Drucksache 17 / 17 123 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Benedikt Lux (GRÜNE) vom 01. Oktober 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Oktober 2015) und Antwort Neubau des Hubschrauberlandeplatzes am Benjamin Franklin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Der Hubschrauber-Sonderlandeplatz (HSLP) am Campus Benjamin Franklin der Charité ist ein Landeplatz, an dem Rettungseinsätze durch Hubschrauber bereits seit 1987 durchgeführt werden. In 1999 wurde die Anlage und der Betrieb des Landeplatzes nach § 6 Luftverkehrsgesetz genehmigt. Die Anlage des Landeplatzes in seiner derzeitigen Konfiguration und insbesondere das Vorhandensein nur einer An- und Abflugfläche entsprechen teilweise nicht den luftrechtlichen Standards und flugsicherheitstechnischen Erfordernissen. Die zuständige Gemeinsame Obere Luftfahrtbehörde Berlin-Brandenburg hat deshalb die Charité aufgefordert, den Landeplatz umzugestalten und die erforderlich werdenden Änderungen zur Genehmigung zu beantragen. Eine Änderung der Zweckbestimmung des Landeplatzes oder eine Erweiterung des bisher vorhandenen Flugbetriebs im Luftrettungsdienst ist nicht vorgesehen. 1. Wie bewertet der Senat den Antrag der Charité auf Änderung der Genehmigung der Anlage und des Betriebes des Hubschrauber-Sonderlandeplatzes am Benjamin Franklin Klinikum? Welche Gründe liegen für die Änderung vor? Zu 1.: Die Charité kommt mit den geplanten Änderungsmaßnahmen ihrer Verantwortung als Halter und Betreiber des Hubschrauber-Sonderlandeplatzes nach, den Landeplatz an die nationalen und internationalen Vorschriften des Luftverkehrsrechts, hier insbesondere die EU-Verordnung Nr. 965/2012 zur „Festlegung technischer Vorschriften und von Verwaltungsverfahren in Bezug auf den Flugbetrieb“, anzupassen. Der Hauptgrund für die geplante Änderung liegt im Erfordernis der Einrichtung von zwei An- und Abflugflächen , deren Freihalten von Hindernissen ein sicheres Starten und Landen von Hubschraubern sowie die Durchführung von Notfallverfahren ermöglichen. Die Versorgungssicherheit der Bevölkerung soll auch in diesem Bereich des Landes aufrechterhalten werden. 2. Welche konkreten Änderungen werden hier beantragt und welche Auswirkungen auf den Betrieb des Rettungshubschraubers erwartet der Senat während und nach den Umbaumaßnahmen? Soll ein zusätzlicher Hubschrauber in Betrieb genommen werden? Zu 2.: Alle Änderungsmaßnahmen stehen im Zusammenhang mit der Notwendigkeit, die Endanflug- und Startfläche (FATO), an die sich die An- und Abflugflächen anschließen, in Richtung des Teltowkanals zu verlagern und dem damit verbundenen Bau einer Plattform oberhalb der Paul-Schwarz-Promenade. Dabei ist weiterhin die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten und Eingriffe in Natur und Landschaft sollen auf ein Minimum reduziert werden. Gleichzeitig werden mit der Verlagerung der FATO die vorhandenen Standplätze in ihrer Größe und technischen Ausstattung an die Erfordernisse der im Rettungsdienst eingesetzten Hubschrauber angepasst . Es ist geplant die Umbaumaßnahmen so zu organisieren , dass es zu keinen Einschränkungen im Luftrettungsdienst kommt. Die Umbaumaßnahmen werden zur Erhöhung der Flugsicherheit der im Luftrettungsdienst eingesetzten Hubschrauber sowie zur Verbesserung der öffentlichen Sicherheit führen. Die zusätzliche Inbetriebnahme eines weiteren Hubschraubers ist nicht vorgesehen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 123 2 3. Welche Kosten sind für den Umbau zu erwarten und wie wird dieser finanziert? Zu 3.: Die Kosten für den Umbau des Hubschrauberlandeplatzes werden auf 2,5 Mio. € geschätzt. Das Vorhaben wird aus dem Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt (SIWA) finanziert. 