Drucksache 17 / 16 623 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Oliver Friederici (CDU) vom 10. Juli 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Juli 2015) und Antwort Entwicklung der Berliner Binnenhäfen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie hat sich das Umschlagvolumen in den Berliner Häfen seit 2010 bis 2014 entwickelt? Antwort zu 1: Auf Grundlage der monatlichen Güterverkehrsstatistik der Binnenschifffahrt ist die Ermittlung der Güterbeförderung auf den deutschen Binnenwasserstraßen sowie des Güterumschlags in den deutschen Binnenhäfen möglich. Die Ergebnisse dienen der Gewinnung zuverlässiger, umfassender, differenzierter, aktueller und bundesweit vergleichbarer Daten, nicht nur für die öffentlichen Binnenhäfen. Es handelt sich um eine Totalerhebung. Die Güterumschläge für Berlin (und Brandenburg) stellen sich wie folgt dar: Güterumschlag in der Binnenschifffahrt Jahr Berlin Brandenburg Berlin und Brandenburg Versand in 1000 t 2005 214 2 903 3 117 2006 241 2 467 2 708 2007 269 2 896 3 165 2008 285 2 666 2 951 2009 145 2 861 3 006 2010 216 3 088 3 304 2011 194 2 886 3 080 2012 197 3 128 3 325 2013 197 2 994 3 191 2014 251 2 805 3 056 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 623 2 Empfang in 1000 t 2005 3 276 1 496 4 772 2006 3 413 1 566 4 979 2007 3 411 1 730 5 141 2008 3 457 1 303 4 760 2009 3 073 1 042 4 115 2010 3 349 947 4 296 2011 3 338 1 239 4 577 2012 3 190 1 134 4 324 2013 3 417 1 428 4 845 2014 3 624 1 243 4 867 Insbesondere in den Jahren 2013 und 2014 zeigt sich bezogen auf Berlin eine deutliche Steigerung sowohl im Versand, als auch im Empfang. Insgesamt ist das Aufkommen über die letzten ca. 10 Jahre vergleichsweise stabil. Angaben bezogen auf einzelne Hafenstandorte (öffentliche und Werkshäfen) und differenziert nach Güterabteilungen und Hauptverkehrsbeziehungen stellt das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg quartalsweise als Bericht „Binnenschifffahrt in Berlin“ öffentlich und frei zugänglich zur Verfügung. Frage 2: Welche Hafenstandorte haben sich perspektivisch besser und schlechter entwickelt und welche Entwicklungen sind dabei perspektivisch erkennbar? Antwort zu 2: An dieser Stelle erfolgt ausschließlich eine Betrachtung zu den drei öffentlichen Berliner Binnenhäfen , dem Westhafen, dem Hafen Neukölln und dem Südhafen Spandau. Allen öffentlichen Binnenhäfen Berlins kommt eine wichtige Schnittstellenfunktion zwischen den Verkehrsträgern Binnenschiff, Schiene (Spandau und Westhafen) und Straße zu. Daneben besitzen die Berliner Binnenhäfen auch Bedeutung als Produktions-, Lager- und Distributionsstandorte in integrierter, städtischer Lage. Eigentum an den Immobilien mit Hafenanlagen und Gebäuden sowie Lager- und Umschlagtechnik an den Standorten besitzt die BEHALA (Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft mbH). Der Geschäftsbetrieb der BEHALA umfasst den Hafenbetrieb, die Lagerei und den Umschlag von Gütern und Waren, den Betrieb von Hafenbahnen sowie die Vermietung und Verpachtung von Immobilien. Die Gesellschaft befindet sich zu 100 % im Besitz des Landes Berlin. Unter den Standorten der BEHALA entwickelte sich der Westhafen in den vergangenen Jahren, insbesondere auch durch intensive Kooperation mit dem Bezirk Mitte zum marktführenden Standort nicht nur in Berlin, sondern auch in den neuen Bundesländern. Insbesondere der Umschlag von Containern, aber auch Schwer- und Massengut konnten teils auch gegen negative Marktentwicklungen gehalten und ausgebaut werden. Der Standort Neukölln entwickelte sich gut, ist jedoch aufgrund seiner eingeschränkten Größe unter den gegebenen Rahmenbedingungen nicht weiter zu optimieren. Deutliche Flächen- und somit Entwicklungspotentiale bestehen im Südhafen Spandau, auch wenn hier in den vergangenen Jahrzehnten durch heranrückende Wohnbebauung und damit einhergehende geltende Einschränkungen in Bezug auf Emissionsschutz zugenommen haben. Insbesondere hier bestehen aber deutliche Entwicklungspotenziale , auch mit den geltenden Rahmenbedingungen und Einschränkungen. Festzuhalten ist, dass der Oberhafen des Südhafens Spandau die letzte verbleibende Potenzialfläche in sinnvollem Flächenzuschnitt in einem öffentlichen Binnenhafen im Land Berlin ist. Schifffahrts- und sonstige Nutzungspotenziale ergeben sich insbesondere daraus, dass die Fläche direkt an der Bundeswasserstraße mit Verbindung zu den Seehäfen Hamburg und Stettin liegt, wobei letztere insbesondere nach Fertigstellung des Schiffshebewerks Niederfinow (voraussichtliche Eröffnung 2016) an Relevanz gewinnen wird. Zu betonen