Drucksache 17 / 16 855 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Burgunde Grosse und Tom Schreiber (SPD) vom 18. August 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. August 2015) und Antwort Ausbildung und fehlender Versicherungsschutz bei der Freiwilligen Feuerwehr Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Seit wann bilden die Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr (FF) ihre eigenen Mitglieder vor Ort aus und wo ist dies gesetzlich geregelt? Zu 1.: Die Aus- und Fortbildungsstrukturen bei den Freiwilligen Feuerwehren wurden im Nachgang zu einem externen Audit, das im Jahr 2012 durch die Firma Rinke durchgeführt wurde, neu strukturiert. In Anlehnung an die Ausbildungsstrukturen in anderen Bundesländern wurde die Aus- und Fortbildung der Freiwilligen Feuerwehr daher im Jahr 2013 in eine auf Direktionsebene durchgeführte dezentrale Ausbildung und in eine von der Berliner Feuerwehr- und Rettungsdienst-Akademie (BFRA) durchgeführte zentrale Ausbildung aufgegliedert. Eine gesetzliche Regelung über die Zuständigkeit der Aus- und Fortbildung bei der Berliner Feuerwehr ist nicht vorhanden . Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Freiwilligen Feuerwehren seit jeher regelmäßige Übungsdienste abhalten (sechs Stunden pro Monat), die der Aus- und Fortbildung dienen und die in Eigenregie durch die jeweilige Freiwillige Feuerwehr organisiert und durchgeführt werden. 2. Wie viele Ausbilderinnen sowie Ausbilder sind derzeit an der Berufsfeuerwehrschule (BFRA) tätig? Zu 2.: Zurzeit verfügt die BFRA im Fachbereich Führung und Einsatz und im Fachbereich Rettung und Notfallmedizin über 70 hauptamtliche Lehrkräfte. 3. Wie viele entsprechende Stellen sind derzeit nicht besetzt? Zu 3.: Insgesamt stehen 75 Stellen zur Verfügung, von denen 5 derzeit nicht besetzt sind. 4. Stimmt der Sachverhalt, dass seit über zwei Jahren keine Ausbildungen für die Angehörigen der FF angeboten wurden? Wenn ja, warum? Zu 4.: Nein. Im Jahr 2013 wurden insgesamt 215 und im Jahr 2014 insgesamt 261 Aus- und Fortbildungsveranstaltungen für die Freiwilligen Feuerwehren durchgeführt. 5. Ist es richtig, dass seit über 15 Jahren die Ausbildung der FF durch die drei Direktionen abgedeckt werden müssen? Zu 5.: Nein, dies trifft nicht zu. Zutreffend ist, dass die drei Direktionen die BFRA bis zum Jahr 2013 in der Ausbildung der Freiwilligen Feuerwehren unterstützt haben und einzelne Lehrgänge in Ergänzung zu dem Lehrgangsangebot der BFRA organisiert und durchgeführt haben. Seit dem Jahr 2013 erfolgt ein Teil der Ausbildung (Grundausbildung und Funktionsausbildung ) als sog. Standortausbildung durch die Direktionen (vgl. Frage 1). 6. Wie hoch ist bzw. war der Stundensatz für Honorarkräfte der FF? Zu 6: Die Höhe der Honorare wird jährlich neu von der BFRA nach den Vorgaben der Senatsverwaltung für Finanzen festgelegt. Die Wahl der Honorarstufe richtet sich im Einzelfall nach der für den jeweiligen Unterricht /der jeweiligen Prüfung erforderlichen Qualifikation der Dozentin bzw. des Dozenten. Einen Überblick über die Höhe der Honorare gibt die nachfolgende Tabelle, in der jeweils der Honorarsatz für eine Unterrichtseinheit (UE) à 45 Minuten ausgewiesen ist: Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 855 2 Stufe Tätigkeit Erforderliche Qualifikation der Honorarkräfte ab 01.04.15 ab 01.01.16 bisher D 0 Dozentin / Dozent Wissenschaftliche Hochschulausbildung (Master) von hervorgehobener Bedeutung, besonders qualifiziert. max. 40 UE/Sem., max. 2% aller Hon.