Drucksache 17 / 16 437 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Fabio Reinhardt (PIRATEN) vom 11. Juni 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Juni 2015) und Antwort »Chaos in der Berliner Ausländerbehörde« (I) - Personalmangel, lange Wartezeiten, kei- ne Abfertigung Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Maßnahmen sind in den Jahren 2014 und 2015 unternommen worden, um die steigende Zahl an Vorsprachen in der Ausländerbehörde zu bewältigen? Zu 1.: Die Zahl der Vorsprachen ist von 240.678 im Jahr 2013 um über 21 % auf 291.852 im Jahr 2014 gestie- gen. Die Ursache hierfür beruht im Wesentlichen auf der erhöhten Anzahl von Asylsuchenden und die in den Herbstmonaten zu Beginn des Wintersemesters saisonal steigenden Vorsprachen von Studierenden. In den Jahren 2014/215 wurden im Wesentlichen fol- gende organisatorische Maßnahmen zur Reduzierung von Vorsprachen, zur Verkürzung der Wartezeiten und zur schnelleren Terminvergabe ergriffen: Die Ausstellung von elektronischen Aufenthaltstiteln wurde begrenzt und so die Anzahl von ausgestellten elekt- ronischen Aufenthaltstiteln von 6.008 Stück im 1. Quartal 2014 auf 960 Stück im 1. Quartal 2015 - trotz gestiegener Erteilungszahlen insgesamt - gesenkt. Durch diese Sen- kung konnten die meisten mit der Ausstellung des elekt- ronischen Aufenthaltstitels verbundenen doppelten Vor- sprachen der Kundinnen und Kunden vermieden werden. Die Verlängerung der Aufenthaltstitel erfolgt stattdes- sen durch die bislang üblichen Klebetiketts, die für Vor- liegen der Voraussetzungen eine Erteilung in einem Ter- min ermöglichen. Der in der Regel für den Publikumsverkehr geschlos- sene Mittwoch wurde allerdings zulasten der telefoni- schen Erreichbarkeit und der Schriftverfahren für den ersten und dritten Mittwoch für die Publikumsbedienung geöffnet, um zusätzliche Terminkapazitäten zu schaffen. Seit dem 01.01.2015 ist die Möglichkeit der Online- Terminvereinbarung für alle Kundinnen und Kunden mit Aufenthaltstitel möglich. Zur Entlastung des Bereichs Z2, der zuständig ist für Studierende, Forscherinnen und Forscher, Gastwissen- schaftlerinnen und Gastwissenschaftler und deren Fami- lienangehörige, wurde im Jahr 2014 die Zuständigkeit für Familienangehörige von Unionsbürgerinnen und Unions- bürgern, EWR(Europäischer Währungsraum)- Staatsan- gehörige und Schweizerinnen und Schweizer in den Be- reich Z5 verlagert. Darüber hinaus wurde, nachdem der Bereich Z 2 bereits im Jahr 2013 für seinen Bereich zu nahezu 100 % die elektronische Akte eingeführt hatte, im Jahr 2014 erstmals zu Beginn des Wintersemesters eine Unterstützung in der Publikumsbedienung für Studierende durch die Regionalsachgebiete vorgenommen. Die Unter- stützung des Bereichs ist auch für den Beginn des Winter- semesters in diesem Jahr geplant. Zur Entlastung der Sachgebiete Z8 und Z9, in deren Zuständigkeit die Bedienung von Asylsuchenden und Ausreisepflichtigen fällt, wurde im Jahr 2014 die Zustän- digkeit für die Verlängerung von humanitären Aufent- haltstiteln komplett in die Regionalsachgebiete verlagert. Darüber hinaus wurde seit März 2014 vor dem Hinter- grund der Laufzeiten im Asylverfahren zur Reduzierung von vermeidbaren Vorsprachen die Erteilungsdauer der Aufenthaltsgestattung von 6 auf bis zu 12 Monate ausge- dehnt, soweit mit