Drucksache 17 / 16 634 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Hakan Taş (LINKE) vom 10. Juli 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Juli 2015) und Antwort Abschiebungen leicht gemacht (V): Mittellos abgeschoben Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Personen wurden in den Jahren seit 2011 aus dem Land Berlin abgeschoben? (Bitte nach Jahr aufschlüsseln .) Zu 1.: Abschiebungen in den Jahren 2011 bis 2015 (Stand: 30. Juni 2015): 2011 453 2012 363 2013 500 2014 602 2015 (bis 30. Juni ) 374 2. Wie vielen abgeschobenen Personen wurde in den Jahren seit 2011 ein Handgeld ausgezahlt, weil sie mittellos waren? Zu 2.: Die Verteilung der Auszahlung von Handgeld an abgeschobene Personen im Zeitraum vom 01. Januar 2011 bis zum 30. Juni 2015 ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Es handelt sich um insgesamt 381 Auszahlungen . 2011 114 Personen 2012 61 Personen 2013 43 Personen 2014 92 Personen 2015 (bis 30. Juni) 71 Personen In Fällen, in denen Barmittel von weniger als 55,00 Euro vorhanden sind, wird der entsprechende Differenzbetrag ausgezahlt. 3. Wie vielen abgeschobenen Personen wurde in den Jahren seit 2011 kein Handgeld ausgezahlt, obwohl sie mittellos waren? Zu 3.: Dem Senat sind keine Fälle bekannt, in denen bei Vorliegen der Voraussetzungen kein Handgeld ausgezahlt wurde. 4. Wie hoch war die jährliche Gesamtsumme des Handgeldes, welches in den Jahren seit 2011 an abgeschobene Personen ausgezahlt wurde? Aus welchem Einzelplan, Kapitel und Titel werden die Kosten getragen ? Zu 4.: Die jährlichen Gesamtsummen der Handgelder sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Sie werden aus dem Kapitel 0541 Titel 54011 Überführungen, Überstellungen ausgezahlt. 2011 5.025,00 Euro 2012 2.630,00 Euro 2013 2.090,00 Euro 2014 4.430,00 Euro 2015 (Stand 20.07.) 3.325,00 Euro 5. Inwiefern und von wem werden die abzuschiebenden Personen darüber informiert, dass ihnen ein Handgeld in Höhe von 55 Euro zusteht, wenn sie mittellos sind? Zu 5.: Die abzuschiebenden Personen werden spätestens am Ausreisetag durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizei Berlin mündlich über ihren im Rahmen der Gleichbehandlung bestehenden Anspruch informiert. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 634 2 6. Wie wird in der Praxis – vor allem bei den überfallartigen Direktabschiebungen – sichergestellt, dass jede mittellose, abzuschiebende Person auch tatsächlich ein Handgeld erhält? Wie wird dies im Falle der Übergabe der abzuschiebenden Person zwischen ggf. Ausländerbehörde , Polizei Berlin, Bundespolizei etc. gewährleistet? Zu 6.: Auf die Beantwortung der Frage 5 wird verwiesen . Liegen der Polizei Berlin Erkenntnisse vor, dass abzuschiebende Personen am Ausreisetag mittellos sind, wird das Handgeld von der Polizei ausgezahlt und die Auszahlung der für die Abschiebung zuständigen Ausländerbehörde mitgeteilt. 7. Erhält jede mittellose, abzuschiebende Person ein Handgeld in Höhe von 55 Euro? Welchen Betrag erhalten Familien und Minderjährige? Zu 7.: Ja, das Handgeld wird, sofern Mittellosigkeit vorliegt, personenbezogen ohne Altersbeschränkung ausgezahlt . 