Drucksache 17 / 17 021 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Hakan Taş (LINKE) vom 16. September 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. September 2015) und Antwort Aktivitäten rechtsextremer Organisationen von türkeistämmigen Menschen in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche rechtsextremen oder rechtsextrem beeinflussten Organisationen (Einzelvereine und Dachverbände ) von türkeistämmigen Menschen in Berlin sind dem Senat bekannt? Zu 1.: Dem Senat ist der Deutschlanddachverband der Ülkücü-Bewegung, der Almanya Demokratik Ülkücü Türk Dernekleri Federasyonu (ADÜTDF) mit Sitz in Frankfurt/Main, bekannt. Ferner sind dem Senat verschiedene Vereine und eine der Ülkücü-Ideologie anhängende unorganisierte Jugendbewegung bekannt. 2. Wie viele Mitgliedsvereine haben die Dachverbände jeweils? Zu 2.: Dem Senat ist kein Dachverband mit Sitz in Berlin bekannt. In der ADÜTDF sind bundesweit ca. 160 Vereine organisiert. 3. Gibt es Einzelvereine, die Mitglied in einem Dachverband sind, der nicht zur rechtsextremen Szene gehört und wenn ja, welche? Zu 3.: Dem Senat sind keine rechtsextremen oder rechtsextrem beeinflussten Einzelvereine bekannt, die Mitglied in einem Dachverband sind, der nicht zur rechtsextremen Szene gehört. 4. Wie schätzt der Senat die Ülkücü- bzw. „GraueWölfe “-Szene in Berlin ein (bitte nach Mitgliedern, Anhängern bzw. Sympathisanten der verschiedenen Vereine /Föderationen sowie der unorganisierten bzw. über das Internet oder Soziale Netzwerke verbundenen Szene differenzieren)? Zu 4.: Das Potential der Ülkücü-Anhängerinnen und - Anhänger in Berlin beläuft sich auf ca. 400 Personen. Weiterführende Informationen können im Rahmen einer Schriftlichen Anfrage, die zur Veröffentlichung bestimmt ist, nicht erteilt werden, weil dadurch geheimschutzbedürftige Informationen zu Arbeitsmethoden und dem Vorgehen des Verfassungsschutzes bekannt würden und die Wirksamkeit nachrichtendienstlicher Aufgabenerfüllung gefährdet wäre. Die Antwort des Senats muss insoweit als Verschlusssache des Grades „VS-Vertraulich “ nach § 5 Abs. 1 der Verschlusssachenanweisung für die Behörden des Landes Berlin eingestuft werden und kann auf Wunsch in einer Sitzung des Ausschusses für Verfassungsschutz (dem der Fragesteller angehört) in geheimer Sitzung erteilt werden. 5. Über welche Medien - auch Online-Medien - verfügt die Ülkücü-Szene in Berlin im Einzelnen und welchen Verbreitungsgrad haben diese? Zu 5.: Die Dachorganisation ADÜTDF betreibt eine Internetseite und gibt seit dem Jahr 2012 ein vierteljährlich erscheinendes Printmedium („Bülten“) an die Mitglieder heraus. Die der ADÜTDF zugeordneten Vereine betreiben in der Regel eigene Internetpräsenzen. Über den Verbreitungsgrad können keine Aussagen getroffen werden. 6. Sind dem Senat Sportvereine oder Sportstudios in Berlin, die der Ülkücü-Szene zugerechnet werden, bekannt , und wenn ja, welche? Zu 6.: Dem Senat sind keine Sportvereine oder Sportstudios in Berlin bekannt, die der Ülkücü-Szene zugerechnet werden können. 7. Welche ultranationalistischen, aber nicht zur Ülkücü -Szene zählenden türkischen Verbände und Vereine sind dem Senat bekannt? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 021 2 Zu 7.: Dem Senat sind keine ultranationalistischen türkischen Verbände und Vereine bekannt, die nicht der Ülkücü-Szene zugerechnet werden können. 8. Kann der Senat einen verstärkten Zulauf zu Ülkücü -Vereinigungen bzw. ein Anwachsen der ÜlkücüSzene in den letzten Jahren erkennen, und wenn ja, worin sieht der Senat mögliche Ursachen für eine solche Entwicklung ? Zu 8.: Der Senat erkennt keinen verstärkten Zulauf zu Ülkücü-Vereinigungen beziehungsweise kein Anwachsen der Ülkücü-Szene. 