dokumentation“ sowie der Auswertung nicht ersetzt werden. Evaluationen überprüfen nicht nur die Arbeitsergebnisse der laufenden jährlichen Projektarbeit sondern auch und vor allem die angewendeten Erhebungs- und Prüfkriterien. Kurzfassungen der Auswertungen fließen in die Jah- resberichte zum Leistungsgeschehen im ISP ein. Die Jahresberichte werden im Internetauftritt der Senats- verwaltung für Gesundheit und Soziales veröffentlicht und stehen dort aktuell für die Jahre 2011 bis 2013 zum Download bereit. http://www.berlin.de/sen/soziales/themen/vertraege/ra hmenfoerdervertrag/ 8. Wie bewertet es der Senat, dass Träger, deren Pro- jekte im Rahmen des Integrierten Sozialprogramms ge- fördert werden, Mitglied bei der QSD e.V. sind und sich somit quasi im Rahmen der statistischen Auswertung selbst bewerten? Kann der Senat garantieren, dass die Auswertung der Projekte dennoch unabhängig und neutral vorgenommen wird? Wenn ja, wie? Zu 8.: Der Senat kann aus der zehnjährigen Praxis ei- ne fachlich neutrale Aufgabenwahrnehmung bestätigen. Es trifft nicht zu, dass die Träger ihre Arbeit anstelle der Senatsfachverwaltung selber bewerten. Die Träger erfül- len im Zusammenhang mit der „personenbezogenen Dokumentation “ ausschließlich die Rolle der Datenerfassung . Die Daten werden im Verfahren nach Ablauf des Berichtsjahrs der Fachkraft beim QSD/BBI zugeleitet, die nach sozialwissenschaftlichen Methoden die Auswertun- gen vornehmen. Ein Einfluss der Träger auf den gesamten Prozess der Auswertung besteht nicht. Darüber hinaus erfolgt die Verwendungsnachweisprü- fung durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) i. V. m. mit der Senatsverwaltung für Gesund- heit und Soziales. Diese Verfahren gewährleisten zielge- richtete Prüfprozesse und neutrale Ergebnisse. 9. Welche Ziele verfolgt die QSD und deren Fach- gruppe „Wohnungslosenhilfe“, stimmen diese mit den Zielen denen des Integrierten Sozialprogrammes überein? 10. Wer steuert die Aktivitäten der Fachgruppe „Wohnungslosenhilfe“ bei der QSD e.V. und wie sieht deren Projektplanung aus? Sind alle Verbände der freien Wohlfahrtspflege an dieser Steuerung beteiligt? 12. Ist die QSD e.V. und insbesondere deren Fach- gruppe „Wohnungslosenhilfe“ offen für alle freien Träger ? Wenn nein, weshalb? Zu 9., 10. und 12.: Die interne Aufbauorganisation des QSD e. V. sowie sich daraus ergebenden Arbeitsgruppe, die Steuerungsprozess und deren Projektplanungen oblie- gen der Trägerentscheidung und der Hoheit des QSD e. V.. Die Zielsetzungen des QSD e. V. sind lt. Internetauf- tritt bekannt. In der Aufgabenwahrnehmung des Berliner Senats haben sie keine Relevanz. Es besteht erkennbar kein Widerspruch zu den Zielstellungen des Berliner Senats im Rahmen des ISP. 2011 2012 2013 2014 2.982.402 2.866.514 2.947.859 2.939.862 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 422 4 Dem Impressum des Internetauftritts zu Folge gehören folgende Verbände der QSD e.V. an: Caritasverband für das Erzbistum Berlin e. V., Diakonisches Werk Berlin- Brandenburg-schlesische Oberlausitz (DWBO) e. V. sowie die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutsch- land e. V.. Kriterien zur Aufnahme in den Verein sind nicht bekannt. Berlin, den 26. Juni 2015 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Juni 2015)