Drucksache 17 / 17 217 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Fabio Reinhardt (PIRATEN) vom 19. Oktober 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Oktober 2015) und Antwort »Heartbreak Hotel« - Unterbringung von Flüchtlingen in Hostels (VI) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Der Zuzug von Asylsuchenden nach Berlin hält auf unvermindert hohem Niveau an: Nach dem bundesweiten Verteilsystem (Erstaufnahme von Asylbegehrenden – EASY) wurden allein vom 01.09. bis 26.10.2015 nahezu 15.000 Zugänge nach Berlin ausgewiesen . Hinzu kommen jene Personen, die bereits aus Österreich bzw. Bayern kommend in Berlin eingetroffen sind, aber noch nicht als Asylbewerberinnen und Asylbewerber registriert werden konnten. Somit waren in Berlin innerhalb eines Zeitraums von weniger als zwei Monaten deutlich mehr Schutzsuchende aufzunehmen als im gesamten Vorjahr. Vor diesem Hintergrund bemüht sich der Landesweite Koordinierungsstab Flüchtlings-management (LKF) in einem rund-um-die-Uhr-Betrieb intensiv und mit höchster Priorität um die Schaffung zusätzlicher - und insbesondere auch winterfester - Unterkunftsplätze. Dies kann - in dem erforderlichen Umfang und in der Kürze der verfügbaren Zeitspanne, um Obdachlosigkeit zu vermeiden - nur durch die Ertüchtigung von Großquartieren für die zumindest vorübergehende Unterbringung von neu eintreffenden Asylbegehrenden geleistet werden. Im Ergebnis dieser Bemühungen konnte die landesweite Unterbringungskapazität allein in den zurückliegenden zwei Monaten um annährend 12.000 Plätze erhöht werden, was eine Kapazitätserweiterung von 70 Prozent bedeutet. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo ) sowie der LKF streben auch in Großquartieren an, den Anforderungen an eine bedarfsgerechte Unterbringung und Versorgung so weit wie möglich zu entsprechen ; gleichwohl stehen in Anbetracht der Zuzugsentwicklung die Bereitstellung eines Platzes in einer winterfesten Einrichtung und die Versorgung mit dem Grundbedarf für jeden einzelnen in Berlin um Schutz nachsuchenden Flüchtling sowie die Beschleunigung des Registrierungsverfahrens beim LAGeSo im Zentrum aller behördlichen Anstrengungen, auch wenn dies im Einzelfall erfordern kann, nicht alle der für vertragsgebundene Gemeinschafts -unterkünfte in Berlin geltenden Qualitätsanforderungen in vollem Umfang gewährleisten zu können. 1. Laut Antwort vom 2. Oktober 2015 (Drucksache 17/17015) strebt der Senat den Abschluss weiterer Kontingentvereinbarungen mit Hostelbetreibern an. In der Antwort vom 12. Oktober 2015 (Drucksache 17/ 17077) auf die Schriftliche Anfrage der Piratenfraktion kündigt der Senat an, dass die Kontingente in den Vertragshostels nicht verlängert werden sollen. Auf welcher Grundlage ist diese Entscheidung gefallen und wie begründet der Senat seine Entscheidung? 2. Ist aus dieser Entscheidung abzuleiten, dass der Senat der Unterbringung von Geflüchteten in Massenunterkünften den Vorrang gibt? Wenn ja, warum? 