Drucksache 17 / 16 661 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Möller (LINKE) vom 15. Juli 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Juli 2015) und Antwort Kitaausbau braucht Flächen: Was bringt die neue Erbpachtregelung? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Fälle haben die Bezirke nach Abfrage gemeldet , für die die neue Regelung zur Vergabe von Erbbaurechten an Kitaträger zur Anwendung kommen soll (bitte Meldungen bezirklich aufschlüsseln und Standorte sowie interessierte Kitaträger benennen)? Zu 1.: Die Bezirke von Berlin haben insgesamt 96 KitaStandorte zur Vergabe von Erbbaurechten zu Sonderbedingungen angemeldet, die derzeitig geprüft werden. Das Ergebnis wird dem Hauptausschuss vorgelegt. 2. Welche Konditionen müssen zwingend erfüllt sein, um in den Genuss der Neuregelung bei der Vergabe von Erbbaurechten für Kitanutzungen zu kommen? 5. Wer entscheidet letztlich im Einzelfall über die Vergabe von Erbbaupacht zu den neuen Konditionen und welche Kriterien kommen dabei zur Anwendung? Zu 2. und 5.: Ausgangspunkt sind die im Rahmen der Übertragung von Kita-Immobilien an freie Träger unter Wert (1-€-Verfahren) vom Abgeordnetenhaus am 15.10.2009 bereits definierten Voraussetzungen (Drucksachen Nr. 16/2490 und 16/2704). Landeseigene Grundstücke im Fachvermögen der Bezirke , auf denen Träger der freien Jugendhilfe per Nutzungsvertrag Kindertageseinrichtungen betreiben, können im Wege des Erbbaurechts vergeben werden, wenn folgende Bedingungen kumulativ erfüllt sind:  das Kita-Gebäude dringend grundsaniert und instandgesetzt werden muss, um den Kita-Standort zu erhalten,  der festgesetzte Grundsanierungsbedarf zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mehr als 75.000 € und weniger als 5.000.000 € beträgt,  keine bezirklichen Haushaltsmittel für die Grundsanierung zur Verfügung stehen,  die bezirkliche Kita-Entwicklungsplanung ausweist, dass der Kita-Standort für die Bedarfsdeckung im jeweiligen Sozialraum langfristig erforderlich ist,  sich der übernehmende Träger zur Beseitigung des festgestellten Sanierungsbedarfs oder, wenn der Sanierungsaufwand Neubaukosten übersteigt, zur Errichtung eines Ersatzneubaus mit mindestens gleicher Anzahl von Betreuungsplätzen verpflichtet und  im Vertrag eine Zweckbindung verankert ist, dass das Grundstück ausschließlich zum Betrieb der Kindertagesstätte gemäß § 3 Kindertagesförderungsgesetz (KitaFöG) oder im Ausnahmefall bei nachgewiesenen Bedarfsrückgängen in der Region als Einrichtung zur Ganztagesbetreuung in Kooperation mit Schule (Horte) bzw. als familienbezogene Einrichtung für Familien mit Kindern (Familienzentren, Eltern-KindZentren , Nachbarschaftsheime/Stadtteilzentren) genutzt werden darf (Nutzungsänderungen in Abweichung von Kindertageseinrichtungen bedürfen der Zustimmung des Bezirks und der für Jugend zuständigen Senatsverwaltung als Fachbehörde) sowie  im Vertrag sichergestellt wird, dass den Trägern bewilligte öffentliche Fördermittel im Falle des „Rückfalls “ der Liegenschaft wegen Aufgabe der KitaNutzung nicht zu erstatten sind. Für Entscheidungen zur Vergabe von Erbpachtverträgen zu Sonderkonditionen sind dem Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses geprüfte Listen vorzulegen. Dazu ist ein vielschichtiges Prüfverfahren erforderlich, in das der jeweilige Bezirk, die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft sowie die Senatsverwaltung für Finanzen eingebunden sind. Auf Grundlage des Beschlusses des Unterausschusses Vermögensverwaltung vom 25.03.2015 kommen als Erbbauberechtigte ausschließlich Träger der freien Jugendhilfe in Betracht, die  gemeinnützig sind und  im Rahmen des Übertragungsprozesses landeseigene Kitas übernommen haben und seitdem betreiben oder deren Nachfolger im Betrieb der Kitas sind Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 661 2 sowie gemeinnützige Träger, die im Ergebnis von Interessenbekundungsverfahren der Bezirke solche Kitas betreiben . 3. Gilt die neue Erbbaupacht-Regelung auch für unbebaute Grundstücke, auf denen Kitaträger Kitas neu errichten wollen? Wenn nein, warum nicht? Zu 3.: Die Vergabe von Erbbaurechten zu Sonderbedingungen ist – gleichermaßen wie das vorherige 1-EuroVerfahren - ausschließlich ausgerichtet auf die Beseitigung des Sanierungsstaus und die Erhaltung von Betreuungsplätzen in Kitas auf landeseigenen Liegenschaften, die von freien Trägern betrieben werden. Unbebaute Grundstücke , auf denen neue Kitas errichtet werden könnten, sind von dieser Regelung nicht erfasst. 