Drucksache 17 / 17 239 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Regina Kittler (LINKE) vom 21. Oktober 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Oktober 2015) und Antwort Optimale Startbedingungen in den Beruf für Referendar/-innen? (2) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Nach welchen Kriterien werden die Fach- und Hauptseminare innerhalb des Vorbereitungsdienstes vergeben und werden bei der Vergabe Schulortnähe bzw. Wohnortnähe berücksichtigt? Zu 1.: Zu den Kriterien der Zuweisung der Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter zu den vier Ausbildungsregionen , wovon jede drei Bezirke umfasst, gehören unter anderem die Kriterien Wohnortnähe und Fächerbedarf . Um den berechtigten Interessen sowohl der Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter als auch denen der Schulen weitestgehend zu entsprechen, bemühen sich die Seminarleitungen, sowohl die Fachseminare als auch die Schulen innerhalb der jeweiligen Region zuzuweisen. Eine Zuweisungspraxis, die die Ausbildung ausschließlich innerhalb eines Bezirks organisiert, wäre ineffizient, da in diesem Fall in jedem Bezirk für sämtliche Fächerkombinationen Fachseminare und Schulplätze immer im Überschuss vorhanden sein müssten. 2. Wie viele Referendar/-innen haben gegenwärtig ihre Schule und die besuchten Seminare in mehr als zwei verschiedenen Berliner Bezirken (absolut und prozentual )? Zu 2.: Diese Daten werden statistisch nicht erhoben. Mit der im August 2015 begonnenen Neustrukturierung der Regionen wird ein System eingeführt, das sicherstellt, dass fast jede Lehramtsanwärterin und jeder Lehramtsanwärter innerhalb ihrer oder seiner Ausbildungsregion ausgebildet werden kann. Die regionsinterne Ausbildungsstruktur gilt nicht für Kombinationen mit seltenen Fächern, da hier zum Teil nicht jede Region ein eigenes Fachseminar vorhalten kann. 3. Wie bewertet der Senat das Vorgehen, Referendar /-innen nach erstmaligem Nichtbestehen der Laufbahnprüfung die Besoldung zu kürzen? Zu 3.: Die Regelung, nach der der Vorbereitungsdienst nach nicht bestandener Staatsprüfung um ein halbes Jahr verlängert wird, könnte für Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter als Anreiz wirken, durch bewusste Inkaufnahme des Durchfallens eine längere Ausbildungsdauer zu erwirken. Die in Aussicht gestellte Besoldungskürzung für die Wiederholungsphase setzt einen entgegenwirkenden Impuls. Die für den Vorbereitungsdienst praktizierten Besoldungskürzungen entsprechen den Vorgaben des Bundesbesoldungsgesetzes in der Überleitungsfassung für Berlin (BBesG Bln.) 4. Ist dem Senat bekannt, dass Referendar/-innen durch diese Kürzung gezwungen werden, „Sozialleistungen “ zu beantragen, um ihren Lebensunterhalt weiter finanzieren zu können, und wie bewertet er dies? Zu 4.: Gemäß § 66 Abs. 2 des BBesG Bln ist von einer Kürzung des Anwärtergrundbetrages in besonderen Härtefällen abzusehen. Die Kürzungsmöglichkeit in bestimmten eng umgrenzten Fällen ist die besoldungsrechtliche Reaktion auf einen verzögerten Abschluss der Ausbildung aus von der Anwärterin oder dem Anwärter zu vertretenden Gründen. Diese Sonderregelung ist begründet in der besonderen Natur des Anwärterverhältnisses als eines zeitlich befristeten, der Erlangung der Laufbahnbefähigung dienenden Ausbildungsverhältnisses. Durch die Beschränkung der Kürzungsmöglichkeit auf den Anwärtergrundbetrag und die gesetzliche Garantie eines bestimmten, der Anwärterin oder dem Anwärter in jedem Fall zu belassenden Mindestbetrages