Drucksache 17 / 16 799 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) vom 18. August 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. August 2015) und Antwort Feuerschutz- und Atemschutztauglichkeit bei der Freiwilligen Feuerwehr Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Mitglieder hat der Landesverband der Freiwilligen Feuerwehr und wie viele Mitglieder davon haben die bestätigte Feuerschutz- und Atemschutztauglichkeit ? Zu 1.: Der Landesfeuerwehrverband Berlin e.V. (vormals Landesverband der Freiwilligen Feuerwehren Berlins e.V.) ist ein privatrechtlich organisierter Verein. Nach eigener Aussage des Vereins auf dessen Internetseite hat der Verein derzeit knapp 1.800 Mitglieder. Inwieweit es sich bei diesen Mitgliedern um Angehörige der Freiwilligen Feuerwehren handelt, die ohne Einschränkungen im Einsatzdienst der Berliner Feuerwehr verwendet werden können, kann durch den Senat im Hinblick auf die privatrechtliche Organisation des Vereins nicht beurteilt werden. Der Begriff „Feuerschutztauglichkeit“ ist im offiziellen Sprachgebrauch nicht vorhanden. Auch der Begriff „Atemschutztauglichkeit“ ist nur ein Überbegriff. Die Berliner Feuerwehr unterscheidet bei der Beurteilung der Einsetzbarkeit der haupt- und ehrenamtlichen Beschäftigten in eine uneingeschränkte Dienstfähigkeit und eine eingeschränkte Dienstfähigkeit. Für weitergehende Erläuterungen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 2. Welche Voraussetzungen müssen für die Feuerschutztauglichkeit vorliegen? Zu 2.: Beurteilungserheblich sind hierfür die für die verschiedenen Einsatzbereiche bei der Berliner Feuerwehr (feuerwehrtechnischer Einsatzdienst, Rettungsdienst, Tätigkeiten im rückwärtigen Bereich) erforderlichen Gefährdungsbeurteilungen . Aus diesen Gefährdungsbeurteilungen und den darin festgestellten Gefährdungen ergeben sich die für die jeweilige Tätigkeit erforderlichen Schutzmaßnahmen in technischer Art und die jeweils erforderlichen Anforderungen an die körperliche Leistungsfähigkeit und Gesundheit der eingesetzten Dienstkräfte . Darüber hinaus gibt es bundesweite Regelungen, die (ggf. angepasst) berücksichtigt werden müssen. Dazu zählen beispielsweise Feuerwehrdienstvorschriften (FwDV) und Unfallverhütungsvorschriften (UVV). Besondere Bedeutung hat hier die FwDV 7 „Atemschutz“. Zudem findet die Geschäftsanweisung „Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen von Angehörigen der Berliner Feuerwehr (GA Feuerwehruntersuchungen)“ Anwendung. Ziel der GA Feuerwehruntersuchungen ist es, einheitliche Regelungen zu den erforderlichen Untersuchungen zu treffen und eine einheitliche Verwendung auch eingeschränkt dienstfähiger Angehöriger der Berliner Feuerwehr zu gewährleisten. Wesentlicher Bestandteil der GA Feuerwehruntersuchungen ist die als Anlage 4 beigefügte “Verwendungsmatrix “. Sie enthält die wesentlichen im Einsatzdienst zu besetzenden Funktionen und die auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung festgelegten Möglichkeiten, Angehörige der Berliner Feuerwehr, bei denen körperliche oder gesundheitliche Einschränkungen bestehen, im Einsatzdienst einzusetzen. Zu den körperlichen und gesundheitlichen Einschränkungen, die Auswirkung auf die Einsetzbarkeit von Angehörigen der Berliner Feuerwehr in Funktionen des Einsatzdienstes haben, gehören: - kein Tragen von Umluft unabhängigem Atemschutz möglich - kein Tragen von Maskenfilter / Infektionsschutzmaske P 3 möglich - kein Heben und Tragen von Lasten über 25 kg - korrigierte Schwerhörigkeit mit nicht implantiertem Hörgerät - starke Einschränkung / Verlust des Riechorgans - kein Fahren von Dienstkraftfahrzeugen - keine Arbeiten unter Absturzgefahr - nicht schichtdienstfähig Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 799 2 Die gesundheitliche Beurteilung der Angehörigen der Berliner Feuerwehr erfolgt unter Berücksichtigung der oben genannten Vorschriften durch Ärztinnen und Ärzte des arbeitsmedizinischen Dienstes. Liegen keine körperlichen bzw. gesundheitlichen Einschränkungen vor, ist im Regelfall von einer uneingeschränkten Einsetzbarkeit im Einsatzdienst auszugehen. 