einer Entscheidung im Asylverfahren vor Ablauf der Aufenthaltsgestattung nicht zu rechnen ist. Bei Vorliegen eines Asylfolgeantrags wird seit April 2015 bei erstmaliger Vorsprache zur schnelleren Bedienung und damit Reduzierung der Wartezeiten kein Duldungs- etikett, sondern eine Asylfolgebescheinigung – ggf. für die gesamt Familie – ausgestellt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 437 2 Die Einlasssituation für die Bereiche Z8/Z9 wurde im ersten Quartal 2015 geändert, indem nunmehr zu Beginn der Öffnungszeiten die Wartenummern für diese Bereiche außerhalb der Warteräume vergeben werden und ggf. bei zu vollen Warteräumen die Wartenummernvergabe zeit- weise gestoppt wird. Seit Mai 2015 übernehmen die Regionalsachgebiete als auch das Studierendensachgebiet zusätzlich 280 Ter- mine monatlich zur Bedienung von anerkannten Flücht- lingen und subsidiär Schutzberechtigten aus dem Zustän- digkeitsbereich Z8/Z9. Darüber hinaus werden die beiden Bereiche durch die anderen Sachgebiete im Rahmen der Kapazitäten dort bei der Aktenanlage unterstützt, um so zusätzliche Bedienka- pazitäten am Mittwoch zu schaffen und es findet die Übernahme der Ausgabe des elektronischen Aufenthalts- titels und Reiseausweises durch die Sachgebiete Z6 und Z7 statt. Seit Juni ist eine „Task Force“ zur Unterstützung von Z8/Z9 bei der Aktenanlage und der Publikumsbedienung von anerkannten Flüchtlingen bzw. subsidiär Schutzbe- rechtigten sowie zur Bearbeitung von Anträgen nach § 25 b Aufenthaltsgesetz (stichtagsunabhängiges Bleiberecht für langjährig Geduldete), der noch dieses Jahr in Kraft treten wird, eingerichtet. Für den Fall, dass der Publikumsandrang in den Sach- gebieten Z8 und 9 keine Bedienung von Asylsuchenden und Geduldeten, deren Bescheinigungen auslaufen, am selben Tag mehr zulässt, werden die Kundinnen und Kunden mit einer Vorsprachebescheinigung versehen und bevorzugt an einem anderen Publikumstag bedient. So wird vermieden, dass den Betroffenen leistungsrechtli- che oder sonstige Nachteile entstehen. Zur Unterstützung des Einreisebereichs Z 1 ist aus den zugewiesenen Unterstützungskräften eine „Task Force“ für die Abarbeitung der Rückstände der Aktenanlage im Einreiseverfahren eingerichtet worden. 2. Wie viele zusätzliche MitarbeiterInnen („Unterstützungskräfte “) sind aus anderen Bereichen seit Beginn des Jahres zur Entlastung der MitarbeiterInnen in der Ausländerbehörde abgestellt worden? Wie vielen Voll- zeitäquivalenten entspricht diese Beschäftigtenzahl? Mit welchen tariflichen Eingruppierungsstufen? 3. Aus welchen Bereichen sind die Unterstützungs- kräfte abgezogen worden? 4. In welchen Bereichen sind die Unterstützungskräf- te in der Ausländerbehörde eingesetzt und für welchen Zeitraum? 5. Welche Qualifikationen haben die zusätzlich ein- gestellten Unterstützungskräfte? Zu. 2. - 5. und 8.: Die derzeitige personelle Unterstüt- zung der Ausländerbehörde stellt sich wie folgt dar: 45 Unterstützungskräfte waren im Mai 2015 tätig - (davon 27 Regierungsinspektorinnen und Regierungsin- spektoren auf Probe, 2 Regierungsrätinnen bzw. Regie- rungsräte, 1 abgeordnete Richterin am Verwaltungsge- richt, 5 Studierende, 1 ehemaliger Auszubildender mit Zeitvertrag, 6 City Betriebskrankenkasse-Kräfte, 2 Aus- zubildende, 1 Praktikantin Verwaltungsfachangestellte in