Drucksache 17 / 16 913 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Klaus Lederer (LINKE) vom 02. September 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. September 2015) und Antwort Langfristige Sicherung des Archivs der DDR-Opposition II Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Was hat der Senat zwischenzeitlich (d.h. seit der Antwort auf meine Kleine Anfrage 17/12 935 vom 19. Dezember 2013) unternommen, um das Archiv der DDROpposition , getragen von der Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., gemeinsam mit dem Bund langfristig zu sichern ? Zu 1.: Entsprechend der großen kulturpolitischen Bedeutung des Archivs der Robert-Havemann-Gesellschaft (RHG) hat die Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten (Skzl – Kult) die Verhandlungen mit dem Bund über dessen langfristige Sicherung in den Jahren 2014 und 2015 entschieden verfolgt. Diese Verhandlungen fanden in Schriftwechseln und Besprechungen statt und werden weiter fortgesetzt. Der Staatssekretär für Kulturelle Angelegenheiten , Tim Renner, hat sich bei einem Besuch des Archivs am 23. März 2015 persönlich über dessen Situation , über die fehlende dauerhafte finanzielle Absicherung und über die unzulängliche räumliche Unterbringung informieren lassen. Das Land Berlin beteiligt sich zudem an der Finanzierung der Neuaufstellung der Open-Air-Ausstellung „Friedliche Revolution 1989“ des Archivs am ehemaligen Sitz des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Das Land hat dafür 2014 247.000 Euro aus Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie bereitgestellt, der Bund übernimmt einen Anteil in Höhe von 734.000 Euro. Mittlerweile wurde der Bewilligungszeitraum angepasst, da die Eröffnung entgegen der ursprünglichen Planungen erst für 2016 zu erwarten ist. 2. Was waren insbesondere die Ergebnisse der Abstimmungen mit der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, die nach seinerzeitiger Auskunft des Senats für das Jahr 2014 geplant waren? Zu 2.: Verhandelt wurden mit der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) die dauerhafte Sicherung der Archivarbeit durch eine institutionelle Förderung und die Frage nach einer archivgeeigneten Immobilie. Zu beiden Themen wird weiter verhandelt. Die laufenden Kosten für das Archiv liegen nach Auskunft der RHG bei 550.000 Euro jährlich. Die BKM und das Land Berlin sind sich über die hohe kulturpolitische Bedeutung einer dauerhaften Sicherung des Archivs der Robert-Havemann-Gesellschaft einig. Strittig ist die Frage einer Beteiligung des Landes Berlin an diesen Kosten. Das Archiv dokumentiert Opposition und Widerstand in der gesamten ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Dies ist eine Aufgabe von nationaler Bedeutung. Das Land Berlin sieht daher die Verantwortung für eine dauerhafte Sicherung des Archivs ausschließlich beim Bund, der im Koalitionsvertrag der Bundesregierung Maßnahmen einer dauerhaften Sicherung des Oppositions-Archivs der RHG sowie ihrer Open-AirAusstellung „Friedliche Revolution 1989“ am ehemaligen Sitz des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) festgeschrieben hat. Nach Auffassung von BKM soll sich jedoch das Land Berlin an dieser Sicherung beteiligen. Eine Einigung über diesen Punkt konnte bislang nicht hergestellt werden. Aufgrund der besonderen kulturpolitischen Bedeutung des Archivs ist das Land Berlin dennoch bereit, sich an der Bereitstellung einer Immobilie für dessen dauerhafte Unterbringung zu beteiligen. Die Frage einer geeigneten Immobilie und ggf. der Verteilung der Lasten zwischen Bund und Land Berlin befindet sich in Abstimmung (siehe Antwort zu 3.). 3. Hat der Senat zwischenzeitlich eigene Schritte unternommen , um seinen Beitrag zur Sicherung des Archivs der DDR-Opposition zu leisten und insoweit mit gutem Beispiel voranzugehen und auch den Bund zu einer konzilianten und verbindlichen Haltung in Bezug auf dieses Anliegen zu ermuntern? Wenn ja: Welche? Wenn nein: Warum nicht? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 913 2 Zu 3.: Neben der Beteiligung des Landes Berlins an der Neuaufstellung der Open-Air-Ausstellung „Friedliche Revolution 1989“ der RHG (siehe Antwort zu 1.) unterstützt das Land Berlin BKM bei der Zurverfügungstellung einer archivtauglichen Immobilie. Die derzeitige Unterbringung erfüllt die Anforderung der Archivtauglichkeit nicht. Entsprechend wird im Moment in enger Abstimmung mit BKM ermittelt, ob für die dauerhafte Unterbringung des Archivs der RHG eine landeseigene Immobilie am Sitz des ehemaligen MfS zur Verfügung gestellt werden kann. Diese soll ggf. auf Kosten des Bundes für Archivzwecke ertüchtigt werden, der auch die Betriebskosten übernehmen sollte und sich seitens BKM in mehreren Treffen dazu positiv verhalten hat. Eine endgültige Entscheidung des Bundes steht hierzu aber noch aus. Im Rahmen einer gemeinsamen Begehung durch BKM, RHG, den Direktor des Landesarchivs und der Skzl – Kult wurden dafür die landeseigenen Häuser 12, 13 und 14 auf dem Gelände des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit in Augenschein genommen. Hiernach scheint Haus 12, Frankfurter Allee 187, potentiell geeignet , nach Umbauten die Nutzeranforderungen zu erfüllen. Eine vom Land Berlin bei der BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) im Juli 2015 beauftragte Machbarkeitsstudie soll nun ermitteln, ob es möglich ist, dieses Gebäude archivtauglich zu machen, und mit welcher Kostendimension dabei zu rechnen wäre. Die Ergebnisse werden der Skzl – Kult voraussichtlich im Laufe des Septembers vorgelegt. Solange die Sondierung dieses Vorhabens läuft, wird Haus 12 von der BIM nicht zur Veräußerung angeboten. 4. Wo finden sich im Entwurf des Senats für den Doppelhaushalt 2016/2017 entsprechende Fördermittelansätze zur Absicherung des Beitrags des Landes Berlin bei der langfristigen Sicherung des Archivs der DDR-Opposition ? Zu 4.: Wie unter Antwort zu 2. ausgeführt, dokumentiert das Archiv der RHG Opposition und Widerstand in der gesamten ehemaligen DDR. Dies ist eine Aufgabe von nationaler Bedeutung. Das Land Berlin sieht daher die Verantwortung für eine dauerhafte Sicherung des Archivs ausschließlich beim Bund. Daher sieht der Entwurf des Senats für den Doppelhaushalt 2016/2017 keine Haushaltsmittel für eine institutionelle Förderung der RHG vor. 5. Bis wann rechnet der Senat mit einem positiven Ergebnis der Sicherungsbemühungen für dieses Engagement der Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., die seit dem einstimmigen Beschluss des Abgeordnetenhauses am 29. Januar 2010 (Drs. 16/2803) und den Beratungen im Haupt- und im Kulturausschuss am 28. Januar 2015 und am 9. Februar 2015 dem Willen des Parlaments entsprechen ? Zu 5.: Bezüglich der Ausstattung des Archivs der RHG mit einer archivtauglichen Immobilie ist das Land Berlin bemüht, diese durch eigene Maßnahmen zu beschleunigen . Allerdings handelt es sich um ein sehr umfangreiches Projekt, sowohl was den Abstimmungsbedarf zwischen Bund und Land Berlin betrifft als auch gegebenenfalls hinsichtlich einer planerischen und baulichen Realisierung. Vor diesem Hintergrund ist dem Senat derzeit keine Aussage darüber möglich, wann mit der Verfügbarkeit einer geeigneten Immobilie zu rechnen ist. Zur Frage einer institutionellen Förderung des Archivs der RHG will das Land Berlin die Verhandlungen mit BKM weiter engagiert vorantreiben, um möglichst rasch zu einer Lösung zu kommen, die der großen Bedeutung des Archivs und der Arbeit der Robert-Havemann-Gesellschaft angemessen ist. Auch hier lässt sich allerdings nicht absehen, wann dies der Fall sein wird, da dies von Entscheidungen auf Bundesebene abhängt. Berlin, den 16. September 2015 In Vertretung Tim Renner Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Sep. 2015)