4. Welche Möglichkeiten haben jeweils kommunale und freie Kitaträger, ein geeignetes landeseigenes Grundstück zu günstigen und mit dem Kitakostenblatt in Einklang stehenden Finanzierungskonditionen zu erwerben, zu mieten oder zu pachten, um darauf eine Kita zu errichten und zu betreiben ? Zu 4.: Berlin hat bisher den Kita-Trägern geeignete Grundstücke zum Betrieb von Kitas überwiegend auf Grundlage von Nutzungsvereinbarungen überlassen. Außerdem wurden Erbbaurechtsverträge abgeschlossen. Im Rahmen der Neuausrichtung der Transparenten Liegenschaftspolitik Berlins wurde 2015 das Verfahren der Clusterung der Hauptverwaltungs- und Bezirksimmobilien gestartet. Mit diesem Verfahren sind die Abkehr des Vorrangs des Verkaufes sowie dafür die Durchführung von Konzeptverfahren verbunden. Die Vermarktung soll künftig vorrangig durch die Vergabe von Erbbaurechten erfolgen. Die Bezirke von Berlin melden innerhalb des Verfahrens ihren Bedarf an Grundstücken zur Daseinsvorsorge für KitaNutzungen an und geben Voten ab. 6. In welcher Art und Weise hat der Senat bei der Neuregelung der Erbbaupacht für Kitanutzungen auch eine deutliche Verfahrensbeschleunigung und Vereinfachung bei der Vergabe von Erbbaurechten ermöglicht? 7. Entspricht es den Tatsachen, dass im Zuge der Vergabe von Erbbaurechten verlangt wird, dass die Grundstücksgröße der bisher durch die Kitaträger bereits als Kita genutzten Liegenschaft verkleinert wird? 8. Wenn ja, auf welcher Grundlage wird diese Entscheidung zur Grundstücksverkleinerung von wem getroffen, welche Standards werden der Entscheidung zugrunde gelegt und wie werden der nutzende Kitaträger, die Kitaeinrichtung sowie der Bezirk in eine solche Entscheidung einbezogen? 9. In wie vielen und welchen Fällen hat bereits im Zuge der Vergabe von Erbbaurechten bzw. vorher beim 1-Euro-Verkauf eine Grundstücksverkleinerung stattgefunden und was wurde im Einzelfall aus den abgetrennten Flächen (bitte fallweise nach Bezirken auflisten, Grundstücksgrößen vorher und nachher mitteilen und neue Nutzung der abgetrennten Fläche ausweisen)? Zu 6. - 9.: Dem Hauptausschuss ist nach Abschluss des Prüfverfahrens eine Übersicht der jeweiligen Standorte vorzulegen , aus der die Grundstücksgröße, die Lage und der geschätzte Sanierungsaufwand hervorgehen. Die Platzzahl der Einrichtung muss dabei im angemessenen Verhältnis zur Grundstücksgröße stehen. Grundlage sind die Flächenrichtwerte für Innen- und Außenflächen im Rahmen der Betriebserlaubnis . Andernfalls sind Teilbarkeit und eigenständige Vermarktung oder eigenständige Bebauung der Grundstücke zu prüfen. Diese Plausibilitätsprüfung wurde auch dem 1- Euro-Veräußerungsverfahren zugrunde gelegt. Fälle, bei denen die Grundstücksgröße in keinem plausiblen Verhältnis zur Platzzahl der Einrichtung stand, wurden im Prüfverfahren statistisch nicht erfasst. 10. Wie viele Kitaplätze sollen nach Zielstellung des Senats durch die Neuregelung der Vergabe von Erbbaurechten an Kitaträger in den nächsten Jahren geschaffen werden? 11. Wie steht der Senat zu der Meinung, dass die neue Erbpachtregelung keinen nennenswerten Beitrag zur Förderung des Kitaausbaus im Land Berlin leisten wird, weil die zugrunde gelegten Kriterien nicht flexibel genug und die Verfahren zu aufwendig sind? Zu 10. und 11.: Zielstellung der Neuregelung der Vergabe von Erbbaurechten an Kita-Träger ist die Schaffung der Grundlagen zur Beseitigung des Sanierungsstaus auf landeseigenen Kita-Standorten und damit vorrangig die Erhaltung bestehender Betreuungsplätze bei den Betreibern dieser Kitas. Die Neuregelung ermöglicht den Trägern von Kindertageseinrichtungen die Sicherung vorhandener Plätze in bestehenden Einrichtungen. Im Rahmen der Sanierungsmaßnahmen wird es darüber hinaus oft möglich, zusätzliche Plätze – auch mit Unterstützung der investiven Landes- und Bundesmittel – zu schaffen und damit den Kita-Ausbau weiter zu fördern. Berlin, den 30. Juli 2015 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Aug. 2015)