Drucksache 17 / 16 798 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Karin Halsch (SPD) vom 18. August 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. August 2015) und Antwort Landwirtschaft in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie werden die Pachtpreise für landwirtschaftlich genutzte Liegenschaften des Landes Berlin ermittelt? Zu 1.: Bei Pachtverträgen handelt es sich um zweiseitige privatrechtliche Verträge, deren Vertragsbedingungen , wozu auch die Höhe des Pachtzinses zählt, zwischen den Parteien festgelegt werden. Kenntnis über die Höhe und die Ermittlung der Pachtpreise haben daher zunächst nur die Vertragsparteien. Verpächter der landwirtschaftlich genutzten Flächen des Landes Berlin sind jedoch die jeweiligen Bezirke sowie Anstalten des öffentlichen Rechts (z. B. die Berliner Wasserbetriebe), nicht hingegen die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz. Nach § 2 des Landpachtverkehrsgesetzes besteht eine Anzeigepflicht bei Abschluss oder Änderung eines Landpachtvertrags , welche auch die Höhe des Pachtzinses umfasst, gegenüber der zuständigen Behörde. Nach § 4 Abs.1 des Allgemeinen Zuständigkeitsgesetz (AZG) i. V .m. Nr. 7 (1) des Allgemeinen Zuständigkeitskatalogs sind für die Durchführung des Landpachtverkehrsgesetzes die Bezirke zuständig. Da eine Mitteilung über die Höhe sowie die Ermittlung der Pachtpreise an die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz danach rechtlich und faktisch nicht erfolgt, können dazu von hier keine Angaben gemacht werden. Es kann jedoch darauf hingewiesen werden, dass die landwirtschaftlich genutzten Flächen in Berlin im Flächennutzungsplan für Berlin, abrufbar über die Internetseite der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, ausgewiesen sind. Aus einer von der Bonner Evaluation erstellten Handlungsempfehlung zum Einsatz des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) 2014 – 2020, ergibt sich zudem, dass in Berlin 86,4 % der landwirtschaftlichen Flächen verpachtet sind, ohne dass dabei jedoch zwischen Pachtflächen in öffentlicher oder privater Hand unterschieden wird. 2. Wie hoch sind die durchschnittlichen Pachtpreise in den Bezirken (bitte nach Bezirken aufschlüsseln)? Zu 2.: Aufgrund der Ausführungen zur Beantwortung der 1. Frage kann auch hier eine zuverlässige Beantwortung nicht erfolgen. Der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz liegen lediglich die Erkenntnisse aus einer Veröffentlichung auf der Internetseite agrar.de vor, wonach in den neuen Bundesländern in 2012 der durchschnittliche Pachtzins für Agrarflächen bei Bestandspachten bei 283 Euro/ha im Jahr (im Gegensatz zu 250 Euro /ha im Vorjahr) und bei Neupachten bei 347 Euro/ha im Jahr (im Gegensatz zu 282 Euro/ha im Vorjahr) lag. 3. Nach welchen Kriterien werden im Land Berlin die Bodenwertzahlen bzw. die Bodenrichtwerte ermittelt? Zu 3.: Die Bodenwertzahl (BWZ) ist in der Bodenkunde ein Vergleichswert für die Ertragsfähigkeit landwirtschaftlicher Böden und wird auf Basis der Daten aus der Bodenschätzung ermittelt. Die Werte liegen zwischen 0-10 (für Sandböden) und größer 91 (für Lössböden). Aus der BWZ in Verbindung mit verschiedenen Standortfaktoren werden Acker- und Grünlandzahlen bestimmt. Für das Bundesland Berlin besteht die Besonderheit, dass für die sehr wenigen Flächen der Land- und Forstwirtschaft keine bodengeschätzten Werte vorliegen (siehe Antwort zu Frage 4). Der Bodenrichtwert gibt an, wie teuer ein Quadratmeter baureifer, unbebauter und von Erschließungsbeiträgen freier Grundstücksfläche in bestimmten Gebieten (Bodenrichtwertzonen ) durchschnittlich ist. Dabei werden die Bodenrichtwerte jährlich von einem Gutachterausschuss auf der Grundlage zuvor tatsächlich getätigter Verkäufe - die in einer Kaufpreissammlung erfasst werden - ermittelt. Nach den Regelungen der §§ 192 ff. des Baugesetzbuches (BauGB) werden zur Ermittlung von Grundstückswerten und für sonstige Wertermittlungen in jedem Landkreis bzw. kreisfreien Stadt der Bundesrepublik Deutschland selbständige, unabhängige Gutachterausschüsse gebildet. