Drucksache 17 / 17 207 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Fabio Reinhardt und Susanne Graf (PIRATEN) vom 15. Oktober 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Oktober 2015) und Antwort Mobilität und Teilhabe dank „berlinpass“ - warum nicht auch für unbegleitete minderjährige Geflüchtete? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele unbegleitete minderjährige Geflüchtete in Berlin, die sich derzeit nach § 42 SGB VIII in Obhut des Jugendamts befinden oder die bereits nach §27ff SGB VIII Leistungen der Jugendhilfe erhalten, a) besuchen derzeit eine Schule? b) befinden sich in einer berufsvorbereitenden Maßnahme ? c) befinden sich in einer Berufsausbildung? Bitte tabellarisch auflisten. 2. Wie viele unbegleitete minderjährige Geflüchtete in Berlin, die sich derzeit nach § 42 SGB VIII in Obhut des Jugendamts befinden oder die bereits nach §27ff SGB VIII Leistungen der Jugendhilfe erhalten, haben derzeit keinen Schul- oder Ausbildungsplatz bzw. befinden sich in keiner berufsvorbereitenden Maßnahme? 3. Wie lange beträgt derzeit durchschnittlich die Wartezeit auf einen Schul- oder Ausbildungsplatz für die o.g. Gruppe ab dem Zeitpunkt der Inobhutnahme durch die Jugendämter? Zu 1. bis 3.: In der Hilfeplanstatistik der Berliner Jugendämter werden Schulbesuch, externe berufsvorbereitende Maßnahmen (z.B. Praktika) oder Berufsausbildungen außerhalb der Jugendhilfe nicht erfasst. Von der für Jugend und Bildung zuständigen Senatsverwaltung werden zu den Fragestellungen zu 1.- 3. keine Erhebungen durchgeführt. Jungen unbegleiteten Flüchtlingen soll der Schulbesuch (Willkommensklassen) zügig ermöglicht werden. Das genaue Verfahren wird derzeit abgestimmt. 4. Hat die Ausgabe von „berlinpässen“ an Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG aus der Sicht des Senats einen Mehrwert für die gesellschaftliche Teilhabe und Integration der Betroffenen? a) Falls ja, welche konkreten Mehrwerte ergeben sich nach Meinung des Senats für Asylsuchende aus der Nutzung eines „berlinpasses“? Zu 4.: Den berlinpass bekommen alle Personen, die in Berlin ihren Hauptsitz haben und folgende Leistungen erhalten: • Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld nach dem SGB II • Sozialhilfe nach dem SGB XII • Grundsicherung im Alter nach dem SGB XII • Grundsicherung bei voller Erwerbsminderung nach dem SGB XII • Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sowie die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft einer Leistungsempfängerin/eines Leistungsempfängers (Familienangehörige). Er ermöglicht dem o. g. Personenkreis eine vergünstigte Teilhabe an Angeboten in den Bereichen Bildung, Kultur, Sport und Freizeit. Mit dem Berlin-Ticket S (Tarifbereich AB) haben die berlinpass-Inhaber/innen die Möglichkeit, sich zu ermäßigten Preisen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln im gesamten Stadtgebiet zu bewegen . Dieser Mehrwert besteht auch für Asylsuchende. Über den Mehrwert der erhöhten Teilhabemöglichkeiten hinaus leistet die Ausgabe des berlinpass an Asylsuchende damit gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur gesellschaftlichen Integration der Asylsuchenden. Darüber hinaus sind Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene aus Familien, die Arbeitslosengeld II, Sozialgeld , Sozialhilfe, Kinderzuschlag, Wohngeld oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, berechtigt, Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) zu erhalten. Mit dem berlinpass-BuT erhalten die