Drucksache 17 / 17 212 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Silke Gebel (GRÜNE) vom 19. Oktober 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Oktober 2015) und Antwort Was folgt aus dem Handlungskonzept zur Reduktion der Nährstoffbelastung von Dahme, Spree und Havel für dezentrales Regenwassermanagement in Berlin? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche dezentralen Maßnahmen zur Regenwasserbewirtschaftung ergreift der Senat, um das Handlungskonzept zur Reduktion der Nährstoffbelastung von Dahme, Spree und Havel über die Ertüchtigung der Kläranlagen hinaus umzusetzen? Frage 2: Plant der Senat, wie das Land Brandenburg, die Vorrangigkeit dezentraler Maßnahmen zur Regenwasserbewirtschaftung festzuschreiben? Frage 2.1: Wenn nein, wieso nicht? Frage 2.2: Welche Empfehlung gibt der Senat den Bezirken , um dezentrale Maßnahmen voranzubringen? Antwort zu 1, 2 und 2.1: Die Vorrangigkeit dezentraler Maßnahmen zur Regenwasserbewirtschaftung ist bereits gesetzlich festgeschrieben. § 55 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) statuiert, dass Niederschlagswasser ortsnahe versickert, verrieselt oder direkt über eine Kanalisation ohne Vermischung mit Schmutzwasser in ein Gewässer eingeleitet werden soll, soweit dem weder wasserrechtliche noch sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften noch wasserwirtschaftliche Belange entgegenstehen . § 36 a Abs. 1 Satz 1 Berliner Wassergesetz (BWG) regelt weiter, dass Niederschlagswasser über die belebte Bodenschicht versickert werden soll, soweit eine Verunreinigung des Grundwassers nicht zu besorgen ist oder sonstige signifikante nachteilige Auswirkungen auf den Zustand der Gewässer nicht zu erwarten sind und sonstige Belange (z.B. Gefahr von Vernässungsschäden an Vegetation oder Bauwerken) nicht entgegenstehen. Antwort zu 2.2: Der Senat hat in Auswertung von stadtökologischen Modellvorhaben Leitfäden und Arbeitshilfen erarbeitet, die auch den Bezirken zur Verfügung stehen. Siehe hierzu http://www.stadtentwicklung.berlin.de/bauen/oekologisch es_bauen/de/download/index.shtml und Übersicht Leitfäden /Arbeitsgrundlagen am Ende der Anfrage. Zu Informations - und Weiterbildungsveranstaltungen werden auch die Bezirksvertreter/innen eingeladen. Modellvorhaben wurden und werden in enger Kooperation mit den Bezirken durchgeführt. Empfehlungen zum Umgang mit Niederschlagswasser gibt der Senat auch auf den Internetseiten des Umweltbereichs (http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/wasser/re genwasser/index.shtml) und des Baubereichs (http://www.stadtentwicklung.berlin.de/bauen/oekologisc hes_bauen/index.shtml) Frage 3: Plant der Senat eine Förderung für dezentrale Regenwasserbewirtschaftung im Bestand? Frage 3.1: Wenn ja, wie soll diese aussehen? Frage 3.2: Wenn nein, wie will er eine Verbesserung der stofflichen Regenwasserbehandlung im Bestand erreichen ? Antwort zu 3, 3.1 und 3.2: In Auswertung aktuell laufender Forschungsprojekte (z. B. KURAS) werden Vorschläge erarbeitet, wie die indirekte und direkte Förderung der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung unter Beachtung wirtschaftlicher und stadtökologischer Effekte optimiert und weiterentwickelt werden kann. Die Auswertung und Diskussion dieser Ergebnisse bleiben abzuwarten . Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 212 2 Zur Verbesserung der stofflichen Regenwasserbehandlung und Minimierung der Risiken, die sich aus der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung ergeben, sind im Rahmen eines UEP 1 II-geförderten Projektes (OgRe) zur Erfassung von organischen Belastungen im Regenwasser umfassende Untersuchungen vorgenommen worden . Die Ergebnisse werden aktuell ausgewertet und bilden die Grundlage für weitere Empfehlungen. Im Sinne der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung ist die vereinfachte Erlaubnispraxis der Niederschlagswasserfreistellungsverordnung , wonach bis auf wenige Ausnahmen die Versickerung erlaubnisfrei möglich ist. Frage 4: Welche Maßnahmen zur dezentralen Regenwasserbewirtschaftung sind derzeit in Berlin in Planung, welche werden bereits durchgeführt? Bitte geben sie an, wo diese Maßnahmen durchgeführt werden, welche Kosten eingeplant werden und welche Technologien zum Einsatz kommen. Frage 5: Welche Maßnahmen zum dezentralen Regenwassermanagement werden in den im Handlungskonzept definierten Schwerpunkträumen (Dahme/Vorstadtspree , Einzugsgebiet von Wuhle, Marzahn-Hohenschönhausener Grenzgraben und Ruschegraben) durchgeführt bzw. sind in Planung? Bitte führen sie alle in der Umsetzung befindlichen und geplanten Maßnahmen in diesen Gebieten auf. Antwort zu 4 und 5: Dazu liegen dem Senat keine flächendeckenden Erkenntnisse vor. Maßnahmen zur dezentralen Regenwasserbewirtschaftung werden stadtweit umgesetzt, im Bestand sowie bei Neubauvorhaben. Eine systematische Erfassung aller Maßnahmen wird beim Senat nicht vorgenommen. Zum Einsatz kommen alle technischen Maßnahmenpotenziale wie Dach- und Fassadenbegrünung , Versickerung und Nutzung von Regenwasser . Frage 6: Werden neben Maßnahmen in den Schwerpunkträumen derzeit für weitere Gebiete Konzepte und Vorstudien erarbeitet, so wie es im Handlungskonzept vorgesehen ist? Bitte führen sie auf, welche Konzepte und (Vor-)Studien derzeit erarbeitet werden. Bis wann werden Ergebnisse vorliegen? Antwort zu 6: Systematische Studien zum dezentralen Regenwassermanagement in den Schwerpunkträumen werden aktuell nicht erarbeitet. Frage 7: Welche konkreten Ziele wie Rückhaltekapazitäten oder Entlastung der Kanalisation sollen durch dezentrale Maßnahmen der Regenwasserbewirtschaftung bis wann erreicht werden? 1 Umweltentlastungsprogramm Antwort zu 7: Über die ökologischen Ziele des Handlungskonzepts zur Reduktion der Nährstoffbelastung von Dahme, Spree und Havel sowie des Abwasserbeseitigungsplanes des Landes Berlin hinaus wurden keine weiteren spezifischen Ziele für dezentrale Maßnahmen der Regenwasserbewirtschaftung abgeleitet. (siehe auch Antwort zu 3.) Frage 8: Wie werden die zur dezentralen Regenwasserbewirtschaftung zur Verfügung stehenden Technologien vom Senat in Bezug auf die Kosten und Anwendbarkeit in Berlin eingeschätzt? Was rät der Senat Gebäude- /GrundstücksbesitzerInnen, die eine dezentrale Regenwasserbewirtschaftung auf ihrem Grundstück zur Entlastung der Kanalisation und der Gewässer vornehmen wollen ? Antwort zu 8: Grundsätzlich können alle Maßnahmen zur dezentralen Regenwasserbewirtschaftung in Abhängigkeit der örtlichen Gegebenheiten in unterschiedlichen Intensitäten umgesetzt werden. In Einzelfällen kann es auch projektspezifische Ausschlusskriterien wie Flächenund Nutzungskonkurrenzen oder statische Gründe für einzelne Maßnahmen geben. Maßnahmen zur Förderung der Verdunstung wie Dach- und Fassadenbegrünungen oder oberflächennahe Versickerungen wie auch die technisch gestützte