Drucksache 17 / 17 080 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Fabio Reinhardt und Christopher Lauer (PIRATEN) vom 22. September 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. September 2015) und Antwort Sicherheitsdienst vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) II Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) nimmt Hinweise oder begründet vorgetragene Vorwürfe gegen Wachschützer oder andere Personen im Zusammenhang mit Verdachtsfällen auf Bestechung oder korrupte Verhaltensweisen sehr ernst und geht diesen Hinweisen umgehend nach. Üblicherweise wird sofort die Polizei eingeschaltet und behördenintern ermittelt. Allerdings können nur konkrete und belastbare Hinweise derartige Ermittlungen auslösen. Insofern ist zu berücksichtigen, dass ein Vergehen gegen dienst- oder arbeitsrechtliche Vorschriften schwer wiegt und für die Beschuldigten gravierende Auswirkungen haben kann. Im Falle eines arbeitsrechtlichen Streitverfahrens, dessen Gegenstand eine schwerwiegende Pflichtverletzung der oder des betroffenen Wachschutzbediensteten ist, liegt die Beweislast auf Arbeitgeberseite; daher muss eine vorgebrachte Beschuldigung im Ergebnis der Überprüfung zur Feststellung von belastenden Tatsachen führen, die den Anforderungen an ein gerichtsfestes Beweismittel genügen . Zudem müssen Personen, die eine derartige Beschuldigung vorbringen, sich bewusst sein, dass sie sich bei einer unwahren Behauptung u. U. strafbar nach §§ 185, 186 Strafgesetzbuch – StGB (Tatbestände Üble Nachrede bzw. Verleumdung) machen können. Es dient daher auch dem Schutz dieser Personen, wenn das LAGeSo bei derartigen Verdachtsfällen mit besonderer Sorgfalt und Gründlichkeit vorgeht. Diese Sorgfaltspflicht verbietet es, Vorermittlungen gegen Bedienstete allein auf Grund von bloßem Hörensagen oder pauschalen, nicht objektiv überprüfbaren und somit nicht belastbaren Äußerungen – einschließlich nicht substantiierten Mitteilungen in sozialen Netzwerken o. ä. Plattformen - einzuleiten. 1. Verfügt der Senat über Erkenntnisse, die den Verdacht begründen, dass Mitarbeiter*innen des Sicherheitsdienstes SpySec Security, der in Abstimmung mit dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) u. a. auch mit der Kundensteuerung auf dem Gelände beauftragt wurde, Asylsuchenden und anderen Vorsprachebegehrenden gegen Bezahlung einen vorteilhafteren Platz in der Vorsprachereihenfolge anbieten? Wenn ja, welche Erkenntnisse sind dies und wie viele Sicherheitsdienstmitarbeiter *innen haben wann welche Summen gefordert ? Zu 1.: Weder das LAGeSo noch die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales verfügen über derartige Erkenntnisse . 2. Wurde die unter 1. genannte Problematik in den gemeinsamen regelmäßigen Besprechungsrunden zwischen LAGeSo- und SpySec-Sicherheitsdienstmitarbeiter *innen diskutiert? a) Wenn ja, mit welchem Ergebnis? b) Wenn nein, warum nicht? Zu 2.: Über einen entsprechenden Vorwurf wurde in den Besprechungsrunden informiert. 3. Werden die im regelmäßigen Turnus stattfindenden Besprechungsrunden zwischen LAGeSo- und SpySecSicherheitsdienstmitarbeiter *innen protokolliert? (Sollten diese Protokolle vorliegen, diese bitte im Originalwortlaut beifügen.) Zu 3.: Bei diesen Terminen handelt es sich um Kurzunterweisungen (sog. Briefings), die nicht protokolliert werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 080 2 4. In der Antwort auf die Schriftliche Anfrage vom 21.08.2015 (Drs. 17/16848) räumt der Senat ein: „In Ausnahmefällen wurden bereits einzelne Personen von einem Einsatz am LAGeSo ausgeschlossen“. Wie viele Mitarbeiter *innen des Sicherheitsdienstes SpySec wurden bisher wann genau und aus welchen Gründen vom Einsatz am LAGeSo ausgeschlossen? Zu 4.: Es waren zwei Mitarbeiter betroffen. Der Ausschluss vom Einsatz erfolgte in einem Fall wegen eines nicht adäquaten persönlichen Verhaltens bei der Dienstausübung (unbeherrschtes Auftreten), im zweiten Fall war der betroffene Mitarbeiter wiederholt Bedrohungen durch vorsprechende Personen ausgesetzt und wurde daher vom Dienst abgezogen. 