Drucksache 17 / 17 254 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) vom 07. Oktober 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Oktober 2015) und Antwort U-Haft in Moabit – Warum leistet sich das Land Berlin eine ‚Anwaltsschleuse‘? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Seit wann existiert in der Untersuchungshaft in Moabit eine sogenannte ‚Anwaltsschleuse‘? Zu 1.: Die sogenannte Anwaltsschleuse wurde etwa Mitte der 1970er Jahre in einfacher Bauweise eingerichtet und existiert in dem derzeitigen technischen Bauzustand seit 1986. 2. Welche Vor- und Nachteile bringt diese mit sich? Zu 2.: Der entscheidende Standortvorteil der Justizvollzugsanstalt (JVA) Moabit für Zwecke des Untersuchungshaftvollzuges resultiert aus der unmittelbaren baulichen Nähe von JVA und Amtsgericht Tiergarten, Landgericht und Staatsanwaltschaft. Insbesondere die Vielzahl von Gerichtsvorführungen von Untersuchungsgefangenen ist auf der neben der „Rechtsanwaltsschleuse“ eingerichteten Vorführstelle ohne das Betreten von öffentlichem Straßenland möglich. Die „Rechtsanwaltsschleuse“ selbst bietet derzeit Anwälten während eines Aufenthaltes im Gerichtsgebäude die Möglichkeit, auf schnellem Weg Mandantenbesuche in der JVA Moabit durchzuführen. Eine weitere Einlassmöglichkeit besteht an der in der Straße Alt-Moabit gelegenen Hauptpforte I, an welcher allerdings aufgrund der Einzelprüfungen und Kontrollen aller Zutrittsberechtigten entsprechende Wartezeiten einkalkuliert werden müssen. Auch Personal des Amtsgerichts Tiergarten (z. B. Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger zur Protokollierung von Gefangenenbeschwerden), sonstige Justizangehörige sowie Dritte (z. B. Gutachterinnen und Gutachter) können diesen für sie zeitsparenden Durchgang für ihre Dienstgänge nutzen. Nachteilig hingegen ist das Erfordernis der personellen Besetzung mit einer Dienstkraft von Montag bis Freitag in der Zeit von 8:00 bis 16:00 Uhr. 3. Wie hoch sind die Kosten um diese Anwaltsschleuse mit Personal und Technik zu bedienen? (Aufstellung nach Anschaffungs-, Betriebs- und regelmäßigen Wartungskosten erbeten.) Zu 3.: Die Personalkosten betragen bei 1,34 Vollzeitäquivalenten (A 7) 42.411,00 Euro pro Jahr. Die jährlichen Wartungskosten belaufen sich auf ca. 100,00 Euro. Betriebs- und Nebenkosten sind für diesen räumlich kleinen Bereich nicht gesondert darstellbar. Die dort eingesetzten Ausstattungsgegenstände sind hinsichtlich der Anschaffungskosten nicht gesondert erfasst und unterschiedlichen Alters, z. T. beinahe 30 Jahre alt. 4. Gibt es in den anderen Justizvollzugsanstalten in Berlin eine ‚Anwaltsschleuse‘? Zu 4.: Die JVA Moabit verfügt aus den unter 2. genannten Gründen als einzige Anstalt über eine „Rechtsanwaltsschleuse “. 5. Würden Abläufe verlangsamt, wenn man die Anwaltsschleuse aufgeben würde und wenn ja, warum? Zu 5.: Für den diese Schleuse frequentierenden Personenkreis ergäbe sich voraussichtlich ein zeitlicher Mehraufwand beim Betreten und Verlassen der JVA Moabit. Bisher nutzen Anwältinnen und Anwälte bevorzugt die „Rechtsanwaltsschleuse“, was sich in den statistischen Erhebungen aus dem Jahr 2014 zeigt: 9.335 Anwältinnen und Anwälte sowie 2.334 andere Personen haben die JVA Moabit über die „Rechtsanwaltsschleuse“ betreten, während es über die Personal- und Besucherpforte I im gleichen Zeitraum 2.585 Anwältinnen und Anwälte waren. Zusätzlich zu den Mitarbeitenden haben im letzten Jahr insgesamt 14.401 externe Personen Einlass über die Pforte I erhalten. Die Abwicklung von weiteren Personen in einem Umfang von 11.669 Personen müsste dann über Pforte I erfolgen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 254 2 6. Gibt es Planungen seitens der Anstaltsleitung in Moabit die Anwaltsschleuse abzuschaffen, um auf diesem Weg Kosten zu sparen? Zu 6.: Die Schließung der Schleuse ist im Hinblick auf einen effektiven Personaleinsatz bereits mehrfach diskutiert worden, zuletzt im Rahmen der im Jahr 2014 durchgeführten Organisationsbetrachtung. Im Ergebnis ist der künftige Wegfall dieses Dienstpostens im Stellenplan für 2016/2017, der gegenwärtig im Abgeordnetenhaus beraten wird, vorgesehen. Die Umsetzung der Entscheidung wird nach Beschluss des Haushaltsgesetzes im kommenden Jahr erfolgen, wobei zuvor die davon betroffenen Bereiche informiert werden. Berlin, den 05. November 2015 In Vertretung Straßmeir Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Nov. 2015)