Drucksache 17 / 16 847 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Christopher Lauer (PIRATEN) vom 20. August 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. August 2015) und Antwort Einsatz von Funkzellenabfragen im Land Berlin – Bessere parlamentarische Kontrolle durch fadenscheinige Ausreden der Verwaltung verhindert? (II) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wurden alle statistischen Daten und weiteren Informationen , die die Polizei Berlin bzw. die Senatsverwaltung für Inneres und Sport zur Erstellung des Berichts aus der Drs. 17/2404 („Einführung einer Erhebungsmatrix für Funkzellenabfragen – Bessere statistische Erfassung von Daten für echte parlamentarische Kontrolle – Drucksachen Nrn. 17/1700 und 17/1975 –) an die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz übersandt haben, auch in diesem abgebildet und wenn nein, warum nicht? Zu 1.: Ja. Im Einzelnen: Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport hat der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz zur Vorbereitung der Mitteilung zur Kenntnisnahme zu Ziffer 1 des Beschlusses des Abgeordnetenhauses vom 27. November 2014 (Drucksachen 17/1700 und 17/1795), welcher lautet: „Der Senat von Berlin wird aufgefordert, dem Abgeordnetenhaus über die Nutzung der nicht individualisierten Funkzellenabfragen zu berichten, soweit dadurch laufende Ermittlungen nicht gefährdet oder behindert werden, und dabei insbesondere darzustellen: – die jeweilige Anzahl der beantragten und bewilligten Funkzellenabfragen, – die jeweils abgefragten Funkzellen und deren räumliche Abdeckung (z. B. über eine Legende), – den jeweils abgefragten Zeitraum, – die jeweils zugrundeliegenden Straftatbestände bei der Beantragung, – die Rechtsgrundlagen, – die jeweilige Anzahl der durch die Funkzellenabfragen betroffenen Telekommunikationsanschlüsse , – die Anzahl der Anschlussermittlungen (Abfrage der zugehörigen Anschlussdaten), – die Anzahl der Verfahren, in denen die Funkzellendaten verwendet bzw. eingebracht wurden. Weiter ist die Gesamtzahl der übermittelten Verkehrsdatensätze darzustellen und auf welche Art der Dienste, z. B. SMS, Telefon, Internet, diese entfallen. Der erste Bericht unter Einbeziehung des erstens Quartals 2015 ist dem Abgeordnetenhaus bis zum 30. Juni 2015 vorzulegen. Die weiteren Berichte sind jährlich für die Berichtszeiträume 1. Januar bis 31. Dezember eines Jahres bis zum 31. März des Folgejahres dem Abgeordnetenhaus vorzulegen. Geheimhaltungsbedürftige Teile des Berichts sind im Datenraum des Abgeordnetenhauses zur Verfügung zu stellen.“ den folgenden Beitrag übersandt: „Die Erhebung von Verkehrsdaten aus der Telekommunikation entsprechend des zitierten Beschlusses erfolgt durch die Polizei Berlin im Auftrag der Staatsanwaltschaft Berlin. Hierzu wird ein neues elektronisches Verfahren mit der Bezeichnung InfReq100 der Firma Dialogika eingesetzt. Zur Umsetzung der besonderen Anforderungen aus dem Beschluss sind kostenpflichtige Anpassungen an der Benutzereingabeoberfläche und in der Datenbank des Systems notwendig. Ferner sind Anforderungen an die neu zu erstellende Statistik zu formulieren. Vertreter der Polizei Berlin, der Generalstaatsanwaltschaft Berlin und der Staatsanwaltschaft Berlin haben in mehreren Sitzungen die Anforderungen an die neu zu erstellende Erhebungsmatrix formuliert und dem Systemhersteller (Firma Dialogika) zur Fertigung einer technischen Beschreibung und eines daraus resultierendes Angebots übermittelt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 847 2 Das Angebot der Firma Dialogika vom 14. April 2015 wurde durch die Polizei Berlin und Staatsanwaltschaft Berlin mit einem positiven Ergebnis geprüft. Die Beschaffung wurde durch die Polizei am 28. April 2015 eingeleitet. Eine Auslieferung der neu erstellten Module für das System InfReq100 wird voraussichtlich noch im Juni 2015 erfolgen. Die Statistikdaten zur Berichterstattung gegenüber dem Abgeordnetenhaus von Berlin können nach bisheriger Planung und technischer Umsetzung ab dem 1. Juli 2015 erhoben und der Staatsanwaltschaft zur Verfügung gestellt werden. Es handelt sich um eine komplett neue Anwendung, so dass eine automatisierte retrograde Auswertung, mit dem im Beschluss geforderten Umfang, des ersten Halbjahres 2015 nicht möglich ist.