Drucksache 17 / 16 607 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Elke Breitenbach (LINKE) vom 09. Juli 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Juli 2015) und Antwort LAGeSo-Affäre (IV): Fachaufsicht der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Zu welchem konkreten Zeitpunkt hatte die Fachaufsicht der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales über das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) erstmals jeweils Hinweise darauf, dass a. Akten nur lückenhaft und unsystematische geführt, b. Erstaufnahmeeinrichtungen, Gemeinschafts- und Notunterkünfte nicht ordnungsgemäß vergeben, c. Unterkünfte ohne (schriftlichen) Betreibervertrag eröffnet und betrieben, d. Herrichtungs- und Investitionskosten neben den Tagessätzen direkt an Heimbetreiber gezahlt, e. Maklerprovisionen gezahlt, f. Rückforderungs- oder Minderungsansprüche sowie Vertragsstrafen gegenüber Heimbetreibern nicht verfolgt, g. Überzahlungen von Heimbetreibern nicht zurückgefordert , h. „Liquiditätshilfen“ an Heimbetreiber geleistet, i. überteuerte (Bau-)Leistungen vergütet und j. Doppelzahlungen nicht korrigiert werden, und welche Konsequenzen hat sie daraus jeweils gezogen ? (Bitte jeweils einzeln nach Zeitpunkt, Hinweis und Konsequenzen aufschlüsseln.) 2. Wie erfolgt die Zusammenarbeit zwischen dem LAGeSo und der Fachaufsicht der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales? 3. Wie ist die Fachaufsicht der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales über das LAGeSo derzeit personell ausgestattet? Wie war sie zum 1. November 2014 ausgestattet? (Bitte in Vollzeitäquivalenten angeben.) 4. Welche Einzelheiten zur Zusammenarbeit zwischen dem LAGeSo und der Fachaufsicht der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales wurden in der Zielvereinbarung für die Jahre 2012 und 2013 zwischen Sozialsenator Czaja und LAGeSo-Präsident Allert vereinbart? Wie erfolgte die Umsetzung? (Bitte die Zielvereinbarung 2012/2013 beifügen.) 5. Welche Einzelheiten zur Zusammenarbeit zwischen dem LAGeSo und der Fachaufsicht der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales wurden im Entwurf der Zielvereinbarung für die Jahre 2014 und 2015 zwischen Sozialsenator Czaja und LAGeSo-Präsident Allert vereinbart? Warum wurde die Zielvereinbarung von LAGeSo -Präsident Allert nicht unterzeichnet? (Bitte den Entwurf der Zielvereinbarung 2014/2015 beifügen.) Zu 1. bis 5.: Dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) obliegt die Durchführung einer Fülle von Aufgaben. Die Fachaufsicht zu diesen einzelnen Aufgaben liegt als nicht quantifizierter Teil in den jeweils zuständigen Sachgebieten der Abteilungen für Gesundheit , Soziales und Verbraucherschutz. Die Fachaufsicht überprüft gemäß § 8 Absatz 2 des Allgemeinen Zuständigkeitsgesetzes (AZG) das Handeln des LAGeSo auf recht- und ordnungsmäßige Erledigung der Aufgaben und auf die zweckentsprechende Handhabung des Verwaltungsermessens . Die Intensität der Ausübung der fachaufsichtlichen Befugnisse richtet sich entsprechend § 8 Absatz 3 AZG nach den erkennbaren Erfordernissen. Die Fachaufsicht wurde grundsätzlich nach dem Prinzip der dezentralen Fach- und Ressourcenverantwortung des LAGeSo für die ihm übertragenen Aufgaben als kooperative Fachaufsicht wahrgenommen. Die Grundsätze der Kooperation wurden zwischen dem LAGeSo und der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales in Zielvereinbarungen festgehalten. In der Zielvereinbarung der Jahre 2012/2013 wurden neben den Grundsätzen der Kooperation zwischen der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales und dem LAGeSo die Vorhaben im Bereich Gesundheit und im Bereich Soziales aufgelistet. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 607 2 Näheres kann der beigefügten Zielvereinbarung entnommen werden. Der regelmäßige Informationsaustausch fand u. a. jeweils zwischen dem Staatssekretär für Soziales , der Staatssekretärin für Gesundheit und dem Präsidenten des LAGeSo in einem Jour fixe statt. Zu diesem Zeitpunkt war die Fachaufsicht im Bereich Unterbringung von Flüchtlingen Teil eines Aufgabengebietes in der Abteilung Soziales. Inzwischen ist die Fachaufsicht im Bereich der Flüchtlingsunterbringung verstärkt dazu übergegangen , von dem fachaufsichtlichen Frage- und Einsichtsrecht nach § 8 AZG Gebrauch zu machen. Dies machte es erforderlich, die entsprechende Fachaufsicht auch personell zu verstärken. Diese wird zurzeit durch vier Beschäftige unterstützt, welche zeitlich befristet die fachaufsichtliche Begleitung der Überprüfungsprozesse absichern. Die in der Frage 1 a bis j aufgezählten Punkte sind der Fachaufsicht objektivierbar letztlich durch die Tätigkeitsberichte der Innenrevision im LAGeSo und durch den Abschlussbericht der Prüfung der Verwaltungsvorgänge durch die Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfer vom 17.06.2015 bekannt geworden. Die aus diesen Berichten abgeleiteten Prüfergebnisse werden unter Berücksichtigung der abgegebenen Handlungsempfehlungen von der Fachaufsicht in enger Zusammenarbeit mit dem LAGeSo sukzessive umgesetzt. Über die Umsetzung wird das Abgeordnetenhaus fortlaufend unterrichtet. 