Drucksache 17 / 17 257 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) vom 07. Oktober 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Oktober 2015) und Antwort Öffentlicher Dienst im Land Berlin – Organisatorische Veränderungen in der Senatsverwaltung für Inneres und Sport Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Gründe waren für die Einrichtung eines neuen Arbeitsgebietes für eine Juristin oder einen Juristen in der Senatsverwaltung für Inneres und Sport maßgeblich , welche/welcher die Stellenbesetzungsverfahren in der Laufbahn des höheren Verwaltungsdienstes der eigenen Verwaltung auf Rechtssicherheit überprüfen soll? Zu 1.: Das Bundesverwaltungsgericht hat 2013 klargestellt , dass ein Statusamt vorrangig auf Grundlage der aktuellen dienstlichen Beurteilung zu vergeben ist und dass ggf. erst nach umfassender Auswertung der aktuellen dienstlichen Beurteilung auf andere leistungsbezogene Kriterien zurückgegriffen werden darf (BVerwG, Beschl. v. 20.6.2013 – 2 VR 1.13). Eine Personalauswahl für höhere Statusämter oder Beförderungsdienstposten anhand von dienstpostenbezogenen Anforderungsprofilen verletzt nach dieser Rechtsprechung das grundrechtsgleiche Recht aus Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz (Prinzip der Bestenauslese). Die Umsetzung dieser Rechtsprechung gestaltet sich bundesweit schwierig, da in der Verwaltungspraxis Statusämter und Beförderungsdienstposten vielfach nach bester Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung für den konkret zu besetzenden Dienstposten vergeben wurden. In Berlin steht die Rechtsprechung zudem im Widerspruch zur bisherigen Auslegung des § 6 Abs. 3 Verwaltungsreform-Grundsätze-Gesetz, wonach Anforderungsprofile für das Aufgabengebiet die Grundlage für Auswahlverfahren und die dienstlichen Beurteilungen bieten sollen. Diese Rechtslage erschwert rechtskonforme Auswahlverfahren und erhöht das Risiko für erfolgreiche Verfahrensinterventionen der Bewerberinnen und Bewerber. Um die dezentral durchgeführten Verfahren in der Senatsverwaltung für Inneres und Sport einheitlich rechtssicher zu gestalten, werden sie nunmehr juristisch begleitet. Die juristische Begleitung von Auswahlverfahren ab dem zweiten Einstiegsamt der Laufbahngruppe 2 ist allerdings nur ein Teilaspekt des neuen Aufgabengebietes. Darüber hinaus werden in diesem Arbeitsgebiet Einzelangelegenheiten des Personalvertretungsrechts, des Landessgleichstellungsgesetzes , des Landesgleichberechtigungsgesetzes und des Sozialgesetzbuchs Neuntes Buch bearbeitet. Ferner obliegen diesem Arbeitsgebiet alle koordinierenden Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Umsetzung der Behindertenpolitischen Leitlinien zur nachhaltigen Umsetzung der United Nations (UN)- Behindertenrechtskonvention für den Einzelplan 05 sowie die Ressortkoordination für Notifizierungen nach der Europäischen Union (EU)-Dienstleistungsrichtlinie. 2. Wie viele Stellenbesetzungen im höheren Verwaltungsdienst hat es in der Senatsverwaltung für Inneres und Sport seit Beginn der 17. Wahlperiode gegeben und wie hoch war in dieser Zeit der Anteil an erfolgreichen Konkurrentenklagen an allen Stellenbesetzungsverfahren im höheren Verwaltungsdienst? Zu 2.: Seit Beginn der 17. Wahlperiode gab es in der Senatsverwaltung für Inneres und Sport 46 Stellenbesetzungsverfahren für Ämter ab dem zweiten Einstiegsamt der Laufbahngruppe 2 sowie vergleichbare Tarifbeschäftigte . In acht Verfahren ist nur eine Bewerbung eingegangen , ein Verfahren wurde durch Abwertung des Arbeitsgebietes und ämtergleiche Vergabe gegenstandslos und vier Verfahren wurde ohne Vergabe der jeweiligen Stelle abgebrochen. In diesen 13 Verfahren gab es keine potentiellen Klägerinnen oder Kläger. In den übrigen 33 Verfahren gab es zwei Konkurrentenklagen. Beide Klagen waren erfolglos. 3. Auf welcher rechtlichen und organisatorischen Grundlage hat die Senatsverwaltung für Inneres und Sport ein Arbeitszeitmodell entwickelt, nachdem Beschäftigte ihren Dienst an zwei Tagen in der Woche zu Hause verrichten können, dort allerdings weder telefonisch noch über das Internet für die Dienststelle erreichbar sind? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 257 2 Zu 3.: Die Behördenleitung der Senatsverwaltung für Inneres und Sport hat am 26. April 2013 mit dem Personalrat bei der Senatsverwaltung für Inneres und Sport die "Dienstvereinbarung über Alternierende Telearbeit in der Senatsverwaltung für Inneres und Sport“ geschlossen. Alternierende Telearbeit im Sinne der Dienstvereinbarung ist jede im Rahmen der arbeitsvertraglich vereinbarten bzw. der für die Beamtinnen und Beamten gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitszeit und auf Informations- und Kommunikationsmittel gestützte Tätigkeit, die zeitweise an einem außerbetrieblichen Arbeitsplatz erbracht wird. Ein Telearbeitsplatz ist dabei jeder außerbetriebliche Arbeitsplatz, der durch elektronische Kommunikationsmittel mit der Dienststelle verbunden ist. Bei der alternierenden heimbasierten Telearbeit wird ein Teil der Aufgaben in der Dienststelle und ein Teil in der privaten Wohnstätte bearbeitet. Bei der alternierenden mobilen Telearbeit werden die Aufgaben ortsunabhängig mit elektronischen Medien erbracht. Die Aufteilung der flexibilisierten Arbeitszeit auf die unterschiedlichen Arbeitsorte, die Arbeitstage, an denen alternierende Telearbeit geleistet wird und die Erreichbarkeit der Dienstkräfte am Telearbeitsplatz werden im Rahmen der für die Dienststelle geltenden Arbeitszeitregelungen individuell zwischen der Führungskraft und der Dienstkraft vereinbart. Dabei soll die Arbeit außerhalb der betrieblichen Arbeitsstätte grundsätzlich 50 % der regelmäßigen, individuell vereinbarten Arbeitszeit nicht überschreiten. Teilzeitarbeit kann mit alternierender Telearbeit kombiniert werden. Für die Zeiten alternierender Tätigkeit werden zwischen der Führungskraft und der Mitarbeiterin/ dem Mitarbeiter in Form einer schriftlichen Vereinbarung Kommunikationszeiten festgelegt, an denen die Dienstkräfte telefonisch und elektronisch erreichbar sind. Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport stellt dafür die erforderliche Arbeitsplatzausstattung zur Verfügung, die die telefonische und elektronische Kommunikation organisatorisch und technisch ermöglicht. Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport trägt damit – auch im Rahmen des Auditierungsprozesses Beruf und Familie – einer familienbewussten Personalpolitik Rechnung. Die Möglichkeit zur heimbasierten Telearbeit ist als eine von vielen behördenspezifischen Maßnahmen entwickelt worden, die es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Senatsverwaltung für Inneres und Sport ermöglicht, Beruf und Familie, z. B. mit der Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen, in einer gesunden Balance zu bewältigen. Die Form alternierende Tätigkeit ist allerdings gleichermaßen geeignet, Dienstkräften z. B. nach einer längeren Erkrankung im Rahmen des behördlichen Eingliederungsmanagemts den Wiedereinstieg in den beruflichen Alltag zu erleichtern. Um weiteren individuellen Anforderungen in wenigen Einzelfällen zu entsprechen, arbeiten bereits längerfristig zwei Dienstkräfte der Senatsverwaltung für Inneres und Sport heimbasiert ohne elektronische Unterstützung. In dieser Arbeitsform werden u. a. Prüftätigkeiten wahrgenommen, die auch am behörlichen Arbeitsplatz ausnahmelos ohne IT-Unterstützung durchgeführt werden. Alle weiteren Bedingungen zur Arbeitszeit und insbesondere telefonischen Erreichbarkeit finden analog der alternierenden Telearbeit durch feste Vereinbarung ebenfalls Anwendung. 4. Welche Aufgaben sollen und können in dieser „Heimarbeit“ erledigt werden? Zu 4.: Die im Rahmen der alternierenden Arbeit genehmigten Arbeitsgebiete beinhalten Tätigkeiten, die eigenständig und eigenverantwortlich durchführbar, deren Ergebnisse definier- und messbar und die ohne Beeinträchtigung des Betriebsablaufs ortsungebunden wahrnehmbar sind. Diese Bedingungen treffen grundätzlich auf eine Vielzahl von Aufgabengebieten aller Abteilungen (Ausnahme Abt. II) der Senatsverwaltung für Inneres und Sport zu. 5. Wie viele Beschäftigte der Senatsverwaltung für Inneres und Sport nehmen an diesem Arbeitszeitmodell über welchen Zeitraum teil? Zu 5.: Neben dem jeweiligen behördlichen Arbeitsplatz nutzen aktuell 21 Dienstkräfte der Senatsverwaltung für Inneres und Sport einen heimbasierten Telearbeitsplatz, der bei ständiger Evaluation ohne zeitliche Befristung gewährt wird. Neben dem behördlichen Arbeitsplatz nutzen aktuell 42 Dienstkräfte der Senatsverwaltung für Inneres und Sport einen mobilen Arbeitsplatz, der an die jeweilige Aufgabenwahrnehmung gebunden ist. Berlin, den 06. November 2015 In Vertretung Andreas Statzkowski Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Nov. 2015)