- Kräfte 60,00 – 75,00 € 61,00 - 77,50 € Nicht geregelt D 1 Dozentin / Dozent Wissenschaftliche Hochschulausbildung (Master) bzw. Laufbahnbefähigung hD oder vglb. Entgeltgruppe 36,00 € 37,00 € 20,14 - 34,98 € D 2 Dozentin / Dozent Hochschulausbildung (Bachelor) bzw. Laufbahnbefähigung gD oder vglb. Entgeltgruppe 20,50 € 21,00 € 25,00 - 30,00 € A 1 Ausbilderin / Ausbilder Fachschulausbildung bzw. Laufbahnbefähigung mD/FF oder vglb. Entgeltgruppe 16,00 € 17,00 € 16,43 € A 2 Trainerin / Trainer ATS/RDA/ CAFS/ANT u.ä.* Laufbahnbefähigung mD/FF oder vglb. Entgeltgruppe, Defi* 13,00 € 14,00 € Nicht geregelt P 1 Prüferin / Prüfer Wissenschaftliche Hochschulausbildung (Master) bzw. Laufbahnbefähigung hD oder vglb. Entgeltgruppe 15,50 € 16,00 € Nicht geregelt P 2 Prüferin / Prüfer Hochschulausbildung (Bachelor) bzw. Laufbahnprüfung gD oder vglb. Entgeltgruppe 10,50 € 10,50 € Nicht geregelt P 3 Prüferin / Prüfer Fachschulausbildung bzw. Laufbahnbefähigung mD/FF oder vglb. Entgeltgruppe 9,00 € 9,00 € 13,50 € (Prüfer u. Trainer MOBAS, ATS, ANT)* * Atemschutz (ATS), Rauchgasdurchzündungsanlage (RDA), Ausbildung im Umgang mit Druckluftschaum (CAFS), Atemschutz notfalltraining (ANT), Mobile Atemschutzstrecke (MOBAS), Berechtigung zur Fortbildung in der Frühdefibrillation (Defi) 7. Auf welcher gesetzlichen Grundlage basieren bzw. basierten diese Aus- und Fortbildungsmaßnahmen? Zu 7: Die Aus- und Fortbildung der Freiwilligen Feuerwehren erfolgt auf der Grundlage der Feuerwehrdienstvorschriften (FwDV), insbesondere der Feuerwehrdienstvorschrift 2 „Ausbildung der Freiwilligen Feuerwehr“. 8. Welche konkrete Auswirkung hat die „Nichtausbildung “ bei der FF für die einzelnen Wehren vor Ort? Zu 8: Eine „Nichtausbildung“ ist dem Senat nicht bekannt . Eine solche könnte zu einer Einschränkung bei der Einsetzbarkeit der Angehörigen einer Freiwilligen Feuerwehr im Einsatzdienst führen. 9. Welche konkreten Auswirkungen hat dies auf die Feuerschutz- und Atemschutztauglichkeitsträger? Zu 9: Für die im Einsatzdienst befindlichen Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehren gibt es derzeit keine Einschränkungen, da die Durchführung des Atemschutznotfalltrainings (ANT) und der gemäß Feuerwehrdienstvorschrift 7 (FwDV 7 – Atemschutz) jährlich erforderlichen Belastungsübung (MOBAS) sichergestellt ist. 10. Drohen durch die fehlende Ausbildung Schließungen von Wehren? Zu 10: Nein, es drohen zur Zeit keine Schließungen. 11. Gab es in den letzten 15 Jahren für die FFAusbilderinnen sowie -Ausbilder einen sogenannten Unfallschutz ? Wenn nein, warum nicht? Zu 11: Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr sind während ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit bei der Unfallkasse Berlin gesetzlich versichert. Erleiden sie einen Dienstunfall oder ziehen sie sich eine Berufskrankheit zu, werden ihnen Leistungen nach Maßgabe der sozialrechtlichen Bestimmungen, insbesondere Mehrleistungen, gewährt. Zusätzlichen Versicherungsschutz genießen die Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren über die Feuersozietät Berlin-Brandenburg, bei der gemäß § 9 Abs. 2 des Gesetzes über die Feuerwehren im Land Berlin (FwG) eine gesonderte Gruppenversicherung abgeschlossen wurde. Nicht in diesen Versicherungsschutz eingeschlossen sind Tätigkeiten, die nicht im Rahmen des Ehrenamtes erbracht werden. Das sind zum Beispiel Ausbildungstätigkeiten , für die ein gesondertes Honorar gezahlt wird. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 855 3 Bei dieser Tätigkeit geht man von einer freiberuflichen Tätigkeit aus. Freiberuflich Tätige müssen sich selbst über eine private Unfallversicherung und ggf. über eine zusätzliche Haftpflichtversicherung versichern. Ausbilderinnen und Ausbilder, die für ihre Tätigkeit ein Honorar erhalten, waren und sind daher für ihren Versicherungsschutz selbst verantwortlich. Der Senat prüft derzeit, ob in dieser Sache Änderungen möglich sind (siehe auch Antwort zu Frage 16). 12. Wer trägt für die „Nichtversicherung“ die Verantwortung ? Zu 12: Wie bereits unter Frage 11 dargelegt, ist eine freiberuflich tätige Honorarkraft für den Versicherungsschutz selbst verantwortlich. Dies entspricht den allgemeinen Grundsätzen des Versicherungsschutzes im Ehrenamt sowie der versicherungsrechtlichen Betrachtung freiberuflicher Tätigkeiten. 13. Ist es richtig, dass man in einer neuen Geschäftsanweisung geregelt hat, dass die Ausbilder sich selbsttätig versichern müssen? Zu 13: Nein. Mit der neuen Geschäftsanweisung „Einsatz von Honorarkräften in der Aus- und Fortbildung“ hat die Berliner Feuerwehr keine neuen Rechtsverhältnisse geschaffen. Im Rahmen der Geschäftsanweisung wird darauf hingewiesen, dass Honorarkräfte den Status einer freien Mitarbeiterin / eines freien Mitarbeiters haben. 14. Welche Kosten entstehen für die FF-Ausbilder konkret? Zu 14: Für die Ausbildung der Freiwilligen Feuerwehren werden pro Jahr Honorarmittel in Höhe von ca. 250.000 € gezahlt. 15. Kann als kurzfristige Lösung die PauschVO erhöht werden, sodass die Aufwandsentschädigung den Versicherungsbeitrag ausgleicht? Zu 15: Gemäß § 8 Absatz 3 des Gesetzes über die Feuerwehren im Land Berlin (Feuerwehrgesetz – FwG) haben die Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren Anspruch auf Ersatz der ihnen durch den Dienst entstehenden notwendigen Auslagen und des Verdienstausfalls. In diesem Zusammenhang ist die Senatsverwaltung für Inneres und Sport ermächtigt, durch Rechtsverordnung Pauschal- und Höchstbeträge festzusetzen. Die Verordnung über die Festsetzung von Pauschalbeträgen als Auslagenersatz für die Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren Berlins (PauschVO) wurde 2014 erstmalig nach 14 Jahren wieder erhöht, um das wichtige ehrenamtliche Engagement der Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren angemessen zu würdigen und zu fördern. Wie bereits in der Antwort zu Frage 11 ausgeführt, fällt eine Ausbildungstätigkeit, für die ein Honorar gezahlt wird, nicht unter die ehrenamtliche Dienstausübung, so dass für diese Tätigkeiten auch kein Auslagenersatz bzw. Verdienstausfall gezahlt werden kann. Für die Erhöhung bzw. Anpassung der PauschVO fehlt es daher an einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. 16. Was müsste diesbezüglich mittel- und langfristig im Feuerwehrgesetz geändert werden? Zu 16: Mittel- bis langfristig ist die Ausbildungstätigkeit als Bestandteil der ehrenamtlichen Tätigkeit in das Feuerwehrgesetz aufzunehmen. Erst dann wäre es möglich die PauschVO dahingehend zu ändern, dass für die Tätigkeit als Ausbilderin oder Ausbilder ein Auslagenersatztatbestand definiert wird. Ferner würde die Ausbildungstätigkeit dann als Bestandteil der ehrenamtlichen Tätigkeit zu qualifizieren sein, so dass Versicherungsschutz über die Unfallkasse Berlin und die Feuersozietät Berlin/Brandenburg bestünde. Berlin, den 09. September 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Sep. 2015)