Ausbildung/Humboldt-Uni). Zusätzlich werden nach dem Stand vom 15.06.2015 41 Unterstützungskräfte zur weiteren Verstärkung im Juni 2015 gestellt (davon 20 Regierungsinspektorinnen und Regierungsinspektoren auf Probe seit dem 01.06. und 18 Auszubildende bzw. ehemalige Auszubildende vorrangig in der Entgeltgruppe 6, von denen drei schon vorab im Mai abgeordnet worden waren). Im Laufe der kommenden Monate werden weitere Un- terstützungskräfte als Verstärkung eingestellt, so dass die Ausländerbehörde bis Ende des Jahres mit bis zu 117 Unterstützungskräften rechnen kann. Darunter sind 4 Regierungsinspektorinnen und Regierungsinspektoren auf Probe zum 01.09.2015 und die Besetzung von aktuell ausgeschriebenen Beschäftigungspositionen für zwei Jahre in der Entgeltgruppe 6 und 9. Die Zahl der Unterstützungskräfte entspricht der Zahl der Vollzeitäquivalente (VZÄ). Die Unterstützungskräfte werden in allen Bereichen der Ausländerbehörde, vor allem in den für Asylsuchende und geduldete Personen zuständigen Sachgebieten Z 8/Z9 und im Einreisesachgebiet Z1, eingesetzt. Die Unterstützungskräfte aus dem Bereich der Nach- wuchskräfte sind zu regulären Wechselterminen im Rah- men der vorgesehenen Rotation abgeordnet worden. 6. Wie viele Taskforces oder andere (besondere) Ar- beitsgruppen, mit welchem jeweiligen Personalumfang, mit welchen genauen Bezeichnungen und in welchen genauen Aufgabenbereichen hat die Ausländerbehörde momentan eingerichtet? Zu 6.: Derzeit besteht eine „Task Force“ zur Unterstützung des Einreisebereichs Z 1, die aus derzeit 5 – perspektivisch 6 – Auszubildenden bzw. ehemaligen Auszubildenden und einer erfahrenen Mitarbeiterin be- steht. Die Aufgabe besteht in der Unterstützung des Einrei- sebereichs bei der Aktenanlage und Vorbereitung der Einzelfallentscheidung und damit der Beschleunigung der Einreiseverfahren insbesondere zum Familiennachzug anerkannter Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigter. Die „Task Force“ ist unmittelbar dem Einreisesachgebiet zugeordnet und führt keinen eigenen Namen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 437 3 Ferner ist seit Juni eine „Task Force“ zur Unterstützung der Sachgebiete Z8/Z9 bei der schnellen Titelertei- lung von anerkannten Flüchtlingen bzw. subsidiär Schutzberechtigten sowie zur Bearbeitung von Anträgen nach § 25 b Aufenthaltsgesetz (stichtagsunabhängiges Bleiberecht für langjährig Geduldete) eingerichtet. Diese besteht aus 8 Regierungsinspektorinnen und Regierungs- inspektoren auf Probe, die durch eine erfahrene Haupt- sachbearbeiterin angeleitet werden. Dadurch sollen die Maßnahmen zur Integration und der Familiennachzug für diese Personengruppe beschleunigt werden. Der Bereich hat den Namen IV Z TF. 7. Wie viele MitarbeiterInnen sind seit 2015 langfris- tig neu eingestellt worden und in welchen Bereichen und welcher tariflichen Eingruppierung? Wie vielen Vollzeit- äquivalenten entspricht diese Beschäftigtenzahl? Zu 7.: 2015 wurden bisher 18 Beschäftigte dauerhaft eingestellt (entfristet) in den Entgeltgruppen E6 und E9. Das entspricht ebenfalls 18 VZÄ. 8. Wie viele MitarbeiterInnen plant der Senat bis En- de 2015 einzustellen und in welchen Bereichen und wel- chen tariflichen Eingruppierungen? Wie vielen Vollzeit- äquivalenten entspricht diese Beschäftigtenzahl? Zu 8.: Siehe Antwort zu 2. - 5. 