Drucksache 17 / 16 815 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) vom 18. August 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. August 2015) und Antwort Organisierte Kriminalität in Berlin – Stärkung der Strafverfolgungs- und Finanzbehörden nötig? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Nach welchen Kriterien erfolgt die Zuweisung einer Strafverfolgung zu einer der drei Abteilungen mit der Spezialzuständigkeit „Organisierte Kriminalität“ innerhalb der Staatsanwaltschaft? Zu 1.: Nach dem Geschäftsverteilungsplan der Staatsanwaltschaft Berlin ist die Abteilung 251 schwerpunktmäßig für Waffenhandel, Schutzgelderpressung, Wohnungseinbruch und Einzelfälle mit den Schwerpunkten Rocker, Türsteher und Rotlichtszene sowie für Geldfälschung , die Abteilung 254 für organisierten Rauschgifthandel und Gewinnabschöpfung in Fällen Organisierter Kriminalität (OK) und die Abteilung 255 für Serieneinbruchdiebstahl , Kraftfahrzeugverschiebung, Menschenhandel und Einschleusung von Ausländern zuständig. 2. Gibt es eine Koordination zwischen den Abteilungen zu einzelnen Verfahren? Zu 2.: Ja, in geeigneten Einzelfällen werden die OKVerfahren bei der Staatsanwaltschaft Berlin abteilungsübergreifend geführt. 3. Inwieweit findet eine enge Zusammenarbeit und Kooperation zwischen der Staatsanwaltschaft und der Polizei im Bereich der Organisierten Kriminalität statt? Zu 3.: Die Zusammenarbeit zwischen der Staatsanwaltschaft Berlin und der Polizei Berlin im Phänomenbereich der Organisierten Kriminalität ist in der "Gemeinsamen Richtlinie der Senatsverwaltungen für Inneres und Justiz über die Zusammenarbeit von Staatsanwaltschaft und Polizei bei der Verfolgung der Organisierten Kriminalität (RiLi OK)" vom 22. Februar 2011 verbindlich geregelt. Die mit der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität befassten Abteilungen der Staatsanwaltschaft Berlin und der Polizei Berlin arbeiten in den konkreten Strafermittlungsverfahren eng, vertrauensvoll und zielgerichtet zusammen. Darüber hinaus finden unter anderem regelmäßige, anlassunabhängige Treffen und Besprechungen zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei statt. 4. Finden regelmäßige Besprechungen statt, gibt es Schwerpunktsetzungen sowie Täterprofile, um die familiären Clanstrukturen besser zu erfassen? Zu 4.: Für den Bereich der Organisierten Kriminalität werden regelmäßig zu relevanten Personen und Gruppierungen Besprechungen zwischen den mit der Strafverfolgung befassten Polizeidienststellen und der Staatsanwaltschaft Berlin durchgeführt. Insoweit finden neben einzelfallbezogenen Gesprächen und regelmäßigen OKJahrestagungen turnusmäßige wöchentliche Gespräche abwechselnd zur Kriminalität von Rockern und Angehörigen von Großfamilien statt. So werden die Ermittlungsressourcen zielgerichtet auf intensiv handelnde Tatverdächtige und schwerste Straftaten - unabhängig von der jeweiligen Familienzugehörigkeit - gebündelt. 5. In wie vielen Fällen und in welcher Höhe wurden in den letzten drei Jahren illegal erworbenes Vermögen aus den Bereichen der Organisierten Kriminalität eingezogen oder dem Verfall unterzogen? Zu 5.: Es liegen keine statistischen Daten zur Anzahl der Fälle und der Höhe des gerichtlich eingezogenen oder dem Verfall unterlegenen illegal erworbenen Vermögen für den Bereich der Organisierten Kriminalität vor. Für den Bereich der vorläufig im Zusammenhang mit Organisierter Kriminalität gesicherten Vermögenswerte im Bereich der Staatsanwaltschaft Berlin ergeben sich für die letzten drei Jahre folgende Werte: 2012 wurden vorläufig gesichert: 1,0 Mio. €, 2013 wurden vorläufig gesichert: 1,7 Mio. €, 2014 wurden vorläufig gesichert: 1,1 Mio. €. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 815 2 6. Wie viele Staatsanwälte sind mit dem Einzug von illegalem Vermögen befasst? Zu 6.: Grundsätzlich kann jede Staatsanwältin und jeder Staatsanwalt, sofern das von ihr oder ihm geführte Ermittlungsverfahren dafür Anhaltspunkte bietet, die Vermögensabschöpfung betreiben. Darüber hinaus ist für Ermittlungen zur Aufklärung der finanziellen Verhältnisse der Verfahrensbeteiligten mit dem Ziel der Gewinnabschöpfung für den Geschäftsbereich der organisierten Wirtschaftskriminalität eine Sonderzuständigkeit bei der Abteilung 241 und für die übrigen OK-Abteilungen in der Abteilung 254 begründet. 7. Beabsichtigt der Senat, im Rahmen einer Bundesratsinitiative die Möglichkeit der Abschöpfung inkriminierter Gewinne zu verbessern? Zu 7.: Zum 1. Januar 2015 ist beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) eine Projektgruppe „Recht der Vermögensabschöpfung“ mit dem Ziel eingerichtet worden, die Koalitionsvorgaben (Recht der Vermögensabschöpfung vereinfachen, vorläufige Sicherstellung von Vermögenswerten erleichtern, nachträgliche Vermögensabschöpfung ermöglichen, verfassungskonforme Beweislastumkehr bei Vermögen unklarer Herkunft) sowie die Vorgaben der Richtlinie 2014/42/EU über die Sicherstellung und die Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten umzusetzen . Berlin arbeitet mit dem BMJV eng zusammen. Die Projektgruppe hat mit Mitarbeitenden der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz und den OK-Abteilungen der Strafverfolgungsbehörden bereits intensive Gespräche zu Verbesserungsvorschlägen der Praxis geführt. Hierbei wurden konkrete Fallkonstellationen und die hierfür erforderlichen legislativen Maßnahmen besprochen. Eigene Bundesratsinitiativen zur Verbesserung des Rechts der Vermögensabschöpfung werden daher zur Zeit nicht weiter verfolgt; vielmehr werden die vom Bundesjustizministerium in diesem Bereich beabsichtigten Novellierungen unterstützt. 8. Gibt es Erfahrungen anderer Bundesländer bei der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, von denen Berlin profitieren kann? Zu 8.: Im Bereich der Organisierten Kriminalität findet im Rahmen der bundesweiten Gremienarbeit auf unterschiedlichen Ebenen ein ständiger Erfahrungsaustausch zwischen den Bundesländern und dem Bundeskriminalamt (BKA) statt. Im Ergebnis werden regelmäßig die Bekämpfungsansätze anderer Bundesländer unter Effektivitäts - und Effizienzgesichtspunkten überprüft und ggf. übernommen. Die Polizei Berlin profitiert davon im gleichen Maße wie andere Bundesländer. Im Zuge der o.a. Bund-Länder-Zusammenarbeit wurde beim BKA im Frühjahr 2015 eine "Koordinierungsstelle Organisierte Kriminalität - KOST-OK" gegründet. Als Zentralstelle erhebt diese KOST-OK relevante Informationen aus den Polizeien des Bundes und der Länder und stellt sie allen in geeigneter Form zur Verfügung. Berlin, den 03. September 2015 In Vertretung Straßmeir Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Sep. 2015)