Drucksache 17 / 17 037 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christopher Lauer und Dr. Simon Weiß (PIRATEN) vom 15. September 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. September 2015) und Antwort „Kreation“ eines länderübergreifenden Telekommunikationsüberwachungszentrums am Parlament vorbei? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welchen externen Sachverstand in welchen Formen (Gutachten, Anhörungen etc.) und mit welchen einzelnen Ergebnissen hat die Arbeitsgruppe Telekommunikationsüberwachung (AG TKÜ), an der Berlin teilnimmt, miteinbezogen, um vor der Einrichtung des „Gemeinsamen Kompetenz- und Dienstleistungszentrums auf dem Gebiet der polizeilichen Telekommunikationsüberwachung “ (GKDZ) dessen „rechtliche Möglichkeiten, wirtschaftliche Effekte, technische Machbarkeiten und zulässige Kooperationsformen“ (siehe Antwort des Senats auf die Schriftliche Anfrage Drs. 17/15 529) zu prüfen? (Bitte eine genaue Auflistung jeder einzelnen Expertise nach Form, Titel, Datum und Ergebnis.) Zu 1.: Die Länder Brandenburg, Sachsen, SachsenAnhalt , Thüringen und Berlin prüfen seit 2010, ein gemeinsames Kompetenz- und Dienstleistungszentrum (GKDZ) auf dem Gebiet der polizeilichen Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) zu errichten. Externer Sachverstand wurde mit der Beauftragung der Firma ESG Elektroniksystem- und Logistik GmbH für die wirtschaftliche und technische Beratung hinzugezogen . Die rechtliche Zulässigkeit eines GKDZ wurde durch den externen Sachverständigen, Herrn Prof. Dr. H., intensiv geprüft. Professor H. ist Mitglied des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes und Inhaber des Lehrstuhls für öffentliches Recht, Sicherheitsrecht und Internetrecht der Universität Passau. Die Ergebnisse liegen der AG TKÜ vor. Sie dienen der Vorbereitung der erforderlichen Ressortabstimmung im Vorfeld des erforderlichen Senats- bzw. Kabinettsbeschlusses der beteiligten Länder. Im Anschluss wird der Gesetzentwurf dem Abgeordnetenhaus zugeleitet. Im Rahmen dieser Vorlage werden auch die Ergebnisse der externen Prüfungen vorgelegt. 2. Welche Gutachten wurden zu welchem Zeitpunkt bei wem zur Klärung welcher Fragestellungen für welchen Betrag von wem im Zusammenhang mit der Einrichtung des GKDZ vom Land Berlin in Auftrag gegeben ? a) Zu welchen Ergebnissen sind diese Gutachten jeweils gekommen? b) Welche Handlungsschritte betreffend der Einrichtung des GKDZ sind auf Grundlage der vorstehend genannten Gutachten jeweils von den Entscheidungsträger *innen vorgenommen worden bzw. welche sind zukünftig geplant? Zu 2.: Die Beauftragung zu der unter Antwort auf Frage 1 genannten Firma erfolgte federführend durch den Freistaat Sachsen in Abstimmung mit Berlin, Brandenburg , Sachsen-Anhalt und Thüringen. Die Universität Passau war Unterauftragnehmer der beauftragten Firma. Der Inanspruchnahme ging ein Vergabeverfahren voraus. Für die Beteiligung des Landes Berlin an der vergebenen Leistung sind Ausgaben in Höhe von 49.888,75 Euro angefallen. Hinsichtlich der gestellten Fragen zu 2.a) und 2.b) wird auf die Antwort zu 1., letzter Absatz verwiesen. 3. Wann sollte das Abgeordnetenhaus darüber informiert werden, dass eine „Einigung über eine geeignete Länderkooperation“ erzielt wurde und dass Berlin sich nun definitiv am GKDZ beteiligen wird (Siehe Antwort Zu 1.-9., Drs. 17/15529)? Zu 3.: Eine endgültige Entscheidung ist noch nicht getroffen worden, da die Ressortabstimmung erst in Kürze eingeleitet wird. Die aufgrund dieser Ressortabstimmung eingehenden Stellungnahmen führen zu einem erneuten Abstimmungsprozess zwischen den beteiligten Ländern. Nach erfolgtem Senatsbeschluss wird dem Abgeordnetenhaus ausführlich berichtet und der Entwurf des Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 037 2 Staatsvertrages zur Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens vorgelegt. 