9. Ab wann ist mit einer Entlastung der Behörde zu rechnen? Zu 9.: Vor dem Hintergrund der Zahl der Unterstüt- zungskräfte wurde die Ausländerbehörde bereits entlastet. Die steigende Zahl von Asylsuchenden und Geduldeten wird zu einer Anpassung der personellen Ressourcen im Rahmen des Doppelhaushaltes 2016/2017 führen müssen. 10. Wie viele MitarbeiterInnen sind insgesamt in der Ausländerbehörde Berlin beschäftigt? Wie vielen Voll- zeitäquivalenten entspricht diese Beschäftigtenzahl? Zu 10.: Zum Stand 15.06.2015 sind in der Ausländer- behörde 291 Stammkräfte (273,89 VZÄ) und 83 Zusatz- kräfte (83 VZÄ) beschäftigt (s. Antwort zu 2.-5.). 11. Wie viele MitarbeiterInnen sind jeweils in den Jah- ren seit 2009 für die Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltsgestattungen und Duldungen zuständig gewe- sen? (Bitte nach Jahr und Anzahl der MitarbeiterInnen und Vollzeitäquivalenten aufschlüsseln.) 12. Wie viele MitarbeiterInnen sind jeweils in den Jah- ren seit 2009 für das Visumverfahren zuständig gewesen? (Bitte nach Jahr und Anzahl der MitarbeiterInnen und Vollzeitäquivalenten aufschlüsseln.) 13. Wie viele MitarbeiterInnen haben jeweils in den Jahren seit 2009 im Bereich IV R 3 (Unerlaubte Neuein- reisen, Passbeschaffung, Rückführung) gearbeitet? (Bitte nach Jahr und Anzahl der MitarbeiterInnen und Vollzeit- äquivalenten aufschlüsseln.) Zu 11. - 13.: Beschäftigte VZÄ 2009 IV Z 8/9 43,00 37,93 IV Z 1 19,00 17,67 IV R 3 19,00 17,27 2010 IV Z 8/9 41,00 36,49 IV Z 1 21,00 19,66 IV R 3 31,00 27,54 2011 IV Z 8/9 39,00 35,20 IV Z 1 20,00 19,03 IV R 3 34,00 31,07 2012 IV Z 8/9 42,00 38,40 IV Z 1 20,00 19,35 IV R 3 32,00 29,02 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 437 4 2013 IV Z 8/9 44,00 40,80 IV Z 1 19,00 18,49 IV R 3 36,00 33,06 2014 IV Z 8/9 48,00 45,04 IV Z 1 17,00 16,37 IV R 3 36,00 33,32 2015 IV Z 8/9 51,00 46,79 IV Z 1 17,00 16,37 IV R 3 35,00 32,47 14. Welche Aus- und Fortbildungen haben Mitarbeite- rInnen aus dem Rückführungsbereich im letzten Jahr besucht? Welche Aus- und Fortbildungen haben Mitarbei- terInnen, die für die Titelerteilung zuständig sind, im letzten Jahr besucht? (Bitte Aus- und Fortbildungsinhalte anfügen.) Zu 14.: Die erbetenen Angaben werden statistisch nicht erfasst. 15. Wie lang verweilen im Durchschnitt die Mitarbei- terInnen in dem jeweiligen Aufgabenbereich? Praktiziert die Ausländerbehörde ein sogenanntes Rotationsprinzip der MitarbeiterInnen? Zu 15.: Die erbetene Verweildauer wird nicht erfasst. Ein Rotationsprinzip existiert nicht. 16. Welche Initiativen hat die Berliner Ausländerbe- hörde seit 2009 ergriffen, um die "Willkommenskultur" und den Servicecharakter in der Ausländerbehörde zu stärken und welche Maßnahmen sind für die Zukunft geplant? Wie definiert die Berliner Ausländerbehörde den Begriff "Willkommenskultur"? Zu 16.: Die Ausländerbehörde versteht sich als die Servicebehörde Berlins für Zuwandernde, die sowohl über den Aufenthalt aber auch dessen Beendigung ent- scheidet. Im Rahmen des Ausbaus der Willkommenskultur ist es das Ziel, durch eine stetige Weiterentwicklung der interkulturellen Öffnung der Ausländerbehörde dazu beizutragen, den in der Behörde vorsprechenden Migran- tinnen und Migranten ein Umfeld zu bieten, in dem sie ihr Anliegen trotz möglicher Sprachbarrieren und damit ver- bundener