Drucksache 17 / 16 479 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Stefanie Remlinger (GRÜNE) vom 22. Juni 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Juni 2015) und Antwort Fehlende Grundschulplätze in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1.In welchen Bezirken fehlen nach Kenntnis des Senats mit derzeitigem Stand für das kommende Schuljahrnoch wie viele Grundschulplätze (sortiert nach Bezirk und Schulregion)? Zu 1.: Dem Senat von Berlin obliegt es, die gesamtstädtische Entwicklung, den gegenwärtigen und den zukünftigen Schulbedarf darzustellen, das Parlament und die Öffentlichkeit über den gegenwärtigen Entwicklungsstand und die Entwicklungserfordernisse der Berliner Schule zu informieren sowie die Rahmenvorgaben zur Schülerversorgung und zur Schulorganisation zu setzen. Die zu erwartenden Schülerzahlen werden mit der jährlichen „Modellrechnung zur Entwicklung der Schülerzahlen im Land Berlin“ nach Schularten und Bezirken differenziert dargestellt, Prognosen zur Entwicklung von Schülerzahlen nach Grundschulregionen werden nicht erstellt. Im Schulentwicklungsplan für Berlin wird im Fünf-Jahres-Turnus dargestellt, wie sich gesamtstädtisch die Schulraumkapazität entwickeln wird. Auch dabei handelt es sich um standardisierte Bewertungen auf der Grundlage berlinweit einheitlicher Faktoren (Räume/Zug) und abgestimmt mit den Bezirken. Ausschließlich ihnen obliegen die Schulorganisation und die Planung nach Grundschulregionen. Gemäß § 109 Absatz 2 des Schulgesetzes (SchulG) für Berlin legen sie die Einschulungsbereiche und die Aufnahmekapazität der von ihnen verwalteten Schulen fest. Für die Einrichtung des jeweils folgenden Schuljahres verwenden die Bezirke die Daten des Einwohnermelderegisters (nicht der Modellrechnung der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft). Die Anmeldungen der Schulanfängerinnen und Schulanfänger zum Schuljahr 2015 / 2016 erfolgten vom 06. – 17. Oktober 2014. Zu diesem Zeitpunkt mussten die Bezirke auch die Aufnahmekapazitäten (§ 109 SchulG) festgelegt haben. In Anbetracht der ausschließlich bezirklichen Zuständigkeit für die Anmeldung der Schulanfängerinnen /Schulanfänger und deren Versorgung mit Schülerplätzen wurden die Bezirke um Stellungnahme gebeten. Bis auf den Bezirk Mitte haben alle Bezirke fristgerecht geantwortet und mitgeteilt, dass allen Erziehungsberechtigten ein Grundschulplatz für ihre Kinder angeboten wurde. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass abschließende Angaben der Bezirke erst nach Einrichtung/Beginn des Schuljahres 2015/2016 vorliegen können. Neben der Anmeldung sind auch Wechselwünsche, Zuzüge und Wegzüge, Anträge auf Ruhen der Schulpflicht, Recherchen zum Verbleib nicht angemeldeter Kinder und auch Anträge auf Besuch einer Schule in freier Trägerschaft zu bearbeiten. Zudem ändern Eltern ihre Wünsche teilweise noch bis zur konkreten Einrichtung des Schuljahres. Ob daher alle geplanten Klassen bzw. zur Verfügung gestellten Plätze zum Schuljahresbeginn tatsächlich eingerichtet werden, stellt sich erst in den kommenden Wochen dar. 2. Wie haben sich die Ist-Schülerzahlen innerhalb der letzten drei Jahre für die jeweils einzuschulenden Kinder