Drucksache 17 / 16 488 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN) vom 24. Juni 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Juni 2015) und Antwort Scientology in der Verwaltung Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. a) Müssen Angestellte und/oder Beamte des Land Berlins angeben, ob sie einer Vereinigung wie Scientology sowie ihrer Unter- und Vorfeldorganisationen angehören ? Wenn ja, inwieweit muss dies angegeben werden? Wenn nein, warum nicht und ist (zu wann) diesbezüglich eine Änderung geplant? (Falls keine Änderung geplant ist, warum nicht?) Zu 1a): Weder im Rahmen von Einstellungsverfahren noch im Rahmen bestehender Beschäftigungsverhältnisse ist eine gezielte Befragung nach einer Mitgliedschaft in der Scientology-Organisation oder deren Unter- und Vorfeldorganisationen vorgesehen. Dies gilt nicht nur in Bezug auf die Scientology-Organisation, sondern auch auf andere Vereine, Organisationen, Parteien etc. Aktuell wird kein Anlass gesehen, diese Verwaltungspraxis zu ändern. Im Zusammenhang mit Einstellungen in den Dienst des Landes Berlin gilt Folgendes: In ein Beamtenverhältnis darf gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 2 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) nur berufen werden, wer die Gewähr dafür bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten. Ferner ist der Dienstherr unter dem Gesichtspunkt des beamtenrechtlichen Leistungsprinzips, welches verfassungsrechtlich gemäß Art. 33 Abs. 2 GG und einfachgesetzlich durch § 9 BeamtStG i.V.m. § 8 Abs. 1 Landesbeamtengesetz (LBG) eine Bewerberauswahl nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung verlangt, zur Beurteilung einer Bewerberin oder eines Bewerbers angehalten. Die Dienstbehörde kann die Verfassungstreue ohne weitere Ermittlungen unterstellen, wenn im Einzelfall nicht aus Bewerbungsunterlagen, Vorstellungsgesprächen , Einstellungstests, Führungszeugnissen oder in sonstiger Weise Tatsachen bekannt werden, die Zweifel begründen können. Bei bestehenden Zweifeln an der Verfassungstreue müsste die Dienstbehörde diesen im Rahmen des rechtlich Möglichen nachgehen. Sofern die Zweifel hinreichend begründet sind und nicht ausgeräumt werden können, müsste von einer Berufung in das Beamtenverhältnis oder einer Einstellung als Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmer abgesehen werden. Die Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer des Landes Berlin sind gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) verpflichtet, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen. Daher sind auch für diese Beschäftigten die vorgenannten Grundsätze maßgebend . Für die regelmäßige Unterstellung der Verfassungstreue spricht in Bezug auf Beamtinnen und Beamte auch, dass diese nach Begründung des Beamtenverhältnisses zu vereidigen sind – der zu leistende Eid bzw. das alternativ zulässige Gelöbnis enthält eine Verpflichtung auf das Grundgesetz und die Verfassung von Berlin (§ 38 BeamtStG i.V.m. § 48 LBG). Sofern der Eid abgelegt wird, kann im Umkehrschluss darauf geschlossen werden, dass die beamtete Dienstkraft die Grundsätze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung i.S. des Grundgesetzes und der Verfassung von Berlin bejaht und verfassungsfeindliche Bestrebungen nicht unterstützt. Sollte die Ablegung des Eides bzw. des Gelöbnisses verweigert werden, ist die beamtete Dienstkraft gem. § 23 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG zu entlassen. Für bestehende Beschäftigungsverhältnisse gilt Folgendes : Der Senat vertraut darauf, dass die Beschäftigten des Landes Berlin die eingegangenen Verpflichtungen, auch im Hinblick auf die politische Treuepflicht, einhalten. Sollte es im bestehenden Beamten- oder Arbeitsverhältnis zu einer Dienstpflichtverletzung kommen, ist diese mit dem zur Verfügung stehenden dienst- bzw. arbeitsrechtlichen Instrumentarium zu ahnden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 488 2 Werden also Beziehungen zu bzw. eine Mitgliedschaft in der Scientology-Organisation bei einer bereits vorhandenen Beamtin bzw. bei einem bereits vorhandenen Beamten bekannt, gelten keine Besonderheiten, da Beziehungen zu der in Rede stehenden Organisation nicht generell ein Dienstvergehen darstellen. Nur in den Fällen, in denen im Einzelfall zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, ist ein Disziplinarverfahren einzuleiten (§ 17 Abs. 1 DiszG). Die vorhandenen dienst- und arbeitsrechtlichen Möglichkeiten werden als ausreichend angesehen, um auf Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Mitgliedschaft in der Scientology-Organisation oder in anderen Organisationen, Vereinen usw. reagieren zu können. 1 b) Wie viele Angestellte des Land Berlins gehören derzeitig der Vereinigung Scientology sowie deren Unterund Vorfeldorganisationen an? c) Wie viele Beamte des Land Berlins gehören derzeitig der Vereinigung Scientology sowie deren Unter- und Vorfeldorganisationen an? d) Wie viele Angestellte des Land Berlins gehören derzeitig einer Scientology ähnlichen Organisation an? e) Wie viele Beamte des Land Berlins gehören derzeitig einer Scientology ähnlichen Organisation an? Zu 1 b) bis e): Angaben über die Zugehörigkeit von Angestellten oder Beamtinnen und Beamten zur Vereinigung Scientology, deren Unter- und Vorfeldorganisationen bzw. einer Scientology ähnlichen Organisation werden von den Dienstbehörden nicht erhoben, so dass entsprechendes Zahlenmaterial nicht zur Verfügung gestellt werden kann. Berlin, den 6. Juli 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Juli 2015)