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 798 2 Die Gutachterausschüsse bestehen dabei jeweils aus einem Vorsitzenden und ehrenamtlichen weiteren Gutachtern , zu denen nur Personen mit besonderer Sachkunde bestellt werden, die in der Wertermittlung erfahren sind. Der Gutachterausschuss für Grundstückswerte in Berlin umfasst zurzeit rund 40 Mitglieder. Die Bodenrichtwerte für Berlin sind auf der Internetseite der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt für jedermann einsehbar . Der Gutachterausschuss hat auch Bodenrichtwertzonen für landwirtschaftlich genutzte Flächen zu bilden. Der Bodenrichtwert wird dabei mit einer Untergliederung nach der jeweiligen Nutzung und Qualität sowie in Ergänzung des allgemeinen Wertniveaus des jeweiligen Teilmarktes ermittelt und entspricht der überwiegenden Zahl der Grundstücke mit der durchschnittlichen Qualität der jeweiligen Nutzungsart. Grundlage der Ermittlung des Bodenrichtwertes ist auch hier die vom Gutachterausschuss zu führende Kaufpreissammlung, zu der nach § 195 Baugesetzbuch (BauGB) von der beurkundenden Stelle eine Abschrift jeden Vertrages, durch den sich jemand verpflichtet, Eigentum an einem Grundstück gegen Entgelt, auch im Wege des Tausches, zu übertragen oder ein Erbbaurecht erstmals oder erneut zu bestellen, zu übersenden ist. Entsprechend der Ausführungen im Vorwort der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in Berlin zu den Bodenrichtwerten zum 01.01.2015 hat im vergangenen Jahr jedoch nur ein so geringer Umsatz auf dem Grundstücksteilmarkt für landund forstwirtschaftlich genutzte Flächen in Berlin stattgefunden , dass zur Ermittlung des Bodenrichtwertes Kaufpreise aus vergleichbaren Gebieten im Land Brandenburg in der angrenzenden Umgebung Berlins herangezogen wurden. 4. Welche Unterschiede in den Bodenwertzahlen bzw. den Bodenrichtwerten bestehen zwischen den einzelnen Bezirken? Zu 4.: Zum Stichtag 01.01.1964 war für steuerliche Zwecke (Erhebung der Grundsteuer) die Ertragsmesszahl (EMZ) auszuweisen. Dazu wurden von landwirtschaftlichen Sachverständigen Bodenuntersuchungen für einzelne land- und forstwirtschaftliche Grundstücke im ehemaligen Westteil der Stadt durchgeführt. Die ermittelten Bodenwertzahlen liegen nicht vor. Die im Ergebnis berechnete durchschnittliche EMZ beträgt im ehemaligen Westteil Berlins 35. In Anlehnung an diese Ergebnisse wurden die Flächen im ehemaligen Ostteil der Stadt zu Beginn der 1990-er Jahre mit 30 eingestuft. An dieser Einstufung hat sich seitdem nichts geändert. Die EMZ dient ebenfalls als Grundlage für die Festsetzung bestimmter landwirtschaftlicher Fördermittel. Unterschiede in den Bodenrichtwerten für landwirtschaftlich genutzte Flächen bestehen in den einzelnen Bezirken nicht (siehe Beantwortung der 3. Frage). Der Gutachterausschuss hat für das gesamte Stadtgebiet einheitlich für landwirtschaftliche Flächen, die als Ackerland genutzt werden, einen Bodenrichtwert von 1,50 Euro/m², für Flächen, die als Grünland genutzt werden, einen Bodenrichtwert von 1,30 Euro/m² und für Flächen, die für den Erwerbsgartenbau genutzt werden, einen Bodenrichtwert von 15,00 Euro/m² ermittelt. Für „begünstigtes Agrarland“ ist zudem ein Bodenrichtwert von 10,00 Euro /m² ermittelt worden. Dabei handelt es sich bei „begünstigtem Agrarland“ um besondere Flächen der Landund Forstwirtschaft, die sich insbesondere durch ihre landschaftliche oder verkehrliche Lage, durch ihre Funktion oder durch ihre Nähe zu Siedlungsgebieten geprägt, auch für außerlandwirtschaftliche oder außerforstwirtschaftliche Nutzungen eignen, sofern im gewöhnlichen Geschäftsverkehr eine dahingehende Nachfrage besteht und auf absehbare Zeit keine Entwicklung zu einer Bauerwartung bevorsteht. 