9. Welche Aufzüge, Demonstrationen und Veranstaltungen türkeistämmiger Rechtsextremisten sind in Berlin 2014 und 2015 abgehalten worden (bitte benennen, wann, wo, aus welchem Anlass diese Aufzüge bzw. Veranstaltungen stattfanden, wer sie veranstaltete, wie viele Personen daran teilnahmen und ob es aus den Veranstaltungen bzw. Aufzügen heraus zu einschlägigen Straftaten – insbesondere Gewalttaten – gekommen ist)? Zu 9.: Hierzu liegen dem Senat keine statistischen Erhebungen vor. Anmelderinnen und Anmelder von Versammlungen werden lediglich mit ihren Kontaktdaten gespeichert. Angaben zu ihrer politischen Motivation bzw. Zielrichtung werden nicht erfasst. Sonstige Veranstaltungen , insbesondere solche, die in geschlossenen Räumlichkeiten stattfinden, sind nicht anmeldepflichtig. 10. Welche türkischen rechtsextremen und rechtsextremistisch durchsetzten oder beeinflussten Organisationen und Gruppierungen sind Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes und welche dem Ülkücü-Spektrum angehörenden Strömungen oder Vereinigungen sind dies nicht (bitte jeweils begründen)? Zu 10.: Der Senat beobachtet Vereine, die der Dachorganisation ADÜTDF zugeordnet werden. Beobachtet wird zudem die der Ülkücü-Ideologie anhängende unorganisierte Jugendbewegung. Weiterführende Informationen können im Rahmen einer Schriftlichen Anfrage, die zur Veröffentlichung bestimmt ist, nicht erteilt werden, weil dadurch geheimschutzbedürftige Informationen zu Arbeitsmethoden und dem Vorgehen des Verfassungsschutzes bekannt würden und die Wirksamkeit nachrichtendienstlicher Aufgabenerfüllung gefährdet wäre. Die Antwort des Senats muss insoweit als Verschlusssache des Grades „VS-Vertraulich “ nach § 5 Abs. 1 der Verschlusssachenanweisung für die Behörden des Landes Berlin eingestuft werden und kann auf Wunsch in einer Sitzung des Ausschusses für Verfassungsschutz (dem der Fragesteller angehört) in geheimer Sitzung erteilt werden. 11. Inwieweit sieht der Senat bei türkischen Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten in Berlin Anhaltspunkte , wonach diese gegen den Gedanken der Völkerverständigung oder das friedliche Zusammenleben der Völker verstoßen, und an welchen konkreten Äußerungen oder Taten macht der Senat diese Einschätzung gegebenenfalls fest? 12. Welchen Einfluss haben nach Kenntnis des Senats Ülkücü- bzw. „Graue-Wölfe“-Gruppierungen bzw. deren Gedankengut auf türkeistämmige Bürgerinnen und Bürger in Berlin, und worauf stützt der Senat diese Einschätzung ? Welche Einschätzungen oder Forschungen Dritter zu dieser Fragestellung sind dem Senat bekannt? Zu 11 und 12.: Anhängerinnen und Anhänger der türkischen nationalistischen Bewegung sind dem Senat unter anderem unter dem Namen "Graue Wölfe" oder "ÜlkücüBewegung " bekannt. Ihre Anhängerinnen und Anhänger bezeichnen sich als "Idealisten", auf türkisch "Ülkücü". Sie sind in Deutschland und so auch in Berlin insbesondere in der ADÜTDF und in der nichtorganisationsgebundenen Ülkücü-Jugendbewegung organisiert. Die Ideologie der Ülkücü-Bewegung ist von einem übersteigerten Nationalbewusstsein geprägt, die die türkische Nation sowie die anderen Turkvölker sowohl politisch -territorial als auch ethnisch-kulturell als höchsten Wert ansehen. Diese Überhöhung der eigenen Ethnie bei gleichzeitiger Herabsetzung anderer Ethnien (wie zum Beispiel Kurden, Armenier, Griechen) widerspricht unter anderem dem im Grundgesetz normierten Gleichheitsgrundsatz . Einige der in der ADÜTDF organisierten Vereine versuchen Einfluss über Mitgliedertreffen oder auch Gruppenreisen in die Türkei, bei denen regelmäßig auch historisch bedeutsame Stätten besucht werden, zu nehmen. Zudem werden auch die sozialen Netzwerke zur Mobilisierung für öffentliche Veranstaltungen oder zur Rekrutierung neuer Anhänger genutzt. Einschätzungen und Forschungen zur türkischen nationalistischen Bewegung wurden unter anderem von der Bundeszentrale