Drucksache 17 / 16 551 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Wolfgang Albers (LINKE) vom 02. Juli 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Juli 2015) und Antwort Hohe Leistung – geringe Erlöse? Was macht die Charité falsch? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat teilweise nicht allein aus eigener Kenntnis beantworten kann. Er ist bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die CharitéUniversitätsmedizin Berlin und Vivantes um Stellungnahme gebeten, die von dort jeweils in eigener Verantwortung erstellt wurde. 1. Wie hoch sind die Erlöse pro ambulantem Behandlungsfall bei der Charité? Zu 1.: Ambulante Leistungen 2014 Fallzahl 656.878 Erlös 65.844.853 EUR durchschnittlicher Erlös pro Fall 100,23 EUR Allerdings gibt es eine große Spannbreite zwischen den Leistungsvergütungen. Der Erlös aus den Behandlungen in den Hochschulambulanzen beträgt in 2015 knapp 74 EUR pro Quartal, die Vergütung im Sozialpädiatrischen Zentrum aber 446 EUR pro Quartal. Weitere Abrechnungsstrukturen betreffen vor allem ambulante Operationen , ambulante Abrechnungen nach §§ 116 ff. SGB V, Behandlungen in den Medizinischen Versorgungszentren (MVZ), in der Psychiatrischen Institutsambulanz sowie die Versorgung von Notfallpatientinnen und Notfallpatienten in den Rettungsstellen. 2. Wie hoch sind die Erlöse pro ambulantem Behandlungsfall bei Vivantes? Zu 2.: Ambulante Leistungen 2014 Fallzahl 310.103 Erlös 29.722.051 EUR durchschnittlicher Erlös pro Fall 95,85 EUR 3. Wie hoch sind die Erlöse pro ambulantem Behandlungsfall vergleichbarer Universitätskliniken z.B. in Dresden, Freiburg oder Schleswig-Holstein? Zu 3.: Der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft liegen keine verlässlichen Daten zur überregionalen Situation vor. Für die Hochschulambulanzen ist bekannt, dass signifikante Unterschiede zwischen den Erlösen in den verschiedenen Bundesländern bestehen. In den südlichen Bundesländern sollen die Vergütungen deutlich höher und differenzierter sein. Im Verband der Universitätsklinika Deutschlands wird dieses Vergütungsgefälle seit Längerem diskutiert. Das in Kürze in Kraft tretende Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung regelt, dass künftige Vergütungsvereinbarungen die Leistungsfähigkeit der Hochschulambulanzen bei wirtschaftlicher Betriebsführung gewährleisten müssen. Zudem wird der Ermächtigungsumfang der Hochschulambulanzen gesetzlich festgelegt. Die Vergütung der Hochschulambulanzen , vor allem der Neuen Länder einschließlich Berlin, wird sich dadurch verbessern. Der Senat bewertet dies als wichtigen Schritt, der bestehenden Unterfinanzierung von Leistungen der Hochschulambulanzen der Charité entgegenzuwirken. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 551 2 4. Wie hoch war im Geschäftsjahr 2014 der Erlös pro Fall in den Notfallambulanzen der Charité? Zu 4.: Notfall-Leistungen 2014 Fallzahl 136.335 Erlös 5.080.713 EUR durchschnittlicher Erlös pro Fall 37,27 EUR 5. Wie hoch war im Geschäftsjahr 2014 der Erlös pro Fall in den Notfallambulanzen von Vivantes? Zu 5.: Notfall-Leistungen 2014 Fallzahl 238.816 Erlös 8.573.700 EUR durchschnittlicher Erlös pro Fall 35,90 EUR 6. Liegt in den Notfallambulanzen beider Einrichtungen ein vergleichbares Fallspektrum anhand der 30 häufigsten Hauptdiagnosen nach ICD-10 der Kliniken vor? Zu 6.: Ein Vergleich des Fallspektrums in den Notfallambulanzen anhand der Hauptdiagnosen nach „Internationaler Statistischer Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme“ (ICD 10) erfordert einen Datenaustausch und die Definition dezidierter Einund Ausschlusskriterien, um eine Vergleichbarkeit herzustellen . Eine solche Analyse liegt aktuell nicht vor. 7. Wie erklärt die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft und die Leitung der Charité diese Diskrepanzen zu dem landeseigenen Betrieb Vivantes und zu anderen Hochschulkliniken in den Erlösen der ambulanten Leistung? Zu 7.: Die Antworten zu den Fragen 1, 2, 4 und 5 lassen keine großen Diskrepanzen zwischen der Charité und Vivantes erkennen. Unabhängig davon würde ein Vergleich zwischen beiden Institutionen nur innerhalb der jeweils vergleichbaren Vergütungsformen Sinn machen. Da Vivantes vor allem keine Abrechnung nach § 117 SGB V (Hochschulambulanzen ) vornehmen kann, sind Fallstrukturen und Vergütung nicht pauschal vergleichbar. Eine Bewertung der Vergütungsunterschiede mit anderen Universitätskliniken kann auf Grund der unzureichenden Datenlage nicht vorgenommen werden (siehe Antwort zu Frage 3). 