Drucksache 17 / 17 261 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Birk (GRÜNE) vom 22. Oktober 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Oktober 2015) und Antwort Warum verzögert sich die Einführung des IT-gestützten Anliegen- und Beschwerdemanagements in den Berliner Ordnungsämtern? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie bewertet der Senat den bisherigen Entwicklungs - und Einführungsprozesses des IT-gestützten Anliegen - und Beschwerdemanagements für die Berliner Ordnungsämter und wie begründet er seine Haltung? Zu 1.: Bei der Einführung des IT-gestützten Anliegenund Beschwerdemanagementsystem (AMS) für die Berliner Ordnungsämter, das als ein gemeinsames Projekt der Bezirke, des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten und der Senatsverwaltung für Inneres und Sport initiiert und begleitet wurde, liegt der Fokus auf der Bereitstellung einer landeseinheitlichen, serviceorientierten Verwaltungsdienstleitung für die Bürgerinnen und Bürger im Kontext einer gleichzeitigen Entlastung in den bezirklichen Ordnungsämter durch eine Geschäftsprozessoptimierung und die Möglichkeit der elektronischen Verfahrensabwicklung. Die ursprüngliche Projektplanung sah vor, den Bezirken das Anliegenmanagementsystem (AMS) zum 31. Dezember 2014 zur Verfügung zu stellen. Diverse Herausforderungen innerhalb des Projektes führten dazu, dass diese Zeitplanung nicht eingehalten werden konnte. Seitens des Projektes konnte am 30. Juli 2015 die Betriebsbereitschaft des Systems „Ordnungsamt-Online“ für den Pilotbetrieb in den Bezirken erklärt werden. Erforderliche und umfangreiche Abstimmungsprozesse in der Planungs-, Entwicklungs- und Einführungsphase des Projektes waren sehr zeitintensiv. Insbesondere sind bezüglich der Einführung des Systems dezentrale Beteiligungsverfahren in allen zwölf Bezirken erforderlich. Das Projekt AMS hat die Bezirke diesbezüglich umfangreich unterstützt, die für die Beteiligungsverfahren relevanten Unterlagen (Konzepte, Gutachten ) zentral erstellt und den Bezirken als durchführende Dienststelle zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus wurden seitens des Projektes in nahezu allen Bezirken Präsentationen des IT-Verfahrens vor den Beschäftigtenvertretungen durchgeführt. Die für die Beteiligung relevanten Unterlagen stehen den Bezirken seit Ende Juni 2015 vollumfänglich zur Verfügung. Aus den unterschiedlichen Ausgangsituationen in den jeweiligen Bezirken und den spezifischen Gegebenheiten im Rahmen der Beteiligungsverfahren der Beschäftigtenvertretungen in den einzelnen Bezirken resultieren abweichende Startzeitpunkte. Der zeitliche Ablauf der Beteiligungsverfahren in den Bezirken kann durch den Senat nicht beeinflusst werden. 2. Wie hoch fallen jeweils die Entwicklungs- und die Betriebskosten des IT-gestützten Anliegen- und Beschwerdemanagements aus, und was ist mit den Bezirken hinsichtlich der Kostenverteilung zwischen Senat und Bezirken genau vereinbart? Zu 2.: Für die Entwicklung des Systems wurden seitens des Staatssekretärsausschusses zur Verwaltungsmodernisierung im Rahmen des Modernisierungsprogramms ServiceStadt Berlin 2016 1,3 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Die Kosten für den Betrieb des ITVerfahrens betragen monatlich ca. 22.000 Euro. Die Höhe der Betriebskosten ist im Wesentlichen unabhängig davon , wie viele Bezirke das System nutzen (Ausnahme: der Speicherbedarf). Mit der Rahmenzielvereinbarung über die Weiterentwicklung der Berliner Ordnungsämter zwischen der Senatsverwaltung für Inneres und Sport und den Bezirken für den Leistungszeitraum 2015 - 2016 ist eine Verständigung darauf erfolgt, dass das AMS als ein landesweites IT-System in allen Bezirken eingeführt werden soll, auf der Basis einer zentralen Verfahrensbetreuung und Etatisierung im Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO). Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 261 2 Die Bezirksämter von Berlin haben dem LABO die Verfahrensverantwortung für das IT-Verfahren AMS im Sinne der IT-Organisationsgrundsätze des Landes Berlin übertragen. Alle verfahrensabhängigen Ausgaben für Betrieb, Wartung und Pflege des IT-Verfahrens sollen zentral in einem Haushaltskapitel des LABO nachgewiesen werden. 