zu den Modellrechnungen des Senats verhalten (sortiert nach Jahr, Bezirk, Grundschulregion)? Zu 2.: Seit neun Jahren wird von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft eine vergleichende Auswertung der Schülerzahlen zur Qualitätssicherung im Rahmen der Organisation des Schuljahres durchgeführt (Anlage 1). Es zeigt sich, dass die Modellrechnung ein zuverlässiges Instrument darstellt und die zu erwartenden Schülerzahlen des jeweils folgenden Schuljahres besonders gut abbildet werden. Die Schülerzahlen liegen im Ergebnis sehr nahe an der tatsächlichen ISTSchülerzahl . Auch auf der regionalen Ebene der Bezirke ist die Modellrechnung ein zuverlässiges Planungstool. Diese Untersuchung/Darstellung wurde für alle Jahrgangsstufen zusammengefasst und nicht für die Grundschule getrennt durchgeführt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 479 2 3. An wie vielen Schulen soll bzw. muss zum kommenden Schuljahr die Zügigkeit erhöht werden, um allen Kindern einen Schulplatz anbieten zu können? Wie viele Züge/Kinder zusätzlich bedeutet das jeweils? Bitte angeben sortiert nach Bezirk und Schule. 4. Bei welchen Schulen handelt es sich dabei um nur vorübergehende Verdichtungsmaßnahmen? Zu 3. und 4.: Aus der Erhöhung der Zügigkeit einer Schule kann nicht abgeleitet werden, ob die jeweilige Standortkapazität dafür ausreicht oder nicht; in mehreren Planungsregionen bestehen aktuell noch Kapazitätsreserven , die durch die Erhöhung der Zahl der Schülerinnen und Schüler in Anspruch genommen werden. Auch können bei einer gleichbleibenden Gesamtzügigkeit einer Schule durchaus in einer Jahrgangsstufe mehr und in einer anderen weniger Klassen eingerichtet werden (Beispiel: 3-zügige Grundschule, jeweils zwei Klassen der Jahrgangsstufen 5 und 6, jedoch 4 der Jahrgangsstufe 3. Infolge dessen und aufgrund des noch nicht abgeschlossenen Prozesses zur Einrichtung des Schuljahres können abschließende Angaben - wie o.a. – erst danach gemacht werden. 5. Wie wird der Senat gewährleisten, dass die pädagogischen und räumlichen Konzepte der Schulen erhalten bzw. zumindest mittelfristig wieder hergestellt werden können? 6. In wie vielen Fällen wurde im laufenden bzw. wird im kommenden Schuljahr nach Kenntnis des Senats die in der Grundschulverordnung festgelegte Höchstgrenze von 25 Schülerinnen und Schüler pro Klasse (voraussichtlich) überschritten (sortiert nach Bezirk und Grundschule)? 7. Wie viele Kinder werden nach Kenntnis des Senats in den nächsten drei Jahren eingeschult, sortiert nach Bezirk, Schulregion bzw. Schuleinzugsgebiet? 8. Wie viele Schulplätze stehen nach Kenntnis des Senats im kommenden Schuljahr für die jeweils einzuschulenden Kinder zur Verfügung (sortiert nach Bezirk, Schulregion bzw. Schuleinzugsgebiet)? Zu 5. – 8.: Mit der Verordnung über den Bildungsgang der Grundschule (Grundschulverordnung – GsVO) ist keine Höchstgrenze von 25 Schülerinnen und Schülern festgelegt worden. Mit der Verordnung zur Änderung von Vorschriften der Grundschulverordnung, der Sekundarstufe I-Verordnung sowie der Sonderpädagogikverordnung vom 4. April 2012 besteht gem. § 4 Absatz 8 jede Klasse in der Schulanfangsphase grundsätzlich aus 23 bis 26 Schülerinnen und