Drucksache 17 / 17 036 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Burgunde Grosse (SPD) vom 18. September 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. September 2015) und Antwort Prekäre Arbeit bei Kinder- und Jugendambulanzen in freier Trägerschaft? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Werden die MitarbeiterInnen der Berliner Kinderund Jugendambulanzen (KJA) in freier Trägerschaft analog dem öffentlichen Dienst entlohnt? Wenn nicht, auf welcher Grundlage erfolgt die Entlohnung? 2. Erhalten alle KJA in freier Trägerschaft von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (SenBJW) entsprechend den Leistungen, die sie erbringen , die gleichen Zuwendungen für Personal? Wenn nicht, welche Gründe hat dies? 3. Erhalten KJA in öffentlicher Trägerschaft entsprechend den Leistungen, die sie erbringen, höhere Zuwendungen für Personal als jene, die von freien Trägern betrieben werden. Wenn ja, mit welcher Begründung? 4. Trifft es zu, dass langjährige MitarbeiterInnen von KJA in freier Trägerschaft auf dem Niveau der Gehaltsstruktur des BAT von 1998 und später eingestellte KollegInnen bei gleicher Qualifikation für die gleiche Tätigkeit ohne tarifvertragliche Grundlage entlohnt werden? 7. Plant der Senat, den Personalkostenanteil der Zuwendungen für die KJA in freier Trägerschaft entsprechend der Gehaltsstruktur des TV-L neu zu berechnen und den freien Trägern vorzugeben, ihre MitarbeiterInnen auf diesem Niveau zu entlohnen? Wenn ja, wann wird dies voraussichtlich erfolgen? Zu 1. bis 4. sowie 7.: Die Rahmenvereinbarung zur sozialpädiatrischen Versorgung im Land Berlin (RV), die 2005 zwischen den Rehabilitationsträgern - dem Land Berlin, vertreten durch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (SenBildJugWiss) sowie die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (SenGesSoz ), und den Gesetzlichen Krankenkassen/-verbänden (GKV) - abgeschlossen wurde und seit 2006 gilt, bildet die Grundlage für die Finanzierung und Leistungssicherstellung der sozialpädiatrischen Versorgung für Kinder und Jugendliche mit Behinderung. In der RV sind die sozialpädiatrischen Einrichtungen, die in Berlin an der sozialpädiatrischen Versorgung beteiligt sind, sowie deren Versorgungsaufträge festgelegt. Der Anhang 2 der RV listet die zum Versorgungsnetz gehörenden Kinder- und Jugendambulanzen, zugleich zugelassen als Sozialpädiatrische Zentren (KJA/SPZ) auf. Es handelt sich ausschließlich um Einrichtungen in freier Trägerschaft. Die KJA/SPZ, denen die Aufgabe der wohnort- und familiennahen sozialpädiatrischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung unter Einbeziehung des sozialen Umfelds zukommt, werden auf der Grundlage der RV anteilig aus Vergütungen der Krankenkassen und aus Mitteln des Landes Berlin finanziert. Der Landesanteil wird über Zuwendungen nach § 23 Landeshaushaltsordnung (LHO) an die Träger der KJA/SPZ ausgereicht. Die Zuwendung deckt für alle KJA/SPZ gleichermaßen die Leistungssicherstellung ab. Personal- und Sachkosten innerhalb der Zuwendung variieren nach Größe und Leistungsumfang der jeweiligen sozialpädiatrischen Einrichtung. Die Träger der KJA/SPZ wenden unterschiedliche Tarifsysteme an. Darüber hinaus gibt es einzelne Träger mit tarifunabhängig Beschäftigten. Vergütungen sind nur förderfähig, wenn sie sich im Rahmen des Zuwendungsrechts bewegen. Die Träger haben das Besserstellungsverbot nach der Landeshaushaltsordnung (LHO) und den Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) zu beachten. In Umsetzung der RV strebt der Senat von Berlin - gemeinsam mit den GKV - Leistungsvereinbarungen mit den Trägern der KJA/SPZ an. Mit der verbindlichen Vereinbarung differenzierter Leistungs- und Qualitätsparameter für die sozialpädiatrische Arbeit der KJA/SPZ wird die weitere inhaltliche Ausgestaltung und qualitative Weiterentwicklung unterstützt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 036 2 5. Wie oft und in welchen Schritten wurden die Zuwendungen für Personal an die KJA in freier Trägerschaft seit dem Jahr 2010 erhöht? In welchem Umfang wurden in diesem Zusammenhang jeweils die Gehälter der MitarbeiterInnen angepasst? 6. Trifft es zu, dass einzelne freie Träger von KJA den Personalkostenanteil der Zuwendungen, die sie erhalten, nicht vollständig für die Entlohnung ihrer MitarbeiterInnen verwenden? a) Wenn ja, plant der Senat, den freien Trägern in Zukunft entsprechende Vorgaben zu machen? b) Wenn ja, können die freien Träger über Überschüsse , die dadurch eventuell anfallen, selbständig verfügen ? Zu 5. und 6.: Über die Verwendung ihrer Zuwendung legen die Träger der KJA/SPZ jährlich Verwendungsnachweise vor, die von der Bewilligungsstelle geprüft werden. Bei keiner KJA/SPZ gab es Beanstandungen, die auf eine unsachgemäße Verwendung der Zuwendung durch den Träger schließen lassen. Die Personalkostenanteile in der Zuwendung decken im Übrigen nicht nur die Vergütung der Beschäftigten ab. Unter die Personalkostenanteile fallen z.B. auch Beiträge des Trägers zur Berufsgenossenschaft. Der Senat von Berlin hat die Mittel in Kapitel 1040 Titel 684 06 Teilansatz 2 für die Leistungssicherstellung in den KJA/SPZ kontinuierlich aufgestockt. Damit ist seit 2010 insbesondere die Schaffung von rund 50 neuen Personalstellen in den KJA/SPZ unterstützt worden, um eine bedarfsgerechte Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit sozialpädiatrischen Leistungen (Komplexleistungen , einschließlich Frühförderung und Früherkennung ) zu gewährleisten. Mit der Ansatzbildung für den Haushaltsentwurf 2016/2017 hat der Senat von Berlin grundsätzlich Vorsorge für die Erfüllung der Kostenverpflichtung des Landes nach RV und damit auch für die Deckung des steigenden Bedarfs getroffen. Darin enthalten sind auch zusätzliche Mittel für Vergütungs-/Tarifanpassungen, die beantragt werden können, sofern die Zuwendungsempfänger /Träger bindenden Tarifverträgen bzw. arbeitsrechtlich verpflichtenden Grundlagen unterliegen. Unter dieser Voraussetzung sind auch die Zuwendungen an die Träger der KJA/SPZ in den vorangegangenen beiden Doppelhaushalten aufgrund von Tarifanpassungen aufgestockt worden. Berlin, den 05. Oktober 2015 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Okt. 2015)