Drucksache 17 / 16 616 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN) vom 06. Juli 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Juli 2015) und Antwort Entgleist der S-Bahn die Situation? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft teilweise Sachverhalte , die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Frage zukommen zu lassen und hat daher die DB AG um Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie wird nachfolgend gekennzeichnet wiedergegeben. Frage 1: a) Wie ist der Ablauf bei Rangierfahrten? b) Wie lange dauert eine Rangierfahrt im Durchschnitt ? c) Wie viele Rangierfahrten sind am Tag zu machen? d) Wie viele Mitarbeiter stehen für Rangierfahrten zur Verfügung? e) Welche Möglichkeiten zur Fehlerreduzierung seitens der Mitarbeiter sind vorhanden? f) Inwiefern könnte eine Überlastung der Mitarbeiter zu den Entgleisungen am 26. April und 17. Juni infolge von Rangierfahrten geführt haben? g) Welche automatischen Einrichtungen können die Einhaltung der notwendigen Rangiergeschwindigkeit garantieren? Antwort zu 1. a): Rangieren ist das Bewegen von Fahrzeugen, ausgenommen das Fahren der Züge. In Deutschland gehört beispielsweise zum Rangieren das Bewegen von Eisenbahnfahrzeugen zum  Auflösen und Zusammenstellen (= Bilden) von Zügen,  Umsetzen einer Wagengruppe oder einzelner Fahrzeuge in ein anderes Bahnhofsgleis,  Bewegungen einzelner Triebfahrzeuge innerhalb des Bahnhofs von und zu den Zügen,  Bereitstellen und Abholen von Eisenbahnwagen an Verladeeinrichtungen, wie Ladestraßen und Laderampen ,  Überführen von Triebfahrzeugen, Wagen und Wagengruppen zu und von Werkstätten und Abstellbereichen . Zur Durchführung wurden einschlägige Gesetze (Eisenbahn -Bau- und Betriebsordnung (EBO), EisenbahnSignalordnung (ESO)), Regelwerke und betriebliche Anweisungen erlassen, deren Wiedergabe auch nur der wichtigsten Punkte den Rahmen der Schriftlichen Anfrage sprengen würde. Antwort zu 1. b): Die DB AG teilt hierzu mit: „Die Dauer der Rangierfahrt ist abhängig von Ziel, Zweck und sonstigen Besonderheiten. Durchschnittswerte ergeben keinen Sinn.“ Antwort zu 1. c): Die DB AG teilt hierzu mit: „1966 geplante Rangierfahrten.“ Antwort zu 1. d): Die DB AG teilt hierzu mit: „Für die Durchführung der Rangierfahrten stehen je Schicht neun Lokrangierführer zur Verfügung.“ Antwort zu 1. e): Die DB AG teilt hierzu mit: „Durch regelmäßige Fortbildung und konsequente Einhaltung von Regelwerken.“ Antwort zu 1. f): Die DB AG teilt hierzu mit: „Die betroffenen Mitarbeiter an den Ereignissen am 26.04.2015 und 17.06.2015 waren zu keiner Zeit überlastet.“ Antwort zu 1. g): Die DB AG teilt hierzu mit: „Zur Zeit keine.“ Frage 2: a) Zu wie vielen Entgleisungen kam es im gesamten S-Bahnnetz und deren Betriebshöfe innerhalb der letzten 2 Jahre? (Bitte nach Monaten aufgeschlüsselt) b) Wie viele Personen kamen dabei jeweils zum Schaden ? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 616 2 c) Welcher materielle Schaden entstand jeweils? d) Mussten infolge der Entgleisung Strecken gesperrt werden? Wenn ja, für welchen Zeitraum war das jeweils der Fall? Antwort zu 2. a): Die DB AG teilt hierzu mit: „Aufgeführt werden alle Ereignisse der Kategorien "Zugentgleisung " und "sonstige Entgleisung" entsprechend der Allgemeinverfügung der EisenbahnUnfalluntersuchungsstelle des Bundes vom 10.11.2009 auf dem Netz der S-Bahn Berlin zwischen Juni 2013 und Juli 2015 (Stand: 13.07.2015). Juni 2015 1 Zugentgleisung und 1 Entgleisung Rangierfahrt Mai 2015 keine April 2015 1 Entgleisung Rangierfahrt März 2015 keine Februar 2015 keine Januar 2015 keine Dezember 2014 keine November 2014 keine Oktober 2014 keine September 2014 keine August 2014 keine Juli 2014 keine Juni 2014 keine Mai 2014 keine April 2014 keine März 2014 keine Februar 2014 keine Januar 2014 keine Dezember 2013 keine November 2013 1 Entgleisung Rangierfahrt (Flach- wagen der Fa. Balfour Beatty Rail GmbH) Oktober 2013 keine September 2013 keine August 2013 keine Juli 2013 keine Juni 2013 keine“ Antwort zu 2. b): Die DB AG teilt hierzu mit: „Bei denen in Antwort zu 2. a) aufgelisteten Vorfällen kam insgesamt eine Person zu Schaden. (Triebfahrzeugführer erlitt einen Schock bei der Zugentgleisung am 29.06.2015)“ Antwort zu 2. c): Die DB AG teilt hierzu mit: „Jun ’15: Zugentgleisung: ca. 2,5 Mio. € Jun ’15: Entgleisung Rangierfahrt: ca. 1 Mio. € Apr ’15: Entgleisung Rangierfahrt: ca. 400 T€ Nov ‘13: Entgleisung Flachwagen: ca. 5 T€“ Antwort zu 2. d): Die DB AG teilt hierzu mit: „Bei der Zugentgleisung am 29.06.2015 musste die Strecke zwischen Hoppegarten und Neuenhagen für sechs Tage gesperrt werden. Bei den anderen Ereignissen mussten keine Strecken sondern nur Gleise innerhalb der Werkstatt bzw. Abstellanlage gesperrt werden.