4. Wurde der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit bereits mit der Einrichtung des GKDZ unter der Beteiligung des Landes Berlin befasst und wenn ja, wann, in welcher Form und mit welchem Ergebnis? Zu 4.: Dem Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit wurde am 14. April 2015 im Rahmen einer zentralen Informationsveranstaltung für die Landesdatenschutzbeauftragten der Länder in Dresden das Projekt näher vorgestellt. Eine weitere Beteiligung findet im Rahmen der in Kürze einzuleitenden Ressortabstimmung statt. 5. Welche Aufgaben soll das geplante Überwachungszentrum allgemein wahrnehmen und welche Befugnisse soll es dafür erhalten? Zu 5.: Das geplante GKDZ soll als datenverarbeitende Stelle im Auftrag der Strafverfolgungsbehörden der Kooperationsländer tätig werden. Die Länder sollen mit TKÜ-spezifischen IT-Leistungen unterstützt werden. Das Vorhaben hat keinen Einfluss auf den Umfang der polizeilichen Befugnisse. 6. Welche konkreten Aufgaben soll dieses Überwachungszentrum für das Land Berlin aufgrund welcher Rechtsgrundlage wahrnehmen? Zu 6.: Siehe Antwort zu 5. Mit der Einrichtung des GKDZ werden keine neuen Eingriffsbefugnisse für die Strafverfolgungsbehörden geschaffen. Die Verantwortung über die TKÜ ist nicht delegierbar und verbleibt in Länderhoheit. Die Errichtung des GKDZ soll mit Gesetzgebungsverfahren per Staatsvertrag erfolgen. 7. Aufgrund welcher konkreten Tatsachen ist eine Beteiligung des Landes Berlin an einem gemeinsamen Zentrum für polizeiliche Telekommunikationsüberwachung erforderlich? Zu 7.: Aufgrund der dynamischen technologischen und technischen Entwicklungen bei der Telekommunikation werden für die TKÜ zukünftig erhebliche Aufwendungen erforderlich sein. Deshalb sind technische Komponenten und polizeiliche Organisation anzupassen. Durch eine länderübergreifende Konsolidierung und Optimierung soll insbesondere dem Kostendruck der einzelnen Länder – und damit auch des Landes Berlin - entgegengewirkt werden. Darüber hinaus wird das notwendige Personal mit dem erforderlichen Spezialwissen künftig nicht mehr bzw. nicht mehr im notwendigen Umfang in den einzelnen Ländern rekrutiert werden können. 8. Wo soll dieses Zentrum räumlich und organisatorisch angesiedelt werden? Zu 8.: Über den Dienstsitz des GKDZ wird im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses in den Ländern abschließend zu befinden sein. Geplant ist der Sitz in Sachsen . 9. Wie soll dieses Zentrum technisch konkret ausgestattet sein? Zu 9.: Die konkrete technische Ausstattung des GKDZ wird erst nach Abschluss des Gesetzgebungsprozesses in den Ländern im Detail zu beschreiben sein. Derzeit liegen Grobplanungen vor. Es ist eine georedundante Errichtung des GKDZ geplant. 10. Sollten die Fragen 5. bis 9. nicht beantwortet werden können: Wie kann der Senat dann fast drei Millionen Euro für die Einrichtung des GKDZ im Haushaltsplanentwurf für die Jahre 2016/2017 einstellen, wenn noch nicht einmal die wichtigsten Eckpunkte zur Einrichtung bekannt sind bzw. wenn gar nicht klar ist, welchen Mehrwert bzw. welchen Nutzen diese für das Land Berlin bringen soll? Zu 10.: Entfällt. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass durch die Veranschlagung im Haushaltsplanentwurf 2016/2017 Haushaltsvorsorge für das Vorhaben getroffen werden soll. 11. Sollen durch das GKDZ zukünftig auch QuellenTelekommunikationsüberwachungen durchgeführt werden und wenn ja, wie steht der Senat dazu? Zu 11.: Der geplante Aufgabenumfang des GKDZ sieht derzeit keine Quellen-Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen vor. Berlin, den 5. Oktober 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Okt. 2015)