für politische Bildung, dem Bundeministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend oder dem Verein ufuq.de veröffentlicht. Beispiele für weitere Veröffentlichungen hierzu sind: Sevket Kücükhüseyin: Türkische politische Organisationen in Deutschland, Zukunftsforum Politik, Sankt Augustin, 2000. Abschlussbericht des Forschungsprojektes: Zur gesellschaftlichen Relevanz des Rechtsradikalismus im türkischen Milieu allochthoner Jugendlicher und Heranwachsender der Forschungsstelle für Interkulturelle Studien an der Universität zu Köln, Interkulturelles Referat, Köln, 2010. F. A., K. B. (Herausgeber): Graue Wölfe heulen wieder . Türkische Faschisten und ihre Vernetzung in Deutschland. Münster, 2012 13. Inwieweit kam es nach Kenntnis des Senats seit Beginn des Jahres 2014 zu gewaltsamen Übergriffen türkischer Rechtsextremer in Berlin (bitte Datum, Ort, Anlass und Art des Übergriffs und Opfergruppe benennen )? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 021 3 Zu 13.: Grundlage für die Beantwortung der Anfrage bildet der „Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen Politisch motivierter Kriminalität“ (KPMD-PMK). Dabei handelt es sich entgegen der „Polizeilichen Kriminalstatistik “ (PKS) um eine Eingangsstatistik. Die Fallzählung erfolgt tatzeitbezogen, unabhängig davon, wann das Ermittlungsverfahren an die Staatsanwaltschaft abgegeben wurde. Die Fallzahlen der Politisch motivierten Kriminalität unterliegen bis zum Abschluss – ggf. bis zum endgültigen Gerichtsurteil – einer Bewertung gemäß der angenommenen Tätermotivation. Darüber hinaus werden Fälle der Politisch motivierten Kriminalität auch nachträglich gezählt, wenn sie erst nach dem Statistikschluss bekannt werden. Deshalb kann es sowohl unter- als auch überjährig immer wieder zu Fallzahlenänderungen kommen . Im bundesweit geltenden Themenfeldkatalog zur Kriminaltaktischen Anfrage in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KTA-PMK) ist das Unterthema „PKK/Kurdenproblematik“ vorhanden. In diesen Unternehmen werden alle Fälle, die in diesem Themenzusammenhang stehen, abgebildet. Eine Trennung nach pro und contra PKK bzw. Kurden ist nicht möglich, da alle Fälle gleichermaßen dem Phänomenbereich Politisch motivierte Ausländerkriminalität zugerechnet werden. Eine Aussage im Sinne der Fragestellung zu 13. ist daher nicht möglich. 14. Inwieweit haben nach Kenntnis des Senats rechtsextreme Parteien aus der Türkei – insbesondere MHP und BBP – anlässlich der türkischen Präsidentschaftswahlen im Jahr 2014 und der türkischen Parlamentswahlen im Jahr 2015, an denen sich auch im Ausland lebende türkische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger beteiligen konnten , Wahlkampf in Berlin bzw. unter den in Berlin lebenden Türkinnen und Türken betrieben und 14 a) welche Wahlkampfveranstaltungen türkischer rechtsextremer Parteien bzw. deren Unterstützerorganisationen in Berlin gab es (bitte Datum, Ort, Veranstalter, Teilnehmerzahl und einladenden Verband sowie Art der Wahl und gegebenenfalls Rednerinnen und Redner angeben )? 14 b) welche Politikerinnen und Politiker rechtsextremer Parteien aus der Türkei – insbesondere von MHP und BBP – haben anlässlich der Wahlkämpfe in den Jahren 2014 und 2015 Berlin besucht und vor welchen Vereinen oder Vereinsföderationen traten sie auf (bitte Datum, Ort, Veranstalter, Teilnehmerzahl und einladenden Verband, Anlass und Namen sowie Partei der auftretenden Politikerinnen und Politiker aus der Türkei angeben)? Zu 14., 14 a), 14 b): Zu Wahlkampfveranstaltungen im Vorfeld der türkischen Präsidentschaftswahlen im Jahr 2014 liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. Im Vorfeld der türkischen Parlamentswahlen im Jahr 2015 wurden folgende zwei Wahlkampfveranstaltungen der „Partei der Nationalistischen Bewegung“ (MHP) in Berlin bekannt . Datum Einladender Verband Türkische Partei 17.04.2015 ADÜTDF MHP 18.04.2015 ADÜTDF MHP Nähere Einzelheiten zu den Veranstaltungen sind dem Senat nicht bekannt. 