Drucksache 17 / 17 215 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Fabio Reinhardt (PIRATEN) vom 19. Oktober 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Oktober 2015) und Antwort Situation unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge in Berlin (V) – rechtswidrig gekürzte Barleistungen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Bar- und Sachleistungen nach dem SGB VIII erhalten die in Beherbergungsbetrieben, Notunterkünften und anerkannten Jugendhilfeeinrichtungen untergebrachten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge (UMF) neben der Unterbringung auf welchen bundesund landesrechtlichen Grundlagen? Mit der Bitte um Beantwortung der einzelnen Fragen. 2. Welche Behörde oder sonstige Stelle ist im Land Berlin sachlich und örtlich für die Gewährung der Leistungen an die Jugendlichen zuständiger Leistungsträger? 3. In welchen Fällen und nach welchen Kriterien werden die Leistungen als Barleistungen und wann als Sachleistungen und Barbetrag gewährt? 5. Ist es zutreffend, dass die UMF in einigen Hostels und Notunterkünften derzeit lediglich einen Barbetrag von nur 1 Euro/Person/Tag erhalten? Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage erfolgt dies? Zu 1. - 3., und 5.: Für die Dauer der Erstaufnahme ist die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft der sachlich und örtlich zuständige Leistungsträger für die Gewährung der Leistungen an die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge. Im Rahmen der Betreuung in temporären Unterbringungseinrichtungen erhalten unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sowohl Bar- als auch Sachleistungen. Bei der Kalkulation der Kostensätze wurde eine sinngemäße Analogie zu den Leistungen im Rahmen der „Gruppenangebote Regelleistung“ gemäß § 34 SGB VIII hergestellt. Neben der Unterbringung und Verpflegung erhalten unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in den temporären Unterbringungseinrichtungen Taschengeld in Höhe von 1,- € pro Tag zur freien Verfügung als Barleistung. Sachleistungen für Bekleidung, für Hygieneartikel und für Fahrgeld werden als Pauschalen in den Kostensatz einkalkuliert . 4. Welchen Geldwert haben die Barbeträge und die Sachleistungen nach § 39 SGB VIII, aufgegliedert nach a) Altersstufen und b) Höhe des Mindestbarbetrags, und c) Wert der ggf. in Form von Bar- oder Sachleistungen gedeckte Bedarfe jeweils mit Angabe der dadurch gedeckten einzelnen Bedarfspositionen nach der EVS bzw. dem RBEG? 6. Wie ist der rechtswidrig auf 1 Euro/Tag gekürzte Barbetrag nach Auffassung des Senats mit dem Grundund Menschenrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum vereinbar, nach welchem zufolge nach den Maßgaben des BVerfG-Urteils vom 18.07.2012 zum Asylbewerberleistungsgesetz allein für den Bedarf zur sozialen und gesellschaftlichen Teilhabe und zur zwischenmenschlichen Kommunikation (ohne Bedarf an Ernährung, Kleidung, Unterkunft, Krankenhilfe) für minder - und volljährige Alleinstehende gleichermaßen ein monatlicher Barbedarf von (hochgerechnet auf 2015) 143 Euro anzusetzen ist (vgl. § 3 Abs. 1 AsylbLG)? Zu 4. und 6.: Leistungen zum Unterhalt des Kindes oder des Jugendlichen werden auf der Grundlage von § 39 SGB VIII als Annexleistungen gewährt. Bezüglich der Barleistungen im Rahmen der Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII wird auf das maßgebliche Rundschreiben Soz Nr. 03/2014 der für Soziales zuständigen Senatsverwaltung verwiesen. Die Barbeträge (Taschengeld) stehen zur freien Verfügung und sind nach Altersgruppen gestaffelt. Sachleistungen darüber hinaus werden pauschal an den Träger gezahlt, so dass dieser den notwendigen Bedarf sicherstellen kann. Sind im Einzelfall Leistungen darüber hinaus begründet notwendig, können diese nach pflichtgemäßem Ermessen gewährt werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 215 2 Ein Abgleich mit der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe der amtlichen Statistik in Deutschland (EVS) scheidet aus, da diese die Grundlage für die nach dem Regelbedarfsgesetzes (RBEG) zu ermittelnden Regelsätze für Leistungen nach dem SGB II und XII bildet. Gleiches gilt für den Verweis auf das Asylbewerberleistungsgesetz, da die Unterbringung auf der Grundlage des SGB VIII erfolgt. 7. Erhalten UMF in Berlin das Bildungs- und Teilhabepaket analog SGB II/XII, wenn ja auf welcher rechtlichen Grundlage, wenn nein weshalb nicht? Zu 7.: Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gehören nicht zu den Anspruchsberechtigten für den berlinpassBuT , da hier der Rechtskreis des SGB VIII Anwendung findet. Berlin, den 06. November 2015 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Nov. 2015)