Drucksache 17 / 16 447 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Philipp Magalski (PIRATEN) vom 16. Juni 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Juni 2015) und Antwort Fischsterben und Gegenmaßnahmen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie oft und an welchen Stellen in Berlin wurden von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, dem Fischereiamt Berlin, der Wasserschutz- polizei oder anderen Behörden in den vergangenen drei Jahren bis einschließlich Mitte Juni 2015 (24. KW) ver- mehrtes Fischsterben registriert? (Bitte nach Orten und Zeitpunkten aufschlüsseln!) Antwort zu 1: Die genauen Orte und Zeitpunkte wer- den nicht aufgezeichnet. Da in den Gewässern eine Fließ- bewegung des Wasserkörpers vorhanden ist, treiben die toten Fische mit der Strömung weiter. Das Fischsterben tritt vorrangig in den Berliner Bezirken mit Mischwasser- kanalisation auf, nämlich im Neuköllner Schifffahrtskanal und Landwehrkanal, teilweise auch im Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal und im Innenstadtbereich der Spree. Frage 2: Wie viele Fische starben in diesem Zeitraum nach Erkenntnissen des Senats? Antwort zu 2.: Die toten Fische werden beim Absam- meln aus dem Gewässer nicht gezählt. Frage 3: Wie oft wurden hierbei solche Ereignisse von Bürger*innen den zuständigen Stellen gemeldet? Antwort zu 3.: Die Anzahl an Meldungen von Bürgern und Bürgerinnen wird nicht aufgezeichnet. Es gehen jedoch nach jedem Ereignis zahlreiche Meldungen bei verschiedenen Stellen unseres Hauses ein. Frage 4: Was waren die ermittelten Ursachen für die jeweiligen Ereignisse (Frage 1)? Antwort zu 4.: In den Sommermonaten führen Starkregenereignisse zum Überlaufen des Mischwasser- systems in die Oberflächengewässer. Mischwasser besteht aus einem Anteil ungeklärtem Abwasser und belastetem Regenwasser. Das Verhältnis im Überlauf beträgt ca. 1 zu 10. Insbesondere während langer Trockenperioden kommt es zusätzlich zu hohen Stoffakkumulationen, die schlagar- tig bei einsetzendem Regen abgetragen werden. Die Folge ist, dass organisch belastetes Wasser direkt in die Ober- flächengewässer geleitet wird. In den Gewässern findet dann bei höheren Wassertemperaturen ein intensiver aerober mikrobieller Abbauprozess statt, der zu Sauer- stoffzehrung und in der Folge zu Fischsterben führen kann. Frage 5: Wie erfolgt nach solchen Ereignissen konkret die Reinigung der Berliner Gewässer von Fischkadavern? Antwort zu 5.: Nach den Ereignissen werden die toten Fische zeitnah eingesammelt und zur Entsorgung in die Tierkörperbeseitigungsanstalt transportiert. Das Einsam- meln und Entsorgen der Fischkadaver erfolgt von Was- serbaufirmen, die von der Senatsverwaltung für Stadtent- wicklung und Umwelt beauftragt werden. Frage 6: Wie oft war das Belüftungsschiff „Rudolf Kloos“ in den vergangenen drei Jahren im Einsatz, um der Sauerstoffknappheit entgegenzuwirken? In welchen Ge- wässerabschnitten fanden die Einsätze statt? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 447 2 Antwort zu 6.: Das Belüftungsschiff wird in den Mo- naten Mai bis September, wenn in den Gewässern erfah- rungsgemäß eine Sauerstoffarmut eintritt, montags bis freitags jeweils in den Nächten von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr eingesetzt. Bei niedrigen Temperaturen in den Näch- ten ist die Effizienz des Sauerstoffeintrags am größten. Bei angekündigten oder eingetretenen Starkregenereignis- sen fährt das Belüftungsschiff zusätzlich am Samstag und Sonntag ebenfalls in der Zeit von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr. Ausnahmen von diesen Regelfahrzeiten entstehen bei technischen Ausfällen (Maschinenschaden, Pumpen- verstopfung, Treibgut in der Schiffsschraube u. ä.). Derar- tige Ausfälle werden im Regelfall kurzfristig beseitigt. Frage 7: Welche weiteren Maßnahmen hat der Senat bereits ergriffen bzw. sind in Planung, um solche Ereig- nisse des vermehrten Fischsterben – vor allem in Folge von Überläufen der innerstädtischen Mischkanalisation nach Starkregenereignissen – einzudämmen bzw. in Zukunft zu minimieren oder gar gänzlich auszuschließen? Frage 8: Welche technischen Möglichkeiten gibt es und welche finanziellen Mittel wären notwendig, um die Bedingungen der innerstädtischen Kanalisation in den kommenden Jahren dahingehend zu verändern, dass so- genannte Überläufe bei Starkregen in die Oberflächenge- wässer gänzlich verhindert werden können? In welchem Zeitraum könnte ein solcher Umbau voraussichtlich reali- siert werden? Antwort zu 7. und 8.: Überläufe bei Starkregen sind nicht gänzlich zu verhindern. Durch das laufende Baupro- gramm des Landes Berlin und der Berliner Wasserbetrie- be (BWB) zur Schaffung von stadtweit insgesamt 300.000 m³ Stauraum für die Mischwasserspeicherung bis 2020 wird die Häufigkeit der Überlaufereignisse verringert. Im Jahr 2014 wurde ein Umsetzungstand von 230.000 m³ erreicht. Es ist geplant, für ökologische Schwerpunktgebiete ein ergänzendes Sanierungsprogramm zum laufenden Programm ab 2016/2017 planerisch zu entwickeln. Neben ergänzenden Maßnahmen zur Mischwasserspeicherung kommen u.a. auch Maßnahmen zur Mischwasserbehand- lung oder Abkoppelungen von angeschlossenen Flächen vom Kanalnetz grundsätzlich in Betracht. Der Zeitraum und die Kosten für die Umsetzung eines ergänzenden Programms können aktuell nicht abgeschätzt werden. Darüber hinaus wird geprüft, ob durch eine veränderte Steuerung der Zuflüsse in den Landwehrkanal aus der Spree die Folgen von Mischwasserüberläufen abgemin- dert werden können. Frage 9: Wie steht der Senat zu der Forderung, die jährlichen Gewinnabflüsse der Berliner Wasserbetriebe (BWB) an den Berliner Landeshaushalt einzustellen und stattdessen dieses Geld von den BWB für den weiteren Um- bzw. Ausbau der Kanalisation zu verwenden? Antwort zu 9.: Hinsichtlich des Um- und Ausbaus der Kanalisation bis 2020 ist zwischen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt und den BWB ein gemeinsames Bauprogramm zur Schaffung von Misch- wasserspeicher vereinbart worden. Auf der Grundlage der Rahmenvereinbarung zur Straßenregenentwässerung tragen das Land Berlin 60% und die BWB 40% der Kos- ten. Die anteiligen Kosten des Landes Berlin sind im Landeshaushalt eingestellt. Da für die anteilige Finanzie- rung der Investitionen durch die BWB grundsätzlich Ei- gen- und Fremdmittel zur Verfügung stehen, sieht der Senat hierin keine Beschränkung für die Durchführung der vereinbarten Investitionen. Berlin, den 29. Juni 2015 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ............................. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Juli 2015)