4. Wie häufig ist der Rettungshubschrauber Christoph 31 in den Jahren 2014 und im ersten Halbjahr 2015 alarmiert worden? Zu 4.: Nach Angaben des Betreibers des Rettungshubschraubers Christoph 31, der ADAC Luftrettung gGmbH, wurde dieser in 2014 vom Stationierungsstandort aus zu 3.646 Einsätzen alarmiert. Für 2015 sind für das 1. Halbjahr 2.035 Alarmierungen zu Rettungseinsätzen erfolgt. 5. Welchen zeitlichen Beschränkungen (etwa Nachtflugverboten ) unterliegt der Betrieb des Rettungshubschraubers an diesem Standort und welche Änderungen werden hier beantragt? Zu 5.: Mit der derzeitigen luftrechtlichen Genehmigung vom 12. Januar 1999 sind Flüge unter Sichtflugbedingungen von 30 Minuten vor Sonnenaufgang bis 30 Minuten nach Sonnenuntergang gestattet. Entsprechend dem nunmehr vorliegenden Antrag ist am Hubschrauber-Sonderlandeplatz die Durchführung von Flügen nach Sichtflugregeln am Tag und in der Nacht vorgesehen, jedoch grundsätzlich nur zwischen 06:00 und 22:00 Uhr MEZ / MESZ. In Notfällen sollen Flüge auch zwischen 22:00 und 06:00 Uhr gestattet werden. 6. Welche Auswirkungen auf den Lärmschutz der AnwohnerInnen hat der Antrag (vgl. auch Drs. 17/14543 Frage 7)? Welche Änderungen von Vorschriften zum Lärmschutz sind seit der Erteilung der ursprünglichen Genehmigung vorgenommen worden und wie werden diese im Antrag berücksichtigt? Welche Höchstwerte gelten für Ansprüche auf Lärmschutzmaßnahmen? Inwieweit werden für diese Ansprüche die Akkumulation von Lärm durch verschiedene Quellen (also z.B. auch den Straßenlärm) berücksichtigt? Zu 6.: Ansprüche auf Lärmschutz von Anwohnerinnen und Anwohnern in der unmittelbaren Umgebung von Flugplätzen sind in der Neufassung des Fluglärmgesetzes vom 01. Juni 2007 definiert. Dieses Gesetz ist für den HSLP nicht anwendbar. Die Ermittlung der Fluglärmbelastung an Landeplätzen erfolgt auf der Grundlage der LandeplatzFluglärmleitlinie unter Bezugnahme auf die DIN 45 684-1 und soll den Immissionsschutzbehörden der Länder als Unterstützung bei der Beurteilung von Vorhaben der Flugplatzunternehmer und der verbindlichen Bauleitplanung dienen. Eine Akkumulation von Lärm durch verschiedene Quellen ist nach der geltenden Rechtslage nicht vorgesehen . 7. Wie viele Wohnhäuser und Wohneinheiten liegen in den in dem den Antrag beiliegenden schalltechnischen Gutachten errechneten Fluglärmkonturenzonen und welche Lärmbelastungen sind in den einzelnen Fluglärmkonturzonen jeweils zu erwarten? Wie werden die betroffenen AnwohnerInnen über das Bauvorhaben informiert und über mögliche Auswirkungen auf die Lärmbelastung? Zu 7.: Eine Einzelaufnahme von Wohnhäusern und Wohneinheiten ist nicht vorgenommen worden, da das Fluglärmgesetz nicht zur Anwendung kommt und demnach keine Ansprüche auf Durchführung von Lärmschutzmaßnahmen vorliegen. 8. Welche Schulen und Kitas und welche anderen öffentlichen Einrichtungen liegen in den Fluglärmkonturzonen und welche Lärmbelastungen werden jeweils erwartet ? Zu 8.: Durch den Gutachter wurden in Abstimmung mit dem zuständigen Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf 14 lärmsensible öffentliche Einrichtungen im Umfeld des HSLP ermittelt, für die Einzelberechnungen vorgenommen wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass ein äquivalenter Dauerschallpegel von 55 dB(A) an keinem der betroffenen Nachweisorte erreicht wird und damit die Belastung durch den vom Hubschrauberverkehr des HSLP verursachten äquivalenten Dauerschallpegel unterhalb des Orientierungswertes der DIN 18 005 für allgemeine Wohngebiete liegt. 