Drucksache 17 / 16 441 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Canan Bayram (GRÜNE) vom 08. Juni 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Juni 2015) und Antwort Geschäftemacherei mit Geflüchteten : Täuschen und Tricksen bei Abrechnung von Per- sonal? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. In wie vielen Fällen wurde durch Betreiber von Flüchtlingsunterkünften nicht vorhandenes Personal abge- rechnet und wie wurde dieses festgestellt? (Bitte auflisten nach Betreiber, Einrichtungen und Zeiträumen) Zu 1.: Im Rahmen der unangemeldeten Routinebege- hungen und der damit einhergehenden Kontrolle der Ein- haltung der Qualitätsstandards wird u. a. geprüft, ob Ab- weichungen zwischen dem vereinbarten Personal-Soll und dem Personal-Ist vorliegen. Hinsichtlich der festge- stellten Abweichungen sowie der bereits veranlassten oder geplanten Maßnahmen wird auf die anliegende Übersicht verwiesen. 2. In wie vielen Fällen wurde durch Betreiber von Flüchtlingsunterkünften vorhandenes Personal in mehre- ren Einrichtungen gleichzeitig abgerechnet und wie wurde dieses festgestellt? (Bitte auflisten nach Betreiber, Ein- richtungen und Zeiträumen) Zu 2.: In die Personalprüfung wurden alle Einrichtun- gen einer Betreiberin oder eines Betreibers einbezogen. Es konnte festgestellt werden, dass es bei Neueröffnungen zu kurzfristigen Doppeleinsätzen des Personals kam. 3. Wie wurden Vertragsverstöße beim Einsatz vom Personal durch das Landesamt für Gesundheit und Sozia- les gegenüber den Betreibern von Unterkünften bean- standet und welche Schadensersatz- bzw. Vertragsstrafen- forderungen wurden geltend gemacht? Zu 3.: Sofern Verstöße gegen Betreiberverträge wie zum Beispiel fehlende Personalkostenanteile oder die ausgebliebene Besetzung von Personalstellen festgestellt worden sind, wurde der zu viel gezahlte Kostenstellenan- teil bei den entsprechenden Betreiberinnen und Betreibern zurückgefordert. Zudem wird in jedem Einzelfall geprüft, ob neben der Rückforderung auch Vertragsstrafen ver- hängt werden können. 4. In wie vielen Fällen wurde durch die Betreiber von Flüchtlingsunterkünften unterhalb der vom Landesamtes für Gesundheit und Soziales vorgegebenen Anforderun- gen an die Qualifikation der Mitarbeiter_innen Personal eingestellt bzw. beschäftigt und abgerechnet (z.B. Heim- leiter, die keinen entsprechenden Abschluss hatten u.ä.)? Zu 4.: Die Abweichung der vom Landesamt für Ge- sundheit und Soziales (LAGeSo) vorgegebenen Qualitäts- anforderungen durch die Betreiberinnen und Betreiber wird einzelfallbezogen ermittelt. Eine statistische Aus- wertung über Abweichungen bei der Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besteht nicht. 5. Welche Konsequenzen werden gegenüber den Be- treibern bei mehrmaligen Verstößen gegen die Vertrags- pflichten gezogen? Werden bei mehrfacher Unzuverläs- sigkeit Kündigungen der Verträge ausgesprochen, wenn nein, warum nicht und wenn ja, in welchen Fällen erfolgte das bisher bzw. in welchen Fällen ist das geplant? Zu 5.: Der Mustervertrag für vertragsgebundene Ge- meinschaftsunterkünfte sieht u. a. vor, dass die Betreibe- rin oder der Betreiber einer Gemeinschaftsunterkunft eine Vertragsstrafe zu zahlen hat, wenn eine Abweichung des tatsächlichen Einsatzes und/oder der Beschäftigung des Personals gegenüber der als Anlage zum Betreibervertrag vereinbarten Kalkulation oder des per Nachtrag Verein- barten festgestellt wird und diese Abweichung von der Betreiberin/vom Betreiber zu vertreten ist. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 441 2 Darüber hinaus ist im Mustervertrag geregelt, dass ei- ne fristlose außerordentliche Kündigung durch das Land Berlin erfolgen kann, wenn die Betreiberin oder der Be- treiber die sich aus diesem Vertrag ergebenden wesentli- chen Verpflichtungen schuldhaft verletzt. Berlin kann den Vertrag auch dann fristlos außerordentlich kündigen, wenn die Betreiberin oder der Betreiber sich in einer Weise verhält, die dazu geeignet ist, dem Ansehen Berlins zu schaden. Ferner berechtigen Ausschlussgründe im Sinne von § 6 Absatz 5 c bis e der Vergabe- und Ver- tragsordnung für Leistungen – Teil A (VOL/A) Berlin zur Kündigung oder zum Rücktritt vom Vertrag. Durch diese vertraglichen Regelungen wird dem Inte- resse Berlins am vertragskonformen und ordnungsgemä- ßen Betrieb der Einrichtung angemessen Rechnung getra- gen; andererseits ist der rechtlichen Verpflichtung nach- zukommen, alle nach Berlin verteilten Asylsuchenden und Flüchtlinge mit dem Bedarf an notwendiger Unter- kunft zu versorgen und Obdachlosigkeit zu vermeiden. Die Entscheidung über eine mögliche fristlose außeror- dentliche Kündigung ist somit individuell nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls zu treffen und kann nicht pauschal präjudiziert werden. Nachdem der Zustrom von Asylbegehrenden nach Deutschland unvermindert anhält und von Januar bis Mai 2015 bundesweit bereits mehr als 140.000 Asylanträge registriert wurden - das sind mehr als doppelt so viele wie im entsprechenden Vorjahreszeitraum -, besteht weiterhin ein dringender Bedarf an Unterkunftsplätzen für die auf- zunehmenden Flüchtlinge. In allen von der Berliner Un- terbringungsleitstelle (BUL) betreuten Unterkünften stan- den zum Stichtag 16.06.2015 15.058 Plätze bereit, die mit 15.047 Personen vollständig belegt waren; darüber hinaus waren 1.464 Personen in Hostels und Pensionen einquar- tiert (wobei der Senat anstrebt, im Zuge des Kapazitäts- ausbaus sukzessive auf diese Art der vorübergehenden Unterbringung verzichten zu können und Personen aus- schließlich in Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen, sofern sie nicht in eine privat genutzte Mietwohnung einziehen können). Dieser Sachverhalt zeigt auf, dass das LAGeSo bei der Entscheidung über eine mögliche außerordentliche Kün- digung vorrangig bestrebt sein muss, nachteilige Auswir- kungen für die Bewohnerinnen und Bewohner einer vor- zeitig aufgegebenen Einrichtung, insbesondere drohende Obdachlosigkeit zu vermeiden oder zumindest so weit wie möglich zu verringern. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich die betroffene Immobilie im Eigentum der Betreiberin oder des Betreibers befindet und die fristlose Kündigung somit zum Verlust der Unterbringungsplätze in dieser Einrichtung führt. Bei festgestellten Mängeln in der Betriebsführung durch die Betreiberin oder den Betreiber wird sich das LAGeSo daher zunächst intensiv um eine einvernehmli- che Verständigung mit der Betreiberin oder dem Betreiber mit dem Ziel der ordnungsgemäßen Betriebsführung und korrekten Vertragserfüllung bemühen, auch wenn die Option, das Vertragsverhältnis bei Vorliegen der Voraus- setzungen außerordentlich zu kündigen, als Mittel letzter Wahl jederzeit vorbehalten bleiben muss. Unter Berücksichtigung dieser Zusammenhänge ist eine außerordentliche Kündigung des Vertrages einer Flüchtlingsunterkunft durch