Drucksache 17 / 16 896 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Klaus Lederer (LINKE) vom 01. September 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. September 2015) und Antwort Wegfall der Kosten für Archivrecherche durch (Angehörige von) Verfolgte(n) der Nazis? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Trifft es zu, dass das Landesarchiv bei der Recherche von Personenstands- und sonstigen relevanten Informationen zu Verfolgten und Opfern der Nazis aufgrund der derzeit geltenden Verordnung zur Archivbenutzung nicht auf die Erhebung von Gebühren verzichten darf? 2. Kann der Senat nachvollziehen, dass es für Angehörige von Verfolgten der Nazis oder für Überlebende durchaus als sarkastische Volte empfunden wird, wenn sie im Rahmen solcher Recherchen einen Kostenbescheid durch eine deutsche Behörde erhalten? 3. Wenn 2. Ja: Befürwortet der Senat die Verankerung einer Regelung in § 7 Landesarchiv-Benutzungsordnung , die bei überlebenden Verfolgten der Nazidiktatur oder ihren Angehörigen auf die für deren Recherche zu Biografie und Schicksal entstehenden Kosten verzichtet ? 4. Wenn 3. Ja: Bis wann wird eine solche Regelung in der Landesarchiv-Benutzungsordnung verankert? Zu 1. - 4.: Als Staatsarchiv des Landes Berlin und als Einrichtung, die das Verständnis für die Geschichte fördert , ist sich das Landesarchiv seiner Verantwortung gegenüber besonderen Bevölkerungsgruppen, wie Verfolgten und Opfern des Nazi–Regimes, und deren Angehörige bewusst. Leider spiegelt sich das derzeit in der geltenden Benutzungs - und Gebührenordnung des Landesarchivs Berlin nicht wider. Paragraf 7 der Landesarchiv-Benutzungsordnung, die seit 2008 gültig ist und aktuelle rechtliche und gesellschaftliche Entwicklungen, wie beispielsweise die veränderte Rechtslage bei den Personenstandsunterlagen seit 2009, nicht berücksichtigt, räumt zwar Gebührenbefreiungen für „… wissenschaftliche und heimatkundliche Zwecke…, Unterricht(s Zwecke) …(und bei) der Klärung versorgungsrechtlicher Angelegenheiten…“ ein, gibt jedoch in der derzeit gültigen Fassung keinerlei weiteren Spielraum für Gebührenbefreiungen. Das Landesarchiv Berlin sowie die SenatskanzleiKulturelle Angelegenheiten sind sich dieses Sachverhalts bewusst und haben (auch vor dem Hintergrund weiterer notwendiger Regelungstatbestände) aktuell das Archivgesetz des Landes Berlin, auf deren Grundlage die Benutzungs - und Gebührenordnung des Landesarchivs Berlin fußt, in einer Neufassung dem Abgeordnetenhaus von Berlin aktuell zur Beratung vorgelegt. Sobald das überarbeitete Archivgesetz erlassen und in Kraft getreten ist (voraussichtlich Herbst 2015), wird die Benutzungs- und Gebührenordnung neu gefasst und der jetzige § 7 im Sinne der Frage zu 3. verändert und eine entsprechende Möglichkeit zur Gebührenbefreiung für besondere Bevölkerungsgruppen berücksichtigt. 5. Gibt es vergleichbare Sachverhalte, mit denen Überlebende oder die Angehörigen von Naziopfern konfrontiert werden könnten und bei denen analoge Regelungen getroffen werden sollten, um der Verantwortung des Landes Berlin für die Aufarbeitung der deutschen Geschichte und des Faschismus 1933-1945 angemessen gerecht zu werden? Zu 5.: Es konnten keine vergleichbaren Sachverhalte, etwa bei den Gedenkstätten des Landes Berlin, ermittelt werden. Berlin, den 08. September 2015 In Vertretung Tim Renner Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Sep. 2015)