Drucksache 17 / 16 894 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Marion Platta (LINKE) vom 31. August 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. September 2015) und Antwort Lichterfelde Süd: Wie weit sind die Planungen vorangeschritten? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Mit welchem Zeitplan rechnet der Senat bis zur Rechtskräftigkeit des Bebauungsplans 6-30 (Lichterfelde -Süd)? Antwort zu 1: Bebauungspläne in Berlin dauern bis zur Rechtskräftigkeit in der Regel zwei bis vier Jahre, es gibt kürzere Verfahren, aber auch Verfahren, die länger dauern. Eine genauere Prognose kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht abgegeben werden. Frage 2: Warum ist keine erneute frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit erfolgt, wo diese doch mittlerweile 17 Jahre zurückliegt und ein ganz anderes Vorhaben betraf, wodurch das frühzeitige Mitwirkungsrecht der Bürgerinnen und Bürger heute ausgehebelt wird? Antwort zu 2: Es wird eine frühzeitige Bürgerbeteiligung erfolgen. Der Bebauungsplan ist eingeleitet, weitere Schritte sind noch nicht unternommen worden. Frage 3: Inwieweit ist die unterlassene erneute frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit mit geltendem Recht vereinbar vor dem Hintergrund, dass sich nach fast 17 Jahren nicht nur die Naturschutzgesetzgebung, sondern auch das Recht zur frühen Öffentlichkeitsbeteiligung mit dem Gesetz zur Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Vereinheitlichung von Planfeststellungsverfahren von 2013 weiterentwickelt hat? Antwort zu 3: Siehe Antwort zu 2. Es gibt keine „unterlassene erneute frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit“. Frage 4: Welche Grundlagen sind für den Bebauungsplan gültig: das Ergebnis des Workshops von Casanova +Hernandez, welches in der offiziellen Vorlage zur Änderung des Flächennutzungsplans abgedruckt ist, oder eine geänderte Fassung, die der Investor in der Bezirksverordnetenversammlung vorgestellt hat? Antwort zu 4: Grundlage der Einleitung des Bebauungsplans ist keine geänderte Fassung, sondern die Fassung mit den Überarbeitungen, die gemeinsam im Workshopverfahren festgelegt wurden. Frage 5: Wie werden die getrennt veranstalteten Workshops zur Stadtplanung und zum Naturschutz zusammengeführt ? Antwort zu 5: Die Planungen werden durch Abstimmungen zu beiden Teilbereichen im Rahmen eines gemeinsam zu gestaltenden Planungsprozesses zusammengeführt . Frage 6: Wie steht der Senat zum Vorwurf, es sei eine Fehl-einschätzung, dass die FFH-Richtlinie nicht angewendet werden müsse, spätestens nach dem EuGH-Urteil C-98/03 zum Artenschutz? Antwort zu 6: Die Vorgaben der Fauna-Flora-HabitatRichtlinie (FFH-Richtlinie) werden beachtet. Die Richtlinie ist mit dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) in nationales Recht umgesetzt worden. Die mit dem Urteil des EuGH 1 (C 98/03) vom 10. Januar 2006 gerügte mangelhafte Umsetzung der FFH Richtlinie wurde durch die sog. „Kleine Novelle“ des Bundesnaturschutzgesetzes vom 12.12.2007 bereinigt. 