Drucksache 17 / 17 243 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Christopher Lauer (PIRATEN) vom 21. Oktober 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Oktober 2015) und Antwort Einsatz von Pfefferspray und anderen Reizstoffen (VI) – Halbjahresbilanz 2015 Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Einsätze von Pfefferspray (Pelargonsäurevanillylamid – PAVA) und anderen Reizstoffen gab es im ersten Halbjahr 2015 in Berlin durch Polizist*innen zu welchen Ereignissen wie Versammlungen, Sportveranstaltungen , häuslicher Gewalt usw.? (Bitte nach Anlass und jeweiliger Anzahl aufschlüsseln.) Zu 1.: Im betrachteten Zeitraum wurden 263 Vorgänge strukturiert erfasst. Unter Einsatzanlass ist der Grund zu verstehen, der die Polizei veranlasst hat, am Ereignisort zu erscheinen. Dies stellt nicht den Grund für den Einsatz von Pfefferspray dar. Die erfassten Einsätze gliedern sich in folgende Einsatzanlässe : Einsatzanlass Anzahl Amtshilfe 2 Aufzug/Kundgebung 7 Bedrohung 10 Belästigung 1 Demonstrative Aktionen 18 Diebstahl 14 Diebstahl an und aus Kfz 2 Einbruch 1 Farbschmiererei 1 Feuer 1 Fußball 53 Geistesgestörte Person 3 Hausfriedensbruch 6 Häusliche Gewalt 5 Hilferufe 1 Hilflose Person 3 Illegaler Ausländer 1 Körperverletzung 20 Maßnahmen am 1.Mai 1 Personalienfeststellung 5 Präsenzstreife 12 Randalierende Person 11 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 243 2 Raub 1 Sachbeschädigung 7 Sachbeschädigung an Kfz 1 Schlägerei 11 Selbsttötungsversuch 3 Sonstige politische Veranstaltung 1 Sonstige Sportveranstaltung 1 Sonstige Verkehrsmaßnahmen 2 Streitigkeiten 4 Trunkenheit im Straßenverkehr 2 Überwachung fließender Verkehr 1 Unerlaubter Handel 2 Unterstützung Polizeibeamter 6 Unzulässiger Lärm 10 Verdacht Straftat 11 Verdächtige Person 2 Verkehrssonderkontrolle 2 Verkehrsunfall 2 Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz 11 Volks- und Straßenfest 1 Vollstreckung Haftbefehl (u.a.) 1 Zahlungsstreit 3 Gesamtergebnis 263 2. Sollten in der Antwort auf Frage 1 die Anlässe „keine Angaben“ und „Sonstiger Anlass“ aufgelistet sein (vgl. Drs. 17/14330, 17/15904, 17/13246, 17/11898), warum kann die Polizei Berlin in diesen Fällen keine Angaben dazu machen, zu welchem konkreten Anlass ein hochgefährliches und gesundheitsschädliches Hilfsmittel der körperlichen Gewalt gegen Personen eingesetzt wurde ? a) Inwieweit kann die Polizei Berlin in diesen Fällen den Nachweis führen, dass es im Einzelfall zu einem rechtmäßigen Einsatz von Pfefferspray kam, wenn noch nicht einmal angegeben werden kann, was genau der Anlass des Einsatzes war? b) Wie sollen Abgeordnete ihrem verfassungsmäßig garantierten Kontrollrecht nachkommen, wenn auf Nachfrage noch nicht einmal die konkreten Anlässe des Einsatzes von Pfefferspray genannt werden können? Zu 2.: Entfällt. 3. Wie viele der unter 1. genannten Einsätze von Pfefferspray und anderen Reizstoffen verliefen im ersten Halbjahr 2015 aus polizeilicher Sicht erfolgreich bzw. nicht erfolgreich? (Bitte aufschlüsseln nach Reizstoff und Androhung mit/ohne Erfolg sowie Einsatz mit/ohne Erfolg .) Zu 3.: 4. Wie häufig hat die Berliner Polizei im ersten Halbjahr 2015 nach Einsätzen von Pfefferspray und anderen Reizstoffen Betroffenen „Beistand geleistet und ärztliche Hilfe verschafft“ (vgl. Der Polizeipräsident in Berlin, Polizeiliches Einsatz Training, Teil 4 ET-EH, Erstversorgung von Leicht-und Schwerverletzten, S. 4, Anlage zur Drucksache 17/11898)? Zu 4.: Hierüber wird keine Statistik geführt (vgl. Antwort Frage 12 der Schriftlichen Anfrage Nr. 17/13246 der Abgeordneten Christopher Lauer und Oliver Höfinghoff vom 17. Februar 2014, Antwort Frage 5 der Schriftlichen Anfrage Nr. 17/14330 des Abgeordneten