8. Handelt es sich bei dem Handgeld um einen Rechtsanspruch der Betroffenen? Zu 8.: Beim Handgeld für mittellose abzuschiebende Ausländerinnen und Ausländer handelt es sich um eine freiwillige Leistung des Landes Berlin zur Deckung der dringendsten Ausgaben für die Weiterreise im Zielland. Ein Rechtsanspruch besteht nicht. 9. Wer gilt als berechtigt? Wie definiert der Senat in diesem Fall „mittellos“? Zu 9.: Um den Zweck des Handgeldes zur Deckung der dringendsten Ausgaben für die Weiterreise im Zielland zu gewährleisten, steht es nur Personen zu, die im Zeitpunkt der Abschiebung über keinerlei Barmittel oder über weniger als 55,00 Euro verfügen. Im zuletzt genannten Fall wird das Handgeld anteilig ausgezahlt. In der Regel gilt als berechtigt, wer bis zum Zeitpunkt der Abschiebung Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) bezogen hat. Die Praxis zeigt allerdings , dass Betroffene zum Zeitpunkt ihrer Abschiebung im Einzelfall trotz der Leistungsberechtigung nach dem AsylbLG über erhebliche Barmittel verfügen können. Ist dies der Fall, werden diese Mittel als Sicherheitsleistung für die entsprechenden Abschiebungskosten nach § 66 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes einbehalten. Unmittelbar vor der Abschiebung wird ein Betrag von 55,00 Euro wieder ausbezahlt. 10. Wie hat sich die Höhe des Betrages seit dem „Handgelderlass“ vom 18. Juli 2008 entwickelt? Wann wurde der Betrag letztmalig angehoben, um gestiegenen Lebenshaltungskosten im Zielland Rechnung zu tragen? Hält der Senat den Betrag von 55 Euro weiterhin für ausreichend ? Wenn ja, warum? Zu 10.: Bei der Höhe des Handgeldes orientiert sich der Senat an der in anderen Bundesländern entsprechend gezahlten Leistung. Anhaltspunkte darüber, dass die Höhe des Handgeldes dem beabsichtigten Zweck nicht in ausreichendem Maß entspricht, liegen dem Senat nicht vor. 11. Wie lautet der „Handgelderlass“ vom 18. Juli 2008 im Originalwortlaut? (Bitte beifügen.) Zu 11.: Hierzu wird auf die Anlage verwiesen. 12. Liegen dem Senat Hinweise vor, dass es gelegentlich oder regelmäßig dazu kommt, dass abgeschobene Person, die mittellos sind, kein Handgeld erhalten? Wenn ja, welche Hinweise? Zu 12.: Auf die Beantwortung der Frage 3 wird verwiesen . 13. Ist die Frage des Handgeldes für mittellose, abgeschobene Personen im Rahmen der Fachaufsicht thematisiert worden? Wenn ja, warum, zu welchen Anlässen und welche Konsequenzen wurden daraus jeweils gezogen? Zu 13.: Im Rahmen der Fachaufsicht sind Fragen des Handgeldes nach dem Erlass der Regelungen bislang nicht thematisiert worden. 14. Gehört es zu den Aufgaben der Abschiebebeobachter *innen, die Einhaltung der Umsetzung des „Handgelderlasses“ zu „überprüfen“ und gegenüber Senat und Polizei zu thematisieren? Zu 14.: Nach den zur Abschiebungsbeobachtung Berlin -Brandenburg geschlossenen Vereinbarungen begleitet die Abschiebungsbeobachterin oder der Abschiebungsbeobachter Abschiebungsmaßnahmen und Rücküberstellungen nach der Dublin-Verordnung, die über die Flughäfen Tegel und Schönefeld vollzogen werden. Sie oder er ist Ansprechpartnerin oder Ansprechpartner für die betroffenen Ausländerinnen und Ausländer, die Nichtregierungsorganisationen sowie Beratungsstellen und Vermittlerin oder Vermittler gegenüber der Bundespolizei, den Ausländerbehörden und den Landesbediensteten, den medizinischen Betreuerinnen oder Betreuern oder den medizinischen Begleiterinnen oder Begleitern und den