Schülern. Der Senat hat keinen Einfluss auf Konzepte von Schulen , die - über die pädagogisch inhaltlichen Aspekte hinaus - Auswirkungen auf die sogenannten äußeren Schulangelegenheiten haben (Gebäude, Außenanlagen etc.), da dies der Zuständigkeit der Schulträger obliegt. Bezüglich der künftigen Schulraumversorgung ist auszuführen: Im Schuljahr 2013/2014 besuchten insgesamt 147.472 Schülerinnen und Schüler die öffentlichen Berliner Grundschulen und Grundstufen an Integrierten Sekundarschulen (Schulanfangsphase bis Jahrgangsstufe 6); die Frequenz betrug durchschnittlich 22,5. Im aktuellen Schuljahr 2014/2015 werden 152.047 Schülerinnen und Schüler, somit 4.575 zusätzlich beschult ; die Frequenz beträgt durchschnittlich 22,4. Gemäß der Modellrechnung zur Entwicklung der Schülerzahlen vom Januar 2015 werden im Schuljahr 2015/2016 insgesamt 156.370 Schülerinnen und Schüler erwartet, d.h. 4.323 mehr als im laufenden Schuljahr, was einer Steigerung auf 103 Prozent entspricht. Wie o.a. dargestellt ist die regionale Ebene der Modellrechnung der Bezirk. Ebenso legen die Schulträger die Aufnahmekapazitäten (bereits 2014 für das Schuljahr 2015/16) fest. Um die Beschulung der zusätzlichen Schülerinnen und Schüler zu gewährleisten, werden dem Bedarf entsprechend die notwendigen Maßnahmen in die Wege geleitet. So kann beispielweise allein durch eine Änderung von Einschulungsbereichen die Ausgewogenheit von Platzangebot und –nachfrage in benachbarten Grundschulen gewährleistet werden. Darüber hinaus wurde bereits in den Jahren 2014 und 2015 an einigen Standorten die Kapazität erhöht. 9. Wie viele Züge sind insgesamt in den bisherigen Schulentwicklungsplanungen bis zum Schuljahr 2020/2021 unversorgt und wie viele Schulan- und - neubauten sind a) bereits geplant und b) noch notwendig, um die insgesamt notwendigen Kapazitäten zu erreichen? Zu 9.: Im Schulentwicklungsplan (SEP) wird dargestellt , dass gemäß Modellrechnung zur Entwicklung der Schülerzahlen die Anzahl der Grundschülerinnen und Grundschüler von 147.538 (dies entspricht bei einer durchschnittlichen Klassenfrequenz von 24 ca. 1.024 Zügen) im Schuljahr 2013/2014 auf 174.950 (ca. 1.215 Züge) im Schuljahr 2022/2023 steigt. Dem standen im Schuljahr 2013/2014 eine Kapazität von 1.138 Zügen und damit ein rechnerischer Überschuss von ca. 114 Zügen gegenüber. Die erwartete Nachfragesteigerung führt zu einem zusätzlichen Bedarf von 77 Zügen bis zum Schuljahr 2022/2023 unter Status quo-Bedingungen. Dieser wird durch bereits geplante kapazitätserweiternde Maßnahmen in einer Größenordnung von ca. 106 Grundschulzügen kompensiert, so dass rechnerisch zum Schuljahr 2022/2023 eine Überkapazität von etwa 29 Zügen vorhanden sein wird. Da Grundschulplätze wohnortnah angeboten werden müssen und sich die Grundschulnachfrage regional sehr unterschiedlich entwickelt, werden grundsätzlich immer mehr Kapazitäten benötigt als auf der gesamtstädtischen (und bezirklichen) Ebene berechnet („Organisationsreser- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 479 3 ve“); trotz freier Kapazitäten in einer Region müssen in anderen weitere geschaffen werden, um die wohnortnahe Beschulung von Grundschulkindern gewährleisten zu können. Sofern die bereits in der Planung befindlichen dokumentierten Maßnahmen wie Um- und Erweiterungsbauten , Neubauten, Reaktivierung vorhandener Gebäude zeitgerecht umgesetzt werden, wird es keine „unversorgten Züge“ geben. Der prognostizierte GrundschulRaumbedarf wird durch den dann vorhandenen Grundschul -Raumbestand in einem regional ausgewogenen, wohnortnahen Standortnetz gedeckt werden können. 