“ In der von der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz federführend bearbeiteten, von der Senatsverwaltung für Inneres und Sport mitgezeichneten und vom Senat von Berlin verabschiedeten Mitteilung zur Kenntnisnahme vom 28. Juli 2015 (Drucksache 17/2404) heißt es zu Ziffer 1 des Beschlusses des Abgeordnetenhauses : „Mit der bisher eingesetzten Software lassen sich die von dem Beschluss des Abgeordnetenhauses umfassten Daten überwiegend nicht erheben. Daher ist ein externer Softwaredienstleister, die Firma Dialogika, von der Berliner Polizei nach Abstimmung mit der Generalstaatsanwaltschaft beauftragt worden, die Voraussetzungen für die Datenerhebung zu schaffen. Insbesondere sind kostenpflichtige Anpassungen an der Benutzeroberfläche und in der Datenbank des Systems notwendig. Es wird ein neues elektronisches Verfahren der Firma Dialogika mit der Bezeichnung InfReq100 eingesetzt. Da es sich um eine komplett neue Anwendung handelt, wird eine automatisierte retrograde Auswertung hinsichtlich der von dem Beschluss des Abgeordnetenhauses umfassten Daten bis zu der Aufnahme des Echtbetriebes nicht möglich sein. Wegen der erforderlichen Programmierarbeiten und der Testphase wird das System voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2015 den Echtbetrieb aufnehmen. Die Kosten für die neue Software belaufen sich auf 15.500 Euro (netto bzw. oMwSt) und werden aus dem Haushalt der Generalstaatsanwaltschaft Berlin beglichen. Aus dem staatsanwaltlichen System Mesta lassen sich gegenwärtig lediglich die Anzahl der Verfahren, in denen Funkzellenabfragen durchgeführt wurden, und die jeweiligen Tatvorwürfe entnehmen. Danach sind im Jahr 2014 Funkzellenabfragen in 500 Verfahren durchgeführt worden: führendes Delikt Anzahl Verfahren AufenthG § 96 Abs. 1 Nr. 1 1 AufenthG § 96 Abs. 2 Nr. 2 1 AufenthG § 96 Abs. 4 1 AufenthG § 97 Abs. 1 1 BtMG § 29a 29 BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 1 1 BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 4 4 BtMG § 30a Abs. 2 Nr. 2 1 KrWaffKontrG § 22a Abs. 1 1 StGB § 120 1 StGB § 125a 1 StGB § 126 1 StGB § 145 1 StGB § 146 1 StGB § 176a 1 StGB § 177 5 StGB § 211 19 StGB § 212 23 StGB § 219a 1 StGB § 223 2 StGB § 224 2 StGB § 227 1 StGB § 232 1 StGB § 239a 1 StGB § 240 1 StGB § 242 4 StGB § 243 45 StGB § 244 39 StGB § 244a 26 StGB § 249 56 StGB § 250 69 StGB § 252 5 StGB § 255 21 StGB § 260 Abs. 1 Nr. 1 3 StGB § 261 1 StGB § 263 80 StGB § 267 1 StGB § 303 1 StGB § 306 24 StGB § 306a 7 StGB § 308 7 StGB § 316a 6 StGB § 353b 1 StVG § 21 1 WaffG § 51 1 Summe 500 AufenthG = Aufenthaltsgesetz BtMG = Betäubungsmittelgesetz KrWaffKontrG = Kriegswaffenkontrollgesetz StGB = Strafgesetzbuch StVG = Straßenverkehrsgesetz WaffG = Waffengesetz Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 847 3 Im ersten Quartal 2015 sind Funkzellenabfragen in 167 Verfahren durchgeführt worden: führendes Delikt Anzahl Verfahren BtMG § 29 3 BtMG § 29a 2 BtMG § 30 3 StGB § 146 1 StGB § 177 3 StGB § 211 2 StGB § 212 10 StGB § 232 1 StGB § 241 1 StGB § 242 3 StGB § 243 23 StGB § 244 6 StGB § 244a 13 StGB § 249 19 StGB § 250 29 StGB § 252 1 StGB § 255 6 StGB § 263 27 StGB § 263a 1 StGB § 303 1 StGB § 306 9 StGB § 306a 1 StGB § 308 2 Summe 167 Dabei ist kein Antrag der Berliner Strafverfolgungsbehörden auf Durchführung einer Funkzellenabfrage durch das zuständige Gericht abgelehnt worden. Die Rechtsgrundlage für Funkzellenabfragen war in allen Fällen 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 2 Strafprozessordnung.“ Berlin, den 26. August 2015 In Vertretung Straßmeir Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Sep. 2015)