“ Frage 3: a) Bei welchen Baureihen sind diese Vorfälle aufgetreten ? b) Sind die Radsätze der genannten Baureihen seitens der Hersteller mit Beschränkungen im Betrieb auferlegt (z. B. maximaler Krümmungshalbmesser, Verbot Ablaufberg , Geschwindigkeitsbegrenzung in Kurven allgemein u.v.m.)? Wenn ja, um welche Beschränkungen handelt es sich im Detail? (Bitte nach Baureihe aufgeschlüsselt) Antwort zu 3. a): Die DB AG teilt hierzu mit: „Jun ’15: Zugentgleisung: BR 481 Jun ’15: Entgleisung Rangierfahrt: BR 481 Apr ’15: Entgleisung Rangierfahrt: BR 481 Nov ‘13: Entgleisung Flachwagen: Flachwagen (Bauart der S-Bahn Berlin GmbH nicht bekannt, da nicht Fahrzeughalter)“ Antwort zu 3. b): Die DB AG teilt hierzu mit: „Die Beschränkungen resultieren aus dem gesamten Fahrzeugkonzept und sind nicht unmittelbar auf eine einzelne Komponente (Radsätze) zurückzuführen. BR 480 BR 485 BR 481 Kleinster befahrbarer Bogenhalbmesser - Strecke 140 m 140 m 140 m Kleinster befahrbarer Bogenhalbmesser - Bahnsteig 250 m 250 m 140 m Ablaufberghalbmesser nicht zulässig nicht zulässig 1000 m Höchstgeschwindigkeit laut Hersteller 100 km/h 90 km/h 100 km/h Geschwindigkeiten in Kurven- und Weichenbereichen werden seitens der DB Netz AG festgelegt und resultieren aus den örtlichen Gegebenheiten und des vorhandenen Oberbaues.“ Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 616 3 Frage 4: a) Welche kleinsten Radien haben die Weichen im Streckennetz und auf den Betriebshöfen und welche kleinsten Krümmungshalbmesser befinden sich im Streckennetz ? b) Wie viele Weichen gibt es im S-Bahnnetz? c) Wie oft werden die Weichen im Netz geprüft bzw. gewartet? d) Wie viel Personal steht dafür zur theoretisch Verfügung und wie viel Personal ist davon durchschnittlich einsatzbereit? e) Wie viel Personal wäre notwendig, um eine kontinuierliche Weichenüberpüfung und -instandsetzung gewährleisten zu können? f) Welche technischen Sicherungen sind vorhanden, um Weichen an einer nicht beabsichtigten Stellungsänderung zu hindern? g) Wurden die vorhandenen Sicherungseinrichtungen nach dem Entgleisungsvorfall in Tegel 2010 überprüft und verbessert? Wenn ja, was wurde im Detail gemacht? Wenn nein, warum nicht? Antwort zu 4. a): Die DB AG teilt hierzu mit: „Die kleinsten Weichen im Streckennetz der S-Bahn und auf den Betriebshöfen haben einen Radius/Krümmungshalbmesser von 190 m.“ Antwort zu 4. b): Die DB AG teilt hierzu mit: „Im Netz der Berliner S-Bahn liegen insgesamt 1006 Weichen und Kreuzungen.“ Antwort zu 4. c): Die DB AG teilt hierzu mit: „Nach geltendem Regelwerk der DB Netz AG werden die Weichen alle 2 Monate sicherungstechnisch und alle 6 Monate oberbautechnisch geprüft.“ Antwort zu 4. d): Die DB AG teilt hierzu mit: „In der Produktionsdurchführung Berlin stehen in Summe (Fernund S-Bahn) 11 Teams mit jeweils 3 Mitarbeitern zu Verfügung. Zusätzlich gibt es zwei operative Teams, die bei Bedarf eingesetzt werden können. Daneben stehen weitere Teams für die Inspektion der Leit- und Sicherungstechnik an den Weichen zur Verfügung.“ Antwort zu 4. e): Die DB AG teilt hierzu mit: „Es steht eine ausreichende Mitarbeiteranzahl zur Verfügung .“ Antwort zu 4. f): Die DB AG teilt hierzu mit: „Die Weichen sind mit Umstellsperren (Gleisfreimeldeanlage bzw. Achszählabschnitten) ausgerüstet, die eine Umstellung unter dem Zug verhindern.“ Antwort zu 4. g): Die DB AG teilt hierzu mit: „Ein Ereignis auf dem Bf Tegel im Jahre 2010 ist uns nicht bekannt und wird auch im Jahresbericht Eisenbahnunfalluntersuchung des Bundesministeriums für Bau, Verkehr und Stadtentwicklung nicht erwähnt. Generell wird aber jedes Vorkommnis umfassend ausgewertet um ggf. Konsequenzen für Aus- und Fortbildung sowie Betriebsabläufe und technische Sicherungen ziehen zu können.“ Berlin, den 23. Juli 2015 In Vertretung Christian Gaebler ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Juli 2015)