3. Welche Voraussetzungen müssen für die Atemschutztauglichkeit vorliegen? Zu 3.: Die Voraussetzungen für den Einsatz unter Atemschutz ergeben sich im Wesentlichen aus der Feuerwehrdienstvorschrift 7 (FwDV 7). Danach ist es erforderlich , dass Einsatzkräfte, die unter Atemschutz eingesetzt werden - das 18. Lebensjahr vollendet haben - körperlich geeignet sind (die körperliche Eignung ist nach den berufsgenossenschaftlichen Grundsätzen für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen, Grundsatz G 26 „Atemschutzgeräte“, in regelmäßigen Abständen festzustellen) - erneut nach dem Grundsatz G 26 untersucht werden, wenn vermutet wird, dass sie den Anforderungen für das Tragen von Atemschutzgeräten nicht mehr genügen ; dies gilt insbesondere nach schwerer Erkrankung oder wenn sie selbst vermuten, den Anforderungen nicht mehr gewachsen zu sein - die Ausbildung zum Atemschutzgeräteträger erfolgreich absolviert haben - regelmäßig an Fortbildungsveranstaltungen und an Wiederholungsübungen teilnehmen - zum Zeitpunkt der Übung oder des Einsatzes gesund sind und sich einsatzfähig fühlen. Einsatzkräfte, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen , sind nur eingeschränkt dienstfähig und werden entsprechend den Ausführungen zu Ziffer 2 eingesetzt. 4. Wie viele Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr können aufgrund der fehlenden Tauglichkeit am normalen Einsatzdienst nicht teilnehmen? Zu 4.: Für den Einsatz auf den Lösch- und Hilfeleistungsfahrzeugen der Berliner Feuerwehr müssen Staffelführerinnen und Staffelführer, Angriffs- und Wassertrupps uneingeschränkt dienstfähig sein. Der Maschinist kann entsprechend der Verwendungsmatrix eingeschränkt dienstfähig sein. Derzeit können 231 Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr aufgrund fehlender Voraussetzungen für eine uneingeschränkte Dienstfähigkeit nicht in vollem Umfang in allen Funktionen im Einsatzdienst verwendet werden. 5. Aus welchen Gründen konnten in den letzten fünf Jahren ausgebildete Gruppenführer sowie -führerinnen am Einsatz teilnehmen, obwohl eine Beeinträchtigung bei der jeweiligen Tauglichkeit vorlag? Zu 5.: Die Verwendung eingeschränkt dienstfähiger Dienstkräfte der Berufs- und Freiwilligen Feuerwehr orientiert sich an der o.g. Geschäftsanweisung einschließlich der Verwendungsmatrix. Diese gilt auch für Führungskräfte , z.B. Staffelführerinnen und Staffelführer. Der Berliner Feuerwehr sind keine Fälle bekannt, in denen Einsatzkräfte an Einsätzen teilgenommen haben, obwohl eine Beeinträchtigung bei der Dienstfähigkeit vorgelegen hat. Es wird davon ausgegangen, dass alle Dienstkräfte der Berliner Feuerwehr die geltenden Geschäftsanweisungen befolgen. 6. Welche Möglichkeit besteht, dass Feuerwehrgesetz im Sinne der Freiwilligen Feuerwehr zu verändern, damit alle Kräfte vor Ort eingesetzt werden können? Zu 6: Der im Gesetzgebungsverfahren befindliche Entwurf eines Gesetzes zur Änderung feuerwehr- und gebührenrechtlicher Vorschriften und zur Änderung des Katastrophenschutzgesetzes sieht die Schaffung von rückwärtigen Diensten bei den Freiwilligen Feuerwehren vor. Hierdurch soll eine Möglichkeit geschaffen werden, nicht oder nicht vollständig einsatzdienstfähigen Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehren beispielsweise in den Bereichen der Öffentlichkeitsarbeit, der Brandschutzerziehung , der Aus- und Fortbildung, des Fahrdienstes oder der Führungs- und Einsatzlenkungsunterstützung Aufgaben zu übertragen, sofern hierfür ein Bedarf besteht und die betroffene Einsatzkraft für die entsprechende Aufgabe geeignet ist. Berlin, den 04. September 2015 In Vertretung Andreas Statzkowski Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Sep. 2015)