5. Laut Twitter-Account des Senators für Gesundheit und Soziales, Mario Czaja, ist ihm der Vorwurf gegen den Sicherheitsdienst SpySec, Wartenden vor dem LAGeSo gegen Bezahlung vorteilhaftere Plätze in der Vorsprachenreihenfolge anzubieten, bereits bekannt (https://twitter.com/MarioCzaja/status/645482223605575 680). Wurden daraufhin Maßnahmen zur Überprüfung des Sicherheitsdienstes und seiner Arbeit veranlasst und wenn ja, welche und mit welchem konkreten Ergebnis jeweils? Zu 5.: Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Da zunächst nicht ausgeschlossen werden konnte, dass es sich um Straftatbestände handelt, wurde hierüber die Polizei informiert, in deren Verantwortung die weiteren Maßnahmen liegen, zu denen aus ermittlungstechnischen Gründen keine Aussagen getroffen werden können. Im Übrigen hat der Senator für Gesundheit und Soziales auf einen von dem Mitglied des Bundestages, Özcan Mutlu, im Mikroblogger-Dienst „Twitter“ am 19.09.2015 verbreiteten Tweet noch am gleichen Tag sinngemäß geantwortet, dass zwar derartige Vorwürfe wiederholt im Internet geäußert werden, jedoch bisher weder entsprechende Anzeigen eingegangen sind noch Namen und/oder Zeugen benannt wurden. 6. Durch welche konkreten Maßnahmen wird nachhaltig sichergestellt, dass Sicherheitsdienstmitarbeiter*innen für ihre Tätigkeiten am LAGeSo für sich oder Dritte keine Vorteile fordern und/oder annehmen? Zu 6.: Das Unternehmen Spysec Security Service Sicherheitsdienst weist auf seiner Internetpräsenz die erteilte Zertifizierung nach der DIN EN ISO 9001 aus. Hierbei handelt es sich um eine Qualitätsmanagementnorm, die u. a. Vorgaben zur Verantwortung der Unternehmensleitung, etwa bezüglich der Kundenorientierung und der Qualitätspolitik enthält. Wer ein solcherart zertifiziertes Unternehmen beauftragt, muss daher davon ausgehen, dass unternehmensintern ausreichende Vorkehrungen getroffen werden, um eine korrekte Erledigung der übertragenen Aufgaben sicherzustellen und geeignete ManagementMaßnahmen zur Qualitätssicherung erfolgen. Hierzu gehört nach Auffassung des Senats selbstverständlich auch zu gewährleisten, dass das beschäftigte Personal keine persönlichen Vorteile durch eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung im Rahmen des Publikumsverkehrs zu erlangen trachtet. Auch, wenn naturgemäß individuelles Fehlverhalten niemals gänzlich ausgeschlossen werden kann, ist von einem im öffentlichen Raum tätigen Sicherheitsunternehmen zu erwarten, dass etwaige Missstände unverzüglich behoben werden. Davon unabhängig werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Wachschutzunternehmens im LAGeSo regelmäßig auf die Folgen einer schwerwiegenden Pflichtverletzung hingewiesen. Im Übrigen geht der Senat davon aus, dass sich die als Folge des anhaltend hohen Publikumsaufkommens immer noch stark angespannte Situation bei der Registrierung von neu eingereisten Flüchtlingen mit der zum 15.10.2015 geplanten Inbetriebnahme der Zentralen Ersterfassung am Standort Bundesallee nachhaltig verbessern wird, so dass auch die Wartefristen bis zur erstmaligen Vorsprache deutlich reduziert werden können. 7. Werden die Beschwerden über einzelne Mitarbeiter *innen von Sicherheitsdiensten am LAGeSo und insbesondere von Mitarbeiter*innen des Unternehmens SpySec in Vermerken schriftlich festgehalten? (Sollten diese Vermerke vorliegen, diese bitte im Originalwortlaut beifügen.) Zu 7.: Beschwerden über ein vermeintliches Fehlverhalten von Angehörigen des Sicherheitsdienstes können jederzeit an das Zentrale Qualitäts- und Beschwerdemanagement des LAGeSo übermittelt werden. Dort liegen allerdings bisher keine Beschwerden über einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes vor; vielmehr handelt es sich in der Regel um pauschale Beschwerdetatbestände wie etwa ein vermeintlich unfreundliches Verhalten des Sicherheitspersonals o. ä. Vorbringen. Berlin, den 08. Oktober 2015 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Okt. 2015)