1 Europäischer Gerichtshof Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 894 2 Entsprechend der Vorgabe der FFH-Richtlinie hat das Land Berlin FFH-Gebiete gemeldet. Lichterfelde Süd kam und kommt als Gebietskulisse für ein FFH-Gebiet nicht in Betracht. Bei den vorkommenden seltenen Arten handelt es sich um solche nach Anhang 4 der FFHRichtlinie Arten. Diese Arten unterliegen damit einem besonderen Schutzstatus, der auch im derzeitigen Bebauungsplanverfahren berücksichtigt wird. Frage 7: Warum sind die nach dem Gutachten von Fugmann/Janotta erstellte zweite Studie mit einer faunistischen Kartierung sowie die ebenfalls angefertigte floristische Kartierung des Geländes nicht veröffentlicht worden , obwohl sie der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt vorliegen? Antwort zu 7: Die Frage zielt auf das faunistische Gutachten des Büros Meermeier. Dieses wurde im Februar 2015 fertiggestellt. Es soll im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens zum Zeitpunkt der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit dieser zugänglich gemacht werden . Eine sofortige Veröffentlichung auf der Internetseite des Bezirks obliegt diesem. Frage 8: Liegt bereits ein Gutachten zu Kaltluftentstehungsgebieten , zu Kaltluftachsen auch in das Gebiet der Thermometersiedlung und zu Auswirkungen durch eine Riegelbebauung vor und wenn nein, warum kann darauf verzichtet werden? Wenn ja, welche grundsätzlichen Ergebnisse enthält es und wo ist es einsehbar? Antwort zu 8: Im Rahmen des zu fertigenden Umweltberichtes zum Bebauungsplan werden solche Fragen erörtert und ggf. durch Gutachten unterlegt. Frage 9: Teilt der Senat die Auffassung, dass angesichts der erwarteten Klimaerwärmung die vorhersehbaren stadtklimatischen Folgewirkungen größerer Bauvorhaben – wie in Lichterfelde-Süd geplant – mit besonderer Sorgfalt begutachtet werden müssen und wenn ja, warum wird diese Sorgfalt allein Gutachtern überlassen, die von Investoren beauftragt werden, die Wohneigentum verkaufen und keine längere Bindung an ihr geplantes Projekt beabsichtigen? Antwort zu 9: Das Bezirksamt kennt keine Gutachten des Investors zur erwarteten Klimaerwärmung in Folge des Bauvorhabens. Frage 10: Werden Senat oder Bezirk investorenunabhängige Gutachten in Auftrag geben und wenn nein, warum wird angesichts der besonderen Sorgfaltspflicht bei der Einschätzung stadtklimatischer Folgen darauf verzichtet ? Antwort zu 10: Das Stadtentwicklungsamt SteglitzZehlendorf ist bei klassischen Bebauungsplanverfahren grundsätzlich Auftraggeber von Gutachten. Frage 11: Wann wird das vom Bezirksamt SteglitzZehlendorf in Auftrag gegebene Verkehrsgutachten (vgl. Drs. 17/15487) zum derzeit in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan 6-30 (Lichterfelde-Süd) voraussichtlich vorliegen bzw. welche Aussagen beinhaltet es, sofern es bereits vorliegt? Antwort zu 11: Für das Verkehrsgutachten wurden Angebote eingeholt, die zurzeit geprüft werden. Frage 12: Wie sind die Kosten der Erschließung geregelt ? Antwort zu 12: Noch gar nicht, es gibt noch kein Recht für irgendeine Erschließung. Darüber werden später Verträge geschlossen. Grundsätzlich wird der Investor die Kosten der Erschließung tragen müssen. Frage 13: Welche Pläne gibt es für den Ausbau der Osdorfer Straße; welcher Straßenquerschnitt ist geplant, mit welcher Belastung wird gerechnet, ist der Erhalt aller Kleingärten gesichert; wie wird verhindert, dass die Straße nach Eröffnung des BER zusätzlichen Verkehr anzieht und zu einer Belastung der neuen und bestehenden Wohnquartiere führt? Antwort zu 13: Das Verkehrsgutachten liegt noch nicht vor. Frage 14: Inwieweit wäre auch ein Ausbau der Osdorfer Straße auf dem Gelände des Investors möglich, um alle Kleingärten zu erhalten? Antwort zu 14: Das Verkehrsgutachten liegt noch nicht vor. Eine „Vernichtung“ von Kleingärten war zu keiner Zeit geplant. Frage 15: Welche Anbindung der inneren Erschließungsstraßen an die bereits existierenden