3. Wie bewertet der Senat den Umstand, dass sich bislang nur zwei bezirkliche Ordnungsämter (Lichtenberg und Treptow-Köpenick) an der Implementation des Anliegen - und Beschwerdemanagements beteiligen und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Entwicklungs - und Betriebskostenaufteilung? Zu 3.: Im Rahmen der Planungs- und Entwicklungsphase des AMS haben sich mehrere Bezirke aktiv beteiligt . Der Bezirk Lichtenberg nutzt das AMS seit dem 17. August 2015. Im Bezirk Treptow-Köpenick erfolgte die Freischaltung am 02. September 2015. Der Senat hat die Freischaltung des Portals „Ordnungsamt-Online“ und die Aufnahme des Pilotbetriebes in den Vorreiter-Bezirken Lichtenberg und Treptow-Köpenick seit August bzw. September 2015 ausdrücklich begrüßt. Im Bezirk Neukölln steht das IT-Verfahren den Bürgerinnen und Bürgern seit dem 02. November 2015 zur Verfügung. Der Bezirk Spandau beabsichtigt, das ITVerfahren zum 01. Dezember 2015 freizuschalten. Der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf plant, noch im November den Betrieb des IT-Verfahrens zu starten. In den sechs weiteren Bezirken sind die Beteiligungsverfahren noch nicht abgeschlossen. Ziel des Senats ist selbstverständlich die Anbindung und Freischaltung des Systems in allen zwölf Bezirken. Die Entscheidung hierüber liegt jedoch gemäß Art. 66 Abs. 2 der Verfassung von Berlin allein in der Zuständigkeit der Bezirke. Aufgrund der zentralen Finanzierung ergeben sich keinerlei Folgen hinsichtlich der Höhe der Entwicklungsund Betriebskosten. 4. Wie viele Zusagen von welchen Bezirken hatte der Senat bezüglich einer Abnahme des ITFachverfahrens , bevor er mit der Entwicklung des Fachverfahrens zum Anliegen- und Beschwerdemanagements begann? Zu 4.: Im Rahmen der Planungen zur Einführung des IT-Verfahrens haben sich alle Bezirke positiv zu einer künftigen Nutzung des Systems geäußert. Der Senat geht auch weiterhin davon aus, dass alle Bezirke das System nutzen werden, wenn die erforderlichen Beteiligungsverfahren in den Bezirken abgeschlossen sind. 5. Ist mangelndes Personal einer der angeführten Gründe, warum Bezirke zögern, das Anliegen- und Beschwerdemanagement einzuführen? Wie hoch schätzen die Bezirke den zusätzlichen Personalbedarf für einen erfolgreichen Betrieb des Fachverfahrens ein und wie viele Stellen wären demnach je Bezirk zusätzlich zu besetzen ? Wie positioniert sich der Senat zu solchen Forderungen ? Zu 5.: Mit dem AMS wird den Bezirken ein ITVerfahren zur Verfügung gestellt, das die Abarbeitung von Meldungen über Störungen im öffentlichen Raum beschleunigen soll. Ob und inwieweit sich die Anzahl der eingehenden Meldungen erhöhen wird, wird erst ersichtlich werden, wenn das System landesweit in allen Bezirken genutzt wird. Nach jetzigem Kenntnisstand geht der Senat davon aus, dass auch ein mögliches erhöhtes Fallzahlenaufkommen durch die realisierten (ITunterstützten ) Prozessoptimierungen kompensiert werden kann. 6. Inwiefern existieren Vereinbarungen sowohl innerhalb der Bezirke zwischen dem jeweiligen Ordnungsamt und anderen bezirklichen Behörden als auch mit Unternehmen wie BSR, GASAG u.a. bezüglich der Weiterleitung von Aufträgen des Beschwerdemanagements? Falls solche Vereinbarungen existieren, wie kamen diese zustande und welche Verfahren zur Weiterleitung und zur Aufgabenumsetzung sehen sie vor? Falls solche Vereinbarungen nicht existieren, zu welchem Zeitpunkt ist deren Abschluss angedacht und welche Gründe sind für die Zeitverzögerung zu nennen? Zu 6.: In der Rahmenzielvereinbarung über die Weiterentwicklung der Berliner Ordnungsämter ist eine Verständigung zwischen der Senatsverwaltung für Inneres und Sport und den Bezirken für den Leistungszeitraum 2015 - 2016 auf die nachfolgenden Maßnahmen erfolgt: • Das AMS wird im Zuständigkeitsbereich der Ordnungsämter berlineinheitlich eingeführt und genutzt . • Die Nutzung des AMS erfolgt unter der Berücksichtigung und Übernahme einheitlicher Serviceversprechen . • Die Einbeziehung weiterer bezirklicher Ämter / Fachbereiche der Bezirke in die Nutzung des Systems und die Übernahme der Serviceversstandards sollten durch einen Beschluss des Bezirksamtes nach Möglichkeit erfolgen. Auf Wunsch der Bezirke wurde diesen seitens der Projektleitung ein Entwurf eines entsprechenden Bezirksamtsbeschlusses zu Verfügung gestellt, der die Mindestvorgaben des landesweit standardisierten Systems beinhaltet . Die Umsetzung der jeweiligen Beschlüsse erfolgt eigenverantwortlich in den Bezirksämtern und ist bereits in den ersten Bezirken realisiert. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 17 261 3 Im Rahmen der Vereinbarungen mit externen Kooperationspartnern konnten mit den Berliner Stadtreinigungsbetrieben (BSR) Absprachen zur Ausgestaltung der gemeinsamen Geschäftsprozesse herbeigeführt werden. Mit der Realisierung einer Web-Service-Schnittstelle (SOAP) wird eine nahezu durchgängige Automatisierung der Prozesse erreicht. Die Systeme kommunizieren in beide Richtungen: Über die Schnittstelle „Übermittlung eines Anliegens von dem AMS an die BSR“ wird pro Aufruf ein einzelnes Anliegen von dem AMS an die BSR übermittelt . Über die Schnittstelle „Rückmeldung der BSR an das AMS“ wird pro Aufruf eine Rückmeldung zu einem einzelnen Anliegen von der BSR an das AMS übermittelt und dort automatisiert weiterverarbeitet und somit abgeschlossen . In Auswertung des künftigen landesweiten Einsatzes des Systems soll überprüft werden, inwieweit die Realisierung weiterer Schnittstellen zielführend ist 7. Inwiefern sind bereits sowohl Service- und Qualitätsziele als auch Service- und Qualitätsstandards zum Betrieb des Anliegen- und Beschwerdemanagement formuliert worden? Falls eine Formulierung erfolgte, wie lautet diese? Falls eine Formulierung bislang unterblieb, innerhalb welchen Zeitraums möchte der Senat dies gemeinsam mit den Bezirken nachholen und wie erklärt er die entstandene Zeitverzögerung? Zu 7.: Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport und die Bezirksstadträtinnen / Bezirksstadträte haben sich im Rahmen der Rahmenzielvereinbarung über die Weiterentwicklung der Berliner Ordnungsämter auf die Erreichung folgender gemeinsamer Servicestandards verständigt : • Rückmeldung an die Melderin / den Melder über die weitere Vorgehensweise / den Bearbeitungsstand und ggf. Veröffentlichung im Serviceportal erfolgt innerhalb von drei Arbeitstagen (MontagFreitag ) nach Eingang der Meldung • Sofern die Bezirksverwaltung nicht zuständig ist, wird das Anliegen innerhalb von drei Arbeitstagen (Montag-Freitag) nach Eingang, an die zuständige Behörde / Dritte weitergeleitet • Bei Weiterleitung eines Anliegens an andere Ämter / Fachbereiche im Bezirk erfolgt von dort innerhalb von zehn Arbeitstagen (Montag-Freitag) eine Rückmeldung über die weitere Vorgehensweise , bzw. den Bearbeitungsstand. 8. Wurden im Laufe des zweiten Quartals 2015 die bestehenden informationstechnischen Einzellösungen für die Erstellung von Reporting- und Planungsübersichten zu Ausstattung, Fuhrpark und Dienstzeiten der Außendienstmitarbeiter *innen mit dem Fachverfahren harmonisiert ? Falls ja, wie verlief die Einbindung und wie bewertet der Senat bis jetzt deren Erfolg? Falls nein, wie kann die Verzögerung erklärt werden und zu welchem Zeitpunkt strebt der Senat eine Abhilfe des Problems an? Zu 8.: Die in der Frage genannten „informationstechnischen Einzellösungen“ sind nicht bekannt und sind nicht Inhalt des Projektes AMS. 9. Stehen zum jetzigen Zeitpunkt den bezirklichen Ordnungsämtern alle Softwarekomponenten, die sie für die verschiedenen Aufgaben hinsichtlich des Anliegenund Beschwerdemanagements benötigen, zur Verfügung? Wenn nein, zu welchem Zeitpunkt wird dies der Fall sein und welche Hindernisse kann der Senat für das Fehlen der benötigten Softwarekomponenten benennen? Wenn ja, was hindert die Bezirke neben den genannten möglichen Gründen (fehlendes Personal, fehlende Service- und Qualitätsstandards , fehlende Vereinbarungen mit Dritten) das IT-Fachverfahren zu nutzen? Zu 9.: Das IT-Verfahren AMS steht den Bezirken zum jetzigen Zeitpunkt in einer Ausprägung zur Verfügung, die eine Erledigung der erforderlichen Aufgaben hinsichtlich des Anliegen- und Beschwerdemanagements adäquat ermöglicht. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch fehlende Softwarekomponenten (Module Veranstaltungen und Winterdienst) werden bis spätestens Mitte Dezember 2015 vorliegen. Berlin, den 06. November 2015 In Vertretung Andreas Statzkowski Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Nov. 2015)