10. Wie will der Senat die bürokratischen Planungsprozesse und Verfahren beschleunigen, damit die Bedarfe mit qualitativ hochstehenden Schulbauten statt ausschließlich über die derzeit verwendeten Modularen Ergänzungsbauten gedeckt werden können? Zu 10.: Zur Schaffung von Schulraumkapazitäten werden nicht ausschließlich modulare Ergänzungsbauten errichtet, sondern sowohl qualitativ hochwertige standardisierte als auch nicht standardisierte Schulgebäude. Die Realisierung von Schulbaumaßnahmen erfolgt grundsätzlich auf der Basis europäischer Regularien, der Bundesgesetzgebung sowie auf der Grundlage der durch das Abgeordnetenhaus von Berlin verabschiedeten Gesetze , wie der Landeshaushaltsordnung und der Bauordnung für Berlin. Berlin, den 09. Juli 2015 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Juli 2015) Schülerzahlen der öffentlichen allgemein bildenden Schulen* Saldo: Modellrechnung-IST Statistik 1.11.2006 1.11.2007 1.11.2008 1.11.2009 1.11.2010 1.11.2011 1.11.2012 1.11.2013 1.11.2014 Mitte 174 -114 252 -123 99 228 -88 184 -310 FriedrichshainKreuzberg 3 304 98 -119 421 -334 14 -222 -230 Pankow -403 266 -66 217 0 157 -299 -189 -198 CharlottenburgWilmersdorf 466 -460 -426 -682 527 -253 189 -265 347 Spandau -191 275 -14 -86 179 12 -192 10 -225 SteglitzZehlendorf 200 -23 -138 -32 12 -203 -196 -313 295 TempelhofSchöneberg 13 172 -8 -49 -40 55 -385 -354 -197 Neukölln 16 -9 321 -273 -276 171 -295 136 74 Treptow-Köpenick 20 6 94 -21 -94 342 -329 384 -6 MarzahnHellersdorf 81 669 666 418 98 -223 210 404 -233 Lichtenberg -181 361 501 52 158 -53 -306 314 75 Reinickendorf 106 -56 -115 -176 85 -186 -453 139 -21 Summe 301 1.391 1.165 -874 1.170 -287 -2.131 229 -628 Saldo (%): Modellrechnung-IST Statistik (%) 1.11.2006 1.11.2007 1.11.2008 1.11.2009 1.11.2010 1.11.2011 1.11.2012 1.11.2013 1.11.2014 Mitte 0,6% -0,4% 0,9% -0,5% 0,4% 0,9% -0,4% 0,7% -1,2% FriedrichshainKreuzberg 0,0% 1,3% 0,4% -0,5% 2,0% -1,6% 0,1% -1,0% -1,0% Pankow -1,5% 1,0% -0,3% 0,8% 0,0% 0,6% -1,1% -0,7% -0,7% CharlottenburgWilmersdorf 1,8% -1,8% -1,6% -2,6% 2,1% -1,0% 0,8% -1,1% 1,5% Spandau -0,8% 1,2% -0,1% -0,4% 0,8% 0,1% -0,9% 0,0% -1,1% SteglitzZehlendorf 0,7% -0,1% -0,5% -0,1% 0,0% -0,7% -0,7% -1,1% 1,0% TempelhofSchöneberg 0,0% 0,6% 0,0% -0,2% -0,1% 0,2% -1,4% -1,3% -0,7% Neukölln 0,1% 0,0% 1,1% -1,0% -1,0% 0,6% -1,1% 0,5% 0,3% Treptow-Köpenick 0,1% 0,0% 0,5% -0,1% -0,5% 1,8% -1,8% 2,0% 0,0% MarzahnHellersdorf 0,3% 3,1% 3,2% 2,1% 0,5% -1,1% 1,1% 2,0% -1,1% Lichtenberg -0,8% 1,8% 2,6% 0,3% 0,8% -0,3% -1,5% 1,5% 0,3% Reinickendorf 0,4% -0,2% -0,4% -0,7% 0,3% -0,7% -1,8% 0,5% -0,1% Summe 0,1% 0,5% 0,4% -0,3% 0,4% -0,1% -0,7% 0,1% -0,2% * ohne: zentral verwaltete Schulen, berufliche Schulen, Zweiten Bildungsweg Anlage 1: Güte der Modellrechnung Berlinweit und nach Bezirken S17-16479 S1716479 Anl1