Drucksache 17 / 17 141 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Klaus Lederer und Katrin Lompscher (LINKE) vom 06. Oktober 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Oktober 2015) und Antwort Planreife ohne Planstraße? Wie verhält sich der Senat zum Bebauungsplanverfahren 7-29 des Bezirks Tempelhof-Schöneberg? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Trifft es zu, dass ein Mitarbeiter der Senatsverwaltung auf Bitten des Projektentwicklers zum B-Plan 7-29 Tempelhof-Schöneberg tätig geworden ist und beim Bezirk weitere Baugenehmigungen für den Projektentwickler zu erwirken versucht hat, die der Bezirk wegen fehlender Planreife nicht erteilt hat, und gab es am 6. Mai 2015 deswegen einen Termin im Stadtentwicklungsamt, an dem auf der einen Seite der Mitarbeiter der Senatsverwaltung und der Projektentwickler und auf Seiten des Bezirks die zuständige Stadträtin und eine Vertreterin des Rechtsamts teilgenommen haben? Wenn ja, was wurde bei dem Termin gesprochen und wurde ein Protokoll dazu angelegt? Antwort zu 1: Die Erteilung einer Baugenehmigung auf der Grundlage von § 33 Baugesetzbuch (BauGB) setzt die formelle und materielle Planreife voraus. Da nach bezirklicher Rechtsauffassung die materiellrechtlichen Voraussetzungen für die in diesem Fall erforderliche TeilPlanreife nicht vorliegen, sah und sieht sich der Bezirk nicht veranlasst, auch die formelle Planreife durch eine entsprechende Beschlussfassung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) herbeizuführen. Zur Klärung der Frage, ob die materiellrechtlichen Voraussetzungen insoweit vorliegen, ist der für die planungsrechtlichen Grundsatzfragen in Berlin verantwortliche Mitarbeiter der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt vom Projektentwickler gebeten worden, vermittelnd tätig zu werden. Am 6. Mai 2015 hat auf Einladung des bezirklichen Stadtentwicklungsamtes ein Termin dazu stattgefunden . Erörtert wurden die Fragen zum Thema Planreife sowie Planung und Herstellung der Planstraße A. Ein Protokoll wurde bezirklicherseits gefertigt. Frage 2: Trifft es zu, dass am 19. Mai 2015 der Senator für Stadtentwicklung persönlich, die Senatsbaudirektorin und der Staatssekretär für Verkehr und Umwelt bei der Bezirksbürgermeisterin vorstellig geworden sind mit der Absicht, die Rechtsauffassung des Bezirks zur fehlenden Planreife des B-Plans 7-29 infrage zu stellen, und waren bei diesem Termin außer den Genannten auch ein Rechtsanwalt des Projektentwicklers anwesend sowie ein Mitarbeiter der Senatsverwaltung für Verkehr sowie der Mitarbeiter der Senatsverwaltung? Wenn ja, was wurde bei diesem Termin gesprochen und wurde ein Protokoll dazu angelegt? Frage 3: Ist ein Vorgang, wie unter 1. und 2. beschrieben , üblich und gehört es zu den Aufgaben der Senatsverwaltung bzw. des Senators, der Senatsbaudirektorin, des Staatssekretärs für Verkehr und Umwelt, in laufende Planverfahren einzugreifen und zugunsten eines Projektentwicklers Einfluss auf den zuständigen Bezirk zu nehmen ? Antwort zu 2 und 3: Am 19. Mai 2015 hat auf Einladung der Bezirksbürgermeisterin ein Termin mit dem in der Frage benannten Personenkreis stattgefunden. Die Bezirksbürgermeisterin bat um Darlegung sowohl der Rechtsauffassung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt bezüglich einer weiteren Baugenehmigung auf der Grundlage von § 33 BauGB als auch der erforderlichen Rahmenbedingungen zur Planung und Herstellung der Planstraße. Die Senatsbaudirektorin und der Staatssekretär für Verkehr und Umwelt waren aufgrund Ihrer Zuständigkeit für die in Rede stehenden Fragestellungen zusammen mit Ihren fachlich zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geladen. Der zuständige Senator hat an dem Termin aufgrund seiner Gesamtverantwortung für die die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt betreffenden Fragestellungen teilgenommen . Das Bebauungsplanverfahren 7-29 berührt dringende Gesamtinteressen Berlins. Es gehört zu den Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 141 2 Aufgaben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, die Beeinträchtigung dringender Gesamtinteressen Berlins zu vermeiden. Dies geschieht auch durch bilaterale Klärung zwischen Bezirk und der zuständigen Senatsverwaltung im laufenden Bebauungsplanverfahren und damit auch im Vorfeld zur abschließenden Prüfung im Anzeigeverfahren des Bebauungsplans. Ein Protokoll ist nicht gefertigt worden. Frage 4: Warum ist der Projektentwickler im vorliegenden Fall nicht darauf verwiesen worden, den Rechtsweg einzuschlagen und das Verwaltungsgericht anzurufen , wenn er mit der Rechtsauslegung des Bezirks nicht einverstanden ist und diese überprüft wissen will? Antwort zu 4: Der Projektentwickler handelt eigenverantwortlich . Die Festsetzung des Bebauungsplans insgesamt ist aber nur möglich, wenn auch die Planstraße A festsetzbar ist. Daher ist es sinnvoll, im laufenden Bebauungsplanverfahren insoweit eine Klärung