9. Wie bewertet der Senat diese Lärmbelastungen unter gesundheitlichen Gesichtspunkten? Zu 9.: Wie berichtet, werden die zu erwartenden Lärmbelastungen durch den Hubschrauberverkehr unterhalb des normierten Orientierungswertes für Wohngebiete liegen. Wesentlich für die Entscheidung den HSLP am Campus Benjamin Franklin zu betreiben ist die Frage der Gewährleistung der Versorgungssicherheit der Bevölkerung . Diese ist in Abwägung mit der zu erwartenden Lärmbelastung prioritär zu bewerten. 10. Wird der Senat ein eigenes Lärmgutachten beauftragen ? Zu 10.: Angesichts der geltenden Rechtslage, den bereits heute existierenden Vorbelastungen durch den Flugbetrieb am genehmigten HSLP und der nicht zu erwartenden Erweiterung des Flugbetriebs sieht der Senat derzeit keinen Bedarf für die Beauftragung eines eigenen Lärmgutachtens . Dies schließt nicht aus, dass im Zuge des Genehmigungsverfahrens weitere Gutachten erforderlich werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 123 3 11. Wie hoch waren die gemessenen Fluglärmbelastungen bei den Klägern des Prozesses gegen den Standort des Rettungshubschraubers am Unfallkrankenhaus Marzahn (vgl. http://www.tagesspiegel.de/berlin/wegenhubschrauberlaerm -unfallkrankenhaus-muss-anvillenbesitzer -zahlen/6112936.html)? Welche Kosten sind der Charité durch den dort geschlossenen Vergleich bis heute entstanden? Zu 11.: Die Lärmpegel zur Bewertung der Fluglärmbelastung für die Genehmigung oder Änderung der Genehmigung eines Landeplatzes werden grundsätzlich berechnet und nicht gemessen. Diese auch gerichtlich anerkannte Praxis ist zweifelsfrei für Betroffene „günstiger “, da berechnete Werte immer etwas höher sind, als gemessene. Außerdem werden für die Berechnung der Werte die prognostizierte Anzahl an Flugbewegungen (10 Jahres-Prognose) verwendet, die wesentlich höher ist als der Ist-Zustand. Die höchsten Lärmpegel, die für das Haus eines Klägers im Umfeld des Unfallkrankenhauses Berlin (UKB) berechnet wurden (diese Werte wurden weder vom Kläger , seinem Anwalt noch vom Gericht bezweifelt), waren „maximal 55 dB(A) am Tag und 51 dB(A) in der Nacht sowie die zu erwartenden Einzelschallpegel von bis zu 87 dB(A)“. Bei den anderen Klägerinnen und Klägern wurden Dauerschallpegel am Tag von 51 bis 53 dB(A), in der Nacht von 46 bis 48 dB(A) und Maximalpegel von 84 bis 86 dB(A) ermittelt. Bei einem Vergleich der Station in Steglitz mit der Station am UKB ist zu beachten, dass der am UKB in Marzahn stationierte Intensivtransporthubschrauber (ITH) auch für den Nachtflugbetrieb ausgerüstet ist. Der in Steglitz stationierte Rettungshubschrauber kann nur am Tag fliegen. Nachts wird der Landeplatz in Steglitz nur im Notfall vom ITH Berlin evtl. auch vom ITH Brandenburg genutzt. Diese Anzahl ist äußerst gering. Weiterhin wurde für die Berechnung das damals am UKB stationierte Hubschraubermuster „Bell 412“ verwendet. Dieser große und laute Hubschrauber ist auch am UKB nicht mehr im Einsatz. In Steglitz fliegt ein kleineres und im Gegensatz zur „Bell 412“ sehr viel leiseres Muster H135 (alter Name EC 135). Der Charité sind keine Kosten entstanden, da das Unfallkrankenhaus Berlin nicht zur Charité gehört. Berlin, den 14. Oktober 2015 In Vertretung Steffen Krach Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Okt. 2015)