Drucksache 17 / 16 694 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Benedikt Lux (GRÜNE) vom 22. Juli 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Juli 2015) und Antwort Einsatz ausländischer Polizeibeamte in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Einsätze ausländischer Polizeikräfte in Berlin gab es jeweils in den Jahren 2010-2015, welche sind in Planung? Gab es andere Einsätze, bei denen ausländische Polizeikräfte, etwa Beobachter, Besucher o.ä. – ohne Aufgaben- und Einsatzbefugnisse – anwesend waren ? 2. Welchen Zweck und Anlass haben diese Einsätze jeweils, wie viele Beamte – welcher Einheiten – waren in Berlin im Einsatz und wie lange dauerten die Einsätze jeweils? Zu 1. und 2.: Einsätze ausländischer Polizeidienstkräfte in Berlin werden bisher statistisch nicht erfasst. Die Anlässe für einen möglichen Einsatz ausländischer Polizeidienstkräfte können vielfältig sein. So sind zum Beispiel Einsätze im Rahmen der Rechtshilfe ebenso möglich wie der Einsatz so genannter szenekundiger Beamtinnen und Beamter bei Fußballspielen auf europäischer bzw. internationaler Ebene. Unterschiedliche Formen länderübergreifender Zusammenarbeit mit gegenseitiger Entsendung von Polizeidienstkräften erfolgen beispielsweise seit Jahren im Rahmen europäischer Förderprogramme zu unterschiedlichen polizeilichen Themenfeldern. Dazu zählen unter anderem Programme wie „Learning Urban Policing in Europe“ (LUPE), „Leonardo da Vinci – Professionals in vocational education and training“ (VETPRO), „Strengthening fight against Mobile Organized Crime Groups (MOCG) from the Baltic Sea Region, including Russian Speaking MOCGs” sowie die unter der Bezeichnung „Erasmus+“ zusammengefassten Förderprogramme für allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport der Europäischen Union und die europäischen Kooperationsprogramme im Hochschulbereich. Auch zukünftig sind Beteiligungen an den Projekten geplant. Darüber hinaus bestehen bilaterale Hospitationsvereinbarungen , z.B. mit Rumänien, in deren Rahmen gegenseitige Hospitationen durchgeführt werden. 3. Sind unter den zu 1. abgefragten Beteiligungen und Einsätzen auch solche von (teil-)militärischen, polizeiähnlichen Einheiten, die dem jeweiligen heimischen Verteidigungsministerium unterstehen? Zu 3.: Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich bei den unter Frage 1 abgefragten Beteiligungen Bedienstete ausländischer Staaten befunden haben, die nach dem Organisationsrecht ihres Staates nicht dem jeweiligen für die Polizei zuständigen Ministerium angegliedert sind. In jedem Fall haben die eingesetzten Bediensteten ausländischer Staaten nur die auch Berliner Polizeidienstkräften zustehenden Befugnisse (vgl. § 8 Absatz 3 in Verbindung mit Absatz 2 Allgemeines Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin). 4. Inwieweit hatten die ausländischen Polizeikräfte hierbei hoheitliche Befugnisse und wie wurden betroffene Bürger über Kompetenzen und Eingriffsbefugnisse der ausländischen Kräfte aufgeklärt? Wie waren sie mit Waffen und Hilfsmitteln ausgerüstet, durften Sie unmittelbaren Zwang/ Sofortmaßnahmen anwenden und in welchen Umfang haben Sie davon Gebrauch gemacht? Zu 4.: Bis zum Inkrafttreten des sechzehnten Gesetzes zur Änderung des Allgemeinen Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin vom 07. April 2015 (Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin 2015, Seite 66) besaßen ausländische Polizeidienstkräfte in Berlin keine hoheitlichen Befugnisse. Soweit hoheitliche Maßnahmen im Rahmen von Einsätzen notwendig waren, wurden diese von den beteiligten Dienstkräften der Polizei Berlin durchgeführt. Eine Aufklärung betroffener Bürgerinnen und Bürger über Kompetenzen und Eingriffsbefugnisse der ausländischen Dienstkräfte war daher nicht erforderlich. Ebenso Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 694 2 bestand kein Bedarf zur Ausstattung mit Waffen oder Hilfsmitteln. 5. Wie wurden die ausländischen Polizeikräfte im Vorfeld der Einsätze in Bezug auf die hiesige Rechtslage geschult? Zu 5.: Standardisierte Rechtsunterweisungen ausländischer Dienstkräfte werden durch die Polizei Berlin nicht durchgeführt. Im Rahmen von Hospitationsabkommen führt die Polizei Berlin beispielsweise Belehrungen der Hospitanten zu Datenschutz, Arbeitsrecht, dienststellenspezifischen Unterweisungen und Verschwiegenheitsverpflichtungen in erforderlichem Umfang durch. 6. Wie wird sichergestellt, dass beim Bürgerkontakt mit ausländischen Polizeikräften keine Sprachbarrieren entstehen? Zu 6.: Ausländische Polizeidienstkräfte werden beim Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern von Dienstkräften der Polizei Berlin gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Dolmetschern begleitet, so dass keine Sprachbarrieren entstehen. 7. Welche internationale Abkommen der Bundesrepublik Deutschland bestehen derzeit mit anderen Sicherheitsbehörden anderer Länder, in welcher Weise ist Berlin beteiligt? Zu 7.: Die Bundesrepublik Deutschland ist Vertragsstaat einer Vielzahl multi- und bilateraler Abkommen, in denen die jeweiligen Sicherheitsbehörden anderer Länder ausschließlich oder partiell einbezogen sind. Aus polizeilicher Sicht sind dabei insbesondere die mit allen Nachbarländern bestehenden Polizei- und Grenzabkommen zu nennen. Der Polizeipräsident in Berlin ist etwa für die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben im Abkommen über die Zusammenarbeit der Polizei-, Grenz- und Zollbehörden vom 15. Mai 2014 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Polen zuständig. Generell ist das Land Berlin ebenso wie die anderen Bundesländer beim Abschluss völkerrechtlicher Verträge durch den Bund entsprechend der sogenannten Lindauer Absprache beteiligt. Die Bundesländer sind danach durch das Auswärtige Amt bzw. die sonst zuständigen Bundesressorts möglichst frühzeitig über den geplanten Abschluss derartiger Verträge zu unterrichten. Über ein dazu eingerichtetes Ländergremium, die Ständige Vertragskommission der Länder, können die Bundesländer ihre Position gegenüber dem Bund geltend machen. Eine Liste aktuell geltender internationaler Abkommen der Bundesrepublik Deutschland mit anderen Sicherheitsbehörden wird im Land Berlin nicht geführt. 8. Inwieweit wurden jeweils Parlament und Öffentlichkeit über die Einsätze informiert? Zu 8.: Informationen über Aktivitäten und Projekte im Rahmen grenzübergreifender polizeilicher Zusammenarbeit erfolgten anlassbezogen im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang. Darüber hinaus wurden bzw. werden diese im jährlich erscheinenden Europabericht der Senatsverwaltung für Inneres und Sport veröffentlicht. Berlin, den 05. August 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Aug. 2015)