3. Warum lehnt der Senat es ab, mit Betreiber*innen von Hostels und Pensionen verbindliche Vereinbarungen über die Unterbringung von Geflüchteten in Hostels abzuschließen ? Zu 1. bis 3.: Der Senat hat wiederholt – zuletzt in seiner Antwort vom 12.10.2015 auf die Fragen 1, 2, 7 und 8 der Schriftlichen Anfrage 17/17077 vom 22.09.2015 – klargestellt, dass er die Einquartierung von Asylbegehrenden in Hostels oder ähnlichen Beherbergungsbetrieben lediglich als ein Instrument für Notfälle erachtet, um auch bei fehlenden Plätzen in Aufnahmeeinrichtungen den Eintritt von Obdachlosigkeit zu vermeiden. Mit der Inbetriebnahme des Standorts Bundesallee, an dem in Form einer „Bearbeitungsstraße“ die im Aufnahme - und Asylverfahren beteiligten Behörden (LAGeSo , Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – BAMF, Ausländerbehörde) unmittelbar kooperieren und das Verwaltungsverfahren dadurch erheblich gestrafft werden kann, wurde die Erstregistrierung von nach Berlin verteilten bzw. hier erstmalig um Asyl nachsuchenden Menschen reorganisiert. Dabei werden auch jene Personen , für die nicht am gleichen Tag eine Registrierung als Asylbegehrende und Asylbegehrender und Ausstellung der Bescheinigung über die Meldung als Asylbewerber Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 217 2 (BÜMA) möglich ist, untergebracht und versorgt. Daher besteht seit der Einführung dieses neuen Verfahrens keine Notwendigkeit mehr für die Ausgabe von Kostenübernahmebescheinigungen für die selbst organisierte Einquartierung in einem Hostel. Die Unterbringung in Beherbergungsbetrieben, mit denen das LAGeSo die Nutzung fester Kontingente vereinbart hat, kommt dagegen weiterhin in Betracht, sofern kurzfristig kein freier Platz in einer Gemeinschafts- bzw. Notunterkunft verfügbar ist. Ein Verzicht auf diese Platzkontingente wäre zum gegenwärtigen Zeitpunkt und unter Berücksichtigung der in der Vorbemerkung dargestellten Ausgangslage nicht vertretbar. Sofern im Übrigen in der Fragestellung auf vermeintlich widersprüchliche Aussagen des Senats im Rahmen der Beantwortung früherer Anfragen abgehoben wird, ist anzumerken, dass die überaus dynamische und volatile Entwicklung eine flexible und dispositive Bedarfs- und Belegungsplanung erfordert, was auch dazu führen kann, dass kurzfristig Entscheidungsprozesse an die aktuellen Gegebenheiten angepasst und Planungen aktualisiert werden müssen. Es versteht sich daher von selbst, dass sich die Antworten auf Anfragen immer nur auf den Zeitpunkt der Bearbeitung beziehen können und die erfragten Sachverhalte zu einem späteren Zeitpunkt, im Lichte neuer Entwicklungen und veränderter Rahmenbedingungen , u. U. einer Neubewertung bedürfen können. 4. In der Drucksache 17/ 17077 heißt es, dass seitens des LAGeSo keine Bedenken gegen die Unterbringung von Geflüchteten im Aap Hotel und Berlin Hostel bestehen . Wie erklärt der Senat diesen Umstand, obgleich beide Häuser durch explizite Benennung auf den Hostelgutscheinen von der Kostenübernahme ausgenommen sind? 5. Sind die unter 4 genannten Häuser seit dem 23.07.2015 kontrolliert wurden? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, wie kommt der Senat zu der Einschätzung , dass die Häuser zur Unterbringung von Geflüchteten seitens des LAGeSo nicht geeignet sind (siehe Kostenübernahme bei Notunterbringung in gewerblich genehmigten Unterkünften)? 6. Seit welchem genauen Datum sind das Aap Hotel und Berlin Hostels von der Kostenübernahme vom LAGeSo ausgeschlossen? Zu 4. bis 6.: Das LAGeSo trifft die Entscheidung über die Belegung von Hostels in Abstimmung mit den zuständigen Stellen der jeweiligen Bezirksämter. Im Aap Hotel und Berlin Hostel kam es nach einer Begehung durch das LAGeSo zu der Einschätzung, dass nach Behebung von geringfügigen Mängeln eine Belegung möglich wäre. Nach Prüfung der Unterlagen wurde jedoch festgestellt , dass zwar die Nutzungserlaubnis für das Aap Hotel für 204 Plätze vorlag, jedoch die Brandmeldeanlage nicht den Anforderungen der Bauaufsicht entsprach. Daraufhin verfügte das LAGeSo einen Belegungsstopp mit Wirkung vom 25.02.2015. Am 25.09.2015 teilte die Bauaufsicht des Bezirkes mit, dass die Brandmeldeanlage des Aap Hotel nunmehr den Anforderungen entspräche und der Belegungsstopp aufgehoben werden könne. Die zuständige Amtsärztin des Bezirks Marzahn-Hellersdorf wies jedoch am 05.10.2015 darauf hin, dass das Wasser des Hotels mit Legionellen verseucht sei und dringend notwendige Filter an jeder Dusche anzubringen seien. Dieses wolle sie in einer Begehung kontrollieren. Diesem Begehungstermin im Aap Hotel schlossen sich die Bauaufsicht, das Gesundheitsamt und die Qualitätssicherung für Flüchtlingsunterkünfte des LAGeSo am 15.10.2015 an. Bei dieser Begehung betonten die Vertreterinnen und Vertreter der Behörden, dass an diesem Tag nur die Belegung der 161 Plätze des Aap Hotel und der 43 Plätze des Berlin Hostel geprüft werde. Die Nutzung weiterer 600 Plätze liege noch zur Prüfung bei der bezirklichen Bauaufsicht. Das Gesundheitsamt erklärte sich an diesem Tag mit der Einrichtung einer Gemeinschaftsküche einverstanden, die Amtsärztin bei der Verwendung von Filtern in allen Bädern mit dem Benutzen der Bäder; die Qualitätssicherung des LAGeSo erklärte unter Beseitigung der Unfallgefahren , der Mängel des Brandschutzes und der Elektrik und nach Aufstellen von Kühlschränken ebenfalls das Einverständnis zur Belegung und stellte fest, dass die Kostenübernahme empfohlen werden könne, sofern die Bauaufsicht die ihrerseits festgestellten Mängel als erledigt ansähe. Im Ergebnis wurde vereinbart, dass nach Mitteilung der Bauaufsicht die Räume für 204 Personen abschließend vom LAGeSo und der Amtsärztin auf die Beseitigung der Mängel und Erledigung der Auflagen abgenommen würden und am darauffolgenden Tag die Belegung erfolgen könne. Am 21.10.2015 hat die Bauaufsicht Marzahn-Hellersdorf bestätigt, dass alle festgestellten Mängel im Hostelbereich - bis auf die Tür im Foyer-Bereich für den notwendigen Rettungsweg - beseitigt wurden . Die vorhandene mangelhafte Tür wird durch eine neue Tür ersetzt. Sobald die Beseitigungen aller genannten Mängel durch den Betreiber angezeigt werden, erfolgt die Abnahme der Räume, wie beschrieben. Eine weitere Kostenübernahme für Belegungen im Berlin Hostel wird erst in Erwägung gezogen, wenn die Bauaufsicht Marzahn-Hellersdorf das LAGeSo entsprechend informiert. Auch dort werden dann entsprechende Begehungen vorgenommen. 7. Kann der Senat ausschließen, dass das LAGeSo für das Aap Hotel und Berlin Hostel die Beherbergungskosten übernommen hat, seit dem die beiden Häuser von der Kostenübernahme ausgenommenen wurden? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 217 3 Zu 7.: Es wurden keine neuen Rechnungen bei der Rechnungsstelle des LAGeSo eingereicht, seitdem die beiden in der Fragestellung genannten Hostels von der Kostenübernahme ausgeschlossen wurden. Demzufolge wurden auch keine Rechnungen für diesen Zeitraum abgerechnet und bezahlt. Berlin, den 03. November 2015 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Nov. 2015)