Drucksache 17 / 17 053 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Hildegard Bentele (CDU) vom 22. September 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. September 2015) und Antwort Förderstrategie für Leistungsträger an Schulen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Maßnahmen hat der Senat unternommen, um die Förderstrategie für leistungsstärkere Schülerinnen und Schüler umzusetzen, die die KMK am 11.06.2015 beschlossen hat (bitte einzelne Auflistung zu Maßnahmen , Zeitpunkt von deren Beginn und ggf. ausgewählten Standorten)? a. Diagnostik b. Enrichment c. Akzeleration d. Gruppierung e. Integrierte Förderung f. Schulergänzende Maßnahmen g. Qualitative Weiterentwicklung der Lehrerbildung h. Stärkung von Bildungspartnerschaften Zu 1.: Eine Vielzahl von Maßnahmen zur Förderung leistungsstarker Schülerinnen und Schüler, die in der Förderstrategie beschrieben sind, wurden vom Land Berlin bereits vor dem 11.06.2015 umgesetzt. Die unten aufgeführten Maßnahmen werden fortgeführt. Zu 1a.: In Berlin besteht eine enge Kooperation zwischen Multiplikatorinnen und Multiplikatoren für Begabungsförderung und Schulpsychologinnen und Schulpsychologen . Diese bewirkt eine zuverlässige Identifikation von Schülerinnen und Schülern mit hohem Leistungspotential . Seit 2007 arbeitet die Fachgruppe Begabungsförderung in der Schulpsychologie eng mit den Bildungsberaterinnen und Bildungsberatern der regionalen Fortbildung zum Thema „Diagnostik“. Es findet jährlich ein Fachtag in Kooperation mit der KARG-Stiftung statt. Der Fachtag am 14.10.2015 trägt das Thema: „Pädagogische Diagnostik zur Identifikation besonderer Begabungen und Ressourcen“. Mit Unterstützung der KARG-Stiftung wurde 2009 der „Berliner Begabungskoffer“ mit Materialien zur Diagnostik besonderer Begabungen und Unterrichtsmaterialien für auffassungsstarke Lernende und solche mit hohem Leistungspotential zusammengestellt. Jede Schulpsychologische Beratungsstelle in Berlin verfügt über einen „Begabungskoffer“, der ausdrücklich auch den Lehrerinnen und Lehrern zugänglich ist und der für Fortbildungen eingesetzt wird. Zu 1b.: Enrichment-Angebote existieren in unterschiedlicher Form in allen Schulstufen und –arten, vorrangig an den neun Schulen des Netzwerks Grundschule sowie in den Grundschulen, Gemeinschaftsschulen, Integrierten Sekundarschulen und Gymnasien, die in den Verbünden der Regionalen Begabtengruppen am Nachmittag seit 2004/05 berlinweit zusammen gefasst sind. Im Schuljahr 2014/15 konnten 65 Kurse angeboten werden. Dieses Angebot erfolgt in Projektform über einen begrenzten Zeitraum oder aber als so genannte Plus- oder Expertengruppe schuljahresbegleitend. Darüber hinaus bieten die Gymnasien mit Schnelllernerklassen seit 2013/14 im Rahmen ihres speziellen Schulprofils ein Enrichment-Angebot. Zu 1c.: Besonders begabte Kinder haben seit dem Schuljahr 2005/06 die Möglichkeit, die flexible Schuleingangsphase (Jahrgangsstufen 1 und 2) in nur einem Jahr zu durchlaufen. Darüber hinaus kann im Laufe der Schulzeit jede Klassenstufe übersprungen werden. Schülerinnen und Schüler können ebenfalls in bis zu zwei Fächern am Unterricht in einer höheren Jahrgangsstufe teilnehmen. Zusätzlich ist neben dem Schulbesuch auch die Teilnahme am Programm „Studieren ab 16“, das u.a. die Technische Universität Berlin anbietet, möglich. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 053 2 Zu 1d.: Hier sind in erster Linie die Schnelllernerklassen an sieben Gymnasien in Berlin zu nennen. Standorte sind die Lessing-Oberschule, die Dathe-Oberschule, das Rosa-Luxemburg-Gymnasium, die Werner-von-SiemensOberschule , die Albrecht-Dürer-Oberschule, das OttoNagel -Gymnasium und die Humboldt-Oberschule. Daneben erfolgt eine Gruppierung in den mathematischnaturwissenschaftlich ausgerichteten Klassen der einschlägigen Profilschulen (z.B. Heinrich-HertzOberschule , Käthe-Kollwitz-Gymnasium) oder den musik - und sportbetonten Schulen, für die jeweils ein spezielles Aufnahmeverfahren gilt. Daneben existieren weitere sowohl inner- als auch außerschulische Angebote der Gruppierung. Darunter fallen die Teilnehmerkreise, die sich innerhalb ihrer Schulen auf die Wettbewerbe vorbereiten (z.B. „Jugend forscht“, „Jugend debattiert“, Olympiaden etc.). Daneben sind auch außerschulischen Angebote u. a. der „Schülergesellschaften “ als Form der Gruppierung zu verstehen. Zu 1e.: Im Rahmen der Individualisierung der Bildungsgänge erfolgt die Förderung innerhalb der Klassenverbände durch Binnendifferenzierung, durch „individuelle Lernpläne“, inklusive besonderer Absprachen zu Umfang und Tiefe bestimmter Lerngegenstände, oder durch die Ausweitung der Methodik des kooperativen und forschenden Lernens zur Schaffung von Freiräumen für besonders schnelle und auffassungsstarke Schülerinnen und Schüler. Zunehmend findet das „Compacting“ zur Verkürzung von Übungs- und Vertiefungsphasen leistungsstarker Schülerinnen und Schüler Eingang in den Unterricht. Zur Verankerung des gemeinsamen Lernens in heterogenen Klassen, unterbreiten einige Schulen das „Philosophieren mit Kindern und Jugendlichen“. Zu 1f.: Leistungsstarke und besonders begabte Schülerinnen und Schüler können sich in Berlin an einer Vielzahl schulergänzender Maßnahmen beteiligen. Im Einzelnen sind dies die regelmäßig stattfindenden Wettbewerbe. Anlassbezogene Ausschreibungen (u. a. Geschichtswettbewerbe , Wettbewerbe zur demokratischen Bildung etc.) erweitern das Angebot für besonders interessierte und leistungsstarke Schülerinnen und Schüler. In den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik stehen besonders interessierten Schülerinnen und Schülern die Angebote der Schülerlabore offen, die im Netzwerk „genaU“ organisiert sind. Zudem bietet Berlin seit dem Jahr 2008 Sommercamps für die Klassenstufen vier bis sechs sowie die JuniorAkademie für die Klassenstufen 7 bis 10 während der Sommerferien an. Ergänzt werden diese Ferienangebote durch ähnliche Programme der Dathe-Oberschule, der Albrecht-Dürer-Oberschule und des Barnim-Gymnasiums . Leistungsstarke Schülerinnen und Schüler haben die Möglichkeit, im Rahmen eines Frühstudiums bereits während der Schulzeit Studienleistungen zu erbringen, die auf ein späteres Studium anrechenbar sind. Weiterhin sind die Veranstaltungen der Kinder-Uni aufzuführen, die verschiedene Berliner Hochschulen jährlich durchführen. Im Rahmen des „Mathe-Treffs“ der HumboldtUniversität lernen und forschen mathematisch besonders begabte und interessierte Kinder der Primarstufe unter der Anleitung von Studierenden des Grundschullehramts einmal wöchentlich an Stationen. Ein weiteres Mentoren-Programm bietet der Verein „Fibonacci“. Hier werden begabte Kinder mit individuellen Handikaps und großen psycho-sozialen Belastungen in ihrer Potentialentfaltung besonders gefördert. Für leistungsstarke Kinder und Jugendliche aus so genannten bildungsferneren Milieus sowie für solche mit Migrationshintergrund stehen i.d.R. ab Klassenstufe 8 eine Reihe von