über die Rahmenbedingungen auf den verschiedenen Verwaltungsebenen Berlins herbeizuführen. Ein verwaltungsgerichtliches Verfahren sieht die Klärung inhaltlicher Fragestellungen nicht vor. Frage 5: Hält der Senat das in diesem Zusammenhang entstandene Schreiben seines Mitarbeiters vom 29.6.2015 für eine hinreichende Stellungnahme bzw. ein Rechtsgutachten , um entgegen der Position des Bezirksamts weitere Baugenehmigungen auf dem Plangebiet erteilen zu können ? Wenn ja, warum? Antwort zu 5: Soweit es allein um die Klärung der strittigen Rechtsfrage zur Teilplanreife als materiellrechtliche Voraussetzung für die Erteilung einer Baugenehmigung nach § 33 BauGB bis zu einer Geschossfläche von 85000 m² (siehe auch Antwort zu Frage 6) geht, ja. Der Mitarbeiter der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt legt in seinem Schreiben vom 29.06.2015 die Rechtsauffassung dar, die der für die verbindliche Bauleitplanung zuständige und von ihm verantwortete Grundsatzbereich der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt nachhaltig vertritt. Frage 6: Liegt der Senatsverwaltung eine neue verkehrliche Untersuchung zur Erschließung des Plangebiets vor? Wurde diese von der Senatsverwaltung angefragt? Welchen Inhalt hat die Untersuchung? Wer hat sie in Auftrag gegeben und bezahlt und vom wem wurde sie durchgeführt? Antwort zu 6: Die aktuelle Verkehrsuntersuchung „Verkehrliche Erschließung des EUREF1-Geländes über die Torgauer Straße“ vom Januar 2015 wurde mit der Abteilung Verkehr der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt abgestimmt und geprüft. 1 Europäisches Energieforum Mit der Untersuchung soll die verkehrliche Erschließung über die Torgauer Straße bei Vollentwicklung des EUREF-Areals bis zu 165.000 m2 nachgewiesen werden. Den Ergebnissen kann seitens der Abt. VII der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt nicht gefolgt werden. Zur Ausräumung der Diskrepanzen hinsichtlich der Leistungsfähigkeit und des Ausbauumfanges finden derzeit Abstimmungen zwischen dem Verkehrsplanungsbüro und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt statt. Vorherige ebenfalls von der EUREF AG beauftragte Verkehrsuntersuchungen des Büros Hoffmann & Leichter (von 2009,2012) betrachten u.a. die Verkehrserschließung für reduzierte Ausbaustufen auf dem EUREF Areal. Seitens der Abt. VII der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt wurde eine Erschließung über das vorhandene Straßennetz (Torgauer Str./Sachsendamm/Dominicusstraße ) für eine stufenweise Entwicklung bis zu 85 000 m² Geschossfläche bei Realisierung einiger verkehrsorganisatorischer Maßnahmen zugestimmt. Frage 7: Sind zur Herstellung der Planstraße A inzwischen Bau- oder andere Maßnahmen erfolgt? Sind dazu Mittel der ab 2013 zugesagten Wirtschaftsförderung (GRW) verbraucht worden (Bescheid 27.5.2013)? Falls ja, in welcher Höhe, für welche Maßnahme und in welchem Zeitraum? Falls nein, sind Fördergelder verfallen und konnten andere Projekte stattdessen gefördert werden ? Antwort zu 7: Bislang sind für die Maßnahme keine GRW 2 -Fördermittel abgerufen worden. Voraussetzung hierfür ist der Abschluss des Erschließungsvertrages. Frage 8: Hat der Bezirk als Bauherr inzwischen die notwendigen weiteren Bauplanungsunterlagen eingereicht und ist der für die Förderung „zwingende“ Erschließungsvertrag zwischen Bezirksamt und Projektentwickler abgeschlossen worden? Wenn nein, warum nicht? Antwort zu 8: Nein. Bauplanungsunterlagen werden erst fertiggestellt, wenn der Erschließungsvertrag unterschrieben ist. Der Erschließungsvertrag kann bisher nicht abgeschlossen werden, weil der Investor nicht die nach dem Landeshaushaltsrecht und den Förderbedingungen erforderlichen Sicherheiten für die von ihm zu tragenden anteiligen Planungs- und Baumittel erbracht hat. Weitere offene Vertragsinhalte könnten nach Angaben des Bezirks zeitnah einvernehmlich geklärt werden. 2 Gemeinschaftsaufgabe zur „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 141 3 Frage zu 9: Wenn der Senator bei einem Richtfest auf dem Plangebiet am 23.9.2015 öffentlich kundtut, es dürfe trotz nicht absehbarer Errichtung der Planstraße A weitergebaut werden, wie will der Senat den Eindruck vermeiden , eine streitige Rechtsauffassung in einem laufenden Planverfahren ohne gerichtliche Prüfung zugunsten eines privaten Bauunternehmers einzunehmen? Wie ist in solchem Fall die Rechtskontrolle geregelt und wie wird die Auffassung des Bezirks berücksichtigt? Antwort zu 9: In Beachtung der bezirklichen Zuständigkeit hat der Senator bei einem Richtfest am 23.09.2015 seiner Hoffnung und Zuversicht Ausdruck verliehen, dass die strittige Rechtsfrage gelöst werden und damit der zuständige Bezirk in die Lage versetzt werden könne, weitere Baugenehmigungen auf der Grundlage von § 33 BauGB zu erteilen. Berlin, den 22. Oktober 2015 Andreas Geisel ................................ Senator für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Okt. 2015)