sonstigen Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 634 3 am Abschiebungsprozess beteiligten Personen und Organisationen . In dieser Funktion macht sie oder er die verantwortlichen Stellen unverzüglich auf mögliche Mängel, Missstände oder Fehlverhalten und auf vermutete gesundheitliche Gefahren für die abzuschiebenden Ausländerinnen und Ausländer aufmerksam. Darüber hinaus berichtet sie oder er den Mitgliedern des Forums Abschiebungsbeobachtung Berlin-Brandenburg über ihre oder seine Beobachtungen und gibt Anregungen zur Verbesserung. Je nach Lage des Einzelfalls kann die Erfüllung dieser Aufgaben auch die Erörterung von Fragen des Handgeldes mit den am Abschiebungsvollzug beteiligten Behörden bzw. eine entsprechende Berichterstattung gegenüber dem Forum mit sich bringen. Berlin, den 27. Juli 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Juli 2015) Verkehrsverbindunen: Zahlungen bitte bargeldlos an die Landeshauptkasse Berlin; Klosterstr. 59, 10179 Berlin-Mitte U-Bahnlinie 2, Klosterstraße mit kurzem Fußweg: U-Bahnlinie 8, Jannowitzbrücke S-Bahnlinien 5,7,9,75 Jannowitzbrücke Bus-Linien M 48; 248 Eingang über Tordurchfahrt Parochialstr. Bankverbindungen Postbank Berlin Berliner Bank Landesbank Berlin Bundesbank Filiale Berlin Kontonummer 58100 9919260800 0990007600 10001520 BLZ 10010010 10020000 10050000 10000000 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Senatsverwaltung für Inneres und Sport, Klosterstraße 47, 10179 Berlin Polizeipräsident in Berlin Zahlung eines Handgeldes für mittellose abzuschiebende Ausländerinnen und Ausländer Durch Hinweise aus Ihrem Hause und zuletzt durch das Schreiben des JesuitenFlüchtlingsdienstes vom 09.01.2008 an Herrn Senator Dr. Körting veranlasst, sehe ich die Notwendigkeit, mittellosen abzuschiebenden Ausländerinnen und Ausländern künftig ein Handgeld in Höhe von einheitlich 55,-- € zur Deckung der dringendsten Ausgaben für die Weiterreise im Zielland aushändigen zu lassen. Dies wird zu einer reibungsloseren Durchführung der Abschiebung beitragen; ich halte es jedoch auch aus humanitären Gründen für geboten. Mit der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales konnte Übereinstimmung dahingehend erreicht werden, dass Ausländern, die zum Zeitpunkt ihrer Rückführung über Barmittel bis zur Höhe der Abschiebungskosten verfügen, der o. g. Betrag wieder ausgezahlt werden kann, ohne auf die Ansprüche auf Taschengeld gem. § 3 Abs. 1 Satz 5 AsylbLG angerechnet zu werden. Für die zweite Personengruppe der tatsächlich mittellosen Abzuschiebenden bitte ich Sie, diesen künftig unmittelbar vor ihrer Rückführung 55,-- € Handgeld aus dem Kapitel 0541 - Direktion Zentrale Aufgaben, Titel 540 11 – Überführungen, Überstellungen, auszuzahlen. Über Ihre Erfahrungen mit dieser Vorgehensweise einschließlich entstandener Fallzahlen bitte ich mir zum 30.06.2009 kurz zu berichten. Im Auftrag Dechamps GeschZ. (bei Antwort bitte angeben) III C 33 – 0394/86 Bearbeiterin: Frau Pieper Dienstgebäude: Berlin-Mitte Klosterstr. 47, 10179 Berlin Zimmer 4220 Telefon (030) 9027-2495 Telefax (030) 9028 4435 (PC-Fax) Vermittlung (030) 9027-111 Intern 927-2495 E-Mail Susanne.Pieper@seninnsport. berlin.de E-Mail nicht für Dokumente mit elektronischer Signatur verwenden. Internet www.berlin.de/sen/inneres Datum 18. Juli 2008 S17-16634 S1716634 Anlage