Drucksache 17 / 17 219 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Regina Kittler (LINKE) vom 20. Oktober 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Oktober 2015) und Antwort Optimale Startbedingungen in den Beruf für Referendar/-innen, Lehramtsanwärter/-innen und Quereinsteiger/-innen in Berliner Schulen? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Referendar/-innen, Lehramtsanwärter/- innen mit berufsbegleitendem Referendariat bzw. Quereinsteiger /-innen wurden zum vergangenen und zum laufenden Schuljahr jeweils eingestellt (bitte jeweils getrennt auflisten)? Zu 1.: Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit abgeschlossenem Lehramtsstudium im herkömmlichen Vorbereitungsdienst zum Schuljahr Einstellungstermin Anzahl 2014 / 2015 18.08.2014 557 2015 / 2016 20.08.2015 714 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ohne abgeschlossenes Lehramtsstudium im berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst zum Schuljahr Einstellungstermin Anzahl 2014 / 2015 18.08.2014 250 2015 / 2016 20.08.2015 226 2. Wie viele (Fach-)Seminarleiter/-innen wurden im gleichen Zeitraum neu eingestellt, wie viele davon im laufenden Schuljahr, während die Schulpraktischen Seminare schon liefen? Zu 2.: Im Schuljahr 2014/2015 gab es für Fachseminarleitungen 153 Neubeauftragungen und für das Schuljahr 2015 / 2016 (bisher) 126 Neubeauftragungen. Die letzte Zahl bildet den aktuellen Stand ab, es wird statistisch nicht erfasst, ob das Fachseminar vor Beginn oder während des Schuljahres eröffnet wird. Im Schuljahr 2014/2015 und 2015/2016 übernahmen jeweils 13 Seminarleiterinnen und Seminarleiter neu diese Aufgabe. 3. Wie viele der neu eingestellten (Fach-) Seminarleiter /-innen waren davon insgesamt zuvor noch nicht im Berliner Schuldienst aktiv? Zu 3.: Alle neu beauftragten Fachseminarleiterinnen und Fachseminarleiter sowie alle neu beauftragten oder in das Amt eingewiesenen Seminarleiterinnen und Seminarleiter waren vor Übernahme der neuen Aufgabe bereits im Schuldienst aktiv. 4. Wie wurde die Eignung der (Fach)-Seminarleiter/- innen bei der Einstellung geprüft und welche Voraussetzungen mussten diese erfüllen? Zu 4.: Grundsätzlich werden nur erfahrene Lehrkräfte des Schuldienstes mit der Führung eines Fachseminars oder Schulpraktischen Seminars beauftragt. Die Leiterinnen und Leiter der Schulpraktischen Seminare stehen im engen Kontakt mit den Ausbildungsschulen und prüfen nach Empfehlung gemeinsam mit den Fachkoordinatorinnen und Fachkoordinatoren die Eignung der genannten Lehrkraft. Dieses geschieht durch Unterrichtsbesuche und Reflexionsgespräche. Ist die Lehrkraft geeignet, erfolgt eine befristete Beauftragung. Es kommen ausschließlich Lehrkräfte in Frage, die das für das Fachseminar erforderliche Lehramt und eine entsprechende fachliche Ausbildung besitzen. Während der gesamten Tätigkeit erfolgen Hospitationen und Feedback-gespräche mit der zuständigen Leitung des Schulpraktischen Seminars und der Fachkoordinatorin oder dem Fachkoordinator. Sollte sich eine Fachseminarleitung bei der Wahrnehmung ihrer Aufgabe nicht bewähren, erfolgt die Entpflichtung und die Fachseminarleitung kehrt mit voller Stundenzahl in die Schule zurück. Die Auswahl der Leiterinnen und Leiter der Schulpraktischen Seminare geschieht über Stellenausschreibungen und anschließende Auswahlverfahren, da es sich bei dieser Tätigkeit nicht um eine Beauftragung, sondern um ein Beförderungsamt handelt. Hierbei gilt das Prinzip der Bestenauslese. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 219 2 5. Wie gewährleistet die Senatsverwaltung, dass die neuen (Fach-)Seminarleiter/-innen die notwendige Qualität während der Ausbildung aufrecht halten? Zu 5.: Alle neu beauftragten Fachseminarleitungen werden zu Beginn ihrer Tätigkeit durch erfahrene Leiterinnen und Leiter Schulpraktischer Seminare und auch erfahrene Leiterinnen und Leiter von Fachseminaren mittels vier Qualifizierungsbausteinen weiterqualifiziert. Daneben bietet das Referat Lehrkräftebildung zahlreiche Zusatzmöglichkeiten zur gezielten Fortbildung für Ausbildende an. Die Leiterinnen und Leiter der Schulpraktischen Seminare führen regelmäßig gemeinsam mit den Fachseminarleitungen Unterrichtsbesuche durch, während der die Qualität der Reflexionsgespräche überprüft und anschließend kritisch reflektiert wird. Die Leitungen der Schulpraktischen Seminare erhalten regelmäßig während ihrer Tätigkeit Qualifizierungen zu Aspekten der Beratung und Beurteilung sowie zu Themen der Didaktik und zu Querschnittsthemen. Die Dienstaufsicht hospitiert in Seminarveranstaltungen und gibt Feedback zur Qualitätsentwicklung. 6. Wie stellt die Senatsverwaltung sicher, dass die Ausbildung für alle Berliner Schultypen einschließlich ihrer jeweiligen "speziellen An- und Herausforderungen" erfolgt und nicht auf idealisierte problemfreie Schulen ausgerichtet wird? Zu 6.: Die Ausbilderinnen und Ausbilder des Vorbereitungsdienstes nehmen umfänglich und regelmäßig an Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen teil, die sich auf konkrete Unterrichtssituationen beziehen. Im Vorbereitungsdienst werden verschiedene herausfordernde Themengebiete bearbeitet, wie zum Beispiel Heterogenität in Lerngruppen, Unterrichtsstörungen, Gewalt in der Schule, Rassismus etc. Da alle Ausbilderinnen und Ausbilder aus der Praxis stammen und den Schulalltag mittels Unterrichtsbesuchen und eigener Unterrichtstätigkeit gut kennen, wird nicht von einem Idealzustand ausgegangen . 7. Welche konkreten Kontaktmöglichkeiten zur Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft haben Referendar/-innen, Lehramtsanwärter/-innen oder Quereinsteiger/-innen, wenn die Qualität der (Fach-) Seminare hinter den Ansprüchen für den Schuldienst zurückbleibt und wie werden sie über diese Kontaktmöglichkeiten informiert? Evaluiert der Senat von sich aus diesbezüglich die Qualität der Ausbildung und welche Möglichkeiten haben Anwärter/-innen, bei fehlender Qualität der Ausbildung die Seminare zu wechseln? Zu 7.: Die Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter werden bereits während der Einführungswoche über die Verwaltungsstruktur und die Dienstwege informiert . Kritik wird grundsätzlich zuerst an den Adressaten der Kritik gerichtet, dann an die nächst höhere Stelle (Dienstweg). Nach § 12 der Verordnung über den Vorbereitungsdienst und die Staatsprüfung für Lehrämter vom 23.06.2015 (VSLVO) besteht die ständige Verpflichtung zur Evaluation. Evaluationen finden regelmäßig auf verschiedenen Ebenen statt. In den Jahren 2010 - 2012 erfolgte eine großrahmige externe Evaluation des Berliner Vorbereitungsdienstes zu seiner Wirksamkeit, die auf der Website der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft heruntergeladen werden kann. Im Selbstevaluationsportal des Instituts für Schulqualität der Länder Berlin und Brandenburg e.V. (ISQ) gibt es einen Bereich für Seminar- und Fachseminarleitungen, in dem sich die Ausbilderinnen und Ausbilder von den Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärtern anonym evaluieren lassen. Die Seminarleitungen sind nach Statistik des ISQ die im Portal am stärksten aktive Gruppe. Einzelne Formate des Vorbereitungsdienstes, wie z.B. Tagungen und Seminarsitzungen , werden ad hoc evaluiert, ständig vorhandene Anteile wie Wahlbausteine und Prüfungsteile werden systematisch evaluiert. Zurzeit wird eine großrahmige Studie zur Evaluation der Quereinsteigenden im Vergleich zu den grundständig Vorgebildeten vorbereitet, die sowohl den Längsschnitt (basierend auf erhobenen Daten aus 2013/2014) als auch den Querschnitt erfassen soll. Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter haben das Recht, einmal im Rahmen der rechtlichen Vorgaben der VSLVO, § 11 Absatz 2 die Seminare zu wechseln. 8. Wie stellt die Senatsverwaltung sicher, dass die (Fach-)Seminarleiter/-innen genug unterrichtsfreie Zeiten im Stundenplan von ihren Schulen zugewiesen bekommen , um der Verpflichtung der Unterrichtsbesuche nachkommen zu können? a. Was unternimmt der Senat, wenn Schulen den bei ihnen tätigen (Fach-)Seminarleiter/-innen nicht die notwendigen Zeiten z.B. für Unterrichtsbesuche zur Verfügung stellen? b. Sind dem Senat solche Fälle bekannt? Zu 8. a und b: Die Anrechnungsstunden für die Fachseminarleitungen werden der Größe des Seminars angepasst . Die Ausbildung neuer Lehrkräfte liegt auch im Interesse der Schulleitungen, sodass einvernehmliche Regelungen gefunden werden. Bislang sind keine Fälle bekannt, in denen die Zeit zur Betreuung der Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter nicht ausgereicht hätte. Die Leiterinnen und Leiter der Schulpraktischen Seminare arbeiten mit vollem Stundenumfang in der Ausbildung . Da sie keiner Schule angehören, kann hier kein Konflikt einstehen. 9. Nach welchen Kriterien hat die Senatsverwaltung zu Beginn der Ausbildungsphase die neuen Anwärter/- innen den Seminaren zugeordnet? Zu 9.: Die Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter werden von der Einstellungsstelle möglichst wohnortnah einer der vier Ausbildungsregionen zugewiesen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 219 3 Innerhalb der Regionen weisen die Seminarleitungen die Auszubildenden einzelnen Schulpraktischen Seminaren, den Fachseminaren und den Ausbildungsschulen zu. Die Kriterien sind die Kapazitäten in den Seminaren und Fachseminaren sowie der Wohnort. 10. Welche Möglichkeiten räumt die Senatsverwaltung zu Beginn der Ausbildungsphase ein, ein Seminar zu wechseln und welche Rolle spielen dabei Gründe wie eine Lage in Nähe der Ausbildungsschule(n), statt quer durch die Stadt zu müssen, oder die Vermeidung von Überschneidungen mit der Unterrichtsplanung der Schulen? Welche Möglichkeiten räumt die Senatsverwaltung während der Ausbildungsphase ein, Seminare zu wechseln? Zu 10.: Den Einsatz an der Schule sowie die Organisation der Ausbildung verantwortet die Leiterin oder der Leiter des Schulpraktischen Seminars. Da sich die Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter in der Ausbildung befinden, hat die Ausbildung stets Vorrang vor Unterrichtsverpflichtungen. Hierzu erwirken die Seminarleitungen Einvernehmen mit den Schulleitungen hinsichtlich der Verteilung der Unterrichtsstunden im Abgleich mit den Ausbildungserfordernissen. Nach der Verordnung über den Vorbereitungsdienst und die Staatsprüfung für Lehrämter vom 23.06.2014, § 11 Absatz 2 können die Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter einen Monat vor Ablauf des ersten Ausbildungshalbjahres den Wechsel eines, mehrerer oder aller Seminare beantragen und zum Beginn des zweiten Ausbildungshalbjahres wechseln, sofern die Kapazitäten dieses zulassen. 11. Nach welchen Kriterien hat der Senat die neuen Anwärter/-innen den Schulen zugewiesen (bitte getrennt nach Art der Einstellung und Zeitraum der Einstellung) und wurde vor der Zuweisung sichergestellt, dass alle Anwärter/-innen für alle ihre Fächer auch entsprechende Unterrichtszeiten (Stundenangebot überhaupt/ Stundenkontingente / bisher vorhandene Fachlehrer/-innen etc.) zur Verfügung gestellt bekommen können? Zu 11.: Die Zuweisung erfolgt über die Seminarleitungen in den Regionen, die Daten werden nicht zentral erfasst. Die Seminarleitungen stellen sicher, dass die Schulen die erforderlichen Fächer im Portfolio führen und dass die Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter Unterricht im erforderlichen Umfang erteilen können. Zum Ausbildungsunterricht gehören neben selbstständig zu erteilendem Unterricht auch Unterricht unter Anleitung sowie Hospitationen. 12. Wie sichert der Senat während der Ausbildung, dass alle Anwärter/-innen genug Unterricht in ihren Ausbildungsfächern erteilen können? Welche aktiven Maßnahmen zur Kontrolle bzw. Überprüfung der Vorgaben nimmt der Senat wahr? Zu 12: Die Leiterinnen und Leiter der Schulpraktischen Seminare lassen sich in der Regel wöchentlich die Einsatzpläne der Auszubildenden vorlegen und überprüfen diese. Ggf. tritt die Seminarleitung mit der Schulleitung in Kontakt, um den Unterrichtseinsatz nachzuverhandeln . Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Lehramtsanwärterin oder der Lehramtsanwärter über die gesamte Ausbildungsdauer hinweg hinreichend selbstständigen und angeleiteten Unterricht erteilen und hospitieren können. Berlin, den 27. Oktober 2015 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Okt. 2015)