Drucksache 17 / 17 110 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN) vom 15. September 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. September 2015) und Antwort Dokumentenscanner: Aufwand größer als Nutzen? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Ist es richtig, dass der Senat beabsichtigt, neue Dokumentenscanner /Software in den Bürgerämtern der Bezirke zu installieren, um gefälschte Dokumente zu identifizieren? Zu 1.: Der Senat prüft zurzeit die Einführung von Dokumentenprüfgeräten in den Berliner Bürgerämtern. Ziel ist die zeitgemäße Überprüfung von Pässen und Ausweisdokumenten auf Echtheit, um die Aufnahme von Personen mit gefälschten Dokumenten in das Melderegister zu vermeiden. 2. Wenn ja, welcher Grund (Erhebung oder Statistik) veranlasste den Senat zu dieser Entscheidung? Zu 2.: Zum einen ist es die Pflicht einer Behörde, vorgelegte Dokumente auf Echtheit zu prüfen, zum anderen gibt es dringende Hinweise von Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder, diese Prüfungen mit dem aktuellen Stand der Technik durchzuführen. Ein großer Teil gefälschter elektronisch lesbarer Dokumente lässt sich ohne technische Hilfsmittel nicht mehr erkennen. Durch den Einsatz von Lese- und Kontrollsystemen sind sowohl Meldebehörden als auch Polizeibehörden in der Lage, die Daten, wie z.B. maschinenlesbare Zeilen oder Barcodes, aus Ausweisen auszulesen. Außerdem kann auf diese Art die Echtheit von Ausweisen verlässlich, zeitnah sowie personalsparend geprüft werden, um den gesetzlichen Auftrag zu erfüllen. 3. „Das Erschleichen von Meldebescheinigungen durch die Vorlage gefälschter Ausweisdokumente wird bei der Polizei Berlin statistisch nicht gesondert erfasst.“ (Drs. 17/15588) Wenn der Berliner Polizei keine belastbaren Daten zum „Erschleichen von Meldebescheinigungen “ mittels gefälschter Ausweise vorliegen, welche andere Grundlage hat der Senat für seine Entscheidung herangezogen? Zu 3.: Im Rahmen von polizeilichen Ermittlungen werden laut Auskunft der Polizei immer häufiger gefälschte Dokumente festgestellt, mit denen die Inhaberinnen und Inhaber melderechtlich bereits erfasst sind. Das heißt, die gefälschten Dokumente, auf denen die Angaben beruhen, wurden bei der Meldung im Bürgeramt nicht erkannt. 4. Welche Arten von Dokumenten können die neuen Dokumentenscanner lesen? Zu 4.: Die aktuelle Gerätegeneration kann grundsätzlich alle Arten von Identitäts- und Berechtigungsdokumenten verschiedener Formate, unter anderem Reisepässe , Ausweise, Identitätskarten, Aufenthaltstitel, Führerscheine , Visa sowohl in elektronischer als auch in nicht elektronischer Form lesen und prüfen. Es können alle Informationen von Chips ausgelesen werden, wenn das Herkunftsland des Dokuments diese freigegeben hat. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 110 2 5. Aus welchen Ländern können Dokumente automatisch geprüft werden? Nur EU- oder auch Nicht-EUStaaten ? Zu 5.: Um die Identität von Dokumenteninhaberinnen und Dokumenteninhabern einfach und möglichst zweifelsfrei feststellen zu können, haben sich moderne maschinenlesbare Reisepässe und Identitätspapiere mit oder ohne integrierten Chip bereits in 190 Ländern durchgesetzt . Aus diesem Grund können Dokumente aus EU- und Nicht-EU-Staaten geprüft werden. 6. Wie genau arbeiten die Geräte im Durchschnitt? Zu 6.: Da eine Vielzahl von Herstellern unterschiedliche Produktlösungen anbieten und sich diese durch Software für spezielle Bedürfnisse konfigurieren lassen, kann diese Frage nicht pauschal beantwortet werden. Aufgrund unterschiedlicher Ansprüche an die elektronischen Prüfverfahren erfolgte im Auftrag des Unterausschusses für Führung, Einsatz und Kriminalitätsbekämpfung (UA FEK) (gemäß Umlaufbeschluss vom 19. August 2011) eine Aktualisierung der Technischen Richtlinie für Dokumentenlese- und Dokumentenprüfgeräte durch eine Bund-Länder-Projektgruppe unter Beteiligung der Bundespolizei, des Unterausschusses für Informationsund Kommunikationstechnik (UA IuK), der Arbeitsgemeinschaft Kripo und des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik. Diese Richtlinie dient zwecks Schaffung einheitlicher Standards generell als Grundlage für die Beschaffung von Dokumentenlese- und Dokumentenprüfgeräten für die Identitätsfeststellung. Damit soll verhindert werden, dass das Auslesen von Dokumenten in verschiedenen Bundesländern oder Behörden zu unterschiedlichen Ergebnissen führt. Die Behörden sind im Rahmen von Beschaffungen gehalten, von den Herstellern die Einhaltung der Richtlinie zu fordern und die gelieferten Produkte anhand der in der Richtlinie enthaltenen Leistungsanforderungen zu überprüfen. Auch im Falle eines Einsatzes in den Bürgerämtern wird dieser Richtlinie gefolgt. 7. Gibt es neben dem Testlauf in CharlottenburgWilmersdorf mit 90% False-Positives (20 Dokumente als verdächtig angezeigt, aber nur 2 tatsächlich gefälscht) auch Testläufe mit guten Ergebnissen? Wenn ja, wie sahen diese Ergebnisse aus? Zu 7.: Der Testlauf in Charlottenburg-Wilmersdorf wurde abgebrochen und nicht evaluiert. Die in der Frage getroffene Aussage lässt sich daher nicht seriös bewerten. Die gleichen Geräte werden im Bezirk Neukölln erfolgreich seit drei Jahren eingesetzt. Dabei wurden allein im laufenden Jahr bereits über 40 gefälschte Dokumente erkannt. 8. Nutzt der Senat eine Quote, nach welcher die Qualität der Geräte gemessen wird, z.B. max. 50% FalsePositives = Gut? Zu 8.: Die oben genannte Aktualisierung der Technischen Richtlinie für Dokumentenlese- und Dokumentenprüfgeräte durch eine Bund-Länder-Projektgruppe sieht vor, dass die Geräte weitaus höhere Erfolgsquoten vorweisen , einfach zu handhaben sein und zuverlässig arbeiten müssen. 9. Welche Zeit wird es nach der Planung des Senates brauchen, bis ein Mitarbeiter eines Bezirksamtes auf ein neues Geräte eingearbeitet ist? Zu 9.: Zurzeit wird beim Landeskriminalamt ein Konzept zur Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit den Dokumentenprüfgeräten umgehen werden, erarbeitet. Das betrifft auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der bezirklichen Bürgerämter. 10. Mit welchem Mehraufwand rechnet der Senat für die Mitarbeiter des Kriminalamtes durch Falsch-PositiveErgebnisse aus den Bezirken? Zu 10.: Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizei wird sich durch den erfolgreichen Einsatz von Dokumentenprüfgeräten der Aufwand erhöhen. Dem steht ein hoher Nutzen gegenüber: Pro erkanntem gefälschten Dokument geht das Landeskriminalamt von einem vermiedenen Schaden von zwanzig- bis fünfzigtausend Euro aus. Berlin, den 13. Oktober 2015 In Vertretung Andreas Statzkowski Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Okt. 2015)