Drucksache 17 / 16 959 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Lompscher (LINKE) vom 07. September 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. September 2015) und Antwort Tempelhofer Feld und Flughafengebäude: Maßnahmen der Tourismusförderung und weitere Zukunftsideen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: In welchem Zeitraum und in welche Höhe steht eine GRW-Förderung Tourismus für das Tempelhofer Feld und das Flughafengebäude zur Verfügung, in welcher Höhe und aus welchem Haushaltstitel wird die Kofinanzierung bestritten? Antwort zu 1: Für die touristische Entwicklung des Flughafengebäudes Tempelhof wurde 2014 ein Antrag auf GRW-Förderung (Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur) für verschiedene Maßnahmen in Höhe von rund 22 Mio. € gestellt. Ende 2014 hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung eine GRW-Förderung Tourismus für das Flughafengebäude in Höhe von bis zu 20 Mio. € mündlich in Aussicht gestellt. Die Kofinanzierung in Höhe von 10% der Gesamtkosten und in Summe rund 2 Mio. €, soll aus dem Kapitel 1220, Titel 89364 zur Verfügung gestellt werden. Ein verbindlicher Zuwendungsbescheid liegt derzeit erst für knapp 0,9 Mio. € Fördermittel für die Errichtung eines besucherorientierten Wegeleitsystems auf dem Gelände des ehemaligen Flughafengebäudes Tempelhof vor. Alle geplanten Maßnahmen für das Tempelhofer Feld wurden 2014 eingestellt und die GRW-Förderzusagen zurückgegeben. Frage 2: Welche Maßnahmen aus der Tourismusförderung sind für das Tempelhofer Feld und das Flughafengebäude vorgesehen und beinhalten die Maßnahmen auch die Schaffung von Gedenkstätten und Informationsangeboten an den historischen Orten? Antwort zu 2: Der Flughafen Tempelhof versteht sich auch als ein Zukunftsort, der Raum bietet für touristische Attraktionen mit Bezug zum geschichtlichen Hintergrund und zu den baulichen Besonderheiten des einzigartigen Baudenkmals. Die derzeit geplanten Bausteine zur weiteren touristischen Öffnung und Angebotsschaffung am Flughafengebäude Tempelhof sind: - die Errichtung eines besucherorientierten Wegeleitsystems , das die unterschiedlichen Besucher /innen auf dem weitläufigen Gelände des Flughafengebäudes leitet und informiert - die Errichtung eines Besucherzentrums im Erdgeschoss des Gebäudeteils H2 rund, am Platz der Luftbrücke, als eine zentrale Anlaufstelle für Besucher /innen und Touristinnen und Touristen und einen Ort der Erstinformation - die Errichtung einer Geschichtsgalerie mit Aussichtsplattform auf dem Dach des Flughafengebäudes - die Erschließung des ehemaligen Towers und des markanten Treppenhauses am Kopfbau West (geplant als ein Projekt im Bundesprogramm: „Nationale Projekte des Städtebaus“) Durch die Maßnahmen wird der geschichtliche Hintergrund des Gebäudes in alle seinen Facetten und historischen Einflüssen, die städtebauliche Einbindung in die Berliner Innenstadt sowie die prägende Wirkung auf das Tempelhofer Feld erfahrbar. Die Entwicklung eines „Gedenkortes “ zur Geschichte des Ortes ist nicht in den vorgenannten geplanten Maßnahmen im Gebäude enthalten. Dies ist Bestandteil der Befassung des Runden Tisches Geschichte im Rahmen der Erstellung des Entwicklungsund Pflegeplans (EPP) für das Tempelhofer Feld. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 959 2 Frage 3: Trifft es zu, dass für 882.000 Euro ein Wegeleitsystem , bestehend aus 177 Schildern, eingerichtet werden soll (danach würde ein Schild inkl. Honorar- und Nebenkosten rund 5.000 Euro kosten) oder beinhaltet die Fördersumme weitere Maßnahmen? Frage 4: Wie hoch sind die Honorar- und Nebenkosten für das Wegeleitsystem und wann soll es fertiggestellt werden? Antwort zu 3 und 4: Gegenwärtig gibt es am Standort kein einheitliches Leitsystem. Es existieren lediglich unterschiedliche Schildertypen verschiedener zeitlicher Perioden. Das neue Leit- und Orientierungssystem wird die unterschiedlichen Besucher auf dem weitläufigen Gelände des Flughafens Tempelhof – mit 7 Hangars, 13 Türmen und fast 30 Gebäudeteilen – leiten und informieren . Bei dem neuen System werden auch wesentliche Belange sensorisch und kognitiv eingeschränkter Menschen berücksichtigt. Die derzeit geschätzten Gesamtkosten des Vorhabens liegen bei 980.000 € (brutto, inkl. MwSt.). Die bewilligte Fördersumme aus GRW-Mitteln beträgt 882.000 €. Die Konzeption sieht rund 180 Schilder in fünf verschiedenen Schilderkategorien vor: 1. Infotafeln 2. Richtungsweiser 3. Vorortkennzeichnungen 4. Mobile Schilder 5. Leuchtbuchstaben über den Eingängen der Hangars . Die Gesamtsumme umfasst weit mehr als das Aufstellen der Schilder. In den Gesamtkosten sind neben der Herstellung und Aufbau/Montage der Schilder umfangreiche Baukosten enthalten, wie - Baustelleneinrichtung - Abbruch und Entsorgung vorhandener Schilder, inkl. der vorhandenen Fundamente - Kampfmittelsondierung der neuen Schilderstandorte ; evtl. Kampfmittelbeseitigung - Arbeiten an den technischen Anlagen (Stromversorgung Leuchtbuchstaben) Die reine Erstellung der Schilder wird in der Kostenberechnung mit rund 420.000 € kalkuliert. Die geplanten Schilder bestehen weitestgehend aus Stahlrohrpfosten (feuerverzinkt und pulverbeschichtet), farblich gestalteten Trägerplatten aus Aluminium und einem entsprechendem Digitaldruck auf transparenter Folie mit glänzender Antigraffitifolie beschichtet. Die einzubauenden Schilder verschiedener Varianten werden an Standorten mit unterschiedlicher Flächenbefestigung eingebaut. Für die weiteren Baumaßnahmen im Zusammenhang mit der Schildererstellung werden rund 260.000 € kalkuliert . Ebenfalls in die Gesamtkosten fließen die Baunebenkosten mit ein. Diese umfassen die Konzeption des Leitund Orientierungssystems, Architekten- und Ingenieursleistungen sowie Bauherrenaufgaben und die Vorbereitung von Leistungsverzeichnissen und Vergaben des Förderprojektes. Abschließend wird noch eine Position Unvorhergesehenes in Höhe von 15% der Gesamtkosten einkalkuliert. Die Kostenberechnung sieht für die Baunebenkosten rund 300.000 € vor. Die Konzeption des Leit- und Orientierungssystems wurde im Vorfeld breit abgestimmt. Diese Schilderwahl wurde unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgewählt . Vorab wurden mehrere Varianten untersucht. Im Ergebnis war die vorliegende Schilderkonzeption aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten am geeignetsten. Die Trägerplatten sind einzeln auswechselbar und bei Bedarf auch einfach zu ergänzen. Das modular aufgebaute System kann mit der weiteren Umnutzung des Flughafens mitwachsen. Durch die Wahl der robusten Materialien ist mit einer minimalen Unterhaltung bzw. Wartung zu rechnen . Der Umsetzungszeitraum für das Wegeleitsystem ist für 2015 und 2016 geplant. Die Abrechnung des Förderprojektes ist bis Ende 2017 vorgesehen. Frage 5: Wann wird die Prüfung zur Nutzung des Flughafengebäudes für Ausstellungen der Neuen Nationalgalerie und Aufführungen der Volksbühne abgeschlossen sein, bzw. zu welchem Zwischenergebnis ist der Senat gekommen und welche Kosten werden für eine entsprechende Herrichtung veranschlagt? Antwort zu 5: 5a) Volksbühne: dazu bedarf es keiner weiteren Prüfungen . Die Volksbühne mietet die Flächen wie jeder anderer Veranstalter auch, sehr wahrscheinlich in 2017 für einen Zeitraum von 2 bis 3 Monaten. Die benötigten Flächen wurden bereits im Veranstaltungskalender des Flughafens Tempelhof reserviert. 