Straßen sieht der Investor vor und inwieweit deckt sich diese Planung mit dem in Auftrag gegebenen Verkehrsgutachten? Antwort zu 15: Das Verkehrsgutachten liegt noch nicht vor. Frage 16: Welche Weiterentwicklung gibt es bei der Kooperation des Investors mit der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land? Antwort zu 16: Zwischen dem Vorhabenträger und der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land besteht grundsätzlich Einvernehmen dahingehend, dass die Stadt und Land den Anteil von 25% gefördertem Geschosswohnungsbau gemäß Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung im Ergebnis in ihren Bestand übernimmt. Die Verhandlungen hierzu laufen. Nähere Erkenntnisse liegen nicht vor. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 894 3 Frage 17: Warum soll in Lichterfelde Süd nur ein Anteil von 20 Prozent geförderten, mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnungen entstehen (vgl. Drs. 17/15487) und nicht, wie im aktualisierten Modell der kooperativen Baulandentwicklung vorgesehen, eine feste Quote von mindestens 25 Prozent, bezogen auf die Gesamtzahl der zu errichtenden Wohnungen? Antwort zu 17: Die geförderten Wohnungen dürfen die Wohnflächenobergrenzen der Wohnungsbauförderungsbestimmungen 2014 nicht überschreiten. Die Quote von 25 Prozent bezieht sich aus diesem Grund auf den Anteil der zu errichtenden Geschosswohnungen. Frage 18: Inwieweit gibt es hierzu Nachverhandlungen mit dem Investor, damit dieser die Vorgaben aus dem aktualisierten Modell einhält? Antwort zu 18: Nachverhandlungen sind nicht erforderlich . Der Vorhabenträger erkennt in seiner im Juni 2015 abgegebenen Grundzustimmung die Eckpunkte des Berliner Modells der kooperativen Baulandentwicklung an. Diese werden den weiteren Verhandlungen zum Abschluss des städtebaulichen Vertrages zugrunde gelegt. Für das Vorhaben wurde ein Antrag auf Aufnahme in das Wohnraumförderprogramm gestellt und bereits mit einer Programmvormerkung für den Anteil von 25 Prozent des Geschosswohnungsbaus bestätigt. Frage 19: Wie werden für das Neubaugebiet und für die umliegenden Stadtteile, insbesondere die Thermometersiedlung , 6 Quadratmeter pro Einwohner wohnungsnahes Grün und 7 Quadratmeter pro Einwohner siedlungsnahes Grün nachgewiesen, wenn der Naturschutzbereich in Lichterfelde Süd nicht zugänglich sein wird und bereits heute in der Thermometersiedlung ein Defizit an Grünversorgung besteht? Antwort zu 19: In der Thermometersiedlung besteht kein Defizit an Grünversorgung. Jede Neubebauung mittels eines Bebauungsplans wird mit entsprechenden Grünflächen gekoppelt, so dass der notwendige Versorgungsgrad von vorneherein gesichert ist. Frage 20: Warum sollen statt sechs nun zwei Kindertagesstätten ausreichend für die Neubausiedlung sein? Welche Konsequenzen hätte diese Standortreduzierung auf künftige Wegebeziehungen innerhalb des Gebietes und wie kann die fußläufige Erreichbarkeit zu diesen Kindertagesstätten abgesichert werden? Antwort zu 20: Es werden wahrscheinlich nicht sechs kleinere Kindertagesstätten, sondern drei oder vier größere geplant. Dies wird im weiteren Verfahren entschieden. Die Reduzierung auf zwei Kindertagesstätten ist hier unbekannt. Frage 21: Wie viele und welche Schulplätze werden zusätzlich erforderlich sein? Antwort zu 21: Die erforderliche Zahl von Schulplätzen ergibt sich aus der Zahl der Wohnungen und entsprechenden Rechenmodellen. Die Abstimmungen mit der Schulverwaltung sind hierzu noch nicht abgeschlossen. Frage 22: Trifft es