Drucksache 17 / 17 204 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Möller (LINKE) vom 16. Oktober 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Oktober 2015) und Antwort Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge – Angebote der Jugendhilfe gesichert? (2) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie lange dauert in Berlin gegenwärtig im Durchschnitt das Clearingverfahren und wie lange verbleiben unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) im Durchschnitt in der Erstaufnahmeeinrichtung? 2. Warum und in wie vielen Fällen werden UMF noch vor Ende der Clearingphase den bezirklichen Jugendämtern zugewiesen? 3. Wie viele der UMF erhielten seit Beginn des Jahres 2015 eine Anschlussmaßnahme der Jugendhilfe auf der Grundlage eines Hilfeplanes gemäß § 36 SGB VIII (bitte bezirklich aufschlüsseln)? Zu 1. - 3.: Die Zuweisung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (UMF) an die Berliner Jugendämter erfolgt gemäß den Ausführungsvorschriften über die Gewährung von Jugendhilfe für alleinstehende minderjährige Ausländer (AV JAMA). Die Clearingphase endet nach der Bestellung eines Vormundes bzw. einer Ergänzungspflegerin /eines Ergänzungspflegers oder nach Ablauf von drei Monaten. Die Verweildauer betrug im ersten Halbjahr 2015 zumeist drei Monate. Die geänderte Praxis der Familiengerichte, im einstweiligen Verfahren vermehrt Ergänzungspfleger/innen für verschiedene Rechtskreise u.a. für die Unterbringung in der Jugendhilfe zu bestellen, trägt zur Verminderung der Verweildauer bei. Seit Beginn des Jahres 2015 wurden rd. 450 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) nach dem bestehenden Verteilungsschlüssel auf die Jugendämter der Berliner Bezirke verteilt, sie erhalten Anschlussmaßnahmen auf der Grundlage eines Hilfeplans gemäß § 36 SGB VIII. Bezirksamt Mitte 52 Friedrichshain-Kreuzberg. 30 Pankow 30 Charlottenburg.-Wilmersdorf 30 Spandau 28 Steglitz-Zehlendorf 61 Tempelhof-Schöneberg 43 Neukölln 30 Treptow-Köpenick 35 Marzahn-Hellersdorf 21 Lichtenberg 48 Reinickendorf 40 Summe 448 4. Stehen zum gegenwärtigen Zeitpunkt bedarfsgerechte Kapazitäten für die stationäre Unterbringung von UMF zur Verfügung? Wie ist der Stand? 5. Was gedenkt der Senat zu tun, um Bezirke und Träger beim bedarfsgerechten Ausbau der Unterbringungskapazitäten für UMF zu unterstützen? Welche konkreten Verabredungen wurden diesbezüglich mit wem getroffen? 7. Wie steht der Senat zur Forderung, den Ausbau der Platzkapazitäten in der Jugendhilfe speziell für UMF in eigener Verantwortung voranzutreiben? Welche Investitionsmittel stehen dafür auch in Übereinstimmung mit den Aussagen im Versorgungs- und Integrationskonzept des Senats für Asylbegehrende und Flüchtlinge vom 11. August 2015 (S.22) noch für 2015 sowie für 2016 und 2017 zur Verfügung? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 204 2 Zu 4., 5. und 7.: Die für Jugend zuständige Senatsverwaltung verfolgt konsequent den Platzausbau in der Jugendhilfe, um das Angebot bedarfsangemessen zu erweitern . Mit Beteiligung von Verbänden und den Jugendämtern der Bezirke wird im Rahmen einer Arbeitsgruppe an einer zeitnahen und nachhaltigen Erweiterung des Platzangebotes gearbeitet. Dabei sind sowohl Umfang als auch spezifische Ausprägung eines zusätzlichen Ausbaubedarfs valide zu bestimmen. Finanzmittel für notwendige Investitionen sind grundsätzlich Teil der Entgeltkalkulation. Bei erhöhten Investitionskosten besteht die Möglichkeit, diese im Entgelt entsprechend zu berücksichtigen. 6. Welche Vereinbarungen hat der Senat gegebenenfalls mit dem Land Brandenburg getroffen, um eine bedarfsgerechte Versorgung von UMF in Anschlussmaßnahmen der Jugendhilfe sicherzustellen? Zu 6.: Mit dem Land Brandenburg bestehen keine gesonderten Vereinbarungen bezogen auf diese Zielgruppe. 8. Wie ist der Stand der Schaffung eines eigenen Produkts für eine vollständige Abbildung der bezirklichen Aufwendungen für Jugendhilfeleistungen für UMF (s. Antwort des Senats auf die Schriftliche Anfrage Drs. 17/16646)? Zu 8.: Die Prüfungen zur Produktbildung sind noch nicht abgeschlossen. Ergänzend wird angestrebt, die Jugendhilfeleistungen für die unbegleiteten Minderjährigen in dem in 2016 einzuführenden IT-Fachverfahren auf gesonderten Haushaltsstellen abzubilden. Für 2015 und für die Übergangsphase bis zur Umstellung aller Bezirke auf das neue IT-Fachverfahren werden aktuell mögliche Zwischenlösungen geprüft 9. Welche Verabredungen hat der Senat mit den Bezirken getroffen, um sicherzustellen, dass deren erhöhte Aufwendungen für Hilfen zur Erziehung für UMF, aber auch für Kinder aus Flüchtlingsfamilien mit entsprechendem Jugendhilfebedarf, erfasst und durch entsprechende zusätzliche Ressourcen finanziert werden? 10. Welche verbindlichen Regelungen gibt es mit den Bezirken für die Basiskorrektur zur Abfederung von Mehraufwendungen in der Jugendhilfe, die durch entsprechende Leistungen für Flüchtlinge und Asylsuchende zusätzlich aufgewendet wurden und werden? Zu 9.und 10.: Im Rahmen der Umsetzung des Gesetzes zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher melden die Bezirke der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft zum Stand 31.10.2015 die Bestandsfälle (Fälle, die bereits vor dem 01.11.2015 durch die bezirklichen Jugendämter betreut wurden), sowie ab dem 01.11.2015 tagesgenau die Entwicklung dieser Bestandsfälle . Diese werden durch die Neufälle nach dem ab dem 01.11.2015 geltenden Verfahren ergänzt und stellen insgesamt die Grundlage für das bundesweite Verteilverfahren nach § 42b SGB VIII dar. Ergänzend werden die Fallmengen aus den Falldaten des IT-Fachverfahrens ermittelt. Die Senatsverwaltung für Finanzen hat die Berliner Bezirke gebeten, die Anzahl der UMF-Neufälle für die Monate Juli, August und September bis zum 30.10.2015 rückzumelden. Darüber hinaus werden die Gesamtmengen des Jahres 2015 spätestens bis zum 31.01.2016 ebenfalls zusammengefasst an die Senatsverwaltung für Finanzen übermittelt. Hinsichtlich der zusätzlichen Belastungen in den Bezirken hat der Senat als Sofortmaßnahme eine Personalverstärkung von 146 Vollzeitäquivalenten (VZÄ) u.a. auch für den Bereich der Jugendämter beschlossen. Dieses Ergebnis ist vom Rat der Bürgermeister am 15.10.2015 zur Kenntnis genommen worden und soll auf Basis der Flüchtlingszahlen per 31.12.2015 dynamisiert angepasst werden. Mit der Bereitstellung dieser zusätzlichen Personalmittel ist auch ein 15-prozentiger Sachkostenzuschlag verbunden. Berlin, den 04. November 2015 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Nov. 2015)