Verständigungsschwierigkeiten angemessen und kundenorientiert behandelt wissen. Die Berliner Ausländerbehörde versteht sich zudem als lernende Organisation. Geschäftsprozesse, Service, Informationsangebote und Leitsystem werden fortlaufend überprüft und falls erforderlich geändert. Dazu wird auch der kritische Blick anderer Behörden und von Akteurin- nen und Akteuren der Zivilgesellschaft genutzt. Seit 2009 hat die Ausländerbehörde Berlin im We- sentlichen folgende Maßnahmen zum Ausbau der Will- kommenskultur und interkulturellen Öffnung umgesetzt: Die Ausländerbehörde Berlin bietet mit ihrer Home- page umfängliche Informationen; die Homepage ist mit einer Vielzahl von Partnerorganisationen vernetzt und bietet – bundesweit einzig auch in englischer Sprache – eine Online- Terminvereinbarung an. Alle relevanten Verwaltungsvorschriften stehen somit online zur Verfü- gung. Notwendigen Anpassungen, etwa auf Grund von Rechtsänderungen, erfolgen zeitnah, bei wesentlichen Änderungen tagesaktuell. Bei der Beratung der Kundinnen und Kunden werden gemeinsam mit den Partnerorganisationen neue Wege gegangen. Ziel ist es u.a. möglichst das Beratungsangebot in den Räumlichkeiten der Ausländerbehörde beständig auszubauen und zu verbessern. So wird allen Zuwande- rinnen und Zuwanderern, denen erstmals eine Aufent- haltserlaubnis erteilt wird, ein Begrüßungsschreiben des Leiters der Ausländerbehörde und ein von der Integrati- ons- und Migrationsbeauftragten des Senats erstelltes Willkommenspaket mit vielen wesentlichen Informatio- nen ausgehändigt bzw. angeboten. Sie bekommen zudem das Angebot, bei Vorsprache eine Migrationserstberatung in der Ausländerbehörde durch die LIGA der freien Wohlfahrtsverbände in Anspruch zu nehmen. Es ist das Ziel, den Service nicht nur in deutscher, sondern langfristig auch in englischer Sprache anzubieten. Die in den vergangenen Jahren begonnene fremdsprachli- che Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ausländerbehörde Berlin wird im Jahr 2015 weiter fortgesetzt. Es werden dieses Jahr für 60 Mitarbeiterinnen Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 437 5 und Mitarbeiter Englisch-Sprachkurse auf unterschiedli- chen Niveaustufen angeboten. Weiterhin wird geplant, jedes Jahr mindestens 10 % der Mitarbeiterschaft in den Genuss eines solchen Fortbildungsangebots zu bringen. Die Ausländerbehörde ist mit vielen mit der Zuwande- rung befassten Behörden und Akteuren der Zivilgesell- schaft vernetzt. So pflegt die Ausländerbehörde einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch etwa mit dem Migra- tionsrat Berlin/Brandenburg und der Bürgerplattform Wedding, der Türkischen Gemeinde zu Berlin und dem Türkischen Bund Berlin/Brandenburg, aber auch mit vielen anderen Interessenverbänden. Wesentliche Ziel- richtung ist es, Anregungen und Kritik zu erhalten, um die Behörde permanent weiterzuentwickeln. So ist etwa auch die Idee einer kostenlosen Rechtsbe- ratung durch ehrenamtlich tätige Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in der Ausländerbehörde entstanden, die gemeinsam von der Türkischen Gemeinde zu Berlin, dem Türkischen Bund Berlin-Brandenburg und dem Deutsch- Arabischen Zentrum in den Räumen der Ausländerbe- hörde angeboten wird. Es ist geplant, diesen bundesweit wohl einzigen Beratungsservice (Zentraler Beratungsser- vice, ZSB) mit weiteren Partnern auszubauen. Ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch findet auch mit den Berliner und Potsdamer Hochschulen, der Industrie- und Handelskammer und Berlin Partner statt, um die bestehenden besonderen Services für ausgewählte Kun- denkreise weiterzuentwickeln. Als weitere Maßnahmen zum Ausbau der Willkom- menskultur sind in den kommenden Monaten geplant:  Der Eingangs- und Wartebereich der Ausländerbehörde soll im Lauf des Jahres einheitlich gestaltet und verschönert werden.  Für den Personenkreis der Asylsuchenden und Geduldeten soll durch personelle Verstärkung ein zu- sätzliches Sachgebiet geschaffen und in einem weiteren Gebäude am Standort Friedrich-Krause- Ufer untergebracht werden.  Der besondere Service im Bereich ZBS und im gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer und der Berlin Partner GmbH betriebene Business Immigration Service u.a. für Selbstständige, Fach- und Führungskräfte und Hochschulabsolventen soll durch eine personelle Verstärkung ausgebaut werden, um hier einen Service vergleichbar mit dem in Hamburg bzw. München in der Industrie- und Handelskammer zu Berlin zu errichten. Für den Oktober 2015 ist ein mehrtägiger Erfahrungs- austausch aller Führungskräfte mit der Einwanderungs- behörde der Stadt Wien geplant. Hier sind ebenso wie durch die Beteiligung der Ausländerbehörde am Bundes- projekt „Ausländerbehörden zu Willkommensbehörden fortentwickeln“ weitere Impulse zur Fortentwicklung der Willkommenskultur zu erwarten. 17. Wie lange sind aktuell die Wartezeiten auf einen Termin zur Vorsprache in den jeweiligen Referaten der Ausländerbehörde im Rahmen der Online-Terminver- gabe? Zu 17.: Die Terminvorläufe in den Sachgebieten sind sehr unterschiedlich und reichen von ca. 2 Wochen bis zu ca. 13 Wochen. 18. Welche negativen aufenthalts- und strafrechtlichen Konsequenzen sieht die Ausländerbehörde für Personen mit abgelaufenen Duldungen und abgelaufenen Aufent- haltstiteln bei der Arbeits- und Wohnungssuche und bei Polizeikontrollen, wenn diese wie es in einer Pressemittei- lung der Gewerkschaft der Polizei vom 22.4.2015 heißt bei Nicht-Abfertigung lediglich Bescheinigungen über die erfolglose Vorsprache in der Ausländerbehörde erhalten? Zu 18.: Aufgrund des guten Informationsaustauschs mit allen beteiligten Behörden ist nicht davon auszuge- hen, dass die Ausstellung von derartigen Bescheinigun- gen, die im Übrigen nicht bei abgelaufenen Aufenthaltsti- teln ausgestellt werden, sondern lediglich bei ablaufenden Bescheinigungen von Asylsuchenden und Geduldeten, negative strafrechtliche bzw. aufenthaltsrechtliche Kon- sequenzen hat. Darüber hinaus wird sichergestellt, dass Kundinnen und Kunden, die bei ihrer ersten Vorsprache lediglich eine derartige Bescheinigung erhalten konnten, bei der Vorsprache zur empfohlenen Öffnungszeit unter Vorlage der Bescheinigung bedient werden. 19. In wie vielen Fällen wurde 2015 eine solche Be- scheinigung ausgestellt? Wird dieses Verfahren immer noch angewendet? Zu 19.: Die Anzahl der ausgestellten Bescheinigungen wird statistisch nicht erfasst. Das Verfahren wird weiter- hin angewandt, soweit eine Bedienung am Vorsprachetag aus kapazitären Gründen nicht möglich ist. Berlin, den 26. Juni 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Juli 2015)