Drucksache 17 / 16 649 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Turgut Altug (GRÜNE) vom 12. Juli 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Juli 2015) und Antwort Verbraucheraufklärung – was hat der Senat getan? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. In welchem Umfang wurden die im Haushaltsplan 2014/2015 vorgesehenen Ausgaben für die Förderung der Verbraucheraufklärung (Titel 684 75) ausgeschöpft? Welche Projekte wurden in welchem Umfang finanziert? Zu 1.: Im Jahr 2014 wurden aus dem Titel 68475 (Förderung der Verbraucheraufklärung) insgesamt zehn Projekte mit einem Gesamtvolumen von 351.254,20 € gefördert. Die Zuwendungsempfänger und deren Projekte waren im Einzelnen:  Türkische Unternehmer & Handwerker e. V. Berlin (TUH), Projekt Zielgruppenorientierter Verbraucherschutz für türkische und arabische Migranten , 65.000 €  Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz e.V., Projekt "Der Online-Schlichter", 5.000 €  Imkerverband Berlin e.V., Projekt " Maßnahmen zur Förderung der Bienenhaltung in Berlin", 19.975 €  Imkerverein Lichtenrade e.V., Projekt " Maßnahmen zur Förderung der Bienenhaltung in Berlin", 21.550 €  Imkerverein Wuhletal 1864, Projekt " Maßnahmen zur Förderung der Bienenhaltung in Berlin", 23.603 €  Technologiestiftung Berlin, Projekt "Smarte Bürger für Smart City Berlin", 149.529 €  Deutsche Gesellschaft e.V., Projekt " Seminarreihe : Too much information", 18.000 €  Stiftung Digitale Chancen, Projekt " Alt genug fürs Netz! - Info-Kompass Verbraucherschutz für Senioren im Internet", 27.897,20 €  Türkischer Bund in Berlin-Brandenburg e.V. (TBB), Projekt" Studie zur Identifizierung häufig auftretender Probleme türkischstämmiger Verbraucherinnen und Verbraucher in Berlin", 15.000 €  Kinder-, Jugend- und Familienzentrum Berlin (FEZ), Projekt "Check your web", 5.700 € Für das Jahr 2015 beträgt der Ansatz 400.000 €. Derzeit schon begünstigte Zuwendungsempfänger sind: Türkische Unternehmer & Handwerker e. V. Berlin (TUH), Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz e.V., Imkerverein Wuhletal 1864, Technologiestiftung Berlin, Deutsche Gesellschaft e.V., Türkischer Bund in BerlinBrandenburg e.V. (TBB), Kinder-, Jugend- und Familienzentrum Berlin (FEZ), Naturwacht Berlin e.V.. 2. Liegt die vom Senat in Auftrag gegebene Studie zur Identifizierung der am häufigsten auftretenden Probleme türkeistämmiger Verbraucher*innen inzwischen vor? Was sind die wesentlichen Ergebnisse der Studie? Welche Konsequenzen hat der Senat aus der Studie gezogen bzw. beabsichtigt er daraus zu ziehen? Zu 2.: Die Studie „Bedarfe türkeistämmiger Berliner _innen im Verbraucherschutz“, die von der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz beauftragt wurde, liegt inzwischen vor. Ein wesentliches Ergebnis war hinsichtlich Jugendlicher und junger Erwachsener eine erhebliche Unkenntnis in rechtlichen Fragen der Nutzung des Internets. Deswegen fördert die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz ein Projekt „Digi Pros-Medienkompetenz und Verbraucherschutz - Datenschutzlots_innen in Schulen“ des Türkischen Bundes Berlin Brandenburg e.V. (TBB). In vier Workshops werden jeweils Schülerinnen und Schüler einer Berliner Schule zu „Datenschutzlotsen“ ausgebildet werden, um als Ansprechpartnerin/Ansprechpartner für ihre Mitschülerinnen und Mitschüler zu dienen . Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 649 2 Hinsichtlich der Seniorinnen und Senioren ergab sich ein hoher Beratungsbedarf zu sozialrechtlichen Fragen, wie z. B. bei der Rente oder der Altersvorsorge. Hier unterstützt die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz auch das Projekt der Rentenberatung des TBB. Den Teilnehmern soll hier das Rentensystem in Deutschland erläutert und qualifizierte Hilfe angeboten werden. Der Verbraucherschutz für Berlinerinnen und Berliner mit Migrationshintergrund soll auch zukünftig vorangetrieben werden. 3. Wie viele Fälle wurden seit 2010 bei dem vom Land Berlin geförderten Projekt „Online-Schlichter“ zur Schlichtung eingereicht (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Wie viele dieser Fälle hatten einen Bezug zum Land Berlin ? In wie vielen Fällen wurde den Parteien ein Schlichtungsvorschlag unterbreitet? In wie vielen Fällen wurde dieser Vorschlag von den Parteien angenommen? Ist eine weitere Förderung des Projekts geplant? Zu 3.: Der Online-Schlichter ist eine auf den OnlineHandel spezialisierte Schlichtungsstelle. Dementsprechend findet auch das Verfahren weitestgehend online auf dem Portal www.online-schlichter.de statt. Dies ist nicht nur angenehmer für die Parteien des Verfahrens, die oft weit auseinander wohnen und so keine Termine ausmachen müssen. Es führt auch zu größerer Verfahrenseffizienz , da viele für die Schlichtung relevante Informationen standardmäßig bei der Beschwerdeeingabe über eine Maske abgefragt werden (anspruchsbegründende Tatsachen , wie z. B. die fernabsatzrechtliche Widerrufsfrist auslösenden Tatsachen); es besteht auch die Möglichkeit, Beweisdokumente in das System zu laden. So müssen in Standardfällen nur in den seltensten Fällen Rückfragen gestellt werden, so dass die eigentliche Schlichtung sehr schnell starten kann. Weiterhin arbeiten die Schlichterinnen und Schlichter mit papierlosen Akten und haben aus einem System heraus Zugriff auf Funktionen wie editierbare Textbausteine, Autotext, automatische Wiedervorlage etc.. Das Land Berlin fördert den Online-Schlichter nicht bereits seit 2010; Berlinerinnen und Berlinern steht das Verfahren vielmehr erst seit dem 28.11.2012 offen. Nur durch die Förderung durch das Land Berlin ist es möglich, dass das Verfahren immer dann eröffnet werden kann, wenn eine der beiden Parteien in Berlin wohnt oder ihren Geschäftssitz dort hat. Insgesamt beteiligen sich fünf weitere Bundesländer an dem Projekt; die Zuständigkeit ist nur gegeben, wenn ein solcher Anknüpfungspunkt einer der Parteien zu einem dieser Länder gegeben ist. Die Zuständigkeit für Berlin zu eröffnen war umso wichtiger, als in Berlin sowohl sehr internetaffine Verbraucher leben und es auch eine sehr ausgeprägte Start-Up-Szene gibt. Insgesamt gingen vom 28.11.2012 bis zum 31.12.2014 578 (2012: 95; 2013: 251; 2014: 232) Fälle mit Bezug zum Land Berlin ein; im gleichen Zeitraum gingen insgesamt 2.857 Fälle beim Online-Schlichter ein. Damit hatten 20,23% der Fälle einen Bezug zu Berlin. In dem o. g. Zeitraum lag die Erfolgsquote insgesamt – d. h. im gesamten Zuständigkeitsbereich des OnlineSchlichters – bei 69,12%. Der durchschnittliche Streitwert lag bei 418,96 EUR, die durchschnittliche Bearbeitungsdauer bei 57,29 Tagen (die Frist läuft ab Beschwerdeeingang , selbst wenn noch Rückfragen zu klären sind; geschlossen wird ein Fall nicht schon bei Einigung der Parteien , sondern erst, wenn das Ergebnis umgesetzt wurde, z. B. die Rückerstattung erfolgte). In allen begründeten Beschwerdefällen wird dem Unternehmen grundsätzlich sofort im ersten Anschreiben ein Schlichtungsvorschlag unterbreitet, es sei denn, es liegen Gründe vor, die einer Schlichtung entgegenstehen, wie z. B. Betrug oder Insolvenz. Die sofortige Unterbreitung des Schlichtungsvorschlags führt zu Verfahrensbeschleunigung , da der Unternehmer sich sofort zu dem Fall äußern kann. Im Idealfall kann ein Fall so bereits binnen 24 Stunden oder weniger Tage geschlichtet werden. Derzeit finanzieren neun Partner das Projekt den Online -Schlichter gemeinsam: Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz BadenWürttemberg , die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz Berlin, das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz , das Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz, das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie Schleswig-Holstein sowie aus der privaten Wirtschaft die DEVK Versicherungen , der Gütesiegelanbieter Trusted Shops und der Bundesverband Direktvertrieb Deutschland e.V. Das Land Berlin beabsichtigt, seine Förderung fortzusetzen. 4. Ist dem Senat die „Consumer Law Clinic“ an der Humboldt Universität zu Berlin bekannt, in der Verbraucher *innen durch Studierende unter fachlicher Aufsicht bei der Klärung rechtlicher Probleme beraten und unterstützt werden? Wie bewertet der Senat das Projekt und ist eine Förderung dieses Projekts geplant Berlin, den Zu 4.: Die Consumer Law – Clinic der HumboldtUniversität ist ein vorzügliches Angebot an die Studierenden , die sich vertieft mit Fragen des Verbraucherschutzrechts befassen möchten. Die Studierenden haben so die Möglichkeit, sich mit einem ihren Neigungen entsprechenden Rechtsgebiet vertieft auseinanderzusetzen und hier exemplarisches Spezialwissen zu erwerben. Sie können hier sehr detailliert und anschaulich selbst erfahren , wie Recht funktioniert. Die Humboldt-Universität hat sehr gute Erfahrungen mit dieser Methode gesammelt, dies gilt insbesondere für die Consumer Law Clinic. Die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz fördert die Arbeit der Law Clinic indem die Tätigkeit der Studierenden dort als examensqualifizierender Erwerb einer Schlüsselqualifikation im Sinne des Deutschen Richtergesetzes anerkannt wird. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 649 3 Sowohl der Senator als auch die Staatssekretärin haben bereits an Veranstaltungen der Consumer Law Clinic teilgenommen und so ihr Interesse und ihre Unterstützung bekundet. Berlin, den 23. Juli 2015 In Vertretung Sabine Toepfer-Kataw Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Juli 2015)