Drucksache 17 / 17 085 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Elke Breitenbach und Hakan Taş (LINKE) vom 24. September 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. September 2015) und Antwort Zahlen zur Flüchtlingsunterbringung zu Beginn der kalten Jahreszeit Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele und welche Notunterkünfte für Flüchtlinge sind in Berlin derzeit nicht winterfest und wie viele Flüchtlinge sind in diesen Unterkünften untergebracht? 2. Was unternimmt der Senat, um mit Beginn der Heizperiode am 1. Oktober alle Flüchtlinge in winterfesten Unterkünften unterzubringen? 3. Was versteht der Senat unter einer winterfesten Unterkunft ? Zu 1. bis 3.: Eine Unterkunft kann als „winterfest“ gelten, wenn diese beheizbar ist und auf die in Mitteleuropa üblichen meteorologischen Verhältnisse während der Wintermonate ausgelegt ist, also insbesondere auch bei zweistelligen Temperaturen unterhalb des Gefrierpunkts, starkem Schneefall und hohen Windstärken Stabilität und ausreichenden Schutz gegen Kälte und Nässe gewährleistet . Mit Ausnahme der 700 Plätze, welche in der Zeltstadt am Standort Schmidt-Knobelsdorf-Straße vorgehalten werden, erfüllen alle derzeit betriebenen Flüchtlingsunterkünfte die vorgenannten Anforderungen. Um für die erfolgreiche Bewältigung der enormen Herausforderung, welche aus der unerwartet stark angestiegenen Anzahl der um Schutz nachsuchenden Menschen erwächst, alle auf Landesebene verfügbaren Ressourcen zu bündeln und nutzbaren Potentiale zu erschließen , beschloss der Senat am 11.08.2015 u. a. die Einrichtung eines landesweiten Koordinierungsstabes Flüchtlingsmanagement (LKF) unter Federführung der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales. Dieses Gremium unterstützt das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) bei der Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben , insbesondere bei der Erstaufnahme von Anträgen im Asylverfahren und der Unterbringung von Flüchtlingen. Die Einrichtung dieses Gremiums bildet das Kernstück eines vom Senat initiierten Sofortprogramms, welches die administrativen und organisatorischen Voraussetzungen dafür schaffen soll, dass Berlin - ungeachtet der immens angestiegenen Zuzugszahlen - der Herausforderung, alle aufgenommenen Flüchtlinge angemessen unterzubringen und zu versorgen, gerecht werden kann. Die Schaffung ausreichender Kapazitäten, um alle in Berlin aufgenommenen Flüchtlinge in winterfesten Unterkünften unterbringen zu können, stellt eine Aufgabe höchster Priorität für den LKF dar. Um die Unterbringung aller nach Berlin verteilten Flüchtlinge in winterfesten Unterkünften sicherzustellen, wurde bereits mit der kurzfristigen Herrichtung von Großquartieren begonnen bzw. diese wurden teilweise bereits in Betrieb genommen. 4. Wie viele a. Erstaufnahmeeinrichtungen, b. Gemeinschaftsunterkünfte, c. Notunterkünfte oder d. Hostels/Pensionen gibt es derzeit und wie viele Flüchtlinge sind in diesen Unterkünften sowie in Wohnungen untergebracht? 8. Wie viele Erstaufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder Notunterkünfte werden derzeit von a. privaten und b. gemeinnützigen Trägern betrieben werden und wie viele Flüchtlinge sind in diesen Unterkünften derzeit jeweils untergebracht? Zu 4. und 8.: Die Belegungssituation der Berliner Unterbringungsleitstelle (BUL) stellt sich mit Stand 29.09.2015 wie folgt dar (die Werte in Klammern beziehen sich auf Unterkünfte, welche von freigemeinnützigen Trägern betrieben werden, einschließlich gemeinnützige GmbH; die übrigen Unterkünfte/Plätze entfallen auf privatwirtschaftliche Betreiberinnen und Betreiber): Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 085 2 Unterbringung in Anzahl Belegung Aufnahme nach § 44 AsylVfG* 6 (6) 2.160 (2.160) Vertragsgebundene Gemeinschaftsunterkünfte 38 (15) 9.985 (4.157) Vertragsfreie Unterkünfte 1 (-) 385 (-) Notunterkünfte 37 (25) 11.056 (6.307) Summe 82 (46) 23.586 (12.624) *) Asylverfahrensgesetz Zusätzlich sind ausweislich dieser Statistik 1.399 Personen in Hostels und Pensionen untergebracht. Diese Zahl setzt sich zusammen zum einen aus der Anzahl der Personen , die zum Stichtag auf Grund der mit einigen Betreiberinnen und Betreibern vereinbarten festen Kontingente in diesen Häusern untergebracht worden sind. Zum anderen geht in die ausgewiesene Belegung auch jener Anteil der von der Zentralen Aufnahmeeinrichtung des Landes Berlin für Asylbewerber (ZAA) ausgegebenen Kostenübernahmen ein, der tatsächlich von den Berechtigten zur Einquartierung in ein Hostel oder eine Pension genutzt wurde und dessen Rücklauf durch den Beherbergungsbetrieb bis zum jeweiligen Stichtag erfolgt ist. 5. Wie viele Erstaufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder Notunterkünfte gibt es derzeit in a. ehemaligen Bürogebäuden, b. ehemaligen Schulen, c. ehemaligen Pflegeeinrichtungen/Krankenhäusern o.ä., d. ehemaligen Kasernen, e. ehemaligen Beherbungsbetrieben, f. Zelten, g. Sporthallen, h. Traglufthallen, i. Containern oder j. Sonstigem und wie viele Flüchtlinge sind in diesen Unterkünften derzeit jeweils untergebracht? Zu 5.: In einer Kaserne (d) sind zurzeit 950 Flüchtlinge untergebracht, in Zelten (f) an einem Standort 608, in zwei Traglufthallen (h) an einem Standort 294 und in Wohncontainern (i) an sechs Standorten insgesamt 2.097. Die Unterbringung von Flüchtlingen in ehemaligen Bürogebäuden, ehemaligen Schulen, ehemaligen Pflegeeinrichtungen /Krankenhäusern, ehemaligen Beherbergungsbe -trieben, Sporthallen und Containern wird statistisch nicht erfasst. 6. Wie viele Erstaufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder Notunterkünfte gibt es derzeit in Objekten a. des Landes Berlin, b. des Bundes, c. der Bezirke oder d. privater Eigentümer*innen und wie viele Flüchtlinge sind in diesen Unterkünften derzeit jeweils untergebracht? Zu 6.: Das Land Berlin verfügt über drei Aufnahmeeinrichtungen mit 993 Plätzen, zehn Gemeinschaftsunterkünfte mit 2.747 Plätzen und neun Notunterkünfte mit 3.152 Plätzen. Der Bund verfügt über eine Aufnahmeeinrichtung mit 307 Plätzen, zwei Gemeinschaftsunterkünfte mit 885 Plätzen und vier Notunterkünfte mit 2.010 Plätzen. Die Bezirke verfügen über drei Gemeinschaftsunterkünfte mit 1.208 Plätzen und zehn Notunterkünfte mit 2.278 Plätzen. Private Eigentümerinnen und Eigentümer verfügen über zwei Aufnahmeeinrichtungen mit 921 Plätzen, 18 Gemeinschaftsunterkünfte mit 4.598 Plätzen und neun Notunterkünfte mit 3.063 Plätzen. 7. Wie viele und welche Flüchtlingsunterkünfte in Berlin verfügen derzeit über a. keine Duschen oder b. Duschcontainer und wie viele Flüchtlinge sind in diesen Unterkünften jeweils untergebracht? Zu 7.: Eine statistische Erfassung/Auswertung liegt dazu nicht vor. 9. Gelten die Qualitätsanforderungen für vertragsgebundene Unterkünfte des Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) derzeit noch für die Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünfte des Landes Berlin? Wenn nein, warum nicht und für welche Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünfte gelten sie nicht mehr bzw. nur noch eingeschränkt und warum jeweils? Zu 9.: Die Qualitätsanforderungen gelten für vertragsgebundene Gemeinschaftsunterkünfte (einschl. Aufnahmeeinrichtungen nach § 44 AsylVfG) weiterhin mit der Maßgabe, dass unter Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten in Abstimmung mit dem LAGeSo Abweichungen möglich sind. Dies gilt insbesondere für Unterkünfte mit Notbelegung. Für reine Notunterkünfte, wie etwa provisorisch hergerichtete