Drucksache 17 / 17 078 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Christopher Lauer (PIRATEN) vom 21. September 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. September 2015) und Antwort Gerissen, gefährlich und geheim – Kriminalitätsbelastete Orte in Berlin (III) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele „kriminalitätsbelastete Orte“ gemäß § 21 Abs. 2 Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz Berlin (ASOG Bln), an denen die Polizei Berlin verdachtsunabhängige Kontrollrechte hat, gibt es derzeit (Stand: 21. September 2015) im Land Berlin? (Bitte eine detaillierte Einzelauflistung nach Anzahl und jeweiliger Direktion.) Zu 1.: Die Polizei Berlin hat stadtweit 21 Orte gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 1 ASOG als kriminalitätsbelastet eingestuft (Stand: 28. September 2015). Eine dezidiertere Darstellung ist mit der Verschlusssachenanweisung nicht vereinbar (siehe auch Antwort zu Frage Nr. 2). In diesem Zusammenhang wird auch auf die Antwort zu der Frage Nr. 14 der Schriftlichen Anfrage Nr. 17/14496 vom 29. August 2014 „Gerissen, gefährlich und geheim – Kriminalitätsbelastete Orte in Berlin (II)“ hingewiesen , wonach der Senat an der Entscheidung, die so genannten „kriminalitätsbelasteten Orte“ nach § 21 Abs. 2 ASOG nicht öffentlich bekannt zu machen, festhält, da der Schutz der Anwohnerinnen und Anwohner vor Stigmatisierung und Verunsicherung sowie der Schutz der Funktionsfähigkeit der Polizei vor Beeinträchtigungen in diesem Zusammenhang Vorrang vor einer Offenlegung hat. 2. Welche polizeilichen Maßnahmen nach den §§ 21 Abs. 2 Nr. 1 (Identitätsfeststellung), § 34 Abs. 2 Nr. 2 (Durchsuchung von Personen) und § 35 Abs. 2 Nr. 2 ASOG Bln (Durchsuchung von Sachen) wurden an den unter 1. genannten „kriminalitätsbelasteten Orten“ jeweils wie oft seit Beginn des Jahres 2014 bis jetzt (Stand: 21. September 2015) durchgeführt? (Bitte eine detaillierte Einzelauflistung nach jeweiliger Maßnahme, Ort und Direktion.) Zu 2.: Hierzu wird auf die Antwort zu der Frage Nr. 7 der Schriftlichen Anfrage Nr. 17/14496 vom 29. August 2014 „Gerissen, gefährlich und geheim – Kriminalitätsbelastete Orte in Berlin (II)“ verwiesen. Erkenntnisse aus durchgeführten Maßnahmen fließen in entsprechende Lageberichte zu den jeweiligen kriminalitätsbelasteten Orten ein und dienen der kontinuierlichen Lagebeurteilung . Diese sind als „VS - nur für den Dienstgebrauch“ gekennzeichnet und unterliegen somit der Verschlusssachenanweisung (VS-Anweisung/VSA) für das Land Berlin vom 01. Dezember 1992. 3. Welche Straftaten wurden an den unter 1. genannten „kriminalitätsbelasteten Orten“ wie oft und wie jeweils begangen (Häufung, Begehungsweise und Schwere der festgestellten Straftaten)? (Bitte eine detaillierte Einzelaufschlüsselung nach Straftat, Häufigkeit, Begehungsweise und Schwere sowie Ort und Direktion.) Zu 3.: Gemäß der Fragestellung werden in folgender Tabelle (Quelle: Data Warehouse Führungsinformation, DWH FI) alle erfassten Straftaten an den 21 als kriminalitätsbelastet eingestuften Orten im Jahr 2014 sowie im ersten Halbjahr 2015 dargestellt. Als Grundlage für die Beurteilung der Lage hinsichtlich einer Einstufung als kriminalitätsbelasteter Ort dienen jedoch nicht alle aufgelisteten Straftaten. Lediglich die Straftaten von erheblicher Bedeutung gemäß § 17 Abs. 3 ASOG sowie Verstöße gegen aufenthaltsrechtliche Strafvorschriften sind hier von Relevanz. Unter den im Jahr 2014 erfassten zehn Straftaten gegen das Leben (ausschließlich Mord und Totschlag) befanden sich acht Versuchstaten. Im 1. Halbjahr 2015 wurden drei Straftaten gegen das Leben erfasst (statistische Erfassung von zwei Taten in der Kategorie „Mord und Totschlag“ sowie einmal Schwangerschaftsabbruch). In einem Fall handelt es sich um einen Versuch (statistisch erfasst in der Kategorie „Mord und Totschlag“). Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 078 2 Deliktsbereich Anzahl erfasste Fälle Deliktsbereich Anzahl erfasste Fälle Einfacher Diebstahl 16.218 Einfacher Diebstahl 9.694 darunter darunter Taschendiebstahl 5.809 Taschendiebstahl 3.668 Sonstiger EFD 5.035 Ladendiebstahl 3.089 Ladendiebstahl 4.826 Sonstiger EFD 2.593 Diebstahl an/aus Kfz 344 Diebstahl an/aus Kfz 225 Trickdiebstahl 116 Trickdiebstahl 72 Fahrraddiebstahl 69 Fahrraddiebstahl 34 Unbefugter Gebrauch Fahrzeug 9 Kraftwagendiebstahl 10 Kraftwagendiebstahl 7 Unbefugter Gebrauch Fahrzeug 3 Kraddiebstahl 3 Rohheitsdelikte 2.567 Rohheitsdelikte 5.646 darunter darunter Körperverletzung 1.570 Körperverletzung 3.420 Raub 366 Raub 790 Nötigung, Freiheitsberaubung, Bedrohung 350 Nötigung, Freiheitsberaubung, Bedrohung 760 Körperverletzung auf Straßen, Wegen und Plätzen 257 Körperverletzung auf Straßen, Wegen und Plätzen 635 Misshandlung Kinder/Schutzbefohlenen 15 Misshandlung Kinder/Schutzbefohlenen 29 Menschenhandel 9 Menschenhandel 12 Schwerer Diebstahl (Einbruch) 1.916 Schwerer Diebstahl (Einbruch) 3.914 darunter darunter Fahrraddiebstahl 598 Fahrraddiebstahl 1.255 Keller- und Bodeneinbruch 269 Geschäfts- und Betriebseinbruch 490 Geschäfts- und Betriebseinbruch 249 Diebstahl an/aus Kfz 473 Diebstahl an/aus Kfz 239 Keller- und Bodeneinbruch 441 Wohnungseinbruch 149 Sonstiger BSD 405 Sonstiger BSD 147 Wohnungseinbruch 314 Ladendiebstahl 128 Ladendiebstahl 249 Taschendiebstahl 69 Taschendiebstahl 128 Kraftwagendiebstahl 29 Kraftwagendiebstahl 71 Baustelleneinbruch 14 Kraddiebstahl 33 Kraddiebstahl 14 Baustelleneinbruch 30 Laubeneinbruch 5 Automateneinbruch 16 Automateneinbruch 3 Laubeneinbruch 8 Villeneinbruch 2 Villeneinbruch 1 Trickdiebstahl 1 Sexualdelikte 136 Sexualdelikte 63 darunter darunter Weitere Sexualdelikte 81 Weitere Sexualdelikte 35 Vergewaltigung, schwere sexuelle Nötigung 34 Vergewaltigung, schwere sexuelle Nötigung 22 Sexueller Missbrauch von Kindern 21 Sexueller Missbrauch von Kindern 6 Sonstige Straftaten 12.275 Sonstige Straftaten 6.407 darunter darunter Straftaten i.Z.m. Btm 4.295 Straftaten i.Z.m. Btm 2.979 Sachbeschädigung 2.027 Sachbeschädigung 1.039 Ausländer-/Asylverfahrensgesetz 1.728 Hausfriedensbruch 578 Hausfriedensbruch 1.187 Beleidigung 460 Beleidigung 1.124 Ausländer-/Asylverfahrensgesetz 347 Straftaten gegen die öffentliche Ordnung 405 Straftaten gegen die öffentliche Ordnung 232 Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte 354 Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte 156 Strafrechtliche Nebengesetze 295 Strafrechtliche Nebengesetze 153 Strafrechtliche Nebengesetze/Wirtschaft 208 Hehlerei 103 Hehlerei 180 Strafrechtliche Nebengesetze/Wirtschaft 102 Sonstige Straftaten STGB 157 Sonstige Straftaten STGB 77 Wettbewerbs-,Korruptions-,Amtsdelikte 82 Beleidigung auf sexueller Grundlage 40 Beleidigung auf sexueller Grundlage 71 Wettbewerbs-,Korruptions-,Amtsdelikte 34 Verleumdung, Üble Nachrede 57 Verletzung Unterhalts-/Fürsorgepflicht 23 Umweltdelikte 25 Verleumdung, Üble Nachrede 23 Brandstiftung 26 Erpressung 15 Erpressung 17 Brandstiftung 14 Vortäuschung einer Straftat 17 Umweltdelikte 12 Computerkriminalität 15 Vortäuschung einer Straftat 12 Verletzung Unterhalts-/Fürsorgepflicht 5 Computerkriminalität 8 Straftaten gegen das Leben 10 Straftaten gegen das Leben 3 darunter darunter Mord