Stipendien und Förderprogrammen zur Verfügung z.B. „Grips gewinnt“, START, Talent- und Vorbilder-Akademie, Roland-Berger-Stiftung. Zu 1g.: Die Universitäten implementieren derzeit die Vorgaben des Lehrkräftebildungsgesetzes (LBiG) in ihre Studien- und Prüfungsverordnungen. Das LBiG nennt u. a. in §1 Absatz 2 Satz 3 als Ziel und Inhalt der Lehrkräftebildung die Bedeutung der pädagogischen und didaktischen Basisqualifikationen in den Themenbereichen Sprachförderung mit Deutsch als Zweitsprache, Umgang mit Heterogenität und Inklusion sowie Grundlagen der Förderdiagnostik hervorgehoben. Die Berliner Universitäten, insbesondere die „Professional School of Education“ an der Humboldt-Universität, bieten seit 2012 Lehrveranstaltungen zum Thema „Begabungs - und Begabtenförderung“ im Masterstudium an. Durch die Ausrichtung des Unterrichts auf Kompetenzorientierung ist die Planung und Durchführung von Unterricht im Vorbereitungsdienst seither vom Gedanken der individuell ausgerichteten Diagnostik und der entsprechenden differenzierten Förderung von Schülerinnen und Schülern, auch der leistungsstärkeren, geprägt. Der Vorbereitungsdienst setzt deshalb in verschiedenen Pflichtbausteinen immer wieder an diesen Themen an: Im Pflichtbaustein Unterrichten 2 sowie im Pflichtbaustein Unterrichten 4 sind Heterogenität und Differenzierung explizit vorgesehen. Im Pflichtbaustein Unterrichten 6 steht individuelle Förderung sowie auch Begabtenförderung im Vordergrund. In sämtlichen anderen Bausteinen wird die Förderung leistungsstärkerer Schülerinnen und Schüler als Querschnittsthema behandelt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 053 3 In der Fort- und Weiterbildung finden seit dem Schuljahr 2007/08 regelmäßige Fortbildungsreihen für Lehrkräfte aller Schularten und Klassenstufen zum Thema „Begabungs- und Begabtenförderung“ statt, die von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft organisiert werden. In Fachgruppen findet ein regelmäßiger Austausch statt. Mit dem Themenfeld individuelles Lernen und in Vorbereitung auf die Umsetzung des neuen Rahmenlehrplans für die Jahrgangsstufen 1 bis 10 bietet die Fortbildung unterschiedliche Formate für Schulen und Lehrkräfte an, die sich zur Förderung der Potentiale der Kinder und Jugendlichen besonders eignen und den Blick auf besondere Begabungen unterstützen: Fortbildung zum entdeckenden forschenden Lernen in Lernwerkstätten, unterstützt von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und der AliceSalomon -Hochschule, Philosophieren über Natur (PhiNa), unterstützt von der KARG-Stiftung, Prozessbegleitende Fortbildung zum individuellen Lernen sowie zum Umgang mit Heterogenität (ProFiL), ein zweijähriges Fortbildungsprogramm für Schulen zur Unterrichtsentwicklung, unterstützt von der Deutschen Schulakademie. Die Regionale Fortbildung bietet Lehrkräften auf regelmäßigen Fachkonferenzen die Gelegenheit zum Austausch und zur Vertiefung. Zu 1h.: Im Jahr 2011 wurde das „Netzwerk Begabung Berlin“ mit Unterstützung der KARG-Stiftung gegründet. Hier versammeln sich Vertreterinnen und Vertreter der Erziehungs- und Familienberatungsstellen, der Schulpsychologischen Beratungsstellen, der Schulen, der Vereine zur Unterstützung und Förderung begabter Kinder und Jugendlicher sowie der Arbeitsstelle für Hochbegabung Berlin Brandenburg zum regelmäßigen Austausch. Das Netzwerk führt jährlich einen Fachtag durch. Berlin, den 01. Oktober 2015 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Okt. 2015)