15. Hatte der Senat seit dem Jahr 2014 Kontakte zu Politikerinnen und Politikern der türkischen rechtsextremen Parteien MHP und BBP, und wenn ja, wann, zu wem und aus welchem Anlass? Zu 15.: Der Senat hatte seit dem Jahr 2014 keine Kontakte zu Politikerinnen und Politikern der türkischen rechtsextremen Parteien MHP und der „Partei der Großen Einheit“ (BBP). 16. Welche Erkenntnisse hat der Senat über Aufrufe türkischer Rechtsextremisten an ihre Anhängerinnen und Anhänger, gezielt demokratische (Berliner) Parteien zu unterwandern und 16 a) inwieweit findet nach Kenntnis des Senats tatsächlich eine solche Unterwanderung deutscher Parteien durch türkische Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten statt, bzw. inwieweit wurden oder werden türkische Rechtsextremisten Mitglieder von deutschen Parteien oder wurden auf Listen Berliner Parteien als Kandidatinnen und Kandidaten zu Wahlen aufgestellt? 16 b) welche Kenntnisse hat der Senat über den Umgang von Berliner Parteien mit Mitgliedern, die rechtsextremen türkischen Verbänden wie den „Grauen Wölfen“ oder der Türkischen Föderation angehören? 16 c) inwieweit gibt es nach Kenntnis des Senats Unvereinbarkeitsbeschlüsse oder Parteiausschlussverfahren (bitte nach den Parteien CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE aufschlüsseln)? 16 d) welche Erkenntnisse hat der Senat über eine Kooperation Berliner Parteien oder einzelner Funktionärinnen und Funktionäre dieser Parteien oder ihrer Mandatsträgerinnen und Mandatsträger mit türkischen Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten oder von diesen beeinflussten Vereinigungen in Berlin (bitte nach Art der Kooperation und nach Parteien aufschlüsseln)? Zu 16., 16 a), 16 b), 16 c) 16 d): Dem Senat sind zu diesem Thema lediglich einschlägige Medienberichte bekannt. 17. Welche Erkenntnisse hat der Senat über eine Mitgliedschaft oder Funktionärstätigkeit türkischer Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten bzw. von Mitgliedern rechtsextremistisch beeinflusster türkischer Vereine in Ausländer-, Integrations- und Migrationsbeiräten oder ähnlichen Gremien? Zu 17.: Der Senat hat keine Erkenntnisse zu Mitgliedschaften oder Funktionärstätigkeiten türkischer Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten beziehungsweise von Mitgliedern rechtsextremistisch beeinflusster türkischer Vereine in Ausländer-, Integrations- und Migrationsbeiräten oder ähnlichen Gremien. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 021 4 18. Inwieweit gibt es nach Kenntnis des Senats Verbindungen oder Kontakte zwischen deutschen und türkischen Rechtsextremisten? Zu 18.: Dem Senat liegen keine Erkenntnisse zu Verbindungen oder Kontakten zwischen deutschen und türkischen Rechtsextremisten vor. 19. Ist dem Senat bekannt, auf welche Weise die Verbände des Ülkücü-Spektrums sich um die Gewinnung von Jugendlichen bemühen? Zu 19.: Die Antwort kann im Rahmen einer Schriftlichen Anfrage, die zur Veröffentlichung bestimmt ist, nicht erteilt werden, weil dadurch geheimschutzbedürftige Informationen zu Arbeitsmethoden und dem Vorgehen des Verfassungsschutzes bekannt würden und die Wirksamkeit nachrichtendienstlicher Aufgabenerfüllung gefährdet wäre. Die Antwort des Senats muss insoweit als Verschlusssache des Grades „VS-Vertraulich“ nach § 5 Abs. 1 der Verschlusssachenanweisung für die Behörden des Landes Berlin eingestuft werden und kann auf Wunsch in einer Sitzung des Ausschusses für Verfassungsschutz (dem der Fragesteller angehört) in geheimer Sitzung erteilt werden. 