Sporthallen o. ä. Objekte finden die Qualitätsanforderungen keine Anwendung; das LAGeSo bemüht sich jedoch in jedem Einzelfall um bestmögliche Unterbringungsbedingungen, soweit es die Verhältnisse vor Ort ermöglichen. Im Vordergrund steht dabei stets die Zielsetzung, ungeachtet der sehr hohen und in diesem Ausmaß nicht vorhersehbaren Zuzugszahlen Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 085 3 Obdachlosigkeit zu vermeiden. Auf Grund der Vielzahl der derzeit betriebenen Einrichtungen und der unterschiedlichen Anforderungen – etwa bei Aufnahmeeinrichtungen nach § 44 AsylVfG hinsichtlich der Vollverpflegung – können weitergehende, einrichtungsspezifische Angaben nicht gemacht werden. 10. Trifft es zu, dass Anbieter*innen von Wohnungen sowie Objekten zur Sammelunterunterbringung von Flüchtlingen teilweise monatelang auf eine Antwort oder gar eine Prüfung ihrer Angebote durch die Berliner Unterbringungsleitstelle (BUL) warten? Wenn ja, was unternimmt der Senat, um die Prüfung zu beschleunigen? 11. Wie viele unbearbeitete/ungeprüfte Angebote von Wohnungen sowie Objekten von Sammelbringung von Flüchtlingen gibt es derzeit in der BUL? Zu 10. und 11.: Alle Angebote werden erfasst und die Anbieterinnen und Anbieter erhalten eine Eingangsbestätigung . Wohnungsangebote werden an das Evangelische Jugend- und Fürsorgewerk weitergeleitet, da der Verein durch entsprechende Vereinbarung für die Wohnungsvermittlung zuständig ist. Die Bearbeitung und Prüfung der Objekte erfolgt bedarfsorientiert. Dementsprechend fällt die Dauer bis zu einer abschließenden Entscheidung über die Angebote unterschiedlich aus. 12. Trifft es zu, dass ein Unternehmen des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen der BUL ein Objekt mit rund 140 Wohneinheiten zur Unterbringung von Flüchtlingen angeboten hat, dessen Sanierung es zu diesem Zweck zurückgestellt hatte? Wenn ja, wann hat die BUL dieses Angebot erhalten und wann und mit welchem Ergebnis wurde es geprüft? Zu 12.: Die zentrale Erfassung derartiger Angebote befindet sich im LAGeSo derzeit noch im Aufbau. Die Auswertung der dezentral erfassten Angebote wurde veranlasst, das Ergebnis steht aber noch aus. Unsanierte Objekte wurden allerdings nicht prioritär verfolgt, da es zurzeit darum geht, schnell zu realisierende Notunterkünfte zur Vermeidung von Obdachlosigkeit zu finden. 13. Wurde das Thema Flüchtlingsunterbringung bei einem der Treffen oder in einer Arbeitsgruppe des „Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten“ behandelt? Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Zu 13.: Ziel der bereits im Jahr 2012 zwischen dem Land Berlin, vertreten durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, und den städtischen Wohnungsbaugesellschaften , vertreten durch ihre Geschäftsführerinnen bzw. Geschäftsführer und Vorstände, getroffenen Vereinbarung war und ist es, Wohnraum zu bezahlbaren Mieten anzubieten, um so einkommensschwächere und breite Bevölkerungsschichten mit Wohnraum zu versorgen. Preiswerter Wohnraum soll demgemäß vorrangig an Haushalte vergeben werden, die Anspruch auf den einfachen Wohnberechtigungsschein (WBS) sowie auf einen WBS mit besonderem Wohnbedarf haben. Hierzu zählen auch Flüchtlinge, so dass diese, wie die übrigen Bedarfsgruppen , im Rahmen des „Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten“ bei der Überlassung von mietbereiten Wohnungen besonders berücksichtigt werden. Darüber hinaus werden Flüchtlinge auf der Grundlage des Kooperationsvertrages „Wohnungen für Flüchtlinge - WfF“, die die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften mit dem Land Berlin geschlossen haben, gesondert mit Wohnungen versorgt. Berlin, den 15. Oktober 2015 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Okt. 2015)