Drucksache 17 / 17 071 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Heiko Herberg (PIRATEN) vom 22. September 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. September 2015) und Antwort Einwohnerveredelung mal anders? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie hoch ist die offizielle Einwohnerzahl Berlins? Zu 1.: Zum Stichtag 24.09.2015 waren in Berlin insgesamt 3.665.486 Einwohnerinnen und Einwohner im Melderegister erfasst. 2. Wie wird Einwohner diesbezüglich definiert? Zu 2.: Einwohnerinnen und Einwohner sind die Personen , die im Zuständigkeitsbereich einer Meldebehörde eine Wohnung bezogen und sich entsprechend der gesetzlich bestehenden Meldepflicht bei einer Meldebehörde angemeldet haben. 3. Wie stellt der Senat sicher, dass diese Zahl korrekt ist? Zu 3.: Die Richtigkeit des Melderegisters hängt in erster Linie von der Erfüllung der melderechtlichen Verpflichtungen der Einwohnerinnen und Einwohner ab. Daneben hat die Meldebehörde das Melderegister von Amts wegen zu berichtigen oder zu ergänzen, wenn ihr bekannt wird, dass Einträge unrichtig oder unvollständig sind. Dieses geschieht in der Praxis als tägliche Daueraufgabe , sofern Erkenntnisse über unrichtige Melderegistereinträge die Meldebehörde erreichen. Bestimmte Vorgänge (z. B. Versendung von Wahlbenachrichtigungen, Übersendung der Steueridentitätsnummer) bieten Anlass, aufgrund der unzustellbaren behördlichen Nachrichten zu ermitteln, ob eine Einwohnerin oder ein Einwohner unter seiner Meldeanschrift tatsächlich noch wohnt. Daneben unterrichten Behörden und sonstige öffentliche Stellen gemäß § 3a Abs. 3 Meldegesetz (MeldeG) unter den dort genannten Voraussetzungen die Meldebehörden, wenn ihnen konkrete Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der ihnen übermittelten Meldedaten vorliegen. Weitere Möglichkeiten der Meldebehörde die Richtigkeit und Vollständigkeit der Meldeverhältnisse der Einwohnerinnen und Einwohner zu überprüfen, stellen sich als rechtlich und tatsächlich schwierig dar. 4. Wie wird diese Einwohnerzahl bestimmt und in welchen Intervallen wird sie aktualisiert? Zu 4.: Das Melderegister wird durch die von den Berliner Meldebehörden dort registrierten An- und Abmeldungen der Einwohnerinnen und Einwohner tagesaktuell geführt. 5. Gibt es einen Datenaustausch der Einwohnermeldeämter mit anderen Bundesländern? Wenn nein, warum nicht? Zu 5.: Ja. Datenübermittlungen zwischen den Meldebehörden (in anderen Bundesländern) finden bei Zuzug nach Berlin und bei Wegzug aus Berlin nach § 26a MeldeG statt. 6. Meldet Berlin konsequent Einwohner in anderen Bundesländern ab, wenn sie aus diesen nach Berlin ziehen und einen Hauptwohnsitz hier anmelden? Kann Berlin eine Abmeldung dort überprüfen? Zu 6.: Nach § 26a Abs. 1 Satz 1 MeldeG hat die Meldebehörde bei einem Zuzug einer Einwohnerin oder eines Einwohners nach Berlin die bisher zuständige Meldebehörde und die für weitere Wohnungen zuständigen Meldebehörden davon durch Übermittlung der in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 17 MeldeG genannten Daten der Betroffenen oder des Betroffenen zu unterrichten (Rückmeldung). Dabei kann die Registrierung von An- und Abmeldungen der Einwohnerinnen und Einwohner im Melderegister ausschließlich durch die örtlich zuständige Meldebehörde vorgenommen werden. Zur Vereinfachung des Abmeldeverfahrens nach Wegzug aus einer Gemeinde wurde im Jahr 2006 das automatisierte Rückmeldeverfahren bundesweit eingeführt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 071 2 7. Haben die langen Wartezeiten bei den Berliner Meldeämtern Auswirkungen auf die offizielle Einwohnerzahl Berlins? Zu 7.: Dem Senat liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 8. Wie werden Verstöße gegen das Meldegesetz ermittelt ? Zu 8.: Es wird hierzu auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen . 9. Welche Kooperationen gibt es zwischen den Meldeämtern und anderen Behörden? Zu 9.: Bei den Meldedaten der Einwohnerinnen und Einwohner handelt es sich um personenbezogene Angaben . Sollen diese Daten anderen Behörden oder sonstigen öffentlichen Stellen oder an andere Dritte übermittelt werden, so bedarf es hierzu einer Rechtsgrundlage für die Zulässigkeit jeder einzelnen Datenübermittlung. In den Meldegesetzen der Länder finden sich hierzu entsprechende Rechtsgrundlagen. Darüber hinaus können auch in anderen Fachgesetzen Regelungen für die Übermittlung von Meldedaten enthalten sein. Datenübermittlungen zwischen den Meldebehörden und anderen Behörden oder sonstigen öffentlichen Stellen sind in Berlin insbesondere in den §§ 25, 26, 27 MeldeG und der Verordnung zur Durchführung des Meldegesetzes (DVO-MeldeG) geregelt . Darüber hinausgehende „Kooperationen“ sind melde - und datenschutzrechtlich nicht zulässig. 10. Wie hoch schätzt der Senat die Zahl der in Berlin lebenden, die hier weder mit Haupt- noch Nebenwohnsitz gemeldet sind, aber dennoch ihren Lebensmittelpunkt hier haben? Zu 10.: Dem Senat liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 11. Ab wann zählen Flüchtlinge (anerkannte und geduldete ), ausländische Studenten, Erwerbstätige aus anderen EU-Staaten zu oben erwähnter Definition von Einwohner ? Zu 11.: Jede Person, die eine Wohnung bezieht, hat sich grundsätzlich bei der Meldebehörde anzumelden und wird damit als Einwohnerin oder Einwohner der jeweiligen Kommune registriert. Von der Meldepflicht befreit sind lediglich Personen, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen (z.B. nach § 19 MeldeG Mitglieder einer ausländischen diplomatischen Mission) oder in bestimmten Fallkonstellationen eine Ausnahme von der Meldepflicht nach § 20 MeldeG besteht (z.B. Beziehen einer Wohnung bis zu sechs Monaten unter Beibehaltung der bisherigen weiteren Wohnung innerhalb Deutschlands). 12. Gibt es eine einheitliche Definition von Einwohner als Berechnungsgrundlage für die unterschiedlichen bundesstaatlichen Finanzströme wie z.B. Länderfinanzausgleich i.e.S., der Umsatzsteuerverteilung oder dem Königsteiner Schlüssel? Wie werden ggf. unterschiedliche Einwohnerzahlen begründet? Zu 12.: Für die drei genannten Berechnungsverfahren zur regionalen Verteilung finanzieller Be- und Entlastungen ist ausschließlich die Bevölkerungsfortschreibung des Statistischen Bundesamtes maßgeblich. 13. Welche Nachteile könnten Berlin entstehen, wenn seine Einwohnerzahl andauernd zu niedrig angesetzt wird? Zu 13.: Fortdauernd zu niedrig angesetzte Einwohnerzahlen können für Berlin im Grundsatz zu erheblichen finanziellen Nachteilen führen, da der Länderanteil an der Umsatzsteuer weitgehend auf der Einwohnerbasis auf die einzelnen Länder verteilt wird. Dies gilt auch für die weiteren Schritte des Länderfinanzausgleichs. Wegen der besonderen finanziellen Bedeutung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs für das Land Berlin führen zu niedrige Einwohnerzahlen somit im Wesentlichen zu einem negativen Effekt. Daneben ist zu berücksichtigen, dass sich eine Unterzeichnung der Einwohnerzahl in anderen Verteilungssystemen mit geringerem finanziellen Volumen für Berlin auch günstig auswirken könnte, nämlich dann, wenn Belastungen auf die Länder verteilt werden: Der Königsteiner Schlüssel, der als wesentliche Komponente auch die Einwohnerzahlen der Länder enthält, findet nicht nur bei der gemeinsamen Finanzierung von Forschungseinrichtungen , sondern auch bei weiteren Abkommen und Vereinbarungen seine Anwendung und regelt die jeweiligen Länderanteile. Berlin, den 01. Oktober 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Okt. 2015)