5. Trifft es zu, dass Beweidungsprojekte, die in mehreren Bezirken tätig sind, für jeden Bezirk einen Betrieb anmelden müssen? Wenn ja, warum? Zu 5.: Gemäß § 26 Viehverkehrsverordnung sind Haltungen von Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen, Einhufern , Hühnern, Enten, Gänsen, Fasanen, Perlhühnern, Rebhühnern, Tauben, Truthühnern, Wachteln oder Laufvögel bei der zuständigen Veterinärbehörde anzuzeigen und dort unter Erteilung einer Registriernummer zu registrieren . Zuständig sind die Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsämter der Bezirke. Dabei sind Standorte (Betriebsstätten ) von Tieren auch eines Halters in mehreren Bezirken jeweils gesondert zu registrieren. Steuerlich und in Bezug auf Agrarförderanträge reicht es aus, dass Tier haltende Betriebe nur einen (Gesamt-) Betrieb anmelden. 6. Trifft es zu, dass Beweidungsprojekte, die Tiere in einen anderen Bezirk umsetzen möchten, diese bei den bezirklichen Veterinärämtern ummelden müssen? Wenn ja, warum? Wenn ja, wie wird dies in den einzelnen Bezirken gehandhabt? Zu 6.: Eine Ummeldung von Tieren von einen an einen anderen registrierten Standort betrifft Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen. Dabei ist die Aufnahme von Tieren in einen Bestand und bei Rindern zusätzlich deren Abgabe aus dem Bestand innerhalb von sieben Tagen nach der Verbringung dem Landeskontrollverband (LKV) Brandenburg als beauftragte Stelle mitzuteilen oder direkt in die Herkunfts- und Identifikationssystem Tiere (HIT)-Datenbank einzustellen. Dies dient der effektiven Bekämpfung von Tierseuchen. Die Handlung ist in allen Bezirken einheitlich. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 798 3 7. Wie hat sich der jährliche Gesamtbeitrag, der von Tierhaltern in Berlin in die Tierseuchenkasse eingezahlt wird, seit 2013 entwickelt? Zu 7.: Das für die Tierseuchenentschädigung zuständige Landesamt für Gesundheit und Soziales teilt hierzu mit: Die jeweiligen Jahresbeiträge zur Tierseuchenkasse werden rückwirkend erhoben. In 2015 wurden die Beiträge für 2013 vereinnahmt. Für die Jahre 2014/2015 liegen entsprechend noch keine Zahlen vor. 2013 betrugen die Gesamteinnahmen 2.181,04 € (Beitrag der Tierhalter 343,34 €, Zinsen aus der Rücklage 1.837,70 €). 8. Wie hoch waren in den Jahren seit 2013 die Entschädigungsleistungen gemäß Abschnitt 6 Tiergesundheitsgesetz ? Was waren die Anlässe für die jeweiligen Entschädigungsleistungen? Zu 8.: Das für die Tierseuchenentschädigung zuständige Landesamt für Gesundheit und Soziales teilt hierzu mit: In 2013 wurden keine Entschädigungen geleistet, 2014 wurden insgesamt 2.598,67 € für die Entschädigung von Bienenvölkern gezahlt. 9. Wie wurde der Differenzbetrag aus Beiträgen zur Tierseuchenkasse und Entschädigungsleistungen verwendet ? Zu 9.: Das für die Tierseuchenentschädigung zuständige Landesamt für Gesundheit und Soziales teilt hierzu zusätzlich mit: Die in der Antwort zu Frage 8. genannten Entschädigungsleistungen erfolgten nicht aus der Tierseuchenkasse. Bienen gehören nicht zu den beitragspflichtigen Tierarten, so dass für Entschädigungsleistungen auch keine Mittel der Tierseuchenkasse verwendet werden können. 10. Gewähren das Land Berlin bzw. die Tierseuchenkasse grundsätzlich Entschädigungsleistungen, wenn Tiere wegen des Verdachts auf eine Tierseuche getestet werden müssen? Zu 10.: Die Ermittlung im Verdachtsfalle von Tierseuchenausbrüchen obliegt grundsätzlich dem zuständigen amtlichen Tierarzt. Alle damit zusammenhängenden Kosten werden vom jeweiligen Bezirk bzw. vom Landeshaushalt getragen. Berlin, den 02. September 2015 In Vertretung Sabine Toepfer-Kataw Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Sep. 2015)