Drucksache 17 / 17 111 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN) vom 23. September 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. September 2015) und Antwor15 Pünktlichkeitsquote bei der BVG Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft teilweise Sachverhalte , die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Frage zukommen zu lassen und hat daher die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) AöR um eine Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie wird nachfolgend gekennzeichnet wiedergegeben. Frage 1: Wie hoch ist die Pünktlichkeitsquote aller Buslinien, Straßenbahnlinien und U-Bahnlinien? (Insbesondere derer Linien die im 20 Minuten Grundtakt tagsüber verkehren)? Antwort zu 1: Die BVG AöR teilt hierzu mit: „Die UBahn erreichte 2014 im Jahresdurchschnitt eine Pünktlichkeitsquote von 98,9 Prozent, die Straßenbahn 91,7 Prozent und der Bus 87,1 Prozent.“ Nach Einschätzung des Senats unterscheiden sich die Pünktlichkeitsquoten der Linien, die tagsüber im 20- Minuten-Takt verkehren, nicht signifikant von den Linien mit dichterem Takt. Frage 2: Wie hoch ist der Anteil der Verfrühungen? Antwort zu 2: Die BVG AöR teilt hierzu mit: „Da stark verspätete Fahrten oft als verfrühte Fahrt des nachfolgenden Busses wahrgenommen werden, wird statistisch nicht nach verfrüht und verspätet, sondern lediglich nach pünktlich und unpünktlich unterschieden.“ Aus Sicht des Senats sollte daher bei der Beurteilung von Qualitätskriterien wie z.B. Pünktlichkeit und Verfrühungen insbesondere die Kundensicht im Vordergrund stehen. Der Kunde nimmt den o.g. stark verspäteten Bus nämlich nur dann als Verfrühung war, wenn bis zur nächsten veröffentlichten Abfahrt kein weiterer Bus fährt. Zur Ergänzung der allein nicht ausreichend aussagekräftigen Pünktlichkeit wurde deshalb durch den Aufgabenträger die Qualitätskennzahl „Verlässlichkeit“ eingeführt . Ein immerhin verlässlicher Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) ist demnach gegeben, wenn die Abfahrt an der Haltestelle entweder pünktlich beginnt, oder zumindest im Zeitraum bis zur nächsten geplanten Abfahrt stattfindet (maximal jedoch 10 Minuten). Alles andere ist aus Sicht des Fahrgastes, der sich am öffentlichen Fahrplan orientiert, nicht verlässlich. 2014 fuhren 98,5 Prozent aller geplanten Abfahrten der U-Bahnen verlässlich, 96,5 Prozent der Straßenbahnen und 93,8 Prozent der Busse. Frage 3: Wieso ist eine Verfrühung von 90 Sekunden gestattet, wenn das Fahrzeug einfach an der Haltestelle warten kann und pünktlich losfahren kann? Antwort zu 3: Die verkehrsvertragliche Regelung der Pünktlichkeitsdefinition (zwischen 90 s vor und 210 s nach der veröffentlichten Abfahrt) wurde getroffen, um ein dem Verkehrsgeschehen im öffentlichen Straßenland angepasste, realistische Beurteilung vornehmen zu können . Gewisse Schwankungen der Fahrzeit auch in Richtung Verfrühung lassen sich dabei nicht vermeiden, wegen der vorhandenen Beeinflussungen von Lichtsignalanlagen können diese auch nicht an beliebigen Haltestellen ausgeglichen werden. Daher werden bis zu 60 Sekunden verfrühte Abfahrten an den Haltestellen verkehrsvertraglich toleriert. Hinzu kommt, dass die Information der Fahrer/innen über die Einhaltung des Fahrplan derzeit noch gewissen Ungenauigkeiten bei der Messung und Übermittlung der exakten Abfahrtszeiten im Abgleich zu den Sollabfahrtszeiten unterliegen. Daraus erklärt sich die zusätzliche Messtoleranz von 30 Sekunden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 111 2 Frage 4: Wie geht die BVG mit verfrühten Fahrzeugen um, die am ärgerlichsten für Fahrgäste sind? Antwort zu 4: Die BVG AöR teilt hierzu mit: „Grundsätzlich sind Fahrerinnen und Fahrer gehalten, Verfrühungen möglichst zu vermeiden oder auszugleichen. Größere Verfrühungen werden automatisch in der Leitstelle erkannt, von hier werden Gegensteuerungsmaßnahmen eingeleitet. Kleinere Verfrühungen sind aufgrund technischer Ungenauigkeiten für die Fahrerinnen und Fahrer jedoch nicht immer erkennbar. Längere Wartezeiten sind aufgrund von möglichen Verkehrsbehinderungen nicht an jeder Haltestelle möglich .