20. Inwieweit, aus welchem Anlass und mit welchem Erfolg haben sich in Berlin ansässige Verbände aus dem Ülkücü-Spektrum in den letzten fünf Jahren um Fördermittel des Landes Berlin oder des Bundes bemüht? Zu 20.: Dem Senat liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 21. Welche Erkenntnisse hat der Senat über den Motorradclub Turkos MC und Zu 21.: Angehörige des Turkos Motorcycle Club (MC) tragen Kutten, die durch die verwendeten Aufnäher eine nationaltürkische Einstellung nahe legen. Sie haben in Clubbekleidung im Jahr 2015 mehrfach an nationaltürkisch zu wertenden Aufzügen teilgenommen. Hinzu treten im selben Tenor festzustellende Internetbeiträge. Insofern dürfte der Club dem Spektrum türkischer Nationalisten zuzuordnen sein. 21 a) inwieweit handelt es sich bei diesem Club nach Kenntnis des Senats um eine Vereinigung aus dem „Graue-Wölfe“- bzw. Ülkücü-Spektrum, und woran macht der Senat gegebenenfalls eine solche Einschätzung fest? Zu 21 a): Hierzu liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. 21 b) inwieweit unterhält dieser Club nach Kenntnis des Senats Beziehungen zu politischen Parteien oder Kulturvereinigungen aus dem „Graue-Wölfe“-Spektrum? Zu 21 b): Hierzu liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. 21 c) welche politischen Aktivitäten dieses Clubs sind dem Senat bekannt (bitte einzeln mit Ort, Datum, Aktivität und Anlass auflisten)? Zu 21 c): Dem Senat liegen Erkenntnisse darüber vor, dass etwa 40 Mitglieder des Turkos MC an der Versammlung „Friedensdemonstration für Völkerverständigung , Ende der Völkermordbeschuldigung“ (Aufzug von An der Urania bis zum Endplatz Yitzak-Rabin-Straße) teilnahmen. Die Versammlung wurde durch die Türkische Gemeinde zu Berlin e. V. für den 25. April 2015 angemeldet . Es nahmen etwa 10.000 Personen teil. Des Weiteren ist dem Senat bekannt, dass etwa 16 Mitglieder des Turkos MC Berlin an der Versammlung „Gegen die Vertreibung der syrischen Bevölkerung durch YPG und ISIS“ teilgenommen haben. Die Versammlung fand am 20. Juni 2015 am Kottbusser Tor in 10999 Berlin mit insgesamt etwa 25 teilnehmenden Personen ohne weitere Vorkommnisse statt. Am 3. Juli 2015 fand im Nahbereich der Botschaft der Volksrepublik China, Märkisches Ufer 54, 10179 Berlin eine Demonstration mit insgesamt ca. 500 Teilnehmenden statt. An dieser Versammlung, die unter dem Motto „Gegen chinesische Gewalt gegen Uiguren in Ost-Turkestan“ stand, nahmen etwa 10 Mitglieder des Turkos MC Berlin teil. Diese sollen nach hier vorliegenden Erkenntnissen auf die weiteren Versammlungsteilnehmerinnen und Veranstaltungsteilnehmer so eingewirkt haben, dass diese plötzlich den zugewiesenen Versammlungsort auf dem der Botschaft gegenüber liegenden Gehweg verlassen hatten und auf die Umzäunung des Botschaftsgeländes zugerannt sind. Die Arbeitsfähigkeit der Botschaft war jedoch zu keinem Zeitpunkt eingeschränkt. Die Versammlung verlief ansonsten ohne weitere Vorkommnisse. Am 11. Juli 2015 führten Mitglieder des Turkos MC Berlin auf einem Sportplatz in der Ungarnstraße, 13349 Berlin einen Videodreh zu „Ehren der Mütter von im Krieg gegen die Kurden gefallenen Soldaten“ durch. An der Versammlung „Gegen Vertreibung, Krieg & Terror (IS & PKK)“, die am 13. September 2015 vom Wittenbergplatz zum Adenauerplatz führte und von einer Einzelperson angemeldet worden war, nahmen 10 Mitglieder des Turkos MC Berlin als Ordner teil. Insgesamt nahmen etwa 1.500 Personen an dem Aufzug teil, der ohne Vorkommnisse verlief. d) inwieweit waren Mitglieder des Turkos MC nach Kenntnis des Senats in einschlägige Straftaten der Rockerkriminalität , politische Straftaten oder Gewalttaten verwickelt? Zu 21 d): Die dem Senat bekannten Mitglieder des Turkos MC Berlin sind teilweise als Tatverdächtige in Erscheinung getreten. Eine Involvierung in das Rockermilieu war nur in einem Fall feststellbar. Im Bereich der politisch motivierten Straftaten sind