Leistungsberechtigten Zuschüsse zum Mittagessen in Kita und Schule, Mittel für den persönlichen Schulbedarf, Kostenübernahme für zusätzliche Lernförderung, für Ausflüge und Klassenfahrten, bis zu 10 € monatlich für die Teilhabe an Angeboten in den Bereichen Kultur, Sport und Freizeit zzgl. Zuschüssen für Ausrüstungsgegen- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 207 2 stände und wenn nötig Übernahme der Fahrtkosten zum Freizeitort. Außerdem erhalten Inhaber/innen des berlinpass -BuT ein ermäßigtes Schülerticket für den öffentlichen Nahverkehr, wenn die Entfernung zur Schule dies erfordert. 5. Erhalten minderjährige unbegleitete Geflüchtete, die sich derzeit nach § 42 SGB VIII in Obhut des Jugendamts befinden oder die bereits nach §27ff SGB VIII Leistungen der Jugendhilfe erhalten, den Berlinpass - BuT analog zu Gleichaltrigen im Leistungsbezug nach AsylbLG- oder SGB II/XII ? a) Falls ja, auf welcher rechtlichen Grundlage? b) Falls nein, warum nicht? c) Falls nein, was rechtfertigt aus der Perspektive des Senats diese Tatsache insbesondere in Bezug auf die Leistungsansprüche Gleichaltriger in Verbindung mit dem berlinpass-BuT, die Leistungen nach dem AsylbLG erhalten ? d) Falls nein, wie fördert der Senat aktuell die Mobilität und gesellschaftliche Teilhabe von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten, um ihre nicht vorhandenen Ansprüche auf den „berlinpass-BuT“ auszugleichen und ihnen die gleichen Chancen wie Gleichaltrigen im Leistungsbezug nach AsylbLG- oder SGB II/XII zu verschaffen ? 6. Erwägt der Senat, den Berechtigtenkreis für den „berlinpass“ auf unbegleitete minderjährige Geflüchtete zu erweitern? a) Falls nein, warum nicht? b) Falls ja, ab welchem Stichtag oder in welchem Zeitraum (bitte schätzen) ist damit zu rechnen? Zu 5. und 6.: Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gehören nicht zu den Anspruchsberechtigten für den berlinpass -But, da hier der Rechtskreis des SGB VIII Anwendung findet. Für Leistungen nach § 42 und § 34 SGB VIII werden die Entgelte einrichtungsbezogen mit den Trägern /Leistungserbringern vereinbart. Die Zusammensetzung der Entgelte erklärt sich anhand des jeweiligen Kostenblattes , in dem alle vereinbarten Kostenpositionen dargestellt werden und das der jeweiligen Leistung zugrunde liegt. Es werden Personalaufwendungen (z.B. pädagogische Kräfte, Supervision und Fortbildung, Hauswirtschaft etc.), Investitionskosten (z.B. Mieten, Wirtschaftsgüter, Abschreibungen) und Sachmittel (Lebensmittel , Verwaltungskosten, Fahrgeld etc.) abgebildet, die für die Leistungserbringung erforderlich sind. Für die Unterbringung nach § 42 und § 34 SGB VIII betragen die Entgelte zwischen 100 und 160 Euro pro Platz und Tag. Die Unterschiede in den Entgelten erklären sich aufgrund der einrichtungsbezogenen Ermittlung entsprechend der rahmenvertraglichen Grundlagen im Berliner Rahmenvertrag für Hilfen in Einrichtungen und Diensten der Kinder- und Jugendhilfe (BRVJug). Der Kostensatz für eine temporäre Betreuungseinrichtung setzt sich nach einem Bausteinprinzip aus Kosten für Unterbringung, Verpflegung, Objektschutz und sozialpädagogischer Betreuung, sowie Mobilität zusammen. Für die sozialpädagogische Betreuung in den temporären Unterkünften ist ein einheitlicher Standard entwickelt und berechnet worden. Die Höhe des Kostensatzes einschließlich der Essensversorgung beträgt durchschnittlich 100 € pro Person und Tag. Berlin, den 06. November 2015 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Nov. 2015)