ist darüber hinaus, dass die öffentlichen Berliner Binnenhäfen auch entscheidende Umschlagknoten für Projektladungen sind. Prominentes Beispiel hierfür sind in Berlin gefertigte Gasturbinen, Dynamos oder sonstige Großanlagen, welche über die Wasserstraße (meist zu den Seehäfen) transportiert werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 623 3 Neben den klassischen Massengutumschlägen sind gerade diese Transporte und damit auch die Umschlag- und Lagerfunktion der Berliner Häfen ein unentbehrliches Rückrad für die wirtschaftliche Prosperität des Standortes Berlin und Zielsetzungen im Sinne der „Industriestadt Berlin“. Frage 3: Mit welchen Entwicklungen und Konzepten ist mittelfristig zu rechnen, um die Attraktivität der Berliner Häfen zu steigern? Antwort zu 3: Die reibungslose Verknüpfung der Verkehrsträger Straße, Schiene und Binnenwasserstraße ist eine der zentralen Herausforderungen für die wirtschaftliche und verkehrliche Entwicklung Berlins. Dabei kommt den Berliner Binnenhäfen neben der wichtigen Schnittstellenfunktion zwischen den Verkehrsträgern auch Bedeutung als Produktions-, Lager- und Distributionsstandort in integrierter, städtischer Lage zu. Eine stadt- und umweltverträgliche Gestaltung des Güterverkehrs im Land Berlin wird auch zukünftig nur im Verbund aller Verkehrsträger möglich sein. Das setzt die Bereitstellung leistungs- und wettbewerbsfähiger Infrastrukturen der Binnenschifffahrt voraus, sowohl seitens der Wasserstraßen, als auch der Häfen. Konzeptionell sind die öffentlichen Binnenhäfen Berlins fest in den entscheidenden Planwerken verankert. Sowohl die Stadtentwicklungspläne Verkehre sowie Industrie und Gewerbe, aber auch des „Integrierte Wirtschaftsverkehrskonzept Berlin“ stellen die Funktion der Häfen und deren gesamtstädtische Bedeutung heraus. Auch das sich derzeit in Erarbeitung befindliche Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm betont die Rolle der Wasserstraßen und Häfen für die Erreichung der angestrebten Zielsetzung (langfristiges Ziel, Berlin bis zum Jahr 2050 zu einer klimaneutralen Stadt zu entwickeln und die Kohlendioxidemissionen um mindestens 85 Prozent bezogen auf das Basisjahr 1990 zu reduzieren). Hierauf aufbauend entwickelt die BEHALA eigene unternehmensinterne Konzepte und Planungen zum Aufund Ausbau der Bestandshäfen Südhafen Spandau, Westhafen und den Hafen Neukölln. Die Beteiligungsberichte der Senatsverwaltung für Finanzen enthalten hierzu Hinweise sowie differenzierte Angaben zur wirtschaftlichen Entwicklung. Speziell die tri-modal erschlossenen Hafenstandorte Südhafen Spandau und Westhafen bieten durch ihre integrierte Lage hervorragende Grundvoraussetzung zur Erprobung und Umsetzung innovativer Konzepte im Wirtschaftsverkehr . Beispiel hierfür sind sowohl europäische (bspw. EU Projekt Smartfusion, Roh-Kaffeetransport vom Westhafen mittels schwerem Hybrid-Lkw zu einem Berliner Gewerbegebiet zur Erprobung stadtverträglicher Lieferkonzepte) als auch nationale Forschungs- und Entwicklungsprojekte (beispielsweise im Kontext des Schaufensters Elektromobilität, Einsatz einer vollelektrischen Zugmaschine zum Containertransport und damit Realisierung einer vollelektrischen Transportkette im Projekt KVe -Chain). Entwicklungspotenzial für den Südhafen Spandau ergibt sich auch durch die Lage im Bereich der Trasse für das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 17 (VDE 17), das zu den laufenden, fest disponierten Vorhaben des vordringlichen Bedarfs den Bundesverkehrswegeplan (BVWP) gehört. Angestrebt wird eine an den aktuellen Verkehrsprognosen ausgerichtete, bedarfsgerechte und gegenüber alten Planungen im Umfang reduzierte Fertigstellung der Berliner Nordtrasse (Untere HavelWasserstraße , Spree-Oder-Wasserstraße, Westhafenkanal bis zum Berliner Westhafen im Richtungsverkehr). Der Südhafen Spandau ist als trimodale Schnittstelle (Binnenschiff , Schiene, Straße) der erste Hafen in Berlin für aus Westen kommende Großmotorgüterschiffe (über die Untere Havel-Wasserstraße - UHW), ohne das diese eine Stadtschleuse passieren müssen. Über den Anschluss an die Havel-Oder-Wasserstraße (HOW) verfügt der Südhafen Spandau über einen niedrigwasserunabhängigen Anschluss an den Ostseehafen Szczecin-Świnoujście (Stettin /Polen) und ist auch für Schiffe aus Richtung Stettin der erste Hafen in Berlin aus und in Richtung Oder. Durch seine Lage direkt auf dieser West-OstWasserstraßenmagistrale kommt dem Südhafen eine besondere Lagegunst zu. Berlin, den 23. Juli 2015 In Vertretung Christian Gaebler ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Juli 2015)