Drucksache 17 / 16 699 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Wolfgang Albers (LINKE) vom 22. Juli 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Juli 2015) und Antwort Wie erklärt sich die eklatante Differenz bei den Erlösen aus ambulanten Leistungen an der Charité im Vergleich zu anderen Universitätsambulanzen? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft teilweise Sachverhalte , die der Senat nicht allein aus eigener Kenntnis beantworten kann. Die Charité - Universitätsmedizin Berlin wurde daher um Stellungnahme gebeten. Des Weiteren ist das Wissenschaftsministerium des Landes BadenWürttemberg auf der Basis der Frage 5 gebeten worden, die Kennzahlen für das Universitätsklinikum Freiburg zu überprüfen. Die Antwort zur Frage 5 gibt das Prüfergebnis wieder. 1. In der Roten Nummer 0246 B aus dem Jahre 2007 ist im Zusammenhang mit einer Analyse der Leistungsdokumentation und Leistungsabrechnung der ambulant von der Charité erbrachten Leistungen von einem „großen Potential“ die Rede, wie die Erlössituation der Charité verbessert werden könnte. Welche Maßnahmen wurden eingeleitet und wie haben sich diese auf die Erlössituation in den Folgejahren ausgewirkt? Zu 1.: Die Ergebnissituation des ambulanten Bereichs konnte insgesamt durch ein optimiertes Berichtswesen, klarere Strukturen und eine gezielte Steuerung der Patientenströme deutlich verbessert werden. Wegen des damals nicht vollständigen Berichtswesens ist kein umfassender Vergleich über alle ambulanten Abrechnungsformen für einen längeren Zeitraum möglich. Zu den Hochschulambulanzen, deren Kostensituation im Rahmen der Roten Nummer 0246 B einer besonderen Analyse unterzogen wurde, liegen Vergleichszahlen vor. In 2007 wurde ein Verlust beim Deckungsbeitrag II (das heißt nach Zurechnung von Personalkosten, von Kosten der internen Leistungsverrechnung und von Kosten des medizinischem Sachbedarfs) von 13,1 Mio. € ermittelt. Der Deckungsbeitrag ist nach der betriebswirtschaftlichen Kostenrechnung die Differenz zwischen den erzielten Erlösen (Umsatz) und den variablen Kosten, welche zur Deckung bisher nicht verrechneter Kosten zur Verfügung steht. In 2014 haben die Hochschulambulanzen ein positives Ergebnis beim Deckungsbeitrag II von 3,6 Mio. € und damit ein um 16,7 Mio. € verbessertes Ergebnis erreicht. Nach einer Zurechnung von anteiligen weiteren Sachkosten und den genutzten Infrastrukturkosten ergibt sich ein nahezu ausgeglichenes Gesamtergebnis. Diese deutliche Ergebnis Verbesserung wurde durch eine erfolgreiche Umsetzung einer Reihe von damals beschriebenen Maßnahmen erreicht: a. Die Gründung von je einem Medizinischen Versorgungszentrum pro Campus, die mittlerweile alle drei institutionell in dem Ambulanten Gesundheitszentrum der Charité GmbH (AGZ) gebündelt wurden. b. Eine optimierte Steuerung der Patientenströme zwischen den Hochschulambulanzen, sonstigen ambulanten Abrechnungsmöglichkeiten und den Medizinischen Versorgungszentren der Charité. c. Eine Optimierung der Kostenstrukturen: Reduzierung des Personaleinsatzes, Reduzierung der internen Leistungsverrechnung für Diagnostikleistungen sowie eine Verringerung der Ambulanzflächen. 2. Arbeitet die ambulante Krankenversorgung an den Kliniken der Charité zwischenzeitlich kostendeckend? Zu 2.: Die Hochschulambulanzen weisen heute einen deutlich positiven Deckungsbeitrag II aus (siehe Antwort zu Frage 1) und erreichen auch nach Zurechnung anteiliger weiterer Sachkosten ein nahezu ausgeglichenes operatives Ergebnis. In Summe machen alle ambulanten Bereiche der Charité allerdings weiterhin Verluste. Diese sind zum überwiegenden Teil auf den Leistungsbereich der Ersten Hilfe zurückzuführen. Der größte Teil dieser Verluste fällt in den Rettungsstellen an, die für ¾ der gesamten ambulanten Verluste stehen. Der Grund ist eine unzureichende Vergütung der Leistungen, die für die Betreuung der Notfall Versorgung der Patientinnen und Patienten erforderlich sind. Sobald z.B. eine aufwendigere Diagnostik (z.B. eine Computertomographie oder eine Magnetresonanztomographie ) für einen Risikoausschluss erforderlich ist, sind die anfallenden Kosten in der Regel nicht vollständig gedeckt. Leider konnte die angestrebte Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 699 2 Zentralisierung der Ambulanzen bisher nur begrenzt umgesetzt werden. In dieser Maßnahme liegt weiterhin ein großes Potenzial vor allem durch eine effizientere Nutzung der Ressourcen (Räume, Wartebereiche und zentralisierte Anmeldung etc.) und eine verbesserte Standardisierung von Prozessen (Aktenverwaltung, Abrechnung etc.). 3. Trifft es zu, dass die Fallzahlen in der ambulanten Versorgung im Jahre 2012 bei 615.694 und im Jahre 2013 bei 637.171 Fällen lagen und dass sich daraus Erlöse in Höhe von 55,2 Millionen Euro in 2012 und 58,6 Millionen Euro in 2013 ergeben haben, so dass sich daraus ein Erlös pro Fall von 89,65 Euro bzw. 91,96 Euro errechnet? Zu 3.: Die der Frage zugrunde liegenden Fallzahlen sind korrekt, die diesen Fällen zuzuordnenden Erlöse betragen allerdings 52,3 Mio. € in 2012 und 60,5 Mio. € in 2013. Die Differenz gegenüber den Werten in den veröffentlichten Jahresabschlüssen resultiert aus dem Umstand, dass die Abrechnung zeitversetzt nach der Leistungserbringung erfolgt und deshalb teilweise Vergütungen erst im Folgejahr als periodenfremde Erlöse gebucht werden. In der Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 17/16 551 wurden die Erlöse einschließlich der periodenfremden Erlöse den korrekten Fallzahlen der jeweiligen Periode zugeordnet. 4. Liegen dem Senat Vergleichszahlen aus den ambulanten Erlösen anderer Universitätskliniken vor? Zu 4.: Der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft liegen keine verlässlichen Daten zur überregionalen Situation vor. 5. Hat der Senat eine Erklärung, warum die Erlöse zum Beispiel an der Universitätsklinik Freiburg bei einer Fallzahl von 259.240 Fällen im Jahre 2012 und 286.269 im Jahre 2013 bei 93,454 Millionen Euro bzw. 103,62 Millionen Euro deutlich höher lagen, nämlich pro Behandlungsfall bei 360 bzw. 362 Euro? Zu 5.: Die in der Frage für das Universitätsklinikum Freiburg unterstellten Werte gehen nach Mitteilung des baden-württembergischen Wissenschaftsministeriums von Berechnungen aus, bei denen verschiedene Quellen und unterschiedliche Abgrenzungskriterien vermischt werden. Dadurch wird ein Erlöswert pro Behandlungsfall errechnet , der nicht als Vergleichsbasis herangezogen werden kann. Ein belastbarer Vergleich ist auch aufgrund der unterschiedlichen Verhältnisse in den einzelnen Bundesländern nicht aussagefähig. Berlin, den 05. August 2015 In Vertretung Steffen Krach Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Aug. 2015)