Drucksache 17 / 17 249 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Robert Schaddach (SPD) vom 23. Oktober 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Oktober 2015) und Antwort Analphabeten in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Analphabeten gibt es in Berlin und wie ist die Entwicklung der Zahlen in den letzten Jahren? Zu 1.: Laut der im Februar 2011 veröffentlichten leo.- Level-One Studie der Universität Hamburg können 14 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland keine zusammenhängenden Texte lesen oder schreiben. Das sind 7,5 Millionen Erwachsene, die als sogenannte funktionale Analphabeten zählen. Die Anzahl der primären Analphabeten, also derjenigen die gar nicht lesen und schreiben können, liegt deutlich niedriger bei rd. 300.000. Für Berlin liegen hierzu keine Daten vor. Abgeleitet aus den Erkenntnissen der leo.-Level-One Studie geht man von rd. 320.000 erwachsenen funktionalen Analphabeten in Berlin aus. 2. Was tut der Senat mit welchen Programmen gegen Analphabetismus? Zu 2.: Der Senat hat am 1. September 2015 die Senatsstrategie „Grundbildung fördern - Teilhabe stärken“ verabschiedet. Mit Hilfe von drei Leitaktionen und 31 Einzelmaßnahmen der Senatsressorts sollen die Lese- und Schreibkompetenzen von Erwachsenen verbessert und ihre Teilhabe an staatlichen und gesellschaftlichen Angeboten gestärkt werden. Herzstück der Senatsstrategie ist das Programm „Alphabetisierungs- und ergänzende Grundbildungsangebote für funktionale Analphabeten“ mit dem in den kommenden sieben Jahren das Angebot an Alphabetisierungskursen in Berlin deutlich ausgebaut werden soll. Für das Programm stehen bis 2023 rund 5,4 Mio. Euro aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds zur Verfügung, diese Mittel werden durch Landesmittel kofinanziert . Außerdem ist die Einführung eines Alpha-Siegel geplant , das an Unternehmen, Verwaltungen und Nichtregierungsorganisationen vergeben wird, die nachweisen, dass sie mit Grundbildungsdefiziten bei Kunden kompetent und sensibel umgehen. Das Alpha-Siegel soll Betroffene ermuntern, Rat und Unterstützung einzuholen und ein Signal an die Öffentlichkeit senden, dass funktionaler Analphabetismus bei Erwachsenen keine Seltenheit ist. Daneben sind Fortbildungen und Schulungen im Umgang mit funktionalem Analphabetismus für Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Jobcentern, Stadtteilzentren, Bibliotheken, Museen und Beratungseinrichtungen geplant. Bereits im Mai 2014 hatte die Bildungssenatorin das Berliner Grund-Bildungs-Zentrum eröffnet, das als Kompetenz - und Beratungszentrum für Fachleute und Betroffene dient. Das Grund-Bildungs-Zentrum führt die im Rahmen der Senatsstrategie vorgesehenen Fortbildungen und Schulungen durch. Im Frühjahr 2013 wurde durch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft der Runde Tisch Alphabetisierung und Grundbildung ins Leben gerufen. Unter Beteiligung von Fachleuten der Verwaltung, der Volkshochschulen, der Wissenschaft, der Sozialpartner, der Agentur für Arbeit und der Träger der Alphabetisierungsarbeit ist in den vergangenen zwei Jahren ein Netzwerk bestehend aus rund 25 Berliner Institutionen, entstanden . Es dient dem Austausch von Informationen und der Initiierung gemeinsamer Vorhaben der Mitglieder. Der Runde Tisch hat die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft bei der Erarbeitung der Senatsstrategie „Grundbildung fördern – Teilhabe stärken“ beraten . Bereits seit vielen Jahren bieten die bezirklichen Volkshochschulen überdies Alphabetisierungs- und Grundbildungsmaßnahmen an. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 249 2 3. Welche Vereine und Träger werden hierbei unterstützt und gefördert? Zu 3.: Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft fördert den Verein Arbeitskreis Orientierungs - und Bildungshilfe (AOB) mit 138.000 € im Jahr. Der AOB bietet seit über 30 Jahren Alphabetisierungskurse und Beratung für Betroffene an. Seit 2014 fördert die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft zudem das Berliner Grund-Bildungs-Zentrum (GBZ) mit 200.000 € im Jahr (siehe Antwort zu Frage 2). Vorbehaltlich der Zustimmung des Abgeordnetenhauses zum Haushaltsplanentwurf 2016/2017 wird der Verein Lesen und Schreiben e.V. in den kommenden Jahren ebenfalls durch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft gefördert. Der Verein ist ebenso seit über 30 Jahren in der Alphabetisierungsarbeit tätig. Berlin, den 05. November 2015 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Nov. 2015)