Drucksache 17 / 17 063 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) vom 15. September 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. September 2015) und Antwort Organisierte Kriminalität in Berlin – Drogenhandel Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viel Großrazzien in Bezug auf den Drogenhandel gab es von 2010 bis heute in Berlin? (Auflistung erbeten .) Zu 1.: Eine Razzia ist gemäß der Polizeidienstvorschrift 100 (PDV 100) eine planmäßig vorbereitete, überraschende Überprüfung eines unbestimmten Personenkreises innerhalb einer abgesperrten Örtlichkeit. Razzien in diesem Sinne sind keine geeigneten Maßnahmen , den organisierten Drogenhandel erfolgreich zu bekämpfen. Entsprechend führt die Polizei Berlin keine Razzien zur Bekämpfung des bandenmäßig organisierten Drogenhandels im Bereich der Organisierten Kriminalität (OK) durch. 2. Welche Drogenarten wurden dabei in welchem Umfang konfisziert (Marihuana, Kokain, Amphetamine, Crystal Meth)? Zu 2.: Da nach polizeilicher Definition keine Razzien in Bezug auf den bandenmäßig organisierten Drogenhandel im OK-Bereich durchgeführt werden, können dazu keine Angaben gemacht werden. Unabhängig davon wird auf die Gesamtübersicht der Sicherstellungen von Betäubungsmitteln (BtM) in Berlin im Rahmen sämtlicher geführter Strafermittlungsverfahren in tabellarischer Form für den Zeitraum 2010-2014 verwiesen: Gesamtübersicht aller Sicherstellungen von BtM in Berlin 2010 2011 2012 2013 2014 Amphetamin (in kg) 33,38 22,27 99,39 66,77 42,26 Amphetamin-Derivate (Konsumeinheiten ) 19.619,00 2.603,00 13.954,00 7.577,00 17.705,00 Marihuana (in kg) 272,57 282,50 430,68 296,51 209,67 Kokain (in kg) 13,07 50,14 12,11 14,87 36,70 Crystal (in kg) 0,02015 0,0082 1,30 0,70 0,93 Die Zahlen beinhalten nicht die Sicherstellungen des Zollfahndungsamts Berlin-Brandenburg für das Stadtgebiet Berlin. 3. Von welchem Marktwert kann bei der Beschlagnahmung der unter 1. und 2. genannten Drogen bei den Großrazzien in Berlin ausgegangen werden? Zu 3.: Auf Grundlage der unter Frage 2 aufgeführten Gesamtübersicht wird der Marktwert der beschlagnahmten Drogen anhand von durchschnittlichen, bei Strafverfahren in Berlin bekannt gewordenen Straßenverkaufspreisen dargestellt: Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 063 2 Bei der Bewertung der aufgeführten Daten ist zu berücksichtigen , dass sie auf einer vergleichsweise geringen Datenmenge basieren und zudem jährlichen Schwankungen und Preisspannen unterliegen. 4. Wie viele Drogenhändler-Ringe konnten seit 2010 in Berlin aufgelöst werden? Zu 4.: Als Grundlage der Antwort werden die seitens des Landeskriminalamtes Berlin (LKA) geführten Strafermittlungskomplexe herangezogen, die sich nach den bundesweit einheitlich definierten Kriterien des Bundeskriminalamtes (BKA) als Organisierte Kriminalität einstufen lassen. Dem Kriminalitätsbereich Rauschgift können 42 Ermittlungskomplexe für den Zeitraum von 2010-2014 zugeordnet werden. Eine Differenzierung für die einzelnen Jahre ist nicht möglich, weil Verfahren teilweise über mehrere Jahre fortgeschrieben und bearbeitet werden. Ob in Folge der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen im Zusammenhang mit diesen Verfahrenskomplexen „Drogenhändlerringe“ nachhaltig aufgelöst werden konnten, kann nicht abschließend beurteilt werden. 5. Wie viele Anklagen und Verurteilungen erfolgten aufgrund der durchgeführten Razzien? 6. Welche Altersstrukturen und Nationalitäten konnten bei den Angeklagten festgestellt werden? Zu 5. und 6.: Es wird auf die Antwort zur Frage 1 verwiesen. 7. Welche Rolle spielen beim Drogenhandel RockerVerbindungen ? Zu 7.: In Berlin sind Angehörige sogenannte Outlaw Motorcycle Gangs (OMCG) mehrfach wegen Drogenhandel und -konsum polizeilich in Erscheinung getreten. Die Betäubungsmittel wurden dabei sowohl innerhalb der Szene als auch an Dritte veräußert bzw. weitervermittelt. 8. Welche Rolle spielen die vom Innensenator sogenannten „kriminellen Clans“ beim Drogenhandel in Berlin ? Zu 8.: Die Familienzugehörigkeit von Straftäterinnen und Straftätern unterliegt keiner statistischen Erfassung, weil gegen Straftäterinnen und Straftäter unabhängig von ihrer Familienzugehörigkeit ermittelt wird. 9. Ist es ausgeschlossen, dass insbesondere das Rockermilieu und die kriminellen Clans, bewusst versuchen an den Gemeinschaftsunterkünften und Erstaufnahmeeinrichtungen in Berlin, Flüchtlinge für den Drogenhandel zu rekrutieren? 10. Ist es auszuschließen, dass die Hintermänner des Drogenhandels im Görlitzer Park und auf dem RAWGelände aus dem Rockermilieu oder aus den vom Innensenator so genannten „kriminellen Clans“ stammen? Zu 9. und 10.: In Bezug auf das Rockermilieu liegen der Polizei keine konkreten Erkenntnisse vor. Hinsichtlich des Begriffs „kriminelle Clans“ wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. 11. Wie hoch schätzt das Landeskriminalamt Berlin den jährlichen Umsatz beim Drogenhandel in den letzten fünf Jahren in Berlin ein? Zu 11.: Es können seitens des LKA Berlin keine seriösen Schätzungen zum jährlichen Umsatz im Drogenhandel in Berlin abgegeben werden, insbesondere da im Bereich der Rauschgiftkriminalität ein sehr großes Dunkelfeld existiert. Marktwert der beschlagnahmten Drogen durch die Polizei in Berlin in € 2010 2011 2012 2013 2014 Amphetamin 60.084,00 89.080,00 397.560,00 166.925,00 147.910,00 Amphetamin-Derivate 98.095,00 13.015,00 69.770,00 75.770,00 106.230,00 Marihuana 1.090.280,00 1.186.500,00 1.292.040,00 889.530,00 524.175,00 Kokain 522.800,00 2.055.740,00 454.125,00 535.320,00 1.357.900,00 Crystal 1.410,50 574,00 26.000,00 24.500,00 139.500,00 Gesamtwert (€) 1.772.669,50 3.344.909,00 2.239.495,00 1.692.045,00 2.275.715,00 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 063 3 12. Gingen einzelnen Verurteilungen von Drogenhändlern Verständigungen im Strafverfahren voraus? Zu 12.: Grundsätzlich kommt es im Rahmen von Hauptverhandlungen wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz gegebenenfalls zu Verständigungen, ohne dass diese statistisch erfasst würden. Berlin, den 06. Oktober 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Okt. 2015)