das LAGeSo bisher nicht erfolgt. Berlin, den 26. Juni 2015 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Juni 2015) Seite 1 von 2 Anlage zur Schriftlichen Anfrage Nr. 17/16441: Übersicht Personalprüfungen 2014 und 2015 (Stand: 18. Juni 2015) mit Schreiben vom … Betreiberin/ Betreiber Einrichtungen (Bezirk – Ortsteil) Prüfungszeitraum Status Rückforderung in Euro 28.07.2014 Professionelle Wohn- und Betreuungsgesellschaft mbH (PeWoBe) Neukölln –Britz Marzahn-Hellersdorf – Hellersdorf Charlottenburg-Wilmersdorf – Westend Reinickendorf – Reinickendorf Mitte – Tiergarten Treptow-Köpenick – Grünau 03.03.2014-30.09.2014 01.09.2013-30.09.2014 01.01.2013-30.09.2014 01.01.2014-30.09.2014 01.01.2013-31.01.2015 01.01.2013-30.09.2014 Prüfung beendet Schriftliche Mitteilung an Betreiber am 08.04.2015 76.403,31 31.658,64 5.524,60 15.957,97 18.054,94 15.236,59 bisheriger Einbehalt: 90.406,24 Euro 162.836,05 29.07.2014 GIERSO BoardingHaus Berlin GmbH. (GIERSO GmbH) Mitte – Moabit Steglitz-Zehlendorf – Lichterfelde Charlottenburg-Wilmersdorf – Westend Spandau – Spandau 13.02.2013-31.12.2014 28.03.2013-15.10.2014 27.05.2013-15.10.2014 13.05.2013-15.10.2014 Prüfung beendet Schriftliche Mitteilung an Betreiber am 03.02.2015 70.957,08 37.124,99 17.946,48 48.851,30 bisheriger Einbehalt: 174.879,85 Euro 174.879,85 14.11.2014 GEO Home/ EVO Home (Nicolai Robak) Friedrichshain-Kreuzberg – Friedrichshain Friedrichshain-Kreuzberg – Friedrichshain 01.10.2014-28.02.2015 01.10.2014-28.02.2015 Prüfung in Bearbeitung geplant GEO Home/ EVO Home (Nicolai Robak) Friedrichshain-Kreuzberg – Friedrichshain Friedrichshain-Kreuzberg – Friedrichshain 01.03.2015 – jetzt 01.03.2015 – jetzt Schreiben hinsichtlich der erneuten Eröffnung der Personalprüfung in Erarbeitung 17.02.2015 Arbeiterwohlfahrt (AWO) Lichtenberg – Lichtenberg Spandau – Spandau Charlottenburg-Wilmersdorf – Charlottenburg Treptow-Köpenick – Niederschöneweide Spandau – Siemensstadt Reinickendorf – Wittenau Spandau – Gatow Lichtenberg – Lichtenberg Mitte – Gesundbrunnen Mitte – Gesundbrunnen 01.01.2013-31.01.2015 Prüfung in Bearbeitung 30.03.2015 Arbeiter-SamariterBund Deutschland e. V.(ASB) Mitte – Moabit Charlottenburg-Wilmersdorf – Westend Steglitz-Zehlendorf – Lichterfelde 04.09.2013-31.03.2015 17.12.2014-31.03.2015 05.01.2015-31.03.2015 Prüfung in Bearbeitung Seite 2 von 2 mit Schreiben vom … Betreiberin/ Betreiber Einrichtungen (Bezirk – Ortsteil) Prüfungszeitraum Status Rückforderung in Euro 05.05.2015 Neustart Berlin GmbH Marzahn-Hellersdorf – Marzahn 01.01.2013-30.04.2015 Prüfung in Bearbeitung 10.06.2015 GIERSO GmbH Mitte – Moabit Steglitz-Zehlendorf – Lichterfelde Charlottenburg-Wilmersdorf – Westend Spandau – Spandau Steglitz-Zehlendorf – Lichterfelde Pankow – Weißensee 01.01.2015-31.05.2015 16.10.2014-31.05.2015 16.10.2014-31.05.2015 16.10.2014-31.05.2015 01.08.2014-31.05.2015 01.01.2015-31.05.2015 Prüfung in Bearbeitung geplant PeWoBe Neukölln – Britz Marzahn-Hellersdorf – Hellersdorf Charlottenburg-Wilmersdorf – Westend Reinickendorf – Reinickendorf Mitte – Tiergarten Treptow-Köpenick – Grünau Pankow – Weißensee Lichtenberg – Lichtenberg Spandau – Siemensstadt Tempelhof-Schöneberg – Tempelhof ab 01.10.2014 ab 01.10.2014 ab 01.10.2014 ab 01.10.2014 ab 01.02.2015 ab 01.10.2014 ab Belegungsbeginn ab Belegungsbeginn ab Belegungsbeginn ab Belegungsbeginn Schreiben hinsichtlich der Eröffnung der Personalprüfung in Erarbeitung S17-16441 S1716441_Anlage