und Totschlag 10 Mord und Totschlag 2 Vermögensdelikte 14.596 Schwangerschaftsabbruch 1 darunter Vermögensdelikte 7.290 Beförderungs-, Leistungserschleichung 8.723 darunter Betrug 4.564 Beförderungs-, Leistungserschleichung 4.475 Unterschlagung 585 Betrug 2.229 Geld-, Wertzeichenfälschung 368 Unterschlagung 273 Urkundenfälschung 312 Urkundenfälschung 151 Veruntreuung 38 Geld-, Wertzeichenfälschung 139 Konkursstraftaten 6 Veruntreuung 14 Gesamtergebnis 52.795 Konkursstraftaten 9 Gesamtergebnis 27.940 Erfasste Straftaten zu den "kbO" in Berlin (Zeitraum Jan-Jun 2015) Quelle: DWH FI, Stand 29.09.2015, Erfasste Straftaten an kriminalitätsbelasteten Orten im 1.Halbjahr 2015 Quelle: DWH FI, Stand 29.09.2015, Erfasste Straftaten an Erfasste Straftaten zu den "kbO" in Berlin (Zeitraum Jan-Dez 2014) kriminalitätsbelasteten Orten im Jahr 2014 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 078 3 4. Was haben die Sonderbefugnisse der Polizei Berlin an den jeweiligen „kriminalitätsbelasteten Orten“ für die Aufgabenerfüllung nach § 1 ASOG Bln – insbesondere für die Gefahrenabwehr und die Strafverfolgung – konkret gebracht und wurde die Effektivität dieser Maßnahmen evaluiert und wenn ja wann, wie und mit welchem Ergebnis? Zu 4.: Inwieweit konkrete Straftaten durch polizeiliche Maßnahmen verhindert werden konnten, ist naturgemäß statistisch nicht erfassbar. Die an den einzelnen kriminalitätsbelasteten Orten jeweils getroffenen Maßnahmen unterliegen einer regelmäßigen Wirkungskontrolle und finden ihre Niederschrift in den jeweiligen Lageberichten, die der VS-Anweisung für das Land Berlin unterliegen. Auf die Beantwortung der Frage Nr. 2 wird verwiesen. 5. Wie haben sich die „kriminalitätsbelasteten Orte“ seit Beginn des Jahres 2014 bis jetzt (Stand: 21. September 2015) verändert? Wie viele wurden wann neu festgelegt , aufgehoben oder geändert? (Bitte eine detaillierte Einzelauflistung nach Ort und jeweiliger Direktion und Datum.) Zu 5.: Im 1. Halbjahr 2014 ist die Einstufung einer Örtlichkeit gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 1 ASOG als kriminalitätsbelasteter Ort aufgehoben sowie die räumliche Ausdehnung eines weiteren kriminalitätsbelasteten Ortes geändert worden. Neue Örtlichkeiten sind seit dem 1. Januar 2014 nicht hinzugekommen. 6. Wie viele Vorlagen der Polizeidirektionen auf Festlegung eines „kriminalitätsbelasteten Ortes“ wurden seit Beginn des Jahres 2014 bis jetzt negativ beschieden und warum? Zu 6.: Seit Januar 2014 wurden der Behördenleitung durch die örtlichen Direktionen keine neuen kriminalitätsbelasteten Orte vorgelegt, somit wurden auch keine negativ beschieden. 7. Sollte die Beantwortung der Frage 2 mit Verweis auf die Verschlusssachenanweisung (VS-Anweisung/VSA) abgelehnt werden und/oder sollte die Frage 4 nicht beantwortet werden können, weil eine „statistische Effektivitätsprüfung “ nicht stattfindet: Wie können im ASOG Bln umfangreiche Sonderrechte für die Polizei Berlin eingeräumt werden, aufgrund derer verdachtsunabhängig jede Berlinerin/jeder Berliner an von der Polizei geheim gehaltenen Orten kontrolliert werden kann, wenn der Senat auf Nachfrage nicht einmal angeben kann, wie oft die einzelnen Maßnahmen konkret durchgeführt wurden und wie effektiv diese wirklich für die Gefahrenabwehr und zur Strafverfolgung waren? Zu 7.: Die im ASOG Berlin getroffenen Regelungen betreffen polizeiliche Standardmaßnahmen, die in allen Polizeigesetzen der Bundesländer enthalten sind. Auf die Beantwortung der Fragen Nr. 2 und Nr. 4 wird verwiesen. Berlin, den 12. Oktober 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Okt. 2015)