Christopher Lauer vom 31. Juli 2014 sowie Antwort Frage 5 der Schriftlichen Anfrage Nr. 17/15904 des Abgeordneten Christopher Lauer vom 26. März 2015). Verwendung RSG Anzahl Androhung mit Erfolg 43 Androhung ohne Erfolg 10 Einsatz mit Erfolg 164 Einsatz ohne Erfolg 46 Gesamtergebnis 263 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 243 3 5. Wie viele Polizist*innen des Landes Berlin sind im ersten Halbjahr 2015 im Zuge von Einsätzen von Pfefferspray und anderen Reizstoffen durch Kolleg*innen oder durch eine eigene entsprechende Handlung verletzt worden ? a) Welcher Art waren die Verletzungen und wie kamen diese jeweils zustande? b) Fließen diese Fallzahlen auch in Statistiken über verletzte Polizist*innen ein und wenn ja, in welche? Zu 5.: Im ersten Halbjahr 2015 wurden 40 Unfallanzeigen im Zusammenhang mit dem Einsatz von Pfefferspray gefertigt. Zu a) Angezeigt wurden u. a. Reizungen der Schleimhäute , Reizungen der Augen, Konjunktivitis (Bindehautentzündung ) sowie Reizungen verschiedener Hautpartien. Eine statistische Erfassung, bei welchem Anlass bzw. durch welche Personen die Verletzungen entstanden sind, erfolgt nicht (vgl. Antwort Frage 8 der Schriftlichen Anfrage Nr. 17/13246 der Abgeordneten Christopher Lauer und Oliver Höfinghoff vom 17. Februar 2014, Antwort Frage 6 der Schriftlichen Anfrage Nr. 17/14330 des Abgeordneten Christopher Lauer vom 31. Juli 2014 sowie Antwort Frage 6 der Schriftlichen Anfrage Nr. 17/15904 des Abgeordneten Christopher Lauer vom 26. März 2015). Zu b) Die angegebenen Fallzahlen fließen in die Gesamtunfallstatistik für das Jahr 2015 ein. 6. Wird der Einsatz von Pfefferspray im Land Berlin weiterhin nur dann im Polizeilichen Landessystem für Information, Kommunikation und Sachbearbeitung (POLIKS ) dokumentiert, wenn es zur Fertigung einer Strafanzeige kommt und trifft es zu, dass der Einsatz von Pfefferspray durch Polizist*innen im Land Berlin ausschließlich im POLIKS dokumentiert wird (vgl. Antwort auf Frage 1 in Drs. 17/14330 und Drs. 17/15904)? Zu 6.: Polizeilich relevante Ereignisse, polizeiliche Maßnahmen und Tätigkeiten werden in der Polizei Berlin in POLIKS dokumentiert. In Fällen, in denen in Folge eines Zwangsmitteleinsatzes eine Strafanzeige aufgenommen wird, kann die Dokumentation in einer einheitlichen Eingabemaske vorgenommen werden. Die Eintragungen in dieser Maske sind zudem statistisch auswertbar (siehe Antwort zur Frage 1). Es ist jedoch auch der Einsatz von Zwangsmitteln denkbar, der keine Aufnahme einer Strafanzeige nach sich zieht (z.B. Einsatz gegen Tiere). In diesen Fällen wird der Zwangsmitteleinsatz „freitextlich“ in den dann gefertigten Vorgang, z.B. einem Tätigkeitsbericht, dokumentiert. Auch eine „rein schriftliche“ Dokumentation des Zwangsmitteleinsatzes ist denkbar, z.B. bei Schlussmeldungen von Einsätzen. Eine nachträgliche Überführung dieser Dokumentation in das System POLIKS obliegt der Fachaufsicht. 7. Hält der Senat eine Überarbeitung der statistischen Erfassung des Einsatzes von Pfefferspray durch Polizist *innen im Land Berlin für erforderlich? a) Wenn ja, inwieweit und welche konkreten Maßnahmen werden bzw. wurden ergriffen? b) Wenn nein, warum nicht? Zu 7.: Nein. Letztendlich ist allein entscheidend, ob die Maßnahme im Einzelfall unmissverständlich und verfahrenssicher dokumentiert wird. Dies ist stets gewährleistet . 8. Warum wird im Land Berlin nicht jeder Einsatz von Pfefferspray (jeder einzelne Sprühstoß) durch jede*n einzelne*n Polizist*in gesondert erfasst? Zu 8.: Eine derart umfangreiche Erfassung ist zur Erfüllung der polizeilichen Pflichten und derer Überprüfbarkeit nicht erforderlich. Berlin, den 12. November 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Nov. 2015)