bislang keine Feststellungen gemacht worden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 021 5 21 e) welche weiteren Motorradclubs mit Verbindungen ins Ülkücü-Milieu sind dem Senat bekannt? Zu 21 e): Dem Senat sind Verbindungen zwischen dem Turkos MC und dem Wild Lions Biker Club (BC) von Anfang des Jahres 2015 bekannt. Aktivitäten der Wild Lions BC sind jedoch seit mehreren Monaten nicht mehr feststellbar. In Berlin ist zudem die Hells Angelsnahe Gruppierung Osmanen Germania aktiv. Diese wurde jedoch hier trotz der verwendeten Symbolik bisher nicht als politisch aktive Organisation betrachtet. Zuletzt wurden jedoch am 13. September 2015 Symbole der Osmanen Germania von Ordnern/Security bei Anti PKK-Aufzügen in Hamburg und Mannheim getragen. 22. Welche Kenntnisse hat der Senat über eine Zugehörigkeit von Moscheevereinen oder Verbänden aus dem Ülkücü-Spektrum zu Schuraräten oder Islamräten und vergleichbaren Zusammenschlüssen in Berlin? Zu 22.: Dem Senat liegen keine Erkenntnisse über Zugehörigkeiten von Moscheevereinen oder Verbänden aus dem Ülkücü-Spektrum zu Schuraräten oder Islamräten und vergleichbaren Zusammenschlüssen in Berlin vor. 23. Wie ist das Verhältnis zwischen der Ülkücü-Szene und der radikal-islamistischen Szene, Salafisten und Dschihadisten nach Kenntnis des Senats in Berlin und 23 a) inwieweit gibt es zwischen diesen Gruppierungen eine Kooperation, etwa in gemeinsamen Dachverbänden , auf gemeinsamen Veranstaltungen oder zu gemeinsamen Aufzügen? 23 b) inwiefern und in welchem Ausmaß sind dem Senat Übertritte von Angehörigen des Ülkücü-Milieus in radikal-islamistische oder salafistische Zusammenhänge oder umgekehrt bekannt? 24. Inwieweit und in welchem Ausmaß haben sich nach Kenntnis des Senats (frühere) „Graue Wölfe“ bzw. Angehörige des Ülkücü-Milieus aus Berlin welchen bewaffneten dschihadistischen Gruppierungen in Syrien angeschlossen? 25. Welche Erkenntnisse hat der Senat über eine Verstrickung türkischer Rechtsextremisten aus der ÜlkücüSzene in Drogen- oder Waffenhandel, in Schutzgelderpressung , Menschenhandel oder generell organisierte Kriminalität? 26. In wie vielen und welchen Fällen wurden nach Kenntnis des Senats seit Beginn des Jahres 2014 Waffen bei Personen aus dem „Graue-Wölfe“- bzw. Ülkücü-Milieu gefunden (bitte Menge und Art der Waffen benennen )? 27. Welche Kenntnisse hat der Senat über mögliches Wehrsport- oder Kampfsporttraining sowie Schusswaffentraining von Angehörigen der Ülkücü-Szene in Berlin? 28. Sind dem Senat Fälle bekanntgeworden, wonach Anhänger der „Graue-Wölfe“- bzw. Ülkücü-Szene innerhalb der Berliner Polizei oder anderer Senats- und Bezirksbehörden auffällig wurden, und wenn ja, wie wurde jeweils darauf reagiert? Zu 23.-28.: Hierzu liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. 29. Inwieweit bestehen nach Kenntnis des Senats Verbindungen zwischen dem türkischem Geheimdienst und dem Ülkücü-Spektrum einschließlich der organisierten Verbände wie der Türkischen Föderation? Zu 29.: Dem Senat liegen keine Erkenntnisse zu Verbindungen zwischen dem türkischen Geheimdienst und dem Ülkücü-Spektrum einschließlich der organisierten Verbände vor. 30. Welche Kenntnisse hat der Senat über die türkischnationalistische Hackergruppe Türk Hack Team und sind Angriffe dieser Gruppe auf Berliner Institutionen oder Institutionen und Vereinigungen während der letzten fünf Jahre bekannt geworden? Zu 30.: Dem Senat liegen keine Erkenntnisse zur Hackergruppe „Türk Hack Team“ vor. Auch sind dem Senat keine Cyber-Angriffe türkischer Nationalisten und Rechtsextremisten auf Berliner Institutionen oder Institutionen und Vereinigungen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland während der letzten fünf Jahre bekannt. Berlin, den 2. Oktober 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Okt. 2015)