“ Gleichwohl sind für den Senat deutliche Verfrühungen insbesondere bei größeren Taktabständen, in den Tagesrandzeiten und nachts nicht akzeptabel, da dies für Fahrgäste gleichbedeutend mit einem Ausfall sein kann, der allerdings in diesen Fällen vermeidbar wäre. Der Senat wird diesen Umstand und die Forderung zur Vermeidung von Verfrühungen daher auch weiterhin gegenüber der BVG AöR thematisieren und auf eine stärkere Einhaltung drängen. Frage 5: Wie hoch sind die Strafzahlungen für Verspätungen und Verfrühungen? (bitte separat darstellen)? Antwort zu 5: Die BVG AöR teilt hierzu mit: „Es fallen keine Strafzahlungen für Verspätungen und Verfrühungen an.“ Strafzahlungen für Verspätungen und Verfrühungen werden zumindest nicht direkt erhoben. Der Verkehrsvertrag zwischen Land Berlin und BVG AöR gibt Mindestquoten als auch Malus- und Bonusgrenzen u.a. für die Pünktlichkeit der einzelnen Verkehrsmittel vor. Die Bewertung der Pünktlichkeit und anderer Kriterien findet außerdem über Kundenzufriedenheitsuntersuchungen statt, ebenfalls mit Schranken für Malus- und Bonuswerte. Derzeit ist das Bonus-Malus-System wegen der vertraglich vereinbarten Umstellung der Qualitätskriterien auf Kundensicht ausgesetzt, weshalb momentan keine Angabe des finanziellen Umfangs für Unterschreitungen möglich ist. Frage 6: Wie genau wird die Verfügung und Verspätung erfasst? Werden die Daten an jeder Haltestelle gemessen und fließen in das Endergebnis ein oder erst am Endpunkt einer Linie? Antwort zu 6: Die BVG AöR teilt hierzu mit: „Die Auswertung erfolgt über alle Haltestellen. An jeder Haltestelle wird die zeitliche Lage eines Fahrzeugs automatisch erfasst und mit dem Fahrplan abgeglichen. Im Oberflächenverkehr geschieht dies durch einen Bordrechner, bei der U-Bahn über die Leittechnik.“ Frage 7: Welche Maßnahmen werden ergriffen, um bei allen Buslinien, Straßenbahnlinien und U-Bahnlinien, die die Pünktlichkeitsvorgaben nicht einhalten den Wert zu verbessern? Soll der Takt verbessert werden? Werden die Fahrzeiten angepasst? Werden Ampelsteuerungen verbessert die besonders viel Verspätung verursachen? Antwort zu 7: Die BVG AöR teilt hierzu mit: „Die BVG ist bestrebt, einen schnellen zuverlässigen und pünktlichen Linienverkehr anzubieten. Werden von der BVG Beschleunigungspotenziale in der Verkehrsorganisation (LSA 1 -Programme, Busspuren etc.) erkannt, werden diese möglichen Verbesserungen an die VLB 2 und an den Aufgabenträger zur Umsetzung weitergegeben. Darüber hinaus werden die Fahrzeiten in regelmäßigen Abständen überprüft und nach den Regularien des Verkehrsvertrages angepasst. Unbenommen der turnusmäßigen linienbezogenen Bewertungen von Fahrzeiten, werden temporäre Beeinträchtigungen im Linienbetrieb, die sich nachteilig auf die Pünktlichkeit auswirken, einer differenzierten Betrachtung unterzogen. Im Ergebnis dessen wird insbesondere bei baubedingten Störungen im Betriebsablauf BVGintern und über die VLB eine Reduzierung der Behinderungen angeregt. Im Vorfeld von geplanten Baumaßnahmen werden Möglichkeiten der Linienführung, Umsteigebeziehungen zum SEV 3 und der Dienstplangestaltung ausgeschöpft, um den zu erwartenden Qualitätsverlust zu begrenzen. Taktveränderungen sind in der Regel ungeeignet, Pünktlichkeiten zu verbessern.“ Nach Ansicht des Senats sind Taktverdichtungen unter Umständen durchaus geeignet, die Pünktlichkeit zu verbessern . Gerade auf Strecken mit hohem Fahrgastaufkommen und häufig stark variierenden Fahrgastwechselzeiten kann eine Taktverdichtung entzerrend wirken. Im Rahmen der Wachsenden Stadt wird es ohnehin notwendig sein, den steigenden Fahrgastzahlen, die sich teils auch in verschlechterten Pünktlichkeitsquoten widerspiegeln , durch Taktanpassungen zu begegnen. Aktuell hat der Aufgabenträger deshalb beispielsweise auf der Linie M41 eine Taktverdichtung in der Hauptverkehrszeit vorgenommen . Berlin, den 14. Oktober 2015 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Okt. 2015) 1 Lichtsignalanlage 2 Verkehrslenkung Berlin 3 Schienenersatzverkehr