6. In welchen Angelegenheiten (im Allgemeinen sowie der Flüchtlingsunterbringung im Besonderen), warum und wann hat die Fachaufsicht der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales über das LAGeSo in der Amtszeit von Sozialsenator Czaja von ihrem Informationsrecht Gebrauch gemacht und Prüfungen angeordnet? (Bitte einzeln auflisten.) 7. In welchen Angelegenheiten (im Allgemeinen sowie der Flüchtlingsunterbringung im Besonderen), warum und wann hat die Fachaufsicht der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales über das LAGeSo in der Amtszeit von Sozialsenator Czaja von ihrem Weisungsrecht Gebrauch gemacht und Einzelweisungen erteilt? (Bitte einzeln auflisten.) 8. In welchen Angelegenheiten (im Allgemeinen sowie der Flüchtlingsunterbringung im Besonderen), warum und wann hat die Fachaufsicht der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales über das LAGeSo in der Amtszeit von Sozialsenator Czaja von ihrem Eintrittsrecht Gebrauch gemacht und eine Angelegenheit an sich gezogen , weil eine Einzelweisung nicht befolgt wurde? (Bitte einzeln auflisten.) 9. Seit welchem konkreten Datum und warum steht der Abschluss von Betreiberverträgen für Notunterkünfte durch das LAGeSo unter dem Genehmigungsvorbehalt der Fachaufsicht? Welche Vorgänge wurden seitdem mit welchem Ergebnis jeweils geprüft? 10. Seit welchem konkreten Datum und warum steht der Abschluss von Betreiberverträgen für Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünfte durch das LAGeSo unter dem Genehmigungsvorbehalt der Fachaufsicht ? Welche Vorgänge wurden seitdem mit welchem Ergebnis jeweils geprüft? Zu 6. bis 10.: Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales und das LAGeSo tauschen sich regelmäßig in wöchentlich stattfindenden Besprechungen über die Flüchtlingsunterbringung in Berlin aus. In diesen Besprechungen werden der jeweilige Stand der Unterbringungssituation und der Stand bei der Akquisition von Flüchtlingsunterkünften besprochen. Über diese Informationen hinaus hat die Fachaufsicht zur Überprüfung der rechtund ordnungsmäßigen Aufgabenerledigung der Unterbringung von Flüchtlingen durch das LAGeSo umfassende Zustimmungsvorbehalte für der Errichtung bzw. Inbetriebnahme einer Flüchtlingsunterkunft ausgesprochen. Die Fachaufsicht hat in verschiedenen Angelegenheiten von ihrem Weisungsrecht Gebrauch gemacht. So wurde u. a. das LAGeSo mit Schreiben vom 22.01.2015 darauf hingewiesen, dass zum Nachweis der Eignung von potentiellen Betreiberinnern und Betreibern ab einem bestimmten Auftragswert die Einholung von Auskünften aus öffentlichen Registern (z. B. Korruptionsregister, Gewerbezentralregister , Handelsregister) notwendig ist. Der Abschluss von Betreiberverträgen für Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünfte durch das LAGeSo steht seit dem 12.01.2015 unter Zustimmungsvorbehalt. Mit Schreiben vom 06.05.2015 wurde der Zustimmungsvorbehalt auf die Eingehung einer vertraglichen Beziehung zur Errichtung und/oder zum Betrieb von Notunterkünften erweitert. Für die in 2014 und 2015 vor Anordnung der Zustimmungsvorbehalte in Betrieb genommenen Flüchtlingsunterkünfte, in denen die endgültigen Vertragsverhandlungen noch laufen bzw. in denen Nachträge zu Verträgen zu erstellen, Verlängerungen von Verträgen zu verhandeln oder endgültige Vertragsverhandlungen abzuschließen sind, wurde am 08.06.2015 ein Zustimmungsvorbehalt angeordnet. Mit Schreiben vom 06.05.2015 wurde das LAGeSo auch angewiesen, dafür Sorge zu tragen, dass zukünftig die Betreiberauswahl für die Errichtung bzw. den Betrieb einer Notunterkunft, einer Erstaufnahmeeinrichtung oder einer Gemeinschaftsunterkunft durch ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren erfolgt und die Betreiberauswahl ordnungsgemäß dokumentiert wird. Es wurde darauf hingewiesen, dass Zahlungen zur Liquiditätssicherung von Betreiberinnen und Betreibern zu unterlassen sind. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass vor Inbetriebnahme eine angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchung durchgeführt werden muss. Die von der Fachaufsicht im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung überprüften Flüchtlingsunterkünfte sind noch nicht abschließend bearbeitet. Das gemäß § 8 Abs. 3 AZG bestehende Eintrittsrecht wurde bisher nicht wahrgenommen , da dieses nur in den Fällen angezeigt ist, in denen eine erteilte Einzelweisung nicht befolgt wurde. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 607 3 11. Welche grundsätzlichen Anmerkungen hat die Fachaufsicht zur Ausgestaltung von Betreiberverträgen durch das LAGeSo gemacht und mit welchen Konsequenzen jeweils? Zu 11.: Die Fachaufsicht überprüft zurzeit die Ausgestaltung von Betreiberverträgen. Dabei werden sowohl die aus den vorliegenden Untersuchungsberichten gewonnen Erkenntnisse als auch Anregungen von Dritten angemessen berücksichtigt. Berlin, den 28. Juli 2015 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Juli 2015) S17-16607 ~8041504