5b) Nationalgalerie: die Prüfung ist noch nicht abgeschlossen . Frage 6: Ist im Rahmen des Profilbildungsprozesses für eine zukünftige Nutzung des ehemaligen Flughafenareals eine Vertragsverlängerung um 10 Jahre ab 2019 mit der Modemesse Bread & Butter eine Option oder ist dies bereits ausgeschlossen; wenn nein, wie wird sich die Messenutzung mit der avisierten kulturellen Nutzung vereinbaren lassen? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 959 3 Antwort zu 6: Der Profilbildungsprozess ist im Ergebnis noch offen. Sollte der Bread & Butter Vertrag nach 2019 weitere 10 Jahre Bestand haben, wird man dieses bei der weiteren Nutzung des Flughafens Tempelhof berücksichtigen müssen. Wie bisher werden dann auch die kulturellen Nutzungen in Einklang mit diesem Vertrag zu bringen sein: Anpassung der unvermietbaren Flächen, kulturelle Nutzung im Rahmen der Bread & Butter, kulturelle Nutzung auf die Messetermine abstimmen, etc. Frage 7: Wie weit sind die Verhandlungen mit dem Bund zur Nutzung des Hangars 7 durch das Alliiertenmuseum fortgeschritten? Antwort zu 7: Mit der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien ist ein Letter of Intent zur Überlassung von Hangar 7 ausgetauscht worden. Das Alliiertenmuseum hat eine Machbarkeitsstudie und ein Museumskonzept erarbeitet . Gegenwärtig laufen Verhandlungen zwischen dem Alliiertenmuseum, der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien sowie dem Bundesfinanzministerium über die Freigabe der bereits vom Bund eingestellten Planungsmittel und die Bereitstellung der Investitionsmittel des Bundes für die Herrichtung von Hangar 7. Sobald die Freigabe der Mittel erfolgt ist, wird die Tempelhof Projekt auf Basis des Letter of Intent einen langjährigen Nutzungsvertrag mit dem Alliiertenmuseum abschließen und das AlliiertenMuseum mit der Planung für die erforderlichen Baumaßnahmen beginnen. Frage 8: Für welche Gebäudeteile und für welche Nutzungen wird derzeit eine Privatisierung erwogen und vorbereitet? Antwort zu 8: Das Land Berlin wird dauerhaft Eigentümer des Gebäudes und der Freiflächen bleiben, will aber private Akteure bei der Instandsetzung beteiligen. Für das ehemalige Hotel der US Offiziere am Platz der Luftbrücke (das sog. Bauteil "H2rund") wird gegenwärtig im Rahmen eines europaweit ausgeschriebenen Auswahlverfahrens ein Investor gesucht, der den Innenausbau sowie die Nutzung übernimmt. Es handelt sich um ein Konzeptverfahren, welches den Nutzungsschwerpunkt im Bereich der Kreativwirtschaft/digitale Wirtschaft vorsieht. Das Erdgeschoss wird öffentlich nutzbar sein, vorgesehen sind eine Touristeninformation, Gastronomie und Konferenzräume etc. Es soll ein Erbbaurechtsvertrag vergeben werden. Frage 9: Wie und in welchen Zeiträumen sollen die Absichten, Teile des Flughafengebäudes für die Unterbringung von geflüchteten Menschen zu nutzen bzw. herzurichten, realisiert werden? Antwort zu 9: Im Auftrag des Landesweiten Koordinierungsstabes für Flüchtlingsmanagement (LKF) prüft die Tempelhof Projekt die Einrichtung einer Notunterkunft in Hangar 1 und Hangar 2. Tempelhof Projekt wird hierbei von Hilfsorganisationen unterstützt. Nach Vorlage von Konzeption und Planung sowie der abschließend geprüften Machbarkeit ist durch den LKF und das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) zu entscheiden , ob eine Flüchtlingsunterkunft im Flughafen Tempelhof eingerichtet werden soll. Aufgrund der technischen und baulichen Mängel des Gebäudes ist es nach wie vor fraglich, ob sich eine Unterbringung realisieren lässt. Berlin, den 22. September 2015 In Vertretung R. L ü s c h e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Sep. 2015)