Speicherung von Regenwasser hält der Senat in stadtklimatischer wie auch gewässerökologischer Hinsicht für besonders geeignet. Der Senat hat in Auswertung von stadtökologischen Modellvorhaben Leitfäden und Arbeitshilfen erarbeitet (s. Anlage). Frage 9: Welche Möglichkeiten sieht der Senat in Berlin für weitere Retentionsbodenfilter? Antwort zu 9: Der Senat sieht je nach örtlichen Randund Rahmenbedingungen weitere Potenziale für den Einsatz von Bodenfiltern. Frage 10: Gibt es bereits Überlegungen für konkrete Standorte für weitere Retentionsbodenfilter? Antwort zu 10: Für die Schwerpunkträume gibt es konkrete Überlegungen für weitere Bodenfilter. Die Voruntersuchungen dazu werden fortgesetzt. Eine Umsetzung ist vor dem Hintergrund fehlender finanzieller Mittel für Maßnahmen im Bestand des Trennsystems ungewiss. Berlin, den 03. November 2015 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Nov. 2015) 5 Anlage Übersicht Leitfäden / Arbeitsgrundlagen Eine Auswahl von Veröffentlichungen die u.a. in Auswertung von stadtökologischen Modellprojekten des Landes Berlin und/oder in Kooperation mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt herausgegeben wurden: [1] FLL - Schriftenreihe „Forschungsvorhaben“, FV 2014/01, Bonn, Februar 2014 Gebäude Begrünung Energie Potenziale und Wechselwirkungen ISBN 978-3-940122-46-9 [2] Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Berlin März 2014 Berliner Unternehmen fördern Biologische Vielfalt Vorschläge zum Handeln - ein Leitfaden ISBN 978-3-88961-341-7 Senate Department for Urban Development and the Environment, Berlin September 2014 Business in Berlin Support Biodiversity Recommendations for Action - A Guide ISBN 978-3-88961-341-7 [3] Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Landesamt für Gesundheit und Soziales, Berlin Stand 1.10.2013 Handlungsempfehlungen zur Vermeidung der Umweltbelastung durch die Freisetzung des Herbizids Mecoprop aus wurzelfesten Bitumenbahnen [4] Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V., Müncheberg 2013 „Es wächst etwas auf dem Dach“ - Dachgewächshäuser: Ideen – Planung - Umsetzung [5] Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (SenStadt), Berlin 2011 Rundschreiben SenStadt VIC Nr. 01/2011 Leitfaden für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen zur Bewertung von Maßnahmen der Regenwasserbewirtschaftung – Ausgabe 2011 http://www.stadtentwicklung.berlin.de/service/rundschreiben/de/leitfaeden.shtml Das Internetportal ergänzt die Arbeitsblätter des Leitfadens mit Mustertexten und Links. [6] Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Berlin 2011 Konzepte der Regenwasserbewirtschaftung, Gebäudebegrünung, Gebäudekühlung Leitfaden für Planung, Bau, Betrieb und Wartung ISBN 978-3-88961-140-6 [7] Deutscher Dachgärtner Verband e.V. (DDV) 2011 Leitfaden Dachbegrünung für Kommunen ISBN: 978-3-9814184-0-8 Das Internetportal "Dachbegrünung für Kommunen" ergänzt den Leitfaden mit Mustertexten und Links. [8] Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Berlin 2003 6 Innovative Wasserkonzepte, Betriebswassernutzung in Gebäuden [9] Bezirksamt-Mitte von Berlin, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung/Fachbereich Ökologischer Städtebau, Januar 2002 Maßnahmenkatalog Reduzierung der Wasserkosten im öffentlichen Bereich [10] Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Berlin 2001 Neuer Umgang mit Niederschlagswasser in Berlin S17-17212 s1717212_AE