zu, dass für den neuen Stadtteil die neue Grundschule mit den dazugehörigen Freiflächen nach der bisherigen Planung in unmittelbarer Nähe zu den Bahnanlagen mit täglich über 250 Zugfahrten entstehen soll und wenn ja, wie wird der Senat sicherstellen, dass die Emissionen entsprechend reduziert werden oder die Planung überarbeitet wird? Antwort zu 22: Nach dem bekannten, im Workshopverfahren erarbeiteten Masterplan ist eine Grundschule , am Stadtplatz und am S-Bahnhof gelegen, vorgesehen . Ob sie dort tatsächlich situiert werden kann, wird das Bebauungsplanverfahren ergeben. Frage 23: Wie wird die ausreichende Sportflächenversorgung für das Neubaugebiet nachgewiesen? Antwort zu 23: Eine ausreichende Sportflächenversorgung für das Neubaugebiet wird durch die Prüfung der vorhandenen Versorgung und Planung ergänzender Versorgung bei Feststellung von Defiziten nachgewiesen. Frage 24: Wie wird der Beschluss des Abgeordnetenhauses vom 20. Februar 2014 umgesetzt, die Fläche auch zur Entwicklung begleitender Gemeinbedarfsflächen (Schule, Kita, Sport) sowie von Mischnutzungen (Gewerbe /Einzelhandel) vorzusehen und neben dem primären Bedarf der Planfläche auch dem der sozialräumlichen Umgebung Rechnung zu tragen, indem die Chance zur Verbesserung der Gesamtstruktur unter Einbeziehung des nördlichen Wohnbauareals (Thermometer-Siedlung) genutzt wird? Antwort zu 24: Es soll ein neues Stadtquartier entstehen , dessen Infrastruktur neben den neuen Bewohnern auch dem Umfeld zur Verfügung stehen wird. Jeder wird dort die Wege begehen, Grünanlagen nutzen, einkaufen, zur Schule gehen und die Kindertagesstätten besuchen können. Der Bedarf richtet sich natürlich nach dem neu entstehenden Stadtquartier, aber in der gelebten Realität vernetzen sich nebeneinander liegende Wohngebiete. Frage 25: Welche Maßnahmen aus den Schul- und Sportstätten-Sanierungsplänen sind für bestehende Schulen und Sportanlagen im Umfeld des Neubaugebietes geplant? Frage 26: Welche Maßnahmen sind für sonstige sanierungsbedürftige soziale Einrichtungen in der Thermometersiedlung vorgesehen? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 894 4 Antwort zu 25 und 26: Hierzu liegen keine Kenntnisse vor. Frage 27: Welche Akteursrunden gibt es für die im Monitoring Soziale Stadtentwicklung als benachteiligter Stadtteil identifizierte Thermometersiedlung mit rund 4800 Einwohnerinnen und Einwohnern und welchen Einfluss üben Senat bzw. Bezirk darauf aus, dass alle Wohnungsunter-nehmen mit Beständen vor Ort an den Akteursrunden teilnehmen? Antwort zu 27: Hierzu liegen keine Kenntnisse vor. Das Gebiet Thermometersiedlung ist nicht mehr Bestandteil der städtebaulichen Förderkulisse. Frage 28: Welchen Zeitplan hat der Senat für das FNP-Änderungsverfahren zum Gebiet Lichterfelde Süd bis zur Beschlussfassung im Abgeordnetenhaus? Antwort zu 28: Die Auslegung der FNP 2 -Änderung Lichterfelde-Süd war Bestandteil der Öffentlichkeitsbeteiligung vom 01.06.2015 bis 03.07.2015. Gegenwärtig erfolgt die Sichtung, Auswertung und Abwägung der eingegangenen Hinweise und Stellungnahmen aus der Öffentlichkeit und von Seiten der Träger öffentlicher Belange. Nach Abschluss dieser Arbeitsphase soll das Änderungsverfahren Gegenstand einer Beschlussfassung im Senat und einer Vorlage an das Abgeordnetenhaus werden. Beabsichtigt ist dies noch innerhalb dieses Jahres . Berlin, den 17. September 2015 In Vertretung Prof. Dr.-Ing. Engelbert Lütke Daldrup ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Sep. 2015) 2 Flächennutzungsplan