Drucksache 17 / 16 737 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Hakan Taş (LINKE) vom 04. August 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. August 2015) und Antwort Verweigerung von Beiständen durch die Ausländerbehörde Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Kann der Senat bestätigen, dass ausländische Staatsangehörige nach § 14 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) ein Anrecht auf Beistand in Form der Begleitung bei Verwaltungsterminen in der Ausländerbehörde durch einen oder mehrere Dritte haben?! Zu 1.: Die Frage der Beistände im Verwaltungsverfahren ist in § 14 Abs. 4 VwVfG geregelt. Danach kann ein Beteiligter zu Verhandlungen und Besprechungen mit einem Beistand erscheinen. Eine unbegrenzte Anzahl von Beiständen ist gesetzlich nicht vorgesehen, allerdings werden auch mehre Beistände zugelassen, sofern der geordnete Ablauf des Dienstbetriebes dies zulässt. Zu berücksichtigen ist dabei beispielsweise die Raumgröße des Zimmers der Sachbearbeiterin/ des Sachbearbeiters. 2. Kann der Senat bestätigen, dass ausländische Staatsangehörige frei entscheiden können, welche Personen sie als Beistand bei Verwaltungsterminen in der Ausländerbehörde bestimmen? Zu 2.: Ausländische Staatsangehörige sind in der Wahl ihres Beistandes frei. Allerdings können Beistände vom Vortrag zurückgewiesen werden, wenn sie unbefugt Rechtsdienstleistungen erbringen, vgl. § 14 Abs. 5 VwVfG oder zum Vortrag ungeeignet sind, vgl. § 14 Abs. 6 VwVfG 3. Teilt der Senat die Auffassung, dass für viele „Kund*innen“ der Ausländerbehörde die Begleitung durch eine Person des Vertrauens hilfreich sein kann, um ihre Rechte besser vertreten, aber auch, um die Kommunikation mit der Behörde besser bewältigen zu können und deshalb die Begleitung durch einen Beistand auch im Sinne der Ausländerbehörde als einer ihrem Anspruch nach „kundenorientierten Serviceeinrichtung“ ist? Zu 3.: Diese Einschätzung wird geteilt. Die Begleitung durch Vertrauenspersonen, die dann insbesondere als Sprachmittler fungieren oder bei der Erklärung von Verfahrensabläufen unterstützen können, wird von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ausländerbehörde als sehr hilfreich empfunden. Hierdurch wird in vielen Fällen ein deutlich effizienteres Verwaltungsverfahren erreicht. 4. Trifft es zu, dass Sachbearbeiter*innen häufig Beistände bei Verwaltungsterminen in der Ausländerbehörde Berlin verweigern? Wenn ja, warum? Zu 4.: Nein. Aus den unter Nr. 3 genannten Gründen, werden Kundinnen und Kunden sogar ermutigt, sich vor allem bei Verständigungs- und Verständnisschwierigkeiten von Vertrauenspersonen begleiten zu lassen. 5. Gibt es Verwaltungsvorgaben/-hinweise, die den Umgang mit Beiständen bei Verwaltungsterminen in der Ausländerbehörde Berlin zum Gegenstand haben und wenn ja, wie lauten diese im Originalwortlaut (bitte einfügen )? Zu 5.: Hinsichtlich des Umgangs mit Beiständen und Bevollmächtigten nach § 14 Abs. 5 VwVfG sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie folgt angewiesen: „Rechtsdienstleistung" ist gemäß § 2 Abs. 1 RDG jede "Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalles erfordert". Das Gesetz regelt, unter welchen Voraussetzungen eine solche Rechtsdienstleistung zulässig ist und unterscheidet insofern zwischen entgeltlicher und unentgeltlicher Erbringung einer Rechtsdienstleistung. Wobei eine entgeltliche Rechtsdienstleistung schon dann vorliegt, wenn sie im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht, ohne dass gerade die Rechtsdienstleistung gesondert abgerechnet werden müsste. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 737 2 Erlaubt sind Rechtsdienstleistungen soweit sie unentgeltlich sind und innerhalb familiärer, nachbarschaftlicher oder ähnlich enger persönlicher Beziehungen erbracht werden. Außerhalb solcher Beziehungen dürfen sie nur erbracht werden, wenn sichergestellt ist, dass die Dienstleistung unter Anleitung eines Volljuristen oder einer Person, der die entgeltliche Dienstleistung erlaubt ist, erbracht wird. Anleitung in diesem Sinne bedeutet eine Einweisung und Fortbildung und - soweit im Einzelfall erforderlich - auch Mitwirkung bei der Erbringung von Dienstleistungen (vgl. § 6 Abs. 2 RDG). Darüber hinaus dürfen Rechtsdienstleistungen nur durch Personen erbracht werden, die als Rechtsdienstleister bei der zuständigen Behörde - in Berlin die Präsidentin des Kammergerichts - im neuen Rechtsdienstleistungsregister registriert sind. Dieses Verfahren ist von geringem Interesse, da eine Registrierung nur im Zusammenhang mit der Erbringung von Inkassodienstleistungen , Rentenberatung und Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit der Lösung von Rechtsfragen in einem ausländischen Recht möglich ist. Das Rechtsdienstleistungsgesetz spielt für das ausländerbehördliche Verwaltungsverfahren nur insofern eine Rolle, als es um die Frage geht, ob Bevollmächtigte und Beistände gemäß § 14 Abs. 5 VwVfG - der im Übrigen im Wortlaut unverändert ist - , zurückzuweisen sind. Erhalten wir Kenntnis von der Erbringung von Rechtsdienstleistungen durch Personen ohne Befähigung zum Richteramt außerhalb der o.g. persönlichen Beziehung, sind die Betroffenen durch den Bereich IV G 2 zunächst aufzufordern , darzulegen, ob ihre Dienstleistung unentgeltlich ist und auf welche Weise das Anweisungserfordernis erfüllt ist. Fehlt es an einer überzeugenden Darlegung, sind die Betroffenen gemäß § 14 Abs. 5 VwVfG zurückzuweisen. Personen, die Rechtsdienstleistungen unter Verstoß gegen das Anleitungserfordernis erbringen, kann die Erbringung von Rechtsdienstleistungen durch die zuständige Behörde für bis zu 5 Jahre untersagt werden. Die Untersagung ist nach einem Schreiben der Präsidentin des Kammergerichts vom 04.05.2010 (08900/39) nur bei dauerhaft unqualifizierter Rechtsdienstleistung gerechtfertigt . Dafür reiche regelmäßig weder die einmalige noch die auf verschiedenen Ursachen beruhende mehrmalige Falschberatung aus. Vielmehr müsse sich die betreffende Person oder Einrichtung als generell ungeeignet erweisen, sachgerechte Rechtsberatung anzubieten. Die Untersagung sei ultima ratio. Regelmäßig müssten die aufgetretenen Mängel zunächst gerügt, der betroffenen Einrichtung dann unter vorheriger Androhung der Untersagung und unter angemessener Fristsetzung Gelegenheit zur Abhilfe gegeben werden, bevor ein Verbot verhängt werden könne. Soweit die Untersagung bestandskräftig ist, wird auch diese in das Rechtsdienstleistungsregister eingetragen. Somit erfolgt durch die Generalie bei unerlaubter Rechtsdienstleistung neben einer Aufnahme in die folgende Liste auch eine Mitteilung an die Präsidentin des Kammergerichts. Hinsichtlich der Zulassung bzw. Zurückweisung von Beiständen sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie folgt angewiesen: Ein Antragsteller kann zur Vorsprache mit einem Beistand erscheinen. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit dieser nicht unverzüglich widerspricht. Beistände können vom Vortrag zurückgewiesen werden, wenn sie hierzu ungeeignet sind; vom mündlichen Vortrag können sie nur zurückgewiesen werden, wenn sie zum sachgemäßen Vortrag nicht fähig oder willens sind durch ihr Auftreten den geordneten Dienstbetrieb stören oder sich weigern, ihre Identität nachzuweisen. Die Zurückweisung ist ausdrücklich auch dem Antragsteller mitzuteilen. Verfahrenshandlungen des zurückgewiesenen Beistands, die dieser nach der Zurückweisung vornimmt, sind unwirksam. 6. Welche Gründe können nach Ansicht des Senats legitim sein, konkrete Personen als Beistände abzulehnen? Zu 6.: Antwort zu 2. Berlin, den 20. August 2015 In Vertretung Andreas Statzkowski Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Aug. 2015)