8. Wie verteilt sich die ambulante Fallzahl (sowohl in Behandlungszählweise als auch in Kontaktzählweise) auf die Teilwirtschaftsbereiche Krankenversorgung und Fakultät und wie verteilen sich hier die Erlöse für die Wirtschaftsjahre 2010 – 2014 (bitte auch getrennt die Leistung und den Erlös der Zahnklinik auflisten)? Zu 8.: Die Fallzahlen und Erlöse je Teilwirtschaftsplan sind in der nachfolgenden Tabelle dargestellt. Die Erlöse entsprechen der Summe der Vergütungen, die den Fällen zuzuordnen sind. Das heißt, es werden auch Leistungsvergütungen im Jahr der Leistungserbringung berücksichtigt , die erst im Folgejahr als Einnahmen verbucht wurden (die sogenannten periodenfremden Erträge). Die Angaben für 2014 sind in der Antwort zu Frage 1 dargestellt. In den Zahlenangaben für 2014 sind die periodenfremden Erträge noch nicht berücksichtigt. Die Auswertung der Besuchskontakte wird systemseitig nach anderen Kriterien abgegrenzt und ist deshalb nicht überschneidungsfrei und vergleichbar mit den anderen Daten darstellbar. Die Angaben für bestimmte Fächer unterliegen nach Angaben der Charité wettbewerblichen Beschränkungen und können deshalb nicht veröffentlicht werden. Krankenversorgung Fakultät Krankenversorgung / Fakultät 2010 2011 2012 2013 2010 2011 2012 2013 Ambulante Fälle 282.958 304.796 328.337 350.398 280.475 288.818 287.357 286.773 Erlöse aus amb. Leistungen in Mio. € 24,9 28,7 31,0 35,8 19,8 21,4 21,3 21,7 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 551 3 9. Welche vertraglichen Vereinbarungen liegen seitens ambulanter Leistungserbringung im Sinne des § 117 SGB V vor? Wie hoch ist die vereinbarte Fallzahl und wie hoch ist die vereinbarte Pauschalvergütung für die Jahre 2010 – 2014 und auch aktuell für 2015? Zu 9.: Die Vergütung ambulanter Leistungen nach § 117 SGB V sowie die vertraglich vereinbarte Fallzahl für eine 100-%ige Vergütung der Fälle sind in der folgenden Tabelle enthalten. Fakultät (HSA) 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Pauschalvergütung / Fall 65,63 € 70,00 € 70,00 € 70,00 € 71,88 € 73,62 € Vereinbarte Fälle 285.000 272.000 272.000 272.000 278.000 278.000 HSA = Hochschulambulanz Leistungen, die über die vertraglich vereinbarte Anzahl hinausgehen, werden mit 35 % des üblichen Satzes vergütet. 10. Wie verteilen sich die ambulanten Fallzahlen (in Behandlungszählweise und Kontaktzählweise) auf die verschiedenen Ambulanz-Arten innerhalb des Teilwirtschaftsbereichs Krankenversorgung für die Berichtsjahre 2010 – 2014? 11. Wie verteilen sich hier der Erlös und Fallzahlen unter Berücksichtigung des SGB V §§ 115a, 115b, 116b, 118, 119, 120, 120 1a, 140a? 12. Ab dem 2. Quartal 2014 trat in Berlin die Richtlinie zu ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) für schwere Verläufe bei gastrointestinalen und gynäkologischen Tumoren in Kraft; wie viele Fälle wurden im Sinne des § 116b neu ASV erbracht und wie hoch war die Erstattung der Krankenkassen hierfür? Für wie viele Patienten wurden Teamnummern beantragt? Für wie viele Patienten waren die Zentren der Charité Teamleiter im Sinne der ASV-Richtlinie? Zu 10 - 12.: Nach Angaben der Charité handelt sich bei diesen Daten um wettbewerbsrelevante Informationen, die zu den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gehören, und deshalb nicht zur Veröffentlichung freigegeben sind. 13. Wie ist das Ergebnis des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) Charité aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit im Jahr 2014, wie hoch die Fallzahl (Behandlungszählweise und Kontaktzählweise), und wie hoch der Erlös je Fall? Zu 13.: Die Charité erhält für Leistungen, die im Rahmen der MVZ erbracht werden, eine Leistungsvergütung , die der eines Kassenarztes entspricht. Das gemeinsame Ergebnis aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit der beiden Tochtergesellschaften der Charité, die ambulante Leistungen als MVZ erbringen, betrug in 2014 ca. 195 TEUR. Es ist zu berücksichtigen, dass die Charité diese MVZ-Gesellschaften nicht zum Zwecke der Gewinnmaximierung gegründet hat. Ziel ist es, ambulante Fälle mit besonders kostenintensiver Diagnostik oder besonderen Behandlungsprozeduren, die über die oben genannte pauschale Vergütung der Hochschulambulanzen nicht gedeckt werden können, kostendeckend abrechnen zu können . Weitere Informationen liegen nicht vor. 14. Erfüllt das MVZ auch Aufgaben im Sinne von Forschung und Lehre? Wie viele Patienten wurden vom MVZ an die Hochschulambulanz der Fakultät weitergeleitet ? Zu 14.: Nein, das MVZ hat keine Aufgabe im Rahmen von Forschung und Lehre. Eine Weiterleitung von Patientinnen und Patienten an die Hochschulambulanzen kann es nicht geben, da die Patientin bzw. der Patient freie Arztwahl hat und eine Überweisung lediglich an eine Fachrichtung erfolgt. Es ist daher nicht auszuschließen, dass Patientinnen und Patienten nach dem Besuch des MVZ anschließend in einer Hochschulambulanz behandelt werden, es liegen dazu allerdings keine Daten vor. Berlin, den 13. Juli 2015 In Vertretung Steffen Krach Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Juli 2015)