ist dem Ermessen des Dienstherrn der Rahmen gesetzt. Das Gesetz geht davon aus, dass trotz der Minderung der Gesamtbezüge der Anwärterin oder des Anwärters infolge einer Kürzung die verbleibenden Geldleistungen ihre Funktion als anwärterspezifische Unterhaltsleistung erfüllen. Es gibt keinen hergebrachten Grundsatz des Beamtentums, Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 239 2 Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter angemessen zu alimentieren. Die Beamtin oder der Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst hat keinen Anspruch auf Vollalimentation. 5. Nach welchen Kriterien wird der Anwärtergrundbetrag herabgesetzt? Zu 5.: Gemäß § 66 Abs.1 BBesG Bln kann die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle den Anwärtergrundbetrag bis auf 30 vom Hundert des Grundgehaltes , das einer Beamtin/einem Beamten der entsprechenden Laufbahn in der ersten Stufe zusteht, herabsetzen , wenn die Anwärterin oder der Anwärter die vorgeschriebene Laufbahnprüfung nicht bestanden hat oder sich die Ausbildung aus einem von ihr oder ihm zu vertretenden Grunde verzögert. Von der Kürzung der Anwärterbezüge ist nach § 66 Abs. 2 Nr. 1 BBesG Bln bei Verlängerung des Vorbereitungsdienstes infolge genehmigten Fernbleibens oder Rücktritts von der Prüfung und nach § 66 Abs. 2 Nr. 2 BBesG Bln in besonderen Härtefällen abzusehen. Um keine willkürlichen Entscheidungen zu treffen und um größtmögliche Gleichbehandlung zu gewährleisten , orientiert sich die Entscheidung bei der - ggf. teilweisen – Rücknahme der Kürzung an der jeweiligen Unterhaltsverpflichtung der Anwärterin oder des Anwärters: Familienstand Besoldungskürzung nach Nichtbestehen der Staatsprüfung ledig oder geschieden ohne Kinder Kürzung des Anwärtergrundbetrages um 10 % verheiratet Ehegatte berufstätig ein Kind Kürzung des Anwärtergrundbetrages um 10 % alleinerziehend ein Kind Kürzung des Anwärtergrundbetrages um 5 % verheiratet Ehegatte ohne Einkommen ein Kind Kürzung des Anwärtergrundbetrages um 5 % verheiratet Ehegatte berufstätig zwei Kinder Kürzung des Anwärtergrundbetrages um 5 % alleinerziehend zwei Kinder oder mehr vollständiger Verzicht auf die Kürzung verheiratet Ehegatte ohne Einkommen zwei Kinder oder mehr vollständiger Verzicht auf die Kürzung verheiratet Ehegatte berufstätig drei Kinder oder mehr vollständiger Verzicht auf die Kürzung Die maximale Kürzung bis auf 30 % des Grundgehaltes erfolgt lediglich im Falle eines Täuschungsversuches. Sollte jemand außergewöhnliche Belastungen geltend machen, erfolgt eine gesonderte Einzelfallprüfung. 6. Gelten diese gleichlautend für das Berufsbegleitende Referendariat? Zu 6.: Die zu 5. genannten Regelungen zur Kürzung gelten nicht für den berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst , da dort kein Anwärtergrundbetrag gem. § 66 BBesG Bln gezahlt wird. Beschäftigte im berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst erhalten neben einem unbefristeten Arbeitsvertrag, in dem die Eingruppierung und die anteilige Stundenzahl geregelt sind, einen Ausbildungsvertrag, in dem die Kriterien der Ausbildung geregelt werden. Das anteilige Entgelt wird hier entsprechend der Eingruppierung gezahlt. 7. Bei wie vielen Referendar/-innen und in welcher Höhe erfolgten jeweils Herabsetzungen in den letzten 5 Schuljahren (bitte Auflistung nach Halbjahren und nach Schulart)? Zu 7